Ansprache zur Beerdigung - Tod eines Menschen, Geschlecht und Alter gleichgültig Ps. 90,12 Liebe Familie ------------, liebe Angehörige, liebe Trauergemeinde! Ich möchte über diese Stunde einen Vers aus dem Psalter schreiben; er steht im 90. Psalm. Der Be- ter wendet sich an Gott und bittet: Herr, lehre uns bedenken, daß wir sterben müssen, auf daß wir klug werden. An unsere/n Verstorbene/n richtet sich dieses Wort nicht; sie/er hat die Grenze überschritten, die uns vom Unbekannten trennt. Wir sind gemeint, die Menschen, die zurückbleiben, die noch zu leben ha- ben, noch leben dürfen, müssen... Warum sollen wir bedenken, daß wir auf den Tod zugehen? Ist es nicht besser, diese Gedanken zu verdrängen, so gut uns das gelingt? Wie soll denn noch Freude, Glück und befreites Leben aufkommen, wenn der Tod ständig unser Denken vergiftet und wir dau- ernd über dieses schreckliche Verhängnis nachsinnen? Und ist es nicht wirklich schrecklich? Unser Leib wird zerfallen, zu Erde werden...zu Staub und Asche. Wir werden einfach nicht mehr sein und unser Gedächtnis selbst bei denen, die uns liebten, wird schwach und schwächer werden und schließ- lich ganz verblassen, - Und daran sollen wir denken? Darauf sollen wir uns einstellen. Ja, darum bit- tet der Psalmist sogar: Gott, ich will das lernen, damit zu leben; ich will das nie vergessen, daß ich sterblich bin und einmal wieder zu Asche werde. Ja, wenn er so zu Gott spräche: Herr, schenke mir erfülltes Leben, die Fähigkeit, jede Minute auszu- kosten, alle schönen Augenblicke zu genießen, schenk' mir eine lange Zeit auf dieser Erde, ohne schwere Schläge, ohne Behinderung und böse Krankheit und endlich gib mir einen sanften Tod, daß ich hinübergehe wie im Schlaf... Das könnten wir alle auch sagen, das könnten wir bejahen, das wün- schen wir uns alle von Gott. Aber doch nicht dies: Bedenken, daß ich sterben muß...das kommt ohnedies und liegt ja hoffentlich noch weit für dich und mich, für jeden von uns. Und vor allem: Die- ser Gedanke an den Tod macht uns doch Angst, und wir spüren, wie uns das die Luft abschnürt, wenn wir ihm nachgeben, wenn er Macht über uns bekommt. - Andererseits: Wir sind Christen. Wir wissen von Jesus, den wir den Sohn Gottes nennen. Er hat uns vorgelebt, worauf es wirklich ankommt: Dem Mitmenschen eine Schwester, ein Bruder sein, sich für ihn einsetzen, seine Bedürfnisse sehen und höher achten als die eigenen... Hier könnte man weiter und weiter aufzählen, sämtliche christlichen Tugenden nennen, alle Eigenschaften eines guten Men- schen aufzählen..., aber das wären nur Worte - und Worte zu machen, das können wir eben von Je- sus gerade nicht lernen. - Bei ihm lernen wir leben... Er redet nicht nur davon, er setzt sich zu den Außenseitern an den Tisch. Er führt die Liebe zum Nächsten nicht nur im Mund, er leidet am eige- nen Leib für die Menschen. Man kann bei ihm nicht nur von Vergebung hören, er opfert sein Leben für die Schuld anderer. Und schließlich gibt Gott diesem Menschen recht, nicht seinen schönen Wor- ten - sondern seiner Art zu leben! Er weckt ihn vom Tod auf und zeigt damit ein für alle Mal: Der Tod ist nicht das Ende! Der Tod ist Anfang. - Anfang wovon? Wir wissen nichts über die Art und Weise dieses Lebens, vielleicht, weil es so unvergleichlich ist, gegenüber allem, was wir in dieser Welt kennenlernen. Aber darf ich Gott nicht zutrauen, daß er eine Welt unaussprechlicher Herrlichkeit für uns bereithält, dem Gott, den Jesus seinen und unseren "Va- ter" nennt? Wird der Vater uns nicht froh machen wollen, beschenken? Auf wen wartet diese Welt? Da können wir mehr sagen: Auf alle, die in Jesus ihren Herrn sehen und ihm nachfolgen - eben nicht nur seine Rede im Mund führen, sondern lieben, wie er geliebt hat, ver- geben, wie er verziehen hat, den Mitmenschen in den Mittelpunkt des Handelns stellen, wie er es ge- tan hat. Man braucht nicht mehr zu sagen, das Tun, das Leben in seiner Nachfolge spricht selbst eine andere, viel deutlichere Sprache: Wer einmal erfahren und gespürt hat, wie froh das macht, uneigen- nützig zu helfen, ohne Vorurteile einem Verachteten die Hand zu reichen, das Gute zu tun, das ich eigentlich gar nicht schuldig war..., der weiß eines sicherer als alles: Ein solches Leben ist sinnvoll und recht vor Gott. Ein solches Leben wird von keinem Tod begrenzt, vor dem ich mich ängstigen müßte. Er, der dieses Leben vorgelebt hat, ist durch den Tod hindurchgegangen. Hinter ihm her werden auch wir auferstehen. Lehre uns bedenken, daß wir sterben müssen, auf daß wir klug werden. Auf einmal scheint mir das gar nicht mehr so drohend, so beängstigend. Der Tod ist ja gar kein Ver- hängnis, das man verdrängen müßte, so lange wir nur können. Warum denn nicht daran denken, wenn der Tod doch längst nicht mehr das letzte Wort hat, wenn er doch besiegt ist durch Jesus Chri- stus? Von daher kann ich das fast als freundlichen Hinweis sehen: Vergiß nicht, daß dein Leben auf dieser Welt nicht alles ist. Es geht drüben weiter. Unausdenkbar für jeden menschlichen Verstand, aber herrlich und ohne Ende in der Nähe des Vaters. Vielleicht kann ich da jetzt auch eine sanfte Mahnung hören: Lebe dein Leben doch nicht so, als müßtest du jede Freude und jeden Spaß haben, als sei die Zeit zwischen Geburt und Tod nur dazu da, bis an den Rand gefüllt zu werden mit Kurzweil und billigem, eigennützigen Vergnügen. Wie muß das den Vater kränken, der so viel mehr mit dir vorhat und dir so viel mehr schenken will. Auch eine kleine Warnung höre ich darin: Verspiel doch nicht alles um eines kurzen Glückes willen. Du gewinnst die Sekunde deines Erdenlebens und verlierst die Ewigkeit. Liebe Trauergemeinde! Ich möchte das wieder und wieder in mein Gedächtnis rufen und es nie vergessen, solange ich lebe: Herr, lehre mich bedenken, daß ich sterben muß, auf daß ich klug werde! Wer diese Bitte mitspre- chen kann, dem hilft Gott, klug zu worden. Wer klug ist, sieht auf den, der uns von Gott ein für alle Mal zum Vorbild gemacht ist: Jesus Christus. Bei ihm lernen wir leben. Bei ihm verlieren wir die Angst vor dem Tod. Denn wohin soll es hinter dem Auferstandenen schon gehen - als ins Leben?