Aus dem ersten Band der Gedichte von Pfr. Schein: "Was so ein braver Pfarrersmann im Vogelsberg erleben kann" 7. Folge »Pfarrer Schein und die Männer« Schon lange macht Herr Schein sich Sorgen, (dem Leser blieb es nicht verborgen, nach sieben Folgen weiß ers längst!) wie schaffst dus, daß du Männer fängst für die Gemeinde, für die Kreise und dann - in ganz besondrer Weise - für Kirchgang und für Gottes Wort? Denn Männer fesselt nur der Sport und von nichts andrem wird gesprochen. Dagegen "Religion" und "Kochen", die "Hausaufgaben" mit dem Kind und was die andern Dinge sind, die hierzuland meist Frauen machen, die nennt ein Mann nur "Weibersachen". Und dem entsprechend ist es auch in Eichendorf geübter Brauch: Die Frauen schwingen Bürst und Besen, derweil die Männer "Kicker" lesen. Die Frauen kochen, kaufen ein, denn "Männe" will gehätschelt sein. Ein Mann putzt allenfalls den Wagen, (meist an den Sonn- und Feiertagen!) doch wird er niemals sich bequemen, des eignen Babies Po zu cremen, denn, wer das tut, so denkt er sich, erscheint als Mann doch lächerlich! So läßt ein Mann sich fremd-bestimmen! Kaum einer schaffts, sich freizuschwimmen, von dem was man so macht und tut. Es fehlt der Antrieb, fehlt der Mut, aus altem Trott und Rollendenken mal kühn und männlich auszuschwenken. "Ach nein", das wagt man lieber nicht, denn leicht verliert man sein Gesicht und wird zum Anlaß für ihr Spotten . . . (. . . denn Dummheit ist nicht auszurotten!) und überhaupt und außerdem ist doch die Rolle angenehm: Du mußt nicht schrubben und nicht kehren, mußt dich mit Bügeln nicht beschweren, hältst dich von Putz- und Kocherei und von der Kinderpflege frei, hast nicht zu stopfen, nicht zu nähen und nicht zu graben und zu säen, - denn wohin liefe das hinaus?: Dafür ist doch die Frau im Haus und hat in allen diesen Dingen sich folg- und fügsam einzubringen, mit Lust und Liebe, Fleiß und Kraft! Denn schließlich ists der Mann, der schafft und der in vierzig Arbeitsstunden sich "nur für sie" hat abgeschunden, für sie gerackert und geschwitzt . . . . . . die Frau indes "am Ofen sitzt", derweil sich ihre Haushaltspflichten ganz ohne sie "von selbst" verrichten und sie die Nägel lackt wahrscheinlich! (Selbst Mann zu sein, hier wird es peinlich!) Jedoch so ist es Männersicht: Nur stets sich selbst im guten Licht; die Frau, sie mag im Dunkeln stehen, ist nur des Mannes Glanz zu sehen! Es gilt: Die Frau reicht an den Mann in Wert und Leistung nicht heran! (Der Mann mißt halt mit Männer-Elle!) Schein meint, genau an dieser Stelle wirds umzudenken höchste Zeit! Denn es ist Überheblichkeit und falscher, eitler Männerglauben, die Frau sei da, "um abzustauben", und Zweck der weiblichen Natur sei "Reinigung von Haus und Flur, so etwa wie das Kinderkriegen" . . . Ganz ähnlich männlich und verstiegen denkt jeder zweite Haus-Patron zum Thema Frau und Religion: Der Frauen Kirchgang sei "nicht rühmlich", vielmehr "ein Zwang", ganz "eigentümlich", "sie braucht das", meinen Männer kühl, als "Sonntags-Droge fürs Gefühl", als "Stärkungsmittel frommer Flausen"! (Herrn Schein beginnt es leicht zu grausen!) Auch weiß ein Mann (in seinem Wahn!) vom inneren "Empfangsorgan", das einzig Fraun zu haben scheinen. (Er wird doch nicht die Seele meinen?!) Aus alledem zieht "Mann" den Schluß, daß man die Kirche meiden muß, weil sonst die Ächtung unausbleiblich: Die Religion ist nunmal weiblich! Weshalb, wenn sie zur Kirche strebt, er allenfalls den Schoppen hebt, denn statt sie dorthin zu begleiten, sieht man ihn hin zur Wirtschaft schreiten, wo ihn was "Kühles, Blondes" lockt und daß man "unter Männern" hockt, um sich - sehr sportlich! - aufzuregen, fürn TSV ins Zeug zu legen, der letzten Sonntag, "ist doch klar!", der "eigentliche Sieger" war, denn bei "nur sechzehn Gegentoren", hat man "ganz unverdient" verloren, doch war "der Schiedsmann garantiert" vom Gegner "dick mit Geld geschmiert" . . . Und was die Männer sonst noch wissen. Dazwischen wird die Wurst gebissen und man verzehrt - aus lauter Not! - so manche Scheibe trocken Brot, denn "Frauchen" frönt dem Kirchgang eben, "da wirds heut später Essen geben und ich muß hungern!", wird geklagt. Das Thema Sport wird rasch vertagt, um kräftig und vereint mit allen nun über Kirche herzufallen: "Ob denn der Perner noch bei Trost" , fragt einer von den Herrn erbost, "daß er es wagt um zehn Uhr dreißig, wenn "rechte Frauen" brav und fleißig schon lange in der Küche stehn, den Gottesdienst zu halten, den man "sehr viel besser mittags" hielte, weil das dann "keine Rolle spielte", denn "nach dem Spülen darf sie raus", doch morgens ist "ihr Platz im Haus" und auch kein Pfarrer "darf es wagen", die Ordnung, die "seit Adams Tagen und längst davor" schon gültig war, daß "gute Frauen", "ist doch klar!", ins Haus und "an den Topf gehören", "zu brechen oder nur zu stören!" Deshalb, so kommt man überein, ist es vom Perner "gar nicht fein", am Sonntagmorgen Kirch zu halten: die Frau soll sich im Haus entfalten bei Suppe, Soße, Braten, Kloß und nicht beim "Liederleiern" bloß! Inzwischen tagt die Männerrunde schon reichlich eine halbe Stunde, da tönt herüber ins Lokal das Vaterunser-Läutsignal und ihm gelingts, man kann es spüren, die Herrn im Innern anzurühren, denn man wird friedlich, lauscht dem Klang der Glocke nun minutenlang. - "Wie ist das feierlich erhebend", gesteht sich mancher widerstrebend und sei er noch so abgebrüht - die Glocke tönt ihm ins Gemüt, und einem will es nun auch passen, sein Fühlen in den Satz zu fassen: "Wie hör ich doch dies Läuten gern - besonders hier, beim Bier, von fern!" "Ja, wirklich schön", meint nun ein zweiter und gibt das Wort dem Dritten weiter, der spricht es nun für alle aus: "Ich ginge auch zum Gotteshaus, ließ sich der Pfarrer - hin und wieder - dafür mit uns zum Schoppen nieder! Käm er zu uns, er sollt es sehn, wir würden auch zur Kirche gehn." "Genau", "ganz richtig", "das ist wahr", bestätigt nun die Männerschar . . . Das eben kam Herrn Schein zu Ohren. Er hat draus diesen Plan geboren: Er wird nun jeden Sonntag früh (für Männer scheut er keine Müh!) zu einem Bier - zu einem kleinen! - in Eichendorfs Lokal erscheinen; ein Bier, ein Wort, doch dann ist Schluß, denn draußen hält der Kirchenbus und wird zum Beten und zum Singen euch Männer hin zur Kirche bringen! Was glaubt Ihr, was die Frau sich freut! Hier mach ich nun den Schluß für heut. Das Weitre gibts demnächst zu lesen. Bis Sonntag also dann - am Tresen!