Aus dem ersten Band der Gedichte von Pfr. Schein: „Was so ein braver Pfarrersmann im Vogelsberg erleben kann” 3. Folge Gleich geht es los und ich berichte die dritte Pfarrer-Schein-Geschichte, wie unser wackrer Gottesmann gezeigt, was er als Landwirt kann; auch wie sein Mühen aufgenommen und bei den Menschen angekommen, soll hier für Groß und auch für Klein beschrieben und erzählet sein. Ich denk, es wird euch Freude machen, mit und auch über Schein zu lachen. »Pfarrer Schein als Landwirt« Zunächst betrieben Schein und Frau mit Leidenschaft den Ackerbau. Daß sie auch was zu ackern haben, ward tief und gründlich umgegraben, dann bester Kuhmist noch darauf. »Hier kommt bestimmt kein Unkraut auf!« So dacht Herr Schein (aus seiner Sicht), das Unkraut aber wußt es nicht! Kaum kam das Frühjahr, kam mit Macht zahlloser Kräuter grüne Pracht. Ein alter Nachbar mußt gestehn: »So viel hab ich noch nie gesehn! Sie hätten, wenn Sie ernten wollen, mit Kalk und Stickstoff düngen sollen!« Dazu wars freilich jetzt zu spät, hier half nur noch ein Schneidgerät. So mußte Schein, noch vor dem Sähen, den unbestellten Garten mähen. Danach ward alles aufgerecht, ein Mann - von weitem - staunt nicht schlecht: »So reichlich Futter, wirklich fein, das muß ein guter Boden sein!« Ein andrer ruft, er steht noch ferner: »So zeitig erntet nur der Perner!« ("Perner"= oberhessisch "Pfarrer" – Anm. d. Red.) Der Pfarrer schweigt zu diesem Spaß; er denkt sich nur so dies und das. Dann holt er sich alsbald den Mann, der ihm den Garten fräsen kann, und bald schon sieht man übern Zaun: des Pfarrers Land ist wieder braun. Inzwischen ist auch Anbauzeit, der Pfarrer macht sich saatbereit: Wo ist das Buch, in dem man liest, wie man die neuen Saaten gießt? Wie hieß der Schmöker, wo ich fand, den Rot- und Weißkohl-Pflanzabstand? Wie trampelt man die Gartenwege? Wo les ich wann ich Bohnen lege? Mit diesen Fragen sehr befaßt, geht Schein aufs Land nun, ohne Hast, hat sämtliches Gerät dabei und seine Gartenbücherei. Ja, ihr hört recht, er trägt in Händen den »Gartenfreund« in vierzig Bänden, dort plant er nun bei allen Fragen zum Ackerbau kurz nachzuschlagen. Zwei Spaten, Brett und Haltebänder, die dienen ihm als Bücherständer. Passantenblicke sind nicht wichtig, denn er will pflanzen - und zwar richtig. Und kaum begonnen, ist er schon die Eichendorfer Attraktion: In Trauben hängen sie am Zaun, denn sowas gabs noch nie zu schaun; zwar ist das Land noch leer und kahl, doch Blickfang ist das Buchregal, und zweifelnd fragt sich Frau und Mann: »Ob mans aus Büchern lernen kann?« »Vor allem«, rät man Pfarrer Schein, »gehören erst Kartoffeln rein!« - »Die können schon dem Laien glücken und tun das Unkraut unterdrücken.« Der Pfarrer denkt: Da bin ich schlauer, ich bin doch kein Kartoffelbauer! Ihr erntet Kohl, ich unterdessen soll wohl dies Jahr nur Pommfritz essen? So schlägt er, stur wie Pfarrer sind, den Rat des Fachmanns in den Wind, sät Erbsen, Rettich und Spinat und setzt auch schon den Kopfsalat. Dazwischen legt er Wege an und gießt mit Wasser noch sodann, zieht endlich sich ins Haus zurück und träumt vom künftgen Gartenglück. Und wirklich, schon nach kaum zwei Tagen, kann er voll Stolz der Gattin sagen: »Stell dir nur vor, es ist kein Spaß, in unserm Garten grünt schon was!« »Vielleicht ists Kresse oder Dill, der da so hurtig wachsen will.« Allein, der Pfarrer hegt Verdacht, wie kommt es bloß, daß über Nacht viel tausend kleine, grüne Spitzen so kreuz und quer im Garten sitzen, hat er doch brav mit Band und Schnur, die Saat gesät in Reihe nur! Ob da nicht doch was andres sprießt? Schein holt den »Gartenfreund« und liest: »Kommt Kraut im Garten, nicht in Reihn, so wird es häufig Un-kraut sein, dasselbe ist mit Hackgeräten und mit den Händen auszujäten.« Bis Schein nun Zeit zum Jäten hatte, konnt er auf einer grünen Matte von abertausend Kräutern gehn - vom Garten war nichts mehr zu sehn! So war für Schein schon Anfang Mai das ganze Gartenjahr vorbei. Er schließt die vierzig Bücher fort und denkt an seines Nachbarn Wort: »Kartoffeln halten Unkraut klein!« (Und Pommfritz sind ja auch ganz fein und noch dazu gesund und gut, wenn man dabei noch Dörrfleisch tut, zumindest besser - ohne Frage! - als seines Gartens Unkrautplage.) Wenn Ihr nun hier das Blättchen wendet, kommt die Geschicht, die besser endet: Schein nämlich geht mit ganzer Kraft nun in die kleine Viehwirtschaft. Zunächst denkt er an Hühnerhaltung, damit die Speiseplan-Gestaltung durch Rühr- und auch durch Spiegelei erleichtert und bereichert sei. - Doch ist das Huhn, das weiß er schon, kein Tier für Keller und Balkon! Ein Huhn gehört auch nicht ins Zimmer, so rät man ihm, sonst stinkts dort immer! So also bleibt nur eins zu tun: Ein eigner Stall für Hahn und Huhn! Und Schein macht sich ans Werk sofort, durchstreift den Garten, sucht den Ort, an dem sich was errichten läßt - und legt auch schon den Bauplatz fest: »Hier unterm Baum, ganz dicht am Zaun, will ich das Hühnerhäuschen baun!« Dann - nach der Skizze seines Baus, hebt er auch schon die Grube aus. Er gräbt und schaufelt, keucht und pustet, dann karrt er Erde, schwitzt und hustet, hat schließlich dann nach kurzer Zeit den Platz fürs Fundament bereit, das gießt er jetzt und kann nach Tagen das Ding auch zu betreten wagen, - und siehe da, die Platte hält, schon werden Hölzer aufgestellt; den Rahmen läßt Herr Pfarrer Schein mit Dübeln in den Boden ein. Bald gibts die erste Wand zu sehn - man sieht sie im Vorübergehn - und schon hebt an die Rätselei, was das für ein Gebäude sei. Man tipt und rätselt unverdrossen, schon werden Wetten abgeschlossen: »Das wird ne Disco, das ist klar!« - »Nein, eine Sauna oder Bar!« Und einer gar - im Größenwahn - denkt schon an eine Kegelbahn. Herr Schein indes vergnügt und heiter baut unbeirrt sein Häuschen weiter. Schon steht die ganze Innenwand - man rätselt weiter rings im Land, ob Bethaus oder Gästezimmer, die Raterei wird schlimm und schlimmer! Da klärt Herr Schein den Rätselfall: »Es wird ein simpler Hühnerstall!« Aha, soso, ich dachts sofort!, geht nun die Rede rings im Ort, auch heben jetzt die Fragen an, ob das ein Pfarrer denn auch kann!? »Ein Huhn wills warm, ein Huhn wills dicht, bei Zug und Kälte legt es nicht!« - »Mit Bibel und mit Gottvertraun, kann man noch lang nicht Ställe baun!« - »Bei Ihren beiden linken Händen wird das als großer Reinfall enden!« Doch unbeirrt und ohne Hemmung geht Schein nun an die Wärmedämmung. Da fällt es einem Nachbarn ein: »Da kommt ja gar kein Licht herein, ging denn das Fensterloch vergessen? Das gab's noch nie in Oberhessen!« Doch Schein gibt ernst und prompt zurück: »Ich kenne da ein Schelmenstück, das spielt in Schilda irgendwann, das zeigt, wie ich mir helfen kann: »Fehlts Fenster, mach ich mir nichts draus, ich trag das Licht im Sack ins Haus!« Dann setzt er, als ein Schein-Patent, das Fensterrahmen-Element von außen auf die Innenwand, sägt nun das Fenster mit Verstand heraus aus jener Wand von Holz. Es funktioniert! - und Schein ist stolz! Ein andrer Nachbar fragt Herrn Schein: »Wird denn das Ding auch haltbar sein? Trotzt es des Sturmes Urgewalt und hat es auch im Boden Halt?« »I wo«, meint Schein, »warum denn auch? Bis sich erhebt des Herbstwinds Hauch, sind längst die Hühner drin im Stall, die halten es auf jeden Fall! Bei sieben Hühnern von Gewicht, hebt sich das Ding gewißlich nicht!« Noch vieles wäre hier zu sagen von klugen Sprüchen und von Fragen: Ist wohl das Schlupfloch tief genug, bremst dieser Zaun den Hühnerflug. Ist dieses gut, ist jenes richtig, und wäre das nicht auch noch wichtig? Am Ende schließlich steht das Haus und sieht auch ganz manierlich aus. Drin leben sieben Hühnerdamen, ein jedes Huhn hat seinen Namen, die legen täglich brav ihr Ei, nur sonntags nehmen sie sich frei. - So ziemt es sich, denkt Pfr. Schein und grüßt für heute Groß und Klein: Ging auch der Garten in die Hos, der Hühnerstall gelang famos!!!