Predigt zum 1. So. n. Epiphanias - 9.1.2011

Jetzt sind wir schon wieder die ersten Schritte in dieses neue Jahr gegangen und sicher fragen wir uns noch immer wieder einmal einmal: Geht's in die rechte Richtung, im politischen Leben, im Dorfgeschehen (in unserer Stadt) und persönlich ... Grund zu solchen Fragen haben wir ja alle genug, drei Stichworte genügen: Der Friede scheint an vielen Orten der Welt bedroht und in manchen Ländern finden schon - teils seit Jahren - kriegerische Auseinandersetzungen statt; die Arbeitslosigkeit ist durchaus nicht beseitigt, viele Menschen leben an der Armutsgrenze oder darunter; die wachsende Belastung der Umwelt und der Klimawandel machen uns Sorgen. Wenn da doch wenigstens in unserem kleinen Lebensbereich alle Ziele klar und gut und alles in Ordnung wäre!

Aber es scheint auch unter uns in unseren Beziehungen, Familien, Nachbarschaften und selbst in unserer Kirchengemeinde nicht mehr alles zu stimmen - vielleicht hat es ja auch schon lange nicht gestimmt? Aber irgendwie erwarten wir doch gerade in den ersten Wochen eines neuen Jahres auch einen Neuanfang - der aber blieb oft aus. Und so müssen wir heute leider feststellen: Viel Bosheit verbirgt sich oft hinter einem freundlichen Äußeren! Viel Neid und Missgunst können ganz plötzlich zwischen den Menschen aufbrechen! Sehr leichtfertig gehen manche Menschen mit dem um, was sie über andere sagen! Viel Heimlichkeit herrscht in manchen Beziehungen und viele Menschen kreisen mit ihren Interessen absolut nur um sich selbst und ihren Besitz und können nicht genug kriegen ...

Ich will hier gar nicht deutlicher werden oder noch mehr Beispiele anführen. Sie wissen es ja selbst: Es sieht wirklich oft so aus, als würde das Böse in der Welt und auch bei uns immer stärker!

Wenn wir mit solchen Gedanken und Gefühlen jetzt lesen oder hören, was uns heute zu predigen vorgeschlagen ist, dann bleiben wir gewiss besonders an einem Satz hängen - aber wir wollen erst einmal den ganzen Abschnitt hören. Er steht bei Matthäus im 4. Kapitel:

Textlesung: Mt. 4, 12 - 17

Als nun Jesus hörte, dass Johannes gefangengesetzt worden war, zog er sich nach Galiläa zurück. Und er verließ Nazareth, kam und wohnte in Kapernaum, das am See liegt im Gebiet von Sebulon und Naftali, damit erfüllt würde, was gesagt ist durch den Propheten Jesaja, der da spricht (Jes. 8,23; 9,1): „Das Land Sebulon und das Land Naftali, das Land am Meer, das Land jenseits des Jordans, das heidnische Galiläa, das Volk, das in Finsternis saß, hat ein großes Licht gesehen; und denen, die saßen am Ort und im Schatten des Todes, ist ein Licht aufgegangen." Seit der Zeit fing Jesus an zu predigen: Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen!

Liebe Gemeinde, diesen Satz habe ich vorhin gemeint: „Das Volk, das in Finsternis saß, hat ein großes Licht gesehen; und denen, die saßen am Ort und im Schatten des Todes, ist ein Licht aufgegangen." Und die Frage drängt sich uns ja jetzt geradezu auf: Sitzen wir persönlich (noch) in der Finsternis oder ist uns wirklich - vielleicht wieder oder zum ersten Mal durch ein schönes Weihnachtsfest, das wir hatten - ein Licht aufgegangen?

Wie ist das denn, wenn man in der Finsternis sitzt, von der Jesaja hier spricht?: Wir bringen keinen Glauben mehr auf oder er ist dabei, uns zu entgleiten. Man hat dann so gar keine rechte Lust mehr, sich für seine Überzeugung zu engagieren, für die christliche Sache, für Gott ... Warum denn auch, so fragt man sich. Die Leute werden ja immer schlechter und wollen immer weniger davon wissen. Jeder denkt nur an sich, an seinen Vorteil, holt aus seinem bisschen Leben heraus, was nur darin ist und schert sich den Teufel um höhere Dinge. Wahrhaftig: So sieht Finsternis aus!
Da hinein hören wir jetzt die Botschaft:
„Am Ort und im Schatten des Todes, ist ein Licht aufgegangen!" Aber ist es auch uns aufgegangen? Und sehen wir es wirklich und sind wir schon in diesem Licht oder wenigstens auf dem Weg zu ihm?

Wir müssten ein wenig Hilfe dazu bekommen! Ein bisschen mehr Klarheit, wie es uns gelingt, in den Schein dieses Lichtes zu gelangen. Hier erfahren wir, wie das geht: „Seit der Zeit fing Jesus an zu predigen: Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen!"

„Buße tun" führt also ins Licht. Was könnte das heißen?: Den richtigen, den guten Weg gehen. Ehrliche, wahrhaftige Beziehungen zu den Mitnenschen haben und sich selbst weiterentwickeln. Wachsen im Glauben und im christlichen Lebenswandel ...

Nun wird uns aber gerade das zur Zeit ja so schwer! Wir haben uns schließlich darum bemüht und wir wollen uns ja auch weiter bemühen - aber wir sehen so wenig Erfolg, ja, es scheint gar mehr und mehr abwärts zu führen überall und man fragt sich schon manches Mal - und wir wollen es jetzt einfach einmal aussprechen - wo ist denn Gott bei alledem, was bei uns und in der weiten Welt geschieht? Warum öffnet er unserer Mühe nicht die Herzen der Mitmenschen? Warum lässt er es zu, dass sie augenscheinlich immer gottloser werden? Warum gebietet er den Kriegstreibern nicht Einhalt? Warum finden sich die Staaten der Erde nicht endlich bereit zu gemeinsamen Schritten, den Klimawandel und die Umweltzerstörung zu stoppen?

Das bewegt uns und nun müssen wir uns das anhören: „Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen!" Ja, was versuchen wir denn schon so lange! Was machen wir denn den lieben langen Tag mit all unserer Kraft, wenn nicht das: Uns um ein ein rechtes Leben nach dem Willen Gottes, um Frieden, um Liebe zu den Mitmenschen, um Vervollkommnung und Heiligung zu mühen! Was ist denn Kampf, Sinn und Ziel unserer Lebensarbeit, wenn nicht dies: Besser zu werden und damit ein gutes Beispiel eines Menschen, der Jesus Christus zum Herrn hat? Und da wird nun uns ausgerechnet so etwas gesagt: „Tut Buße!"? Da fragen wir uns jetzt schon: Wer weist denn eigentlich einmal die anderen zurecht, die es doch viel nötiger hätten, die auf schiefen Wegen sind, die es uns so hart werden lassen, christlich zu leben?

Gewiss: Das ist uns auch klar, die „anderen" hören es ja nicht, wollen es auch gar nicht hören. Aber dennoch, das ist ärgerlich: Immer wieder werden wir zu noch besseren Taten angespornt, immer gilt uns der Appell: Tut Buße, kehrt um, wachset weiter zu Christus hin, geht zu seinem Licht, werdet ihm immer ähnlicher ... Immer meint uns das!

Ich glaube, das kommt von daher, dass es nun einmal auch die Finsternis gibt, um es im Bild der Worte auszudrücken, die uns heute als Predigttext verordnet sind. Und es gibt auch die Menschen, die in dieser Finsternis sind und sich darin eingerichtet haben. Wir wollen diese Menschen dafür nicht verurteilen oder gar verdammen. Wir wissen ja nicht, warum es so ist, dass sie den Weg ins Licht noch nicht gefunden haben. Aber es bleibt dabei. Und wir werden mit all unserer redlichen Mühe, mit unserem wahrhaftigen Reden und unseren guten Taten gerade vor der Finsternis und den dunklen Gedanken der Menschen, die darin verhaftet sind, nicht bestehen können! Sie werden uns übel zusetzen. Sie werden uns zu sich herabziehen wollen, uns vom Sockel holen, auf den wir uns gar nicht gestellt haben. Das Gute erregt Ärgernis. Christliches Bemühen wird vom Gottlosen immer als Heuchelei oder Hochmut bezeichnet. Im Bild gesprochen: Die Finsternis ist und bleibt der Feind des Lichts!

Diese Erkenntnisse sind sicher nicht besonders originell oder neu. Aber - auch wenn sich das jetzt seltsam anhört - sie können uns in unserer Enttäuschung und Niedergeschlagenheit neuen Mut geben. Denn wenn man diese Gedanken noch ein wenig weiterverfolgt, geht uns auf, dass es gar nicht unbedingt ein schlechtes Zeichen sein muss, wenn uns die Finsternis dieser Zeit gar so hart angeht: Denn je besser unser Handeln und Wollen ist, umso stärker wird sich das Böse zur Wehr setzen! Fast könnten wir sagen: Viel Anfeindung - viel Fortschritt in der Sache Christi!

Sicher sehe ich mit Ihnen die Gefahr solcher Rede: Die Anfeindung kann ja wohl auch gerechtfertigt und verständlich sein, dann nämlich, wenn ich selbst in der Finsternis und auf falschem Wege bin und wirklich Anlass zu Zorn und Ärger gebe - und wer könnte das für sich persönlich ausschließen?

Trotzdem, das ist gewiss gültig und wird sich immer wieder als wahr erweisen: Je selbstloser und stärker wir uns für unseren Glauben einsetzen, um so mehr Widerstände werden uns die Leute entgegenbringen. Wenn sie selbst nicht wachsen, sich verändern und besser werden wollen (oder können), dann erlauben sie das auch keinem anderen: Sie werden versuchen, uns in ihre Finsternis hineinzuholen, denn es ist allemal leichter, einen anderen zu sich herabzuziehen, als die Mühe auf sich zu nehmen, vollkommener, moralischer, christlicher zu werden und das Licht zu suchen. Das sollte man wissen und sich vor Augen halten - besonders dann, wenn uns angesichts der Bosheit der Menschen wieder einmal der Mut verlassen will!

Das meint schon uns, auch und gerade, wenn wir uns um unser Christentum mühen: „Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen!" Kehrt um, wenn ihr euch in die Finsternis habt ziehen lassen. Macht euch auf zum Licht und bleibt in seinem Glanz! Das gilt uns, wenn wir zu Beginn dieses Jahres feststellen müssen, dass es in unseren Beziehungen, im Blick auf unsere Sorgen und die Probleme in der Welt keinen Neuanfang gegeben hat und wir mit Enttäuschungen ringen und uns böse Zungen, Neid, Haß und Missgunst uns zusetzen.

Aber seien Sie ganz gewiss: Es wird sich immer wieder als der verheißungsvolle und gute Weg erweisen, wenn man gerade dann treu bei der Sache Gottes bleibt, wenn einem der Wind entgegensteht. Man bekommt immer wieder die Kraft, ein Stückchen weiterzugehen und - das muss man erleben! - Gott schenkt uns dabei sogar eine Freude, die tiefer ist als alles, was wir landläufig für Freude halten. Das ist dann ein bisschen Vorgeschmack auf das ewige Reich Gottes, in dem wir gewiss einmal all die enttäuschenden Erfahrungen, die uns heute noch herunterziehen wollen, hinter uns haben werden.

Liebe Gemeinde, lassen wir uns den Mut von nichts und niemand nehmen: „Das Volk, das in Finsternis saß, hat ein großes Licht gesehen; und denen, die saßen am Ort und im Schatten des Todes, ist ein Licht aufgegangen." Gehen wir zu diesem Licht und lassen wir uns dort unseren Glauben stärken und die Kraft schenken, trotz aller Widerstände das zu tun, was Gott von uns haben will und so zu leben, wie es Kindern des Lichts entspricht. AMEN