Ansprache zur Beerdigung - Tod eines länger Behinderten Röm. 12,12 Liebe Angehörige, liebe Trauergemeinde! Es gibt unterschiedliche Erwartungen an die Predigt anläßlich einer Beerdigung. Für einige Men- schen ist das besonders wichtig: Sie wollen etwas über den Verstorbenen hören. Die Ansprache, die ihm gewidmet ist, soll seine Züge erkennen lassen. Sie wollen hernach sagen können, ja, das hat zu ihm gepaßt, so war er, die Worte, die wir gehört haben, sind ihm gerecht geworden. - Wie ist es da- mit bei diesem Abschied? - Nun, die meisten von uns wissen, wie er gewesen ist und haben all das vor Augen, was ihn gerade in den letzten Jahren bewegt und beschwert hat. Warum also sollen wir hier nennen, was wir doch ohnedies wissen? Und dann: Der eigene Wunsch des Verstorbenen ver- bietet uns, hier über die Lasten der letzten Jahre und über sein Leiden zu sprechen. Andere wünschen sich von einer Ansprache zur Bestattung, daß sie in erster Linie Gottes Wort vor die Ohren und Herzen der Menschen bringt, nicht nur der Angehörigen, nein, vor alle, die heute Ab- schied von H. P. nehmen. Ich meine, das sollten wir heute tun. Denn was anderes als das Wort Gottes kann uns helfen, wenn wir vom Tod betroffen sind und wenn sich in dieser Stunde doch auch der Gedanke an das eigene Sterben bei uns einnistet? Denn jeder Tod mahnt uns ja an den eigenen! Und noch etwas: Ein sicheres Gefühl sagt es uns gerade heute: In der Stunde des Abschieds von ge- rade diesem Menschen, dessen schweres Geschick wir doch kennen, muß etwas von diesem Wort Gottes zur Sprache kommen, was wir gerade jetzt brauchen, nötiger als Brot: Die Botschaft des Trostes, die jedem von uns gilt und die uns Hoffnung schenken will, wenn wir an das eigene Schick- sal und den eigenen Abschied denken. Wir wollen das heute einmal nicht wegschieben und verdrän- gen, sondern ehrlich fragen, wie wir leben können mit der dunklen Aussicht des Todes vor uns. Ein Wort aus der Römerbrief will uns heute Begleitung und Zuversicht anbieten, es war der Konfir- mationsspruch und der Trauvers des Verstorbenen: Seid fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal, haltet an am Gebet! Seid fröhlich in Hoff- nung! Und wenn uns noch nie im Leben etwas froh gemacht und wirklich bewegt hätte...hier hören wir es. Eine ganz einfache Botschaft mit den gewaltigsten Folgen für alle, die sie glauben können: Dieses Leben ist nicht alles! Es gibt eine Hoffnung! Es gibt einen Grund der Zuversicht - über das Sterben hinaus! Wenn das keine wunderbare Nachricht ist! Wir müssen also nicht ängstlich raffen in diesem Leben, nicht krampfhaft festhalten, was uns Sicherheit und Auskommen, Macht, Karriere, Unterhaltung oder bloße Kurzweil verspricht. Daran halten sich die Menschen, die nichts von Gott wissen. Wenn mir die Spanne zwischen Geburt und Tod alles ist, dann freilich packe ich in sie hin- ein, was ich kriegen kann. Jeder Spaß muß dann sein, jede Zerstreuung ist dann recht, denn alles, so muß ich mir dann sagen, alles, was ich habe ist ja bedroht durch das Ende, alles, was ich bin, wird ja doch ins Nichts fallen. Uns Christen dagegen ist von unserem Herrn eine Hoffnung vor Augen ge- stellt - über den Tod hinaus. Das Leben ist uns als Zukunft versprochen, das wahre Leben, gegen- über dem alles, was wir hier haben und genießen können, nur ein fader Abglanz ist. In Jesu Spur geht es einen anderen Weg entlang: Wie er den Tod überwunden hat, so auch wir. Wie er auferstanden ist, so werden wir auch auferstehen. Seid fröhlich in Hoffnung! Da breitet sich Gelassenheit aus. Da wird man ruhig. Da lernt man das zu tun, was richtig und wichtig ist. Und man macht wunderbare Erfahrungen, vielleicht solche: Wenn ich mit anderen teile, was ich habe, werde ich nicht ärmer. Was liegt denn an den Sachen, den Gütern? Wer will mir die Zukunft nehmen, die mir verheißen ist? Wenn ich mir um anderer Menschen willen eine Freude versage, entgeht mir doch nichts, denn wer wird mir die ewige Freude rauben, die auf mich wartet? Selbst wenn ich weiß, ich muß einmal sterben, so schreckt mich das nicht, denn der Tod ist ja nur Schwelle, er ist mir der Ein- gang zum wirklichen Leben. Was ist, wenn man das nicht glauben kann? Wer beweist uns das? Glauben kommt aus dem Hören. Und Hören führt uns zum Probieren: Laß dich ein auf ein Leben mit Jesus. Laß dich anstecken von seiner Botschaft und von seinem Beispiel, schon hört das Fragen auf. Der Versuch ist die Antwort. Du fragst, kann ich schwimmen? Vertrau' dich dem Wasser an und siehe da, es wird dich tragen. Mit dem Glauben ist auch das andere da: Seid fröhlich in Hoffnung... Und mit der Hoffnung ver- bunden ist das zweite: ...geduldig in Trübsal... Nein, ein Rosengarten ist es nicht, das Leben in Jesu Spur. Kann es das denn auch sein, hinter diesem Herrn her? Hat er nicht Schmerzen, Kreuz und Tod auf sich genommen um unseretwillen? Meinen wir dann, daran vorbeizukommen? Wenn uns das jetzt ängstet, sehen wir doch auf das Beispiel so vieler Menschen, die schwer leiden müssen: Von Schmerzen gezeichnet, in langem Siechtum auf's Lager geworfen und doch auf den Lippen ein Psalm, der Gott lobt. Nichts Schönes mehr in dieser Welt, nichts, das erfreut oder einmal das Leiden leichter macht und doch können sie von Gottes Treue und Gnade reden. Ich habe das oft erlebt. Und ich weiß, viele von uns haben ähnliche Erfahrungen gemacht. Wo kommen sie her? Wer gibt diesen leidenden Menschen die Kraft dazu, wenn nicht Gott? Wer ahnt, was mit solchen Menschen vorgeht - mitten in ihrem Leid? Wer ermißt, was der Glaube vermag und was die Hoffnung aushalten kann?! Ob da in Leiden und Schwäche nicht wirklich die Kraft Gottes um so wirksamer wird, wie es uns ja verheißen ist? Ob er das nicht ist, der dann Trost gibt, ausharren läßt, stark macht, alles zu ertragen - selbst am Ende das Schwerste... Wir, die dabei Zeugen werden, stehen dann da, fragen warum und können uns der Tränen nicht erwehren... Lassen wir auch das zu uns sprechen, was wir dann mit den leidenden Menschen erfahren: ...geduldig in Trübsal... Der Glaube macht, daß sie da hindurch- kommen, ohne die Hand Gottes zu verlieren. Der Glaube führt zur Hoffnung. Aus der Hoffnung kommt die Geduld. Geduld, die von Gott her gespeist wird, läßt durchhalten und alles bestehen. Haltet an am Gebet! Die letzte, ist wahrhaftig nicht die geringste dieser drei Empfehlungen! Bleibt in Zwiesprache mit Gott! Was immer euch geschieht. Alles, was euch widerfährt bedenkt vor ihm. Haltet an am Gebet! Täglich. Immer wieder neu. Es gibt keinen Vorrat an Glauben und Liebe, der das ganze Leben halten könnte. Jeden Tag neu, will Gottes Verheißung geglaubt und gelebt werden. Die Kraft dazu muß auch täglich neu geschenkt werden. Aus dem Händefalten kommt diese Kraft. Haltet an am Gebet! Und das gilt nicht nur für jene, die in und an ihrem Leben leiden müssen. Wenn du glücklich bist, wenn dir alles zum Guten ausschlägt, wenn deine Mühen gesegnet sind, dann vergiß nicht das Danken. Wenn du glauben kannst, wenn dich das Vertrauen auf die Vergebung und das ewige Leben trägt, dann vergiß nicht, den zu loben, der dir das gibt und verheißt. Und wenn er dir einmal entgleitet, wenn sein Gesicht für dich undeutlich wird und du nicht mehr verstehst, was dir geschieht, dann bleib' trotzdem dabei: Halte an am Gebet! Vertraue darauf, daß du auch dann nicht verlassen bist und daß auch das Dunkel sich einmal wieder lichtet. Und schließlich, selbst wenn der Schmerz und das Leid über dir zusammenschlägt, das gilt: Halte an am Gebet! Gott wird dir nicht mehr auflegen, als du tragen kannst. Ersparen will er's dir nicht, aber mittragen will er, dich stärken will er, dich trösten, wenn's gar zu schwer wird. Nichts soll dir den Glauben nehmen, nichts kann dich um die Zukunft bringen, die Jesus dir schon gewonnen hat, darum: Seid fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal, haltet an am Gebet! Wie sehr wünsche ich uns allen, daß wir dieses Wort von heute mitnehmen können: Die Angehöri- gen in die schwere Zeit, die jetzt kommt, daß es sie tröstet und ihnen die Kraft gibt, die sie jetzt brauchen. Aber auch wir anderen in alle lichten Höhen unseres Lebens und in die dunklen Täler hin- ein, die vielleicht auf uns warten. Daß wir getrost und sicher gehen und das Ziel nicht aus den Augen verlieren, das um Jesu Christi willen auf uns wartet. Wie sehr wünsche ich uns allen, daß dieses gute Wort Fleisch wird in unserem Leben, daß man's al- lem, was wir reden und tun ablesen kann, daß uns dieses Wort trägt und bestimmt: Seid fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal, haltet an am Gebet!