Veränderungen (Oben und unten in der Kirche heute) Wer biblisch, christlich stark durchdrungen, der weiß, dass auch Veränderungen den Christen prägen. Seine Zeit steht still erst in der Ewigkeit. So muss er täglich neu beginnen, den rechten Glauben zu gewinnen. Auch was die Hoffnung anbetrifft steht nichts von Stillstand in der Schrift. Und schließlich ist da noch die Liebe ... Wenn die im Gestern wohnen bliebe, wär’ Heute, Morgen ohne Sinn. Der Wandel und der Neubeginn sind also Christen aufgegeben. - Doch wird seit längerem im Leben der Kirche eines überseh’n: Es geht darum, beim vorwärts Geh’n, Bewährtes nicht zurückzulassen! Wie anders soll man heute fassen, wenn uns die Bibel sagen lässt: Prüft alles! - und dann haltet fest, was sich als recht und gut erwiesen!?* An andrer Stelle wird gepriesen: Eins soll des andern Diener sein.** Auch heißt’s, es mache der sich klein, der groß sein will im Kreis der Christen.*** Man lese die Evangelisten, dort findet man, verlasst euch drauf, dergleichen Worte noch zuhauf! - So weit, so gut, so steht’s geschrieben, doch ist es außen vor geblieben, was unsrer Kirche Praxis heißt. Man misst mit andrem Maßstab meist, der fragt nach Großem, nicht dem Kleinen! Da geht’s ums Sein nicht - mehr ums Scheinen, da will man eins nur: Hoch hinaus! Erst nah’ beim Dach des Kirchenbaus sind Christi „Diener“ heut’ zufrieden. So hat man oben auch entschieden, dass Kirche - und jetzt wird’s konkret! - den Weg der Welt und Wirtschaft geht und ist vom alten abgebogen. Gab’s früher bei den Theologen den „Pfarrer“ als den höchsten Stand, so hat’s in Kirchen rings im Land inzwischen längst auch höh’re Posten: Im Westen, doch auch schon im Osten wächst munter nach der Melodie „Ich bin der Boss!“ die Hierarchie. Da wimmelt’s in den aufgeblähten Verwaltungen von „Kirchenräten“, wobei oft „Ober-“ vorgesetzt. Wo’s einst nur „Pfarrer“ gab, gibt’s jetzt die „Profilierten“, Referenten, die Bischöfe, die Präsidenten und das Dekan- und Pröpste-Heer. Man hört des Herren Wort nicht mehr: Wer groß sein will, soll allen dienen! (Es diene vielmehr besser ihnen, wer auch nach oben will. Man schafft den Aufstieg nicht aus eig’ner Kraft und ohne fremdes Protegieren!) Die „Chefetagen“ explodieren, denn alles strebt nun hoch hinan! Ein Pfarrer, der „nur Pfarrer“ kann, ist längst ein Mann der unt’ren Kaste und einer, der „den Zug verpasste“, weil dieser stets „nach oben“ fährt. „Gemeinde“, wenn’s noch etwas währt, bleibt Arbeitsplatz nur für Lektoren. Man ist zu Höherem geboren (recht fern von Kanzel und Altar!). Was einst der Pfarrer Freude war, die Sache Christi zu verbreiten, ist heut’, wer möchte es bestreiten, ein Amt, das seinen Glanz verlor. - Ihr meint, das kommt mir nur so vor und ließe sich durch nichts belegen? Macht eine Probe, meinetwegen: Verfasst ein Stellenangebot und schildert der Gemeinde Not, am besten einer, die noch ländlich! Gebraucht die Wörter „dringend“, „endlich“, nennt die Vakanz ein „Tränental“, beschreibt der Schafe Seelenqual in all den Jahren ohne Hirten und sagt, wie viele sich verirrten und was zu Sekten sich verlief ... Doch seid gefasst: Es kommt kein Brief, kein Anruf, kein Besuch, nicht einer! Fürs Pfarramt int’ressiert sich keiner, denn heute lockt ein andres Ziel: Man sucht die Stelle mit „Profil“ im Kirchenamt, der Ökumene, der Zeitung, in der Medienszene ... halt mehr im Außendienst des Herrn, in jedem Fall gemeindefern und frei von Stress und Zwang zur Bindung. - Die Probe zwei: Jetzt geht’s um Findung der Neubewerber für ein Amt, das aus der höh’ren Eb’ne stammt. Ihr schreibt es aus und werdet sehen, wie die Bewerber kommen, gehen ... Sie geben stündlich, unverwandt sich eure Klinke in die Hand, denn solch ein Amt, das möchte jeder! - Genug für heut’ aus meiner Feder. Es täte, mein’ ich, bitter Not, wir hörten neu des Herrn Gebot und fänden schnell zurück zum Alten: Sich als ein Diener zu entfalten, ist unsres Lebens Liturgie; und Dienst führt selten oder nie in unsrer Kirche Chefetage! Als Zwischenstopp nur der Passage in eine Leitungsposition, seh’n viel zu viele heute schon das Pfarramt - doch so geht’s nicht weiter! Wär’ unsre Kirche eine Leiter, so säßen alle oben bald. Doch wer nur, gäbe ihr den Halt wenn unten niemand mehr sie stützte? Und wem denn in der Kirche nützte, wenn endlich ganz die Leiter stürzt? - So sag’ ich’s noch einmal gekürzt, doch deutlich, ohne wen zu schonen: Es geht um rechte Proportionen aus oben - unten, alt und neu. Man bleibe unserm Auftrag treu, den Menschen so wie ER zu dienen! Und ER war stets ganz nah bei ihnen, die so wie ER des Vaters Kind und SEINE Mitgeschwister sind. Man findet sie nicht abgehoben, vielmehr ganz unten, niemals oben! Hier Hirte sein, ist unsre Pflicht, drum braucht’s die „Kirchenleiter“ nicht. Manfred Günther * 1.Thess 5,21 ** Mk. 10,43 und 1. Petr. 4,10 *** Lk. 22,26 Meiner Kirche ins Stammbuch 5