Predigt zum Sonntag "Jubilate" - 21.4.2013

Textlesung: 1. Mose 1, 1 - 4a. 26 - 31; 2, 1 - 4

Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Und die Erde war wüst und leer, und es war finster auf der Tiefe; und der Geist Gottes schwebte auf dem Wasser. Und Gott sprach: Es werde Licht! Und es ward Licht. Und Gott sah, dass das Licht gut war. Da schied Gott das Licht von der Finsternis. Und Gott sprach: Lasset uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei, die da herrschen über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über alle Tiere des Feldes und über alles Gewürm, das auf Erden kriecht. Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und Weib. Und Gott segnete sie und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und machet sie euch untertan und herrschet über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über alles Getier, das auf Erden kriecht. Und Gott sprach: Sehet da, ich habe euch gegeben alle Pflanzen, die Samen bringen, auf der ganzen Erde, und alle Bäume mit Früchten, die Samen bringen, zu eurer Speise. Aber allen Tieren auf Erden und allen Vögeln unter dem Himmel und allem Gewürm, das auf Erden lebt, habe ich alles grüne Kraut zur Nahrung gegeben. Und es geschah so. Und Gott sah an alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut. Da ward aus Abend und Morgen der sechste Tag. So wurden vollendet Himmel und Erde mit ihrem ganzen Heer. Und so vollendete Gott am siebenten Tage seine Werke, die er machte, und ruhte am siebenten Tage von allen seinen Werken, die er gemacht hatte. Und Gott segnete den siebenten Tag und heiligte ihn, weil er an ihm ruhte von allen seinen Werken, die Gott geschaffen und gemacht hatte. So sind Himmel und Erde geworden, als sie geschaffen wurden. Es war zu der Zeit, da Gott der HERR Erde und Himmel machte.

Liebe Gemeinde!

Sie haben das sicher bemerkt: Eben haben wir nicht die ganze Schöpfungsgeschichte gehört. Die wäre auch so lang, dass für eine Predigt zum Text keine Zeit mehr bliebe. Nein, die Ordnung der Predigttexte, die in den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts festgelegt worden ist, hat hier die Schöpfung sozusagen verkürzt dargestellt - und wie ich finde so, dass jetzt das Wesentliche hervortritt. Und das Wesentliche sind vier Dinge, die wir heute bedenken wollen:

Das erste ist dies: "Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde." Es war kein blinder Zufall, durch den die Welt entstanden ist, sondern Gottes Schöpfergeist hat sie aus dem Nichts hervorgerufen.

Das zweite lesen wir hier: "Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und Weib." Vor Gott sind Frauen und Männer gleich geliebt, gleicher Würde und beide zusammen sind nach Gottes Bild gemacht.

Hier ist das dritte: "Und Gott sah an alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut." Die Welt, die aus Gottes Händen hervorging, war schön und gut und Gott hatte seine Freude daran.

Und noch das vierte: "Und Gott segnete den siebenten Tag und heiligte ihn, weil er an ihm ruhte von allen seinen Werken..." Nicht alle Tage sind gleich. Der siebte Tag, unser Sonntag, ist seit den Tagen der Schöpfung besonders: geheiligt und gesegnet.

Liebe Gemeinde, was ist aus diesen vier Gedanken durch die Geschichte der Menschheit bis heute geworden? Oder fragen wir vielleicht besser: Was ist davon übrig geblieben?

- Dass Gott die Welt geschaffen hat, wird von vielen Menschen bezweifelt, ja, heftig bestritten. Dazu fällt uns vielleicht die Theorie vom "Urknall" ein, durch den das Weltall, die Sonnen, die Planeten und Monde entstanden sein sollen. Sie kennen möglicherweise noch andere, neuere Modelle, die von denen ins Feld geführt und verteidigt werden, die Gott nicht kennen. Ich finde bei all diesen Theorien immer wieder, dass sie zum einen so kalt und nüchtern und für nicht astrophysikalisch vorgebildete Menschen so wenig vorstellbar sind. Zum andern frage ich mich immer wieder, warum sich Gott nicht etwa des Urknalls bedient haben soll, um seine Welt zu schaffen? Dass die Geschichte, die wir eben verkürzt gehört haben, keine wissenschaftliche Darstellung sein will, sondern dem Glauben von Erzählern vor rund 3000 Jahren entspricht, wissen wir.

Aber auch wenn es so ist, liegt doch viel Wahrheit und Weisheit in dieser uralten Geschichte! So sagt sie zum Beispiel, dass die Welt eben nicht ein Produkt des Zufalls ist, sondern dass sie aus Gottes Willen und Wollen hervorgegangen ist. Das gibt der Welt und allem, was darauf lebt und ist, eine ganz andere Bedeutung als jene, die nur wissenschaftlich und materiell denkende Menschen ihr beimessen. Nein, wir begreifen die Welt nicht, wenn wir nur ihr Alter nach dem Urknall berechnen, wenn wir die chemischen Elemente zählen und wägen, die es auf ihr gibt und wenn wir ihren Radius messen, die Umlaufbahn um die Sonne beschreiben und den Abstand des Mondes auf den Zentimeter genau angeben können. Da gefällt es mir und meinem Glauben viel besser, mir Gott am Anfang der Schöpfung vorzustellen, wie er das Licht ruft, das Land vom Trockenen trennt, die Pflanzen, die Tiere und am Ende den Menschen macht. Das ist gewiss unwissenschaftlich - aber es ist schön und wunderbar, ich kann meinen Glauben darauf bauen und mich daran freuen!

- Viel wichtiger ist doch aber das zweite: Frauen und Männer sind gleich im Ansehen bei Gott! Ja, mehr noch: Gott schuf sie als Mann und Weib, heißt es. Erst Mann und Frau zusammen sind also "der Mensch"! Das heißt nicht, dass beide Geschlechter dieselben Aufgaben haben: Männer sind z.B. von ihrem Körperbau und ihren Muskeln her den Frauen bei schwerer Arbeit überlegen. Dafür sind nur Frauen in der Lage, Kinder zu empfangen und zu gebären. Aber beide sind von gleichem Rang und von gleichem Wert - und nicht nur vor Gott, sondern sie sollten es auch in allen Bereichen der Gesellschaft sein: In der Politik wie in der Wirtschaft, der Kirche und der Gemeinde und schon gar in der Familie.

Und wir wollen uns jetzt einmal nicht davor drücken, die gesellschaftliche Realität dieser Gedanken anzusprechen: In Politik und Wirtschaft sind wir weltenweit davon entfernt, dass Frauen und Männer in einem ausgewogenen Verhältnis die unteren und oberen Positionen in den Parteien und Fraktionen, den Parlamenten, den Büros, den Werkstätten und Betrieben besetzen. Wäre es anders, müssten wir nicht über so etwas wie die Frauenquote nachdenken. Und selbst bei gleicher Qualifizierung und gleichen Posten ist die Bezahlung zu Ungunsten der Frauen meist unterschiedlich.

Wenn wir in die Kirchen und Gemeinden schauen, fällt auf, dass in der katholischen Konfession alle Macht und alle Richtlinienkompetenzen bei den Männern liegen. Mit der Bibel, etwa durch die Schöpfungsgeschichte, aber auch mit neutestamentlichen Texten ist das nicht zu rechtfertigen. Anders sieht das beim der kirchengemeindlichen Arbeit aus. Besonders die Ehrenämter sind bei beiden Konfessionen überwiegend fest in der Hand der Frauen, was nicht verwundert, denn hier gibt es wenig Ansehen, viel Arbeit und nur Gotteslohn.

Wenigstens in den Familien zeigt sich in den letzten Jahrzehnten ein deutlicher Trend zu Gleichberechtigung und Partnerschaftlichkeit. War früher die häusliche Arbeit und die Kindererziehung die Domäne der Frauen, so teilen sich heute oft beide Geschlechter diese Aufgaben, was sicher damit zu tun hat, dass heute auch meist beide Eltern, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, einer Lohnarbeit nachgehen müssen.

In anderen Religionen, besonders im Islam, sind die Verhältnisse völlig anders, denken wir nur an die Möglichkeit, dass ein Mann mehrere Frauen haben darf oder an die Trennung der Geschlechter beim Gebet in der Moschee, bei gesellschaftlichen oder familiären Ereignissen oder auch z.B. in den Teestuben und Kulturzentren, wo wir meist nur Männer antreffen werden. - Aber wir wollen bei dem bleiben, was uns von unserer Heiligen Schrift und dort schon von der Schöpfungsgeschichte über das Verhalten und das gottgefällige Zusammenleben von Mann und Frau gesagt wird. Um dem zu entsprechen, haben auch wir Christen noch viel zu tun.

- Der Gedanke, dass Gott am Ende der Schöpfung sein Werk voll Freude ansieht und es ihm gut gefällt, geht mir persönlich immer besonders nah. Ich muss daran denken, wie sehr diese Welt doch inzwischen durch das Wirken des Menschen geschunden ist, wie sehr der Klimawandel das Wetter und die Lebensverhältnisse und -möglichkeiten von Mensch und Tier schon verändert hat, wie viel Zerstörung der Raubbau an der Natur und die Kriege an vielen Orten schon angerichtet haben und wie sehr die Gier des Menschen nach Besitz und Geld den sinnlosen Reichtum der Wenigen und die trostlose Armut der Vielen verursacht hat. - Hier kann nur noch ein radikales Umdenken jedes Einzelnen helfen, ein überzeugtes und überzeugendes Eintreten für den Erhalt der guten Schöpfung Gottes und - das wollen wir nicht vergessen! - das ernsthafte Gebet zu dem, der selbst das wenden kann, was wir für unwandelbar und unabänderlich halten.

- Hier ist es nun zum letzten, das wir bedenken wollen, nicht weit: Dass Gott den siebten Tag, den Sonntag geheiligt und gesegnet hat. Auch der Sonntag ist in den letzten Jahren immer wieder und immer mehr in Gefahr, am Altar des Gottes Mammon den wirschaftlichen Interessen derer dargebracht zu werden, denen nichts mehr heilig ist als das, was ihren Profit und ihre wirtschaftliche Macht steigert. Es mag in manchen Berufsgruppen nötig sein, auch am "Siebten Tag" zu arbeiten, denken wir zum Beispiel an die Ärzte oder das Personal von Krankenhäusern oder der Versorgungsbetriebe für Wasser und Strom. Einkaufszentren oder andere Geschäfte aber müssen an Sonn- und Feiertagen nicht geöffnet haben. Das zerstört systematisch die Familien der Menschen, die dann im Verkauf arbeiten müssen und tut auch denen nicht gut, die den Sonntag dann nur noch zum Einkaufen nutzen. Besser wäre es auch, wenn es nicht mehr nötig wäre, sonntags zu Hause das aufzuarbeiten, was in der Woche liegen geblieben ist. Vielleicht könnte ein Gespräch mit dem Chef, eine andere Organisation des Alltags, eine etwas andere Verteilung der Aufgaben in den Ehen und Familien helfen, den Sonntag und seinen Segen für den Einzelnen und die Gemeinschaft wieder zu entdecken.

Vielleicht spüren wir alle heute etwas davon, wie gut es ist, am siebten Tag, dem Tag, an dem selbst der allmächtige Gott ausgeruht hat, einmal innezuhalten und über die Fragen nachzudenken, die unseren inneren Menschen betreffen. Vielleicht auch nehmen wir heute von diesem Gottesdienst, an dem Tag, den Gott geheiligt hat, etwas mit, was uns noch lange begleitet und unser Leben mit dem Segen Gottes bereichert. Ich wünsche es uns allen. AMEN