Predigt zum Ostermontag - 6.4.2015

Textlesung: Lk. 24, 13 - 35

Und siehe, zwei von ihnen gingen an demselben Tage in ein Dorf, das war von Jerusalem etwa zwei Wegstunden entfernt; dessen Name ist Emmaus. Und sie redeten miteinander von allen diesen Geschichten. Und es geschah, als sie so redeten und sich miteinander besprachen, da nahte sich Jesus selbst und ging mit ihnen. Aber ihre Augen wurden gehalten, dass sie ihn nicht erkannten. Er sprach aber zu ihnen: Was sind das für Dinge, die ihr miteinander verhandelt unterwegs? Da blieben sie traurig stehen. Und der eine, mit Namen Kleopas, antwortete und sprach zu ihm: Bist du der einzige unter den Fremden in Jerusalem, der nicht weiß, was in diesen Tagen dort geschehen ist? Und er sprach zu ihnen: Was denn? Sie aber sprachen zu ihm: Das mit Jesus von Nazareth, der ein Prophet war, mächtig in Taten und Worten vor Gott und allem Volk; wie ihn unsre Hohenpriester und Oberen zur Todesstrafe überantwortet und gekreuzigt haben. Wir aber hofften, er sei es, der Israel erlösen werde. Und über das alles ist heute der dritte Tag, dass dies geschehen ist. Auch haben uns erschreckt einige Frauen aus unserer Mitte, die sind früh bei dem Grab gewesen, haben seinen Leib nicht gefunden, kommen und sagen, sie haben eine Erscheinung von Engeln gesehen, die sagen, er lebe. Und einige von uns gingen hin zum Grab und fanden's so, wie die Frauen sagten; aber ihn sahen sie nicht.

Und er sprach zu ihnen: O ihr Toren, zu trägen Herzens, all dem zu glauben, was die Propheten geredet haben! Musste nicht Christus dies erleiden und in seine Herrlichkeit eingehen? Und er fing an bei Mose und allen Propheten und legte ihnen aus, was in der ganzen Schrift von ihm gesagt war. Und sie kamen nahe an das Dorf, wo sie hingingen.

Und er stellte sich, als wollte er weitergehen. Und sie nötigten ihn und sprachen: Bleibe bei uns; denn es will Abend werden, und der Tag hat sich geneigt. Und er ging hinein, bei ihnen zu bleiben.

Und es geschah, als er mit ihnen zu Tisch saß, nahm er das Brot, dankte, brach's und gab's ihnen. Da wurden ihre Augen geöffnet, und sie erkannten ihn. Und er verschwand vor ihnen. Und sie sprachen untereinander: Brannte nicht unser Herz in uns, als er mit uns redete auf dem Wege und uns die Schrift öffnete?

Und sie standen auf zu derselben Stunde, kehrten zurück nach Jerusalem und fanden die Elf versammelt und die bei ihnen waren; die sprachen: Der Herr ist wahrhaftig auferstanden und Simon erschienen. Und sie erzählten ihnen, was auf dem Wege geschehen war und wie er von ihnen erkannt wurde, als er das Brot brach. Als sie aber davon redeten, trat er selbst, Jesus, mitten unter sie und sprach zu ihnen: Friede sei mit euch!

Liebe Gemeinde!

Die Geschichte von den "Emmausjüngern" ist schon sehr lang, so lang, dass wir sicher nicht auf alles eingehen können, was an ihr wichtig wäre. Darum beschränken wir uns auf drei Dinge, die wir besprechen wollen. Drei Dinge, die auch uns heutige Christinnen und Christen in unserem Glauben und in unserer Beziehung zu unserem Herrn stärken können.

Vom Ersten, über das ich sprechen möchte, lesen wir in diesen zwei Sätzen: "Und es geschah, als sie so redeten und sich miteinander besprachen, da nahte sich Jesus selbst und ging mit ihnen. Aber ihre Augen wurden gehalten, dass sie ihn nicht erkannten."

Stellen Sie sich doch nur vor: Da tritt Jesus zu den beiden Jüngern, begleitet sie ein ganzes Stück ihres Weges und sie erkennen ihn nicht! Sie, die ihn doch gewiss während seiner Zeit als Wanderprediger oft gesehen hatten! Wir können doch in den Auferstehungs- und Erscheinungsberichten immer wieder davon hören, dass seine Vertrauten ihren Herrn sehr wohl erkannt haben. Und so verändert wird er hier auch nicht ausgesehen haben. Wie also kann das sein?

"Ihre Augen wurden gehalten", ist die Erklärung. Gott selbst hat das gewollt, dass sie sehen und doch nicht erkennen. Warum? Weil die Beiden eine Lektion lernen sollten und die heißt: Ihr werden diesen Jesus bald nicht mehr sehen, denn er gehört nach seiner Auferstehung in Gottes neue Welt, in die "Herrlichkeit" Gottes, wie es hier heißt. Er will und wird euch weiter begegnen und begleiten, aber unsichtbar und damit anders als zuvor.

Liebe Gemeinde, das gilt auch für uns: Auch unsere Augen sind oft gehalten, dass wir Jesus Christus nicht erkennen, auch wenn er uns ganz nahe ist! Er hilft uns, das Leben zu meistern, schenkt uns lange, gute Zeiten und führt uns auch durch die dunklen und schweren Stunden hindurch, ebnet den Weg vor unseren Füßen und lässt uns nach Leidens- und Krankheitstagen wieder sichere und feste Schritte tun. Er war und ist immer an unserer Seite, aber wir sehen ihn nicht. Und weil wir ihn nicht sehen, vertrauen wir ihm nicht und danken ihm auch nicht.

Auf das Zweite, von dem ich sprechen will, weist uns dieser Satz hin: "Und er fing an bei Mose und allen Propheten und legte ihnen aus, was in der ganzen Schrift von ihm gesagt war."

Wir dürfen sicher davon ausgehen, dass die Emmausjünger sich in der Heiligen Schrift gut auskannten. Aber verstanden hatten sie wenig. Für sie war der Tod Jesu das Ende aller Hoffnungen. Und das Kreuz war das Zeichen der Niederlage. Jesus aber deutet ihnen die Schrift, erklärt ihnen, was die Propheten über den Mann aus Nazareth vorausgesagt hatten und dass es sich am Kreuz von Golgatha erfüllt hat: "Musste nicht Christus dies erleiden und in seine Herrlichkeit eingehen?"

Uns möchte das dahin führen, dass wir vielleicht auch wieder mehr tun, was unsere Alten ganz selbstverständlich und oft täglich getan haben: Sie haben in der Bibel gelesen! Sie haben die Heilige Schrift studiert und kannten sich in ihr ganz gewiss besser aus, als die meisten von uns heute.

Gewiss werden Sie dazu denken, dass die Zeit doch ganz anders geworden ist. Und Sie haben Recht! Es gibt heute sehr viel mehr Angebote, sich zu zerstreuen. Das Fernsehen, Veranstaltungen hier und dort - und mehr Freizeit dafür haben wir meist auch. Was wir aber oft nicht haben, ist die Kenntnis von biblischen Geschichten und eine Antwort auf wichtige Fragen um unseren Glauben: Warum es auch das Leid gibt? Worin die Erlösung besteht, die uns Jesus Christus schenkt? Warum es heißt: Sünder und gerechtfertigt zugleich? Und bei unseren jungen Leuten sind die Wissenslücken auch bei den Konfirmierten oft dramatisch: "Was feiern wir an Karfreitag?" - "Da ist Jesus geboren!" - "Und was ist an Himmelfahrt?" - "Vatertag!"

Lassen wir uns doch von der Emmausgeschichte einladen, wieder mehr in die Urkunde unseres Glaubens hineinzulesen. Christen, die das regelmäßig tun - viele auch mit einem Losungsbuch in Händen - erfahren dabei, wie gut das tut, wie interessant und anregend das auch für das Glaubensleben ist, wie uns das anspornt und wie viel Trost darin liegt. Und das Beste dabei ist wohl, dass auch wir die Verheißung haben, von der wir heute lesen: "Und er fing an bei Mose und allen Propheten und legte ihnen aus, was in der ganzen Schrift von ihm gesagt war." Jesus Christus selbst wird dafür sorgen, dass wir verstehen, was wir in der Bibel lesen. Es wird unseren Glauben und unser Vertrauen stärken und uns froh machen.

Das Dritte ist dies: "Und es geschah, als er mit ihnen zu Tisch saß, nahm er das Brot, dankte, brach's und gab's ihnen. Da wurden ihre Augen geöffnet, und sie erkannten ihn."

Dass die beiden Jünger Jesus daran erkannten, dass er wie beim Passahmahl das Brot für sie teilt, hat wohl einen ganz tiefen Sinn: Das ist keine nur äußerliche Geste. Er hatte ja vom Brot des Mahls gesagt: Das ist mein Leib! Und so wie das Brot ist auch er selbst für die Jünger und für alle Menschen am Kreuz "zerteilt", "zerbrochen" worden, um für alle die Erlösung von Schuld und Sünde zu gewinnen.

Auch wir "erkennen" Jesus Christus daran, dass er für uns das Brot teilt, wir erkennen darin, wer er wirklich ist: Der Herr, der sich für uns zerbrechen lässt im Tod und uns damit das Leben schenkt - hier und in Ewigkeit. Immer wenn wir das Abendmahl feiern, erinnern wir uns daran, ja, mehr noch: Wir lassen uns vergewissern, dass uns durch IHN alle Schuld vergeben ist und wir durch IHN einmal Gottes ewige Herrlichkeit sehen werden.

Aber es ist seltsam, das Abendmahl teilt in unserer und in vielen anderen Gemeinden das gleiche Schicksal wie die häusliche Bibellese. Immer weniger Christen unserer Tage nehmen an den Abendmahlsfeiern teil, wie auch immer weniger Christen regelmäßig ihre Bibel aufschlagen. Das hat sicher viele unterschiedliche Gründe. Es gibt allerdings einen Grund, warum wir das eine wie das andere wieder mehr üben sollten: Es liegt ein großer Segen darauf! Wer in der Bibel liest, findet darin immer wieder Worte und Geschichten, die den Glauben stärken und ihm zu Hilfe, Ansporn und Trost werden. Wer der Einladung Jesu Christi an seinen Tisch folgt, findet dort neue Kraft, Vergebung und die Gewissheit, dass sein Leben keine Irrfahrt ist, sondern ein Ziel hat: Das Ewige Leben in Gottes neuer Welt. - Lassen auch wir uns heute wie die Emmausjünger damals darin bestärken, dass es wahr ist: Der Herr ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden. AMEN