Predigt zum 5. Sonntag nach Trinitatis - 20.7.2014

Textlesung: 2. Thess. 3, 1 - 5

Betet für uns, dass das Wort des Herrn laufe und gepriesen werde wie bei euch und dass wir erlöst werden von den falschen und bösen Menschen; denn der Glaube ist nicht jedermanns Ding. Aber der Herr ist treu; der wird euch stärken und bewahren vor dem Bösen. Wir haben aber das Vertrauen zu euch in dem Herrn, dass ihr tut und tun werdet, was wir gebieten. Der Herr aber richte eure Herzen aus auf die Liebe Gottes und auf die Geduld Christi.

Liebe Gemeinde!

Er springt einem ja geradezu ins Auge...dieser Satz: "...der Glaube ist nicht jedermanns Ding." Und nicht, weil es ein so schöner Satz wäre, sondern weil er so wahr ist und weil viele von uns, vielleicht alle, schon diese Erfahrung gemacht haben: Nicht jeder ist für das Evangelium von Jesus Christus empfänglich! Mit "jeder" sind dabei selbstverständlich nicht die Angehörigen anderer Religionen gemeint, sondern nur die Menschen, die im christlichen Umfeld oder gar in christlichen Familien aufgewachsen sind oder in ihnen leben.

"...der Glaube ist nicht jedermanns Ding." Ich empfinde das erst einmal als sehr entlastend! Es gibt ja viele, vielleicht zu viele Christen, die meinen, jeder Mensch müsste der Sache Christi aufgeschlossen sein und es läge an ihnen, wenn es nicht gelingt, sie zum Glauben zu bringen! Dabei wissen wir es doch: Den Glauben kann niemand erzwingen und niemand machen. Der Glaube an Jesus Christus ist und bleibt immer ein Geschenk. Auch wenn es im Missionsbefehl (Mt.28,18-20) heißt: "Gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker!", so meint das nicht, dass wir es in der Hand hätten, dass sie zum Glauben kommen. Aufschlussreich ist vielmehr die Ergänzung: "...und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe." Darum geht es besonders und nur darum kann es gehen, dass wir den Menschen von Christus erzählen und sie so "lehren", was er seinen Nachfolgern zu tun aufgetragen hat. Das aber: sie "lehren", ihnen Jesus als ihren Erlöser und Herrn nahebringen, das sollen wir auch tun!

Aber warum ist das so: "...der Glaube ist nicht jedermanns Ding." Das hat sicher viele Gründe. Einige haben dabei nichts mit uns anderen zu tun, die wir glauben können. Oft ist es wohl so, dass Menschen viele Jahre ihres Lebens nicht mit wirklich gläubigen Christen in Kontakt kommen. Bei Millionen von ehemaligen Bürgern der DDR ist das wohl so gewesen. Schon die Eltern der dort nach 1949 geborenen Menschen haben sich im Laufe der über 40 Jahre des DDR-Regimes zahlreich vom Glauben und von der Kirche abgewendet, denen ihre Groß-Eltern vielleicht noch anhingen. Kirchliche Aktivitäten wurden weitgehend unterdrückt und so fehlten eben die Christen, die sie hätten "lehren können, was Christus befohlen hat". Nach der Wende dann war es schwierig, den Auftrag Jesu an diesen Menschen zu erfüllen. Es gab bei vielen einfach keinen Anknüpfungspunkt mehr für die gute Botschaft unseres Herrn! (Trotzdem haben viele ehemalige DDR-Bürger inzwischen doch zum Glauben gefunden, was uns zeigt, dass unser Zeugnis und unser christliches Vorbild, wenn es unter dem Segen Gottes steht, doch viel erreichen kann!) Und wir sollten auch nicht geringschätzen, was Paulus hier empfiehlt: "Betet für uns, dass das Wort des Herrn laufe und gepriesen werde wie bei euch..." Geduldige Beter wissen um die Macht, die das beharrliche Gebet hat, das Gebet vor allem, dem es nicht um die eigene Ehre, sondern um die Mitmenschen zu tun ist. Gott hat etwas übrig für die Menschen, die sich ehrlichen Herzens auch um den Glauben ihrer Nächsten bemühen, sind sie doch allemal Christi und unsere Geschwister.

Aber wir wollen nun nicht so tun, als läge es letztlich doch an unserem Bemühen, Menschen für Jesus Christus zu begeistern. Gott allein weiß, warum das so ist, aber es gibt auch die Ablehnung jeglicher gut gemeinter Versuche, einem Mitmenschen "von Jesus zu erzählen" und auch unsere Gebete für das Geschenk des Glaubens für andere werden oft nicht erhört, nicht nur für lange Zeit, sondern ein Leben lang.

Ich habe von Krankenhausseelsorgern gehört, wie oft sie schon eine Abfuhr erteilt bekommen haben, wenn sie sich auch nur als Pfarrer vorstellen! "Lassen Sie mich bloß mit diesem Humbug in Ruhe!", ist dabei noch eine eher harmlose Zurückweisung. Manchmal aber werden sie auch beschimpft: "Jenseitsclown" oder "Himmelskomiker" werden sie genannt und dann wird aus Zurückweisung persönliche Kränkung.

Aber auch in ansonsten christlichen Familien gibt es immer wieder Angehörige, deren Entscheidung, sich vom Christentum abzuwenden, eisern bis zur Bahre durchgehalten wird. Und es kann schon sehr bekümmern, wenn unsere Mutter, unser Vater, unser Kind oder gar unser Ehegatte sich nicht einmal anhören will, was uns den Glauben wichtig macht und wie er unser Leben bereichert.

Aber gehen wir jetzt noch einmal einen Schritt zurück: Wir haben es nicht in der Hand, habe ich vorhin gesagt und es liegt nicht an unserem Bemühen, ob unsere Mitmenschen zum Glauben kommen. Andererseits ist es aber auch so, dass unsere Mühen um den Glauben unserer Nächsten dabei mithelfen können, dass sie zu Jesus Christus finden. Das ist sehr beglückend und ich kenne doch einige Menschen, die von solchen Glücksstunden berichten, in denen sie gespürt haben, die Saat des Glaubens, die sie vielleicht selbst bei anderen gesät haben, ist aufgegangen. (Ich persönlich durfte das auch schon erleben!)

Klar ist aber auch - und auch darüber müssen wir jetzt sprechen - dass unser Denken, Reden und Handeln von unseren Mitmenschen immer auch daraufhin befragt wird, ob es sich mit dem deckt, was wir als Christinnen und Christen oft recht vollmundig vertreten. Es gibt ja durchaus auch Christen, die am Sonntag in der Kirche gern die Lieder des Glaubens singen und der Verkündigung des Evangeliums mit frommem Sinn lauschen, die das dann aber im Alltag mit der Art wie sie leben nicht bewähren. Es leuchtet sicher ein, dass einer oder eine, die noch auf der Suche nach dem Glauben ist, davon nicht ermutigt, sondern eher abgestoßen wird.

Schon ein ewig grämliches Gesicht, hat eine große Wirkung auf unsere Mitmenschen, leider keine gute. "Die Christen müssten mir erlöster aussehen", hat ein großer Philosoph (Friedrich Nietzsche), der sich ausdrücklich vom Christentum distanziert hat, uns ins Stammbuch geschrieben. Und er hat Recht damit. Menschen, die wissen, dass ihre Sache mit Gott um Christi willen schon entschieden ist, dass ihre Schuld vergeben ist und eine Ewigkeit in Gottes Nähe auf sie wartet, solche Menschen können nicht den lieben langen Tag mit schlechter Laune und heruntergezogenen Mundwinkeln herumlaufen.

Aber wir strahlen das Glück, Glauben an Jesus Christus zu haben, auch noch auf andere Weise aus - oder aber wir zeigen, dass der Glaube nicht bis in unser Herz gelangt ist. Dann nämlich, wenn die Freude darüber, eine Christin, ein Christ zu sein in unserem Herzen angekommen ist, müsste diese Freude jeden unserer Gedanken, unser Reden und all unsere Taten bestimmen. Wie wir mit anderen Menschen umgehen, wie freundlich wir sie behandeln, wie gut wir ihnen zuhören und wie viel Verständnis wir für sie haben, würde dann auch ihr Herz für den Glauben aufschließen, den man uns so deutlich abspüren kann.

Ich kann mir gut vorstellen, dass mancher und manchem von uns doch ein wenig viel verlangt scheint: Nie schlechte Laune zeigen, immer freundlich - noch zu denen, die wir nicht leiden können, jedem zuhören, auch wenn wir doch genug eigene Probleme haben und immer verständnisvoll, sogar da, wo uns ehrlicherweise jedes Verständnis fehlt... Zugegeben: Es ist nicht leicht, so zu sein oder zu werden. Darum ist es ja auch so gut und tröstlich, wenn Paulus hier auch solche Sätze schreibt: "Aber der Herr ist treu; der wird euch stärken und bewahren vor dem Bösen." Es geht wie so oft darum, dass wir es versuchen! Die Messlatte liegt hoch, ja, vielleicht können wir das Maß gar nicht erreichen, aber wir sind nicht allein, wenn wir es wenigstens immer wieder probieren: Ein Lächeln, statt des Ausdrucks schlechter Laune, ein Ohr für die Mitmenschen haben, Verständnis, Freundlichkeit... Der Herr wird uns stärken! Er wird uns davor bewahren, dass wir immer wieder in alte Verhaltensweisen abgleiten, das alte grämliche Gesicht aufsetzen und ein schlechtes Beispiel für einen erlösten Christen abgeben.

Und es tut auch gut, wenn Paulus uns das ausdrücklich zutraut, dass wir uns ändern und für andere ein Vorbild werden können: "Wir haben aber das Vertrauen zu euch in dem Herrn, dass ihr tut und tun werdet, was wir gebieten."

Liebe Gemeinde, wir wollen es versuchen! Gottes Segen sei mit uns. AMEN