Warzen oder: Alte Hausmittel helfen doch! Die Wilma hat am Mittelfinger der beiden Hände runde Dinger, die man im Volksmund Warzen nennt. Nun weiß, wer Warzen besser kennt: Sie kommen, bleiben und sie gehen und geh’n sie nicht, dann muss man sehen, ob nicht der Hausarzt helfen kann. - Doch Wilma fängt es anders an: Sie hält nicht viel von weißen Kitteln, vertraut vielmehr den alten Mitteln, der Medizin aus der Natur, dem Kraut aus Feld, aus Wald und Flur (- das meist bei Mondschein anzuwenden!). Sie stör’n die Dinger an den Händen, so fragt sie sich das eine bloß: Wie krieg’ ich meine Warzen los? - Die Wilma liest in Kräuterbüchern von schöllkrautsaftgetränkten Tüchern, von Knoblauch und von Klebeband, von Essigbädern für die Hand, von Thuja- und von Kohlblattkuren, von Rizinus- und Salztinkturen und von - sie hilft besonders stark! - der Paste aus Bananenmark. Doch wird - es ist nicht grade schicklich und in der Praxis nicht erquicklich - als allerbeste Medizin gelobt: der eigene Urin! - Danach hakt Wilma die komplette Palette, dass sie Hilfe hätte, von Anfang bis zum Ende ab: Beim Schöllkraut zapft nach schnipp und schnapp sie ab, was dessen Stängel bluten. Dann Knoblauchzehen - nur die guten, die inhaltsvoll und saftig sind! - noch mit hinein und dann geschwind mit einem Pinsel aufgetragen. Im Anschluss dann, nach sieben Tagen (die beiden Warzen leben noch!), betätigt Wilma sich als Koch: Bananen, Kohl und andre Sachen verrührt sie, um ein Mus zu machen, womit sie dann - es brennt ganz leicht - die Warze eins und zwei bestreicht. Und wieder ist für zwei, drei Wochen die Zeit des Wartens angebrochen... und wieder ist nach dieser Zeit, von Warzen Wilma nicht befreit. Der nächste ihrer Heilversuche schlägt auch als Misserfolg zu Buche: Der Thujaessig, den sie braut, verätzt ihr zwar die Fingerhaut, doch ihre Warzen bleiben leben! Vom nächsten Akt Bericht zu geben, verbietet mir die Schicklichkeit. Nur das: Urin macht Poren weit - doch ihre beiden Warzen bleiben. - Der Sache Ausgang zu beschreiben, geht ziemlich schnell und fällt nicht schwer: Die Wilma therapiert nicht mehr und lässt die Warzen jetzt in Frieden. Und doch war ihr „Erfolg“ beschieden: Statt zwei der Dinger sind’s jetzt vier! Die sind zwar sicher keine Zier, doch wirkten sie, man kann’s verstehen, als Antrieb, jetzt zum Arzt zu gehen, denn dort gehören Warzen hin! So wird der Fehlschlag zum Gewinn, zumal der Arzt, zu dem sie geht, für die Naturheilkunde steht. Auch hat er selbst, das ist bekannt, acht Warzen an der rechten Hand! Manfred Günther Der Karl, die Frieda und die andern... - Gedichte für Alsfelder Allgemeine Zeitung 33 Der Karl, die Frieda und die andern... - Gedichte für Alsfelder Allgemeine Zeitung 33