Ansprache zur Beerdigung - Tod eines Menschen, Geschlecht und Alter gleichgültig Ps. 23 Liebe Angehörige, liebe Trauergemeinde! Jeder Tod, selbst da, wo er Erlösung bedeutet, schreckt uns. Wir müssen ja, immer wenn er uns berührt, daran denken, daß auch wir einmal sterben müssen. Und selbst wenn wir Christen sind, beschleicht uns die Angst. Selbst wo wir vom Sieg Jesu Christi über den Tod gehört haben - und es ja auch glauben wollen - wir haben unsere Not damit. Wer wie sie, liebe Angehörige, gerade erst Abschied nehmen mußte, kann wohl dem Leben und der Hoffnung so schnell nicht recht geben. Und uns anderen geht es ja nicht anders. Wir bemühen uns zwar jetzt, nicht allzu sehr in die Gedanken an den Tod hineinzugeraten. Am liebsten wäre es uns, wenn wir ihn vergessen könnten, ihn und all die Schrecken, die er bedeutet. Aber es wird uns nicht gelingen. Nicht nur heute bringt er sich ja in unsere Erinnerung. Jeden Tag lesen wir von seiner Macht. Oft hören wir davon, wo er in der Welt oder in unserer ferneren Umgebung seine Gewalt geübt hat. Jetzt, bei dieser Beerdigung, kommt er uns ganz nah, so nah, daß wir ihn nicht verdrängen können. Nein, wir können den Tod nicht aus unserem Denken verbannen. Seine Macht ist zu groß! Was wird die Macht des Todes bei uns bewirken - außer der Angst? Immer wieder habe ich es von Menschen gehört, die erst vor kurzem einen Angehörigen an den Tod verloren haben. "Man lebt intensiver! Das Leben, das man selbst ja noch haben darf, wird miteinemal wertvoller als vorher." Es ist wohl so: Wenn man den Tod erfahren hat, begreift man das Leben erst richtig. Von seinem En- de her weißt du erst, was das eigentlich ist: Leben dürfen, noch eine Spanne Zeit haben, die du füllen kannst, die noch offen ist für Wachstum, Entwicklung und auch dazu, daß du sie noch gestaltest und ihr einen Sinn gibst. Der Tod bringt all diese Möglichkeiten an ihr Ende. Er schneidet ab, was noch hätte sein können, sein sollen... Darum ängstigt er uns. Wie werden wir ihm ihm fertig? Ich glaube, wir müssen etwas gegen die Angst tun. Und wir können - Gott sei Dank - etwas gegen sie tun! Und ich will jetzt hier nicht den Kopf ansprechen und theologische Gedanken sagen. Ich will die Herzen errei- chen, denn unser Herz ängstigt sich ja und ist unruhig und zutiefst verunsichert durch diesen Abschied. Ich will die Worte sagen und selbst zu uns sprechen lassen, die wie nichts anderes in der Heiligen Schrift geeignet sind, ganz tief in unsere Seele zu fallen und dort zu wirken, uns gefaßt und getrost zu machen. Ich durfte mit diesen Worten schon viele wunderbare Erfahrungen haben. Das Ehepaar kommt mir in den Sinn, das unter diesen Worten die 50 Jahre bis zur Goldenen Hochzeit ein gutes, erfülltes und immer zuver- sichtliches Leben hatte. Der Mann in der Lebensmitte fällt mir ein, der mich kurz vor seiner Operation im Krankenhaus gebeten hat, doch noch diese Worte zu lesen. Und ich denke an sie, liebe Angehörige, die sie ja jetzt, in dieser Stunde des Abschieds, auch gewiß zuallererst ein Wort des Trostes erhoffen. Es sind mächtige Worte! Ebenso mächtig ganz gewiß, wie der Tod. Sie sind uns von dem gesagt, der allemal auch den Tod in seiner Hand hat. Vielleicht achten sie jetzt einmal darauf, wie diese Worte auch bei ihnen wir- ken, sie vielleicht ruhig werden lassen, ihnen ein wenig Trost ins Herz senken und ihnen die Kraft geben, die sie jetzt brauchen. Hören sie diese wunderbaren, mächtigen Worte. Ich will hernach nicht mehr tun, als die Bilder, die sie bei uns aufrufen, noch ein wenig auszumalen: Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln. Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser. Er erquicket meine Seele; er führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen. Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich. Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde. Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein. Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang, und ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar. Der Herr ist mein Hirte... Nicht mehr oft sehen wir heute einen Schäfer mit seiner Herde. Und doch weiß je- der, was gemeint ist. Da ist einer, der hat uns im Auge, der sieht nach uns, der ist immer in unserer Nähe, so- lange wir leben - und wenn wir sterben müssen erst recht. Er ist da - auch wenn wir ihn nicht sehen. Er sorgt für uns, gibt uns zu essen und zu trinken, achtet darauf, daß uns nichts fehlt. Er führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen... Er zeigt uns den Weg. Wenn wir richtig gehen wollen, dann ziehen wir ihm nach. Er geht uns voraus. Er ist auch schon einmal durch alles gegangen, was uns schrecken könnte. Was uns auch begegnet, zustößt, widerfährt - er ist da, ganz in der Nähe...immer auf Ruf- weite, du streckst nur deine Hand aus. Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal, fürchte ich kein Unglück... Nichts kann uns geschehen, was uns ängstigen müßte. Auch in den Tiefen des Lebens ist er dabei. Gerade da läßt er uns nicht im Stich. Ein "guter Hirte" ist er, der weiß, wo sein Platz ist: Bei den Seinen, bei denen, die sich in seine Obhut flüchten. Für sie nimmt er selbst Leiden auf sich. Für sie gibt er sogar sein Leben. Denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich... Ja, unser Hirte wird uns verteidigen gegen alle Angriffe, gegen Anschläge auf unser Leben, unsere Unversehrtheit an Leib und Seele. Alles will er für uns tun. Alles wird er für uns tun. Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang... Wovor also Angst haben? Was sollte uns schrecken? Der Tod? Die dunkle Schwelle, über die wir einmal gehen müssen? Hören wir doch: Ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar... Immer! Ewig! Ohne Ende! Wie soll auch die Beziehung dieses Herrn zu den Seinen je abreißen? Was hat er nicht alles für sie auf sich genommen. Doch nicht, um sie dann an den Tod zu verlieren! Er ließ sich verhöhnen für sie, geißeln für sie, bespucken und schlagen für sie. und schließlich ging er ans Kreuz - für sie. Für dich und mich. Der Herr ist mein Hirte... Der erste Beter dieses wunderbaren Psalms vor rund 3000 Jahren wünschte sich ei- nen solchen Hirten. Jesus war noch nicht gekommen. Wir kennen den Hirten, er ist unser Herr. Auf ihn beru- fen wir uns im Leben und im Sterben. Auf ihn können wir uns verlassen. Er hat unserem Leben einen Sinn ge- geben und unserem Sterben auch. Er hat dem Tod den Schrecken genommen, denn hinter der dunklen Schwelle geht es mit uns und seiner Liebe zu uns weiter: Wir bleiben im Hause des Herrn - immerdar! Warum also noch ängstigen? Wovor denn? Wir müssen also auch die Gedanken an Tod und Sterben nicht mehr ver- drängen. Wir dürfen ganz getrost ins Auge fassen, daß wir sterblich sind, daß es ein Ende mit uns haben wird und wir davon müssen. Wir wissen wohin! Liebe Angehörige, liebe Trauergemeinde, alle Rätsel um Tod und Vergehen sind jetzt nicht gelöst. Mancher frühe Abschied von einem Menschen, man- ches plötzliche Sterben, warum einer so früh gehen muß und ein anderen in hohen Alter nicht sterben darf... alles das werden vielleicht für immer Geheimnisse bleiben. Halten wir doch aber fest, was doch auch tröstlich ist und bleibt: ---------- hat den guten Hirten gekannt. Sein/ihr Leben hat ihm nicht ein blindes Schicksal, son- dern der Wille Gottes zugemessen. Wie für ihn/sie der Anfang dieses so wunderschönen Psalms ein Leben lang gegolten hat, so wird jetzt das Ende gelten: Der Herr ist mein Hirte... und ...ich werde bleiben Im Hause des Herrn immerdar. Wir dürfen diese/n Verstorbene/n jetzt ganz getrost loslassen. Er/sie ist und bleibt an der Hand des guten Hir- ten. Flüchten doch auch wir uns in seine Obhut. Bei ihm ist Trost, bei ihm ist Geborgenheit und ein gutes, ge- führtes Leben.