Aus dem dritten Band der Gedichte von Pfr. Schein: "In Eichendorf bei Pfarrer Schein" 26. Folge: Dies Schein-Gedicht von all den vielen, will heut' auf jenen Leser zielen, der sich - vielleicht schon lange - fragt, was Schein, als Pfarrer, sonst noch sagt; ob also beim Gedichte-Schreiben Kapazitäten offen bleiben, daß er daneben dann und wann auch einfach Prosa äußern kann, denn kaum wird Schein, so läßt sich denken, sich nur auf Vers und Reim beschränken; (zumal er schon im Vers oft dreist den Christen Un-gereimtes weist!) Wird Schein nicht seine Möglichkeiten versuchen, stets noch auszuweiten, damit er den, der Reime haßt, halt anders bei der Seele faßt, um ihn »nach oben« auszurichten; mit einem Satz: Kann Schein nur Dichten auf daß die gute Sache keimt - und ist zufrieden, wenn sich's reimt??? Um es nun denen, die hier fragen, schon vorneweg ganz klar zu sagen: Herr Schein kann schon noch etwas mehr! (Wo käme auch die Predigt her? Will er die auch in Versen bringen? Und dann: Wie würde das wohl klingen, wenn Schein, wo immer er auch spricht, das Christentum im Reim verbricht, zum Beispiel beim Vermählungsfeste: »Ich wünsche Euch das Allerbeste, viel Glück mit der getroff'nen Wahl und bitte, . . . bis . . . zum . . . nächsten . . . Mal, für Euch um viele schöne Jahre und Gottes Segen bis . . . zur . . . Bahre!« Vielleicht auch mal am Krankenbett, ein Mensch - total im Gipskorsett - und Schein: »Was haben doch die Kranken so reichlich Grund dem Herrn . . . zu . . . danken!« Ein drittes Beispiel spar'n wir aus. Man sieht, da kommt nur Unsinn raus. Wer reimt, will, daß der Leser lache! So ist das »Dichten« eine Sache, die sonderlich zum Scherz gehört. Weil nun das Scherzen manchmal stört, wird Schein es tunlichst unterlassen, rein alles ins Gedicht zu fassen!) Hört darum heut', wie Schein beschreibt, was alles er »in Prosa« treibt und laßt auch dies Euch hier schon sagen: Genauso hat's sich zugetragen! (Nun, wenigstens so ähnlich halt!) Lest heut' darüber dergestalt, daß Schein Euch hier zwei Fälle schildert, mit denen er - gereimt! - bebildert, was sonst noch dafür, daß man's liest, aus seiner spitzen Feder fließt, wobei wir also - Schein muß lachen - hier über »Prosa« Verse machen! - »Pfarrer Schein - in Prosa« Zum Thema hier der erste Fall aus Scheinscher Praxis, voll und prall von vielen, vielen tausend Worten, wie sie an abertausend Orten der Welt zu diesem »Fall« gehör'n, daß sie des Christen Herz betör'n . . . Wir wollen von der »Predigt« reden! Als solche, da betrifft sie jeden, der sonntäglich zu sprechen hat: den Pfarrersmann in Dorf und Stadt und die Gemeinde noch daneben - die Hörer, doch das ist es eben: In Eichendorf, bei Pfarrer Schein, heißt »die Gemeinde« nicht allein »die zu den Gottesdiensten kommen«, denn Schein - zu Nutzen allen Frommen - vertreibt die Predigt auch gedruckt! Ja, Ihr hört recht, sein Denk-Produkt, das grade Predigtstoff gewesen, - am Ende nimmt man's mit - zum Lesen! (Und Sammeln!) Fast schon Tradition in Eichendorf, seit Jahren schon. Geh'n also, die zur Kirche waren, dann liegt in hundert Exemplaren - ganz frei von Kosten und Gebühr! - die Predigt an der Kirchentür und nur ein paar, die sich's verkneifen, das Angebot'ne zu ergreifen. Und dann - es freut Herrn Schein zu seh'n - die Sonntagspredigt-Blätter geh'n auf vielen Weisen, vielen Wegen durch manches Haus. (Vom Sonntagssegen bleibt hoffentlich dann auch ein Stück bei dem, der sie bloß liest, zurück!) Herr Schein - wir hörten es schon oben - kann heute (ohne sich zu loben!) nur sagen - und das sei betont -: Die kleine Extra-Mühe lohnt und nützt den Christen! Grad den Alten und Kranken, wenn sie abgehalten von Schwäche oder Gehbeschwerden auf diese Weise »Hörer« werden; und wirklich: rührend ist ihr Dank! Doch sind nicht alle Christen krank und alt und eingeschränkt beim Gehen! So laßt uns jetzt die Sache drehen, denn so, genau wie überall, verhält es sich in diesem »Fall«: Es hat - wer möchte es bestreiten? - nicht nur das Predigtblatt zwei Seiten, nein, schon das Christentum an sich! Was nun den einen förderlich (das Scheinsche Predigt-Blatt zum Lesen), ist andern stets suspekt gewesen, für Ärger Anlaß und Verdruß, den man zu loben meiden muß! Denn immerhin - wer kann's entkräften? - die Predigt zählt zu den Geschäften, bei denen klar erkennbar ist, ob rechten Geistes Kind du bist. Wobei sich manche kundig nennen, des »rechten Geistes« Frucht zu kennen, und Schein - so lautet ihr Befund - ist nicht mit diesem »Geist« im Bund, kann drum beim Predigen und Beten als Pfarrer diese nicht vertreten; ja, man verdammt ihn ganz und gar: Sein Predigen sei »halb nur wahr« und »falsch« sein Wirken und sein Lehren, er müsse erst »sich selbst bekehren«, was aus der Bibel man beweist, (weil: selbst besitzt man ja den Geist!) Daß es nun diesen Qual bereitet, wenn Schein sein Predigtblatt verbreitet, versteht sich wohl von ganz allein. (Und - glaubt mir! - so kann keiner sein, daß er bei allen Achtung fände!) Doch hört den »Fall«, er selbst spricht Bände, wobei er, wie es sich gebührt, Scheins Gegner ad absurdum führt. Das war im letzten März gewesen: Herr Schein kriegt Post, ein Brief zum Lesen, und noch ein Blatt ist beigelegt. Der Schreiber lamentiert erregt, (der Mann zählt zu besagten Leuten,) daß sich die Pfarrer nicht mehr scheuten, ja, sie verbreiteten ganz frei, daß manches widersprüchlich sei, was in der Schrift, der Bibel, stünde. Das, schreibt der Schreiber, das sei »Sünde«! Und Schein - der Leser denkt sich's schon - mit seiner Predigt-Produktion beklagt und schuldig dieser Sünden! Dann geht er dran, auch zu begründen, warum er dieses Urteil spricht: »Sie teilen unsern Glauben nicht! Sie meinen, daß es sich gebühre, wenn einer bei der Schriftlektüre Verstandesdünken walten läßt. Auch wagen Sie, so steht es fest, die Bibel >kritisch< zu besehen und mit >Vernunft< heranzugehen, - ein Frevel lästerlicher Art, der Ihre Haltung offenbart, Ihr eitles, ehrfurchtsloses Denken!« Doch dann, wie um noch einzulenken, wird jener Schreiber wieder zahm: Es sei vielleicht verfrüht, mit Gram, mit Angst und Sorgen sich zu quälen. Zwar würde Schein zu denen zählen, die augenblicks »verloren« sind, doch habe selbst »des Satans Kind« bei Gott die Chance sich zu machen. Nur hüt' er sich vor »Teufelssachen«, denn die verwirrten nur den Sinn! Nun sei Herr Schein ja immerhin studiert und einer von den Regen, woraus, so Gott will, doch noch Segen »für Christi Sache werden kann«; er sei »begabt«, der »rechte Mann« mit »falscher Sicht« nur, sozusagen, und darum wolle man ihn fragen, ob er nicht etwa willens sei, der »Kirche und der Ketzerei« für jetzt und immer »abzuschwören«, um zu »den Frommen« zu gehören und einer ihrer Schar zu sein - als »Bruder«, nicht als »Pfarrer« Schein!? Er dürfe, den Entschluß zu fassen, recht gern noch etwas Zeit sich lassen, so sechs bis sieben Wochen schon . . . doch dann sei wieder Zeltmission, da wolle man Gewißheit haben, ob Schein hinfort mit seinen Gaben im Dienst der »rechten Sache« steht; weil dann - der Schreiber wird konkret - Herr Schein, sofern er »wechseln« wolle, im Zelt die Predigt halten solle, was ihn gewiß »nicht wenig ehrt«! Bis dahin sei »er auch bekehrt«, denn dieses rasch voranzutreiben, sei heut' der Grund, Herrn Schein zu schreiben: Er nehme doch jetzt, bitte sehr, das beigefügte Blatt sich her, weil dort sei »wunderbar zu lesen«, was »rechter Predigt« Art und Wesen und wie man »reine Lehre« sieht und Herzen »hin zu Jesus« zieht. Das sei, »vom rechten Geist gedrungen«, dem »Predigtschreiber gut gelungen«, drum könne dieses Predigtblatt für einen, »der den Geist nicht hat«, als Hilfe und als Vorbild dienen! »Des Blattes Herkunft kann ich Ihnen«, so schreibt der Schreiber noch zum Schluß, »nicht sagen, doch ich weiß, es muß ein Mann sein, der in unsern Kreisen zuhaus' ist, denn die Worte weisen als rechten Geistes Kind ihn aus!« Schein lese dies und lerne draus und sei hinkünftig dann den Frommen »bekehrt« und »neu gebor'n« willkommen! Es folgt noch Gruß und Unterschrift. ................................................. Jawohl! Des Lesers Ahnen trifft: Es ist - Schein merkt's noch vor dem Lesen - sein eig'nes Predigtblatt gewesen!!! Der zweite Fall, wir hatten's schon, spielt wieder mal per Telefon: An einem Morgen, einem stillen, hört man - erregt! - die Glocke schrillen, (man spürt es manchmal schon am Klang!) und Schein - befangen - zögert lang, nimmt dann den Hörer von der Gabel und lauscht gespannt. »Hier Helma Schnabel«, wird jetzt am andern Ende laut. Frau Schnabel, eine gute Haut, genauer: eine Kirchentreue, gesteht Herrn Schein, wie sie sich freue, daß er schon jetzt erreichbar sei. Sie habe - ja, sie kaut dabei - gerade Frühstückszeit gehalten und würde diese so gestalten, daß sie dazu die Zeitung liest. Doch habe sie das heut' verdrießt! Da stünde doch auf Seite sieben, mit »Wort zum Sonntag« überschrieben, was »irgend so ein Kirchenmann wohl nicht für sich behalten kann«. Der schreibe da von solchen Dingen, die mit »der Welt« zusammenhingen, mit »Politik« und »Zeitgescheh'n« und würde gar sich untersteh'n, ganz Aktuelles aufzutischen und sich in Sachen einzumischen, die zweifellos nicht seine sind! Es wisse schließlich jedes Kind, die Kirche habe da zu schweigen, wo Sinn und Art der Welt sich zeigen. Frau Schnabel schluckt, dann fährt sie fort: Es sei nun wirklich dieses Wort zu arg, sie werde sich beschweren, die »Zeitungsfritzen« schon bekehren, daß künftig, wer als »Kirche« schreibt, im »Raum des Religiösen« bleibt. Was sei sie da dem Theologen und Prediger, Herrn Schein, gewogen! Er wisse doch, was sich gebührt! Noch niemals habe er, verführt vom Geist und Ungeist der Modernen, gewagt, sich leichthin zu entfernen von dem, was in der Bibel steht. So sei er »treuer Interpret« der Schrift, der unverfälschten, reinen und so Vertreter auch der einen, der »rechten Wahrheit«, die sie meint! Die Frau ist fertig, wie es scheint und unser Pfarrer darf es wagen, jetzt kurz und bündig rückzufragen: Ob sie das Wort im Tageblatt wohl bis zum Schluß gelesen hat? Weil sonst - jetzt grinst Herr Schein verstohlen - sei's gut, nun dies noch nachzuholen, weil dort doch auch, wie meist am Schluß, des Wortes Autor stehen muß, der Name des von ihr Gerügten. Wir seh'n Herrn Schein jetzt mit vergnügten Gebärden, wie er lautlos lacht und sich darauf gewärtig macht, daß gleich sich jetzt am andern Ende die Meinung und die Stimmung wende, und da - es raschelt! - dann (erregt!) ein Schrei und schon wird aufgelegt. .................................... Und wieder stimmt, was uns schon schwante, was der geneigte Leser ahnte: Auch hier - wie könnt' es anders sein! - war der Verfasser Pfarrer Schein.