Ansprache zur Beerdigung - Plötzl. Tod einer 70jährigen 1. Kor. 13,13 Liebe Angehörige, liebe Trauergemeinde! Ich denke, nicht nur Sie, liebe Kinder und Schwiegerkinder von T. A., und nicht nur die anderen An- gehörigen beschleicht jetzt das Gefühl, wie besonders schmerzlich dieser Abschied doch ist. Das geht uns allen so - und denen wohl in besonderem Maß, die mit der Verstorbenen in freundschaftlicher oder nachbarlicher Beziehung gestanden haben. Es ist sehr schnell gegangen mit diesem Sterben. Als wir vor Tagen davon erfuhren, haben sich viele von uns gewiß erinnert, daß wir ihr doch gerade noch in den Gassen und Straßen unseres Dorfes be- gegnet waren, daß wir uns mit ihr unterhalten hatten und wirklich nicht geahnt haben, daß wir heute an ihrem Sarg stehen werden. So haben uns die Ereignisse dieses Heimgangs überholt - wir müssen erst mit unserem Herzen und unserem Begreifen nachkommen. Jetzt ist ein Haus leer. Ein Mensch, der immer da war, ist nicht mehr.- So sind das jetzt wohl unsere Gedanken und Fragen: Was denn bleibt, wenn ein lieber Mensch uns verläßt? Und heute, bei diesem raschen und doch auch recht frühen Abschied, sind diese Gedanken noch bedrängender und schmerz- licher als sonst. - Ich möchte in diese Gefühle des Schmerzes und der Trauer ein Wort der Heiligen Schrift hineinsagen, das uns Auskunft gibt und die Frage beantwortet: Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; die Liebe aber ist die größte unter ihnen. Ob uns dieses Wort in dieser Stunde trösten kann? Ob es stark genug ist, die Gefühle der Verlassen- heit und Trauer zu dämpfen? Ob dieser schöne Vers fähig ist, in uns das zu wecken, wovon er spricht: Glaube, Hoffnung, Liebe... Wir wollen Gott darum bitten und wollen sehen. Nun aber bleibt Glaube... Was uns heute in so ganz besonderer Weise deutlich wird, ist ja immer da, wenn wir an ein Grab treten müssen: Die Fragen, wie das denn nun weitergeht mit dem Menschen, der aus diesem Leben gegangen ist und ob es denn wirklich mehr gibt als die Welt, die wir hier vor Augen haben. Der Glaube nun, von dem hier die Rede ist, kennt die Antwort. Der Glaube schaut über diese Spanne Zeit von 70 oder 80 Jahren hinaus. Der Glaube sagt: Das hier, diese Frist zwischen Geburt und Tod, ist nur vor-läufig... Das Eigentliche steht noch aus. Ja, das wirkliche Leben, das diesen Na- men verdient, kommt dann erst. Das ist zunächst nur eine Behauptung. Aber sie ist gedeckt vom Wort Gottes, sie hat sein Verspre- chen hinter sich, und sie ist begründet durch das Leben und Sterben seines Sohnes Jesus Christus. Er hat uns dieses Leben in Gottes ewiger Nähe verdient und versprochen. Wer sich auf ihn verläßt, der wird dieses Leben auch sehen. Glaube bleibt. Nun aber bleibt Hoffnung... So geht dieses schöne Wort weiter. Und die Hoffnung gehört auch zum Glauben, so wie eine Schwester zu ihrem Bruder... Wenn ich glaube, daß sich dieses Leben einmal in Ewigkeit fortsetzt, ja, daß es noch viel größer, herrlicher sein wird, als ich es mir in meinen kühnsten Träumen vorstellen kann, dann bin ich beseelt von diesem Hoffen! Und das wird seine Auswirkungen haben! Nicht nur, wenn ich an den Abschied aus dieser Zeit denke! Und schon gar nicht nur, wenn ich am Ende meines Lebens auf diesen Abschied zugehe. Hoffnung hat schon immer mit der Art zu tun, wie ich lebe. Ein Mensch der glaubt, ja, der weiß, daß sein Leben in dieser Welt keine Irrfahrt, son- dern eine Heimkehr ist, ein solcher Mensch kann sehr gelassen mit allem umgehen und fertigwerden, was ihm in dieser Zeit begegnet. Wenn ich etwa weiß, daß mein Leid, das mich hier quält, einer nie geahnten Freude weichen wird - dann werde ich mein Leid anders tragen und ertragen können. Wenn meine Gebrechen doch einmal aufgehoben werden, meine Behinderung einmal vergeht, wenn meine blinden Augen einmal sehen und meine tauben Ohren hören sollen, dann wird mir diese kleine Zeit des hiesigen Lebens wohl nicht zu lang. Diese Hoffnung ist eine gewaltige Macht! Sie hilft viel dulden und sie lehrt große Geduld. Und diese Hoffnung hat die gewisseste Zusage Gottes! Sie wird nicht ent- täuscht werden! Hoffnung bleibt! Nun aber bleibt Liebe... Und sie ist die dritte und wird die größte unter diesen dreien genannt - und sie ist es! Und wir dürfen dabei an unsere Liebe denken, die Liebe, die schon Menschen untereinander haben. Wie ist das denn jetzt - etwa in unserer Beziehung zu T. A.? Gewiß: Sie ist anders geworden, diese Beziehung, als sie noch vor Tagen war. Unsere Verstorbene ist ja von diesem Leben in ein anderes hinübergegangen. Sie ist unserem Blick entzogen. Unserem Wort nicht mehr zugänglich. Unserem Dank, allem, was wir ihr noch gern gesagt hätten, entrückt. Nichts dringt mehr von ihr zu uns und nichts von uns zu ihr. Und dennoch: Unsere Liebe ist doch ungebrochen! Wie fest eingeprägt ist doch alles in unseren Herzen, was uns mit diesem Menschen verbunden hat. Kein Augenblick unseres ge- meinsamen Lebens ist doch vergessen! Kein Tag der vergangenen Jahre und Jahrzehnte an ihrer Seite fehlt doch jetzt in der Erinnerung der Tochter, des Sohns und der anderen, die sie liebhatten, wenn sie zurückdenken! Alle Worte der Zuneigung, die sie uns gesagt, alle Taten der Hilfe, die sie uns getan, alle Güte, alle Freundlichkeit, aller Trost, die von ihr ausgingen... Es ist nichts davon verloren und es wird uns begleiten, solange wir leben. Und das gerade ist es ja auch, was uns heute die Tränen in die Augen treibt, wenn wir an sie denken: Daß die Erinnerung eben noch so frisch ist, daß dieser Mensch so viele Spuren hinterlassen hat in unserem Leben, in unserer Seele...da, wo wir der Liebe bei uns ei- nen Raum eingerichtet haben. Denn das ist die Liebe, die das alles festhält und aufhebt, das ist unsere Liebe, die allem ein Gedächtnis bewahrt, und das ist auch die Liebe, die uns jetzt, da wir ohne sie weiterleben müssen, so viel Schmerz bereitet. Wir sehen es, wir spüren es: Liebe bleibt. Aber es ist nicht genug, über diese Liebe zu reden, die wir Menschen füreinander empfinden. Denn sie ist, so groß sie auch immer sein mag, nur ein sehr schwacher Abglanz der unendlich viel größeren Liebe Gottes zu uns Menschen - auch zu dem Menschen, den wir heute begraben müssen und zu je- dem von uns. Das macht die Liebe zur größten von den dreien: Glaube, Hoffnung, Liebe...das allein! Und für die Liebe Gottes gilt nun alles, was wir schon für unsere menschliche Liebe genannt und be- schrieben haben - nur ist sie viel größer noch, viel treuer und viel verläßlicher: Nein, ein Mensch, der stirbt. stürzt nicht ins Bodenlose, er fällt nicht aus der Liebe Gottes! Wie wir das Bild dieses verstor- benen Menschen festhalten und seine Erinnerung in unseren Herzen bewahren, so tut Gott das auch. Nichts, was wir in dieser Welt an Liebe gegeben haben, nichts von den Worten unseres Mundes, ja, nicht einmal die Regungen unserer Seele sind Gott verloren. Allerdings - und auch das wollen wir heute ansprechen - auch nicht die Schuld, die wir getan, die Bosheit, die wir begangen und nicht die Sünden unseres Lebens. Aber was uns nun ängsten könnte, ist bei Gott durch Jesus Christus doch gut gemacht, aufgehoben und soll in Ewigkeit nicht gelten. So ist es zuletzt die Liebe Jesu Christi, die uns hinüberrettet in die neue, ewige Welt Gottes. Und es ist Gottes Liebe, die uns dort gelten läßt und annimmt als Kind und Erben der Herrlichkeit - um Christi Willen. So ist es die Liebe, die uns Zukunft gibt - über den Tod hinaus! Liebe bleibt. Wenn wir heute fragen: Was bleibt uns denn jetzt nach diesem Abschied? Was wird aus unserer Ver- storbenen? Was wird auch einmal aus uns, wenn wir gehen müssen, dann ist dies die Antwort: Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; die Liebe aber ist die größte unter ih- nen. Gott schenke uns solchen Glauben. Gott schenke uns solche Hoffnung. Gott schenke uns solche Lie- be. Vor allem aber schenke er uns seine Liebe, die uns hier und ewig nicht fallenläßt! Wir wollen T. A. nun getrost Gottes Liebe überlassen.