Aus dem zweiten Band der Gedichte von Pfr. Schein: "Neues von Pfarrer Schein" 15. Folge: Es geht in diesem Schein-Gedicht nicht um Erzählung und Bericht; es dreht sich nicht um ein "Geschehen", nicht um "Erleben" und "Ergehen", um nichts, was man "Erfahrung" heißt; vielmehr: die Überschrift beweist, es handelt heut' von solchen Dingen, die eine Not zur Sprache bringen. Es geht um etwas, das uns fehlt; und dieser "Mangel" grad beseelt des Schein-Gedichte-Schreibers Hoffen, er finde auch den Leser offen, wenn er ihn - weil er's selbst beklagt - nach Gründen und nach Bess'rung fragt. Denn daran ist ihm grad gelegen: Auch hin zum Besser'n anzuregen. »Pfarrer Schein und Lob und Dank« Der Leser dieser Überschrift meint jetzt vielleicht: "Der Titel trifft wohl jene nur, so will es scheinen, die keinen Gott zu brauchen meinen. Die alles, was er täglich schenkt, wie er sie führt, bewahrt und lenkt, nicht achten und nicht sehen wollen; die seine Gaben zwar mit vollen und off'nen Händen - fraglos meist - empfangen, doch was >Danken< heißt, nicht üben, ja wohl nicht mal kennen! (Obgleich sie sich doch >Christen< nennen!)" Gewiß: auch dies ist ein Problem. Doch gibt es andre außerdem: Denn fehlt's am "Danken" und am "Loben" nur in Bezug und Blick "nach oben"? Ist dieser Mangel im Bereich "von Mensch zu Mensch" nicht grade gleich? Wer konnte denn - und kann's beschwören! - zum Beispiel heut' schon "Danke" hören? Und wenn, war's keine Floskel bloß, zwar "Danke", doch gedankenlos? Und soll es nicht auch sowas geben: Das "Dankeschön" als Zweck-Bestreben, wobei man - freilich gut versteckt - sich dankend nur nach Nutzen streckt, um dieserart noch größ're Brocken dem so Bedankten zu entlocken? Das alles gibt's, und wohl noch mehr! Doch will ich heute nicht so sehr um diese schlimme Praxis kreisen, vielmehr zum Positiven weisen. Denn wie es ist, weiß jedermann. Es geht um das, was werden kann! So laßt und jetzt nach vorne schauen, Gedanken hegen, die erbauen; weil: der Gedanke, der gedacht, hat Kraft, daß er auch wirklich macht, was in den Köpfen er ersonnen: Ist erst das "gute Garn" gesponnen, dann webt man draus in kurzer Zeit den "guten Stoff" - mit Leichtigkeit! So will ich hier Gedanken "spinnen", im Bild: das "gute Garn" beginnen, aus dem der Leser als Ertrag, den "guten Stoff" bereiten mag, das heißt, ums ohne Bild zu sagen: Hier wird ein Beispiel vorgetragen, das echten Dankes Wert belegt. Vielleicht gelingt's, so angeregt, den Leser gar zu infizieren, es künftig ähnlich zu probieren?! Das Beispiel spielt - kann's anders sein? - in Eichendorf bei Pfarrer Schein; doch könnt's gewiß in ziemlich vielen Land- und auch Stadtgemeinden spielen. Wir denken uns, ein Tag beginnt: Ein Mensch - von ungefähr - besinnt sich, kaum ist er dem Bett entstiegen: "Heut' soll der gute Vorsatz siegen! Ich will, und dieses ab sofort, in meinen Gesten, meinem Wort, mehr Dank zum Tragen kommen lassen!" Schon wenig später will es passen: Der Mensch - und das nicht zweckbestimmt! - als er sein Frühstück zu sich nimmt, sagt seiner Frau: "Mit wieviel Mühe du täglich schon in Herrgottsfrühe für deine Lieben tätig bist! Das ist, was man so leicht vergißt, ein Grund zum Danken und zum Freuen!" Die Gattin schweigt, wirft einen scheuen, erstaunten Blick, der wortlos fragt, ob nicht ihr Mann das heute sagt, um irgendetwas zu erreichen, zu schmeicheln, gar: als klares Zeichen, daß ihn verborg'ne Schuld beschwert?! Ihr Auge forscht, liegt sie verkehrt mit diesem ahnungsvollen Denken? Wird ihr jetzt gleich noch mit Geschenken der langsam keimende Verdacht zur festen Sicherheit gemacht? Wie kann er nur so arglos scheinen? Sollt' er den Dank wohl ernsthaft meinen? Wir sehn, der Anfang ist nicht leicht und merken, daß ein Lob heut' reicht Verdacht und Zweifel zu entfachen. Doch muß man halt den Anfang machen!) Zurück zum Beispiel; Unser Mann sieht lächelnd seine Gattin an und kann so lieb und ehrlich schauen . . . Die Frau gibt auf - und faßt Vertrauen; ganz sacht erhellt sich ihr Gesicht; ihr Blick sagt: "Ich begreif es nicht, doch wird mich das jetzt nicht verdrießen, dies selt'ne Lob heut' zu genießen. Wann hört' ich eines denn zuletzt? Vor Jahren wohl! Ja, selbst gesetzt, er wollte zweckhaft nur betören, es soll die Freude mir nicht stören!" Jetzt sieht man sie, ihr Auge strahlt, die Wangen rosa übermalt, in dieser Freude Wogen tauchen, Auch hört man selbst sie "Danke" hauchen. (Womit sie beispielhaft belegt, daß Danken, einmal angeregt, sich doppelnd teilt wie Körperzellen. Ein "Wunder", das in eig'nen Fällen ein jeder selbst - noch heut'! - und dann tagtäglich neu erleben kann!) Wir wollen uns zurückbesinnen, das "Garn" noch etwas weiterspinnen: Die Frau - der Mann verließ das Haus - geht selbst zum Einkauf jetzt hinaus. Auf ihren Zügen liegt noch immer des selt'nen Lobes zarter Schimmer, ein wenig Glanz von Ohr zu Ohr. Sie hat verschied'ne Gänge vor. Sie will, so hält sie's jeden Morgen, Brot, Fleisch, Gemüse, Obst besorgen, was sie in viele Läden führt. Und wer die Frau bedient, der spürt, sie ist heut' morgen nicht die gleiche . . . Der Bäcker fühlt, wie eine weiche und warme Regung ihn ergreift. Der Metzger, als ihr Blick ihn streift, muß - wie durch Zauber - fröhlich lachen. Der Kaufmann - sonst solch "Herzens-Sachen" nicht zugetan - merkt, daß er heut' sich beim Bedienen lächelnd freut, und als sie zahlt - er selbst muß staunen! - hört er sich zart "ich danke" raunen. Was ist denn bloß mit ihm geschehn? Man sieht die Frau jetzt heimwärts gehn, um Blick und Beispiel zu verlassen. Doch bleibt, ums jetzt ins Wort zu fassen, wo sie auch war, ein gutes Stück des mitgebrachten Danks zurück. Der Bäcker kann das weiche Rühren bis hin zum Feierabend spüren. Der Kaufmann kennt sich selbst nicht mehr; wo kommt ihm nur die Freude her? Der Metzger - war er je so heiter? - lacht heut' noch viele Stunden weiter. So wirkt der Dank jetzt schon "mal drei", wird ständig größer noch dabei, entfacht in dreimal sieben Stunden in drei Geschäften viele Kunden, von denen mancher selber dann zu Hause weiterreichen kann. - Wir sehn, es ist nicht übertrieben: Der Dank ist nicht alleingeblieben! Ein Wort am Morgen war genug. Das Lächeln, das ihn weitertrug, es setzte eine Flut ins Rollen. Ob wir's nicht selbst probieren wollen!? Nehmt doch des Garnes Faden auf! Spannt euch mit ein in seinen Lauf und dreht auch mal die erste Spule! Verlaßt euch drauf: der Dank macht Schule! Der Schluß hier soll ein Anfang sein: Fürs Lesen dankt euch Pfarrer Schein!