Ansprache zur Beerdigung - Tod eines alten Mannes 1. Petr. 1,3 Liebe Angehörige, liebe Trauergemeinde! Mag sein, das liegt an dieser Zeit und am ganz und gar weltlichen Denken, das doch immer mehr Platz greift - aber wir schauen gar nicht mehr über dieses Leben hinaus! Auch als Christen tun wir das nicht mehr oder viel zu wenig! Irgendwie scheinen wir uns abgefunden zu haben mit diesen 70, 80 oder auch einmal 90 Jahren zwischen Geburt und Tod. Gewiß, wir haben noch Zuversicht - wenn ein Kind geboren wird und es sein Erdenleben noch vor sich hat. Oder wenn zwei Menschen heiraten - dann wünschen wir ihnen Glück für die kommende Zeit des gemeinsamen Lebens in die- ser Welt. Und auch an einem 75. oder gar 90. Geburtstag wünschen wir noch viele gute Jahre, Ge- sundheit und Segen... Aber wir meinen die Zeit bis zum Abschied, bis zum Ende, bis der Tod uns unsere Lieben nimmt und es aus ist mit dem Glück, der Freude, der Zuversicht... Und wie wir re- den, verrät uns auch - denken wir z.B. an ein Sterben nach langer Krankheit. Was sagen wir dann: "Es war ja schon lang keine Hoffnung mehr!" - Oder wenn einer ganz alt ist und dann heimgehen muß: "Er hatte doch noch so fest geglaubt, daß es wieder gut wird mit ihm!" Oder: "Wir haben den Glauben an eine Genesung bis zuletzt nicht aufgegeben!" Immer wieder wird so oder ähnlich ge- sprochen, wenn Menschen von uns gehen. Wie gesagt: Man muß das verstehen! Die Zeit und die Welt, in der wir leben, nimmt unsere Augen und Herzen sehr gefangen. Der Tod wird zur dunklen Grenze, die das Leben und alle Hoffnung zunichte macht. Das Sterben scheint wie der Schlußstrich hinter dem nichts mehr kommt, allenfalls Rätsel und Ungewißheit. Immer wieder, wenn ein Mensch gestorben ist, wird uns das bewußt: Wie wenig wir doch von der Zeit nach dem Tod wis- sen, wie wenig wir - wenn wir ganz ehrlich sind - glauben und hoffen. Vielleicht ist uns das ja auch wieder jetzt - beim Tod von G.E. - deutlich geworden. Was können wir als Angehörige uns wirklich Tröstliches sagen? Was antworten wir als Gemeinde unseren Kin- dern, wenn sie uns fragen: "Was wird denn aus den Menschen, die auf dem Friedhof liegen? Und wenn es in unserer Familie ans Abschiednehmen geht, was sagen wir unserem Kind, wenn es wis- sen will: Was ist denn jetzt mit der Oma, dem Opa?" Und schließlich gibt es da ja noch die ganz persönliche Frage: Was denken wir uns selbst, wenn wir mit unseren Gedanken an die Todesgrenze geraten? Können wir da standhalten oder müssen wir die Fragen und Sorgen verdrängen? Ja, noch einmal: Was wissen wir über den Tod und das Danach? Was dürfen wir - als Christen - wissen? Ich will erst sagen, was wir nicht wissen: Wir haben keine Ahnung davon, wie Gottes neue Welt aussieht! Es ist keiner je zurückgekehrt, um uns zu berichten: So und so ist das Leben dort; dies und das wird uns erwarten... Aber ich meine, daß es genug ist zu wissen: Es wird ein neues Leben ge- ben! Es ist eine neue, andere Welt - drüben... Wer die Güte Gottes in diesem Leben kennengelernt hat, der weiß es doch: Gottes Reich, sein neues Leben kann nur herrlich sein, ohne Leid und Tränen und ewig! Deshalb singen wir ja auch von dieser Welt Gottes mit solch schönen Worten: "Paradies, Himmel, ewige Heimat, Freude und Wonne, Herrlichkeit..." Und wir wissen nichts von Gottes Reich durch unseren Verstand oder unser eigenes Denken und Dünken! Es übersteigt himmelweit unsere Vorstellung als begrenzte Menschen, daß Gott uns wirk- lich eine Ewigkeit schenken will! Auch die Natur und ihre andächtige Betrachtung kann in uns nur die Sehnsucht wecken, daß all das Schöne doch für immer dauern soll - Gewißheit gewinnen wir so nicht! Es gibt nur eins - nur einen! - der uns gewiß machen kann, daß Gott mehr mit uns vorhat, als die Spanne zwischen Geburt und Tod: Dieser eine heißt Jesus Christus. Er spricht uns nicht nur in vie- len Worten von Gottes ewigem Reich - er hat es uns selbst aufgeschlossen mit seinem Leben und Sterben. Er hat also vom neuen Leben nach dem Tod nicht nur Worte gemacht, die man glauben oder verwerfen kann - er hat uns dieses Leben verdient! Für die Schuld jedes Menschen - auch für deine Schuld! - ist er ans Kreuz gegangen. Nun gibt uns die Welt und das Leben heute ja viel Ab- lenkung: Manchmal scheinen Begriffe wie "Schuld" und "Sünde" ganz unzeitgemäß, altertümlich, religiös verschroben... Nur manchmal noch lassen wir diese Gedanken zu: Daß vielleicht unsere Selbstsucht, unser ewiges Kreisen um unseren eigenen Nabel oder unser Mitmachen bei dem, was "doch alle machen" schuldhaft und sündig sein könnte. Wir haben in unserem verweltlichten Leben oft den Maßstab verloren, was eigentlich gut ist und was böse. Wenn immer mehr Menschen die Ichsucht und den Gebrauch der Ellenbogen vorleben, dann gerät man leicht mit hinein in Eigennutz und Egoismus. Dann verschiebt sich unser Maßstab: Was soll daran "Schuld" sein, wenn es doch alle so halten? - Manchmal aber können wir uns nicht vor der Erkenntnis drücken: Nein, ich bin nicht recht, wie ich bin! Diese Gedanken greifen etwa dann nach uns, wenn wir vom Tod betroffen sind. Wie von selbst kommen ja dann die Fragen: Was ist denn jetzt nach dem Sterben - mit dem Entschlafenen...und einmal mit mir? Gibt es dann ein weiteres Leben? Was muß ich tun, um es zu erlangen? Hier ist Jesus Christus die Antwort: Ja, sagt er, es gibt dieses neue, ewige Leben bei meinem - und unser aller - himmlischen Vater! Mich müßt ihr annehmen, um es zu erhalten! Das heißt: Laßt mei- nen Tod am Kreuz für euch gelten! Ich bin für eure Sünde in den Tod gegangen! Ich habe bezahlt für eure Schuld! Nur seht aber auch eure Schuld, nehmt sie wahr und nehmt sie an: Es ist manches nicht gut und recht daran, wie ihr lebt! Es ist nicht in Ordnung, Gott und den Mitmenschen an den Rand des Denkens und Handelns zu drängen! Gott will manches nicht, was ihr tut - auch wenn es viele vormachen! So können wir also - durch Christus - ja sagen lernen zu unserer Schuld und unserem Versagen - und wir dürfen im Augenblick, in dem wir ja sagen schon wissen: Er hat für mich bezahlt! Um sei- nes Opfers am Kreuz willen, schenkt mir Gott sein ewiges Leben! Aber Schuld muß Schuld ge- nannt werden und wir müssen ja sagen zu Christus - so gewinnen wir die Welt nach dem Tod. So treten wir ein in den Glauben der Christen, in ein Leben der Hoffnung und der Zuversicht, der Lie- be und des Vertrauens in Gott. Der Tod verliert seine Schrecken. Das neue Leben hat angefangen: ohne Angst, ohne Kampf und Krampf um das Eigene, ohne Jagd und Hetze nach Karriere und Wei- terkommen... Es ist alles gewonnen! Das ewige Reich Gottes gehört uns schon - heute im Glauben und zukünftig im Schauen. Das dürfen wir - als Christen - von Gottes Zukunft wissen: Sie liegt bereit, wird herrlich sein und viel schöner als wir es nur je erträumen. Christus hat sie uns verdient. Wir ergreifen sie im Glauben an ihn, indem wir ja sagen zu seinem Opfer für uns, ja auch zu unserer Schuld, für die er bezahlt hat. Dieses Ja ist unser Eintritt in Gottes ewige Welt - schon hier und heute. So wird der Tod kein Schlußstrich mehr für uns sein, sondern eine Schwelle: Aus der Welt des Leids, des Todes und des Vergehens - ins Leben! Gott schenke uns diesen Glauben! Mit solchem Glauben können wir auch dem Tod eines lieben Menschen, der uns betroffen hat, vol- ler Zuversicht begegnen. Nicht mehr: "Es war ja schon lang keine Hoffnung mehr!" - Nein, son- dern: "Jetzt erst wird sich die Hoffnung in Jesus Christus erfüllen!" Und nicht: "Er hatte doch so fest geglaubt, daß es wieder gut wird mit ihm!" - Vielmehr: "Es soll jetzt ewig gut werden!" Und auch nicht: "Wir hofften bis zuletzt auf seine Genesung!" Nein: "Der Tod ist die Genesung vom Leid dieser Welt zum ewigen Heil!" Und unseren Kindern können wir antworten, wenn sie uns fra- gen: "Der Opa hat jetzt die Schwelle von hier nach drüben überschritten: Dort hat uns Jesus Chris- tus ein ewiges Leben versprochen - wenn wir nur auf ihn vertrauen!" Und auch wir selbst können jetzt standhalten, müssen die Gedanken an das Todesdunkel nicht länger verdrängen: "Die 70 oder 80 Jahre hier sind bestenfalls ein kleiner Vorgeschmack auf eine ewige Herrlichkeit - um unseres Herrn Jesu Christi willen!" Liebe Angehörige, liebe Trauergemeinde! Mir kam vor dem Hintergrund dieser Fragen nach dem Tod und dem Danach der Bibelvers in den Sinn, den ich meist am Grab eines Menschen sage, wenn wir seine sterblichen Reste Gottes Erde anvertrauen: Gelobt sei Gott, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu ei- ner lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten. Ich wünsche den Angehörigen, aber auch uns allen eine solche lebendige Hoffnung, die gerade an- gesichts des Todes hinübersehen kann in Gottes neue Welt, die im Glauben und Hoffen schon heute wahr ist und einmal in Ewigkeit wirklich werden soll. AMEN