DAS NETZ Werner Bergengruen berichtet in seiner Erzählung von einer Sitte Siziliens. Während ein Fischer auf hoher See war, geriet seine Frau in die Netze eines anderen Mannes. Die Strafe, die eine Ehebrecherin zu erwarten hatte, war die, daß sie von einem hohen Felsen ins Meer hinabgestürzt wurde. Man wartete nur noch auf die Heimkehr des Fischers, dann würde diese Frau dieses Schicksal ereilen. Dann war es soweit. Nur einer fehlte: ihr Mann. Schließlich vollzog man das Urteil ohne ihn und stürzte sie hinab. Der Mann aber hatte in der Nacht unter dem Felsen sein Fischernetz über dem Wasser ausgespannt und rettete sie so vor dem Ertrinken. Gegen den Protest des Dorfes verteidigte er seine Frau, indem auch er sich auf ein altes Gesetz berief: Was in das Netz eines Fischers gerät, das gehört ihm und darf ihm keiner nehmen. Heinz Gerlach: Salz zum Würzen 1983