Predigt zum Letzt. So. n. Epiphanias - 25.1.2015

Textlesung: Mt. 17, 1 - 9

Und nach sechs Tagen nahm Jesus mit sich Petrus und Jakobus und Johannes, dessen Bruder, und führte sie allein auf einen hohen Berg. Und er wurde verklärt vor ihnen, und sein Angesicht leuchtete wie die Sonne, und seine Kleider wurden weiß wie das Licht. Und siehe, da erschienen ihnen Mose und Elia; die redeten mit ihm. Petrus aber fing an und sprach zu Jesus: Herr, hier ist gut sein! Willst du, so will ich hier drei Hütten bauen, dir eine, Mose eine und Elia eine. Als er noch so redete, siehe, da überschattete sie eine lichte Wolke. Und siehe, eine Stimme aus der Wolke sprach: Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe; den sollt ihr hören! Als das die Jünger hörten, fielen sie auf ihr Angesicht und erschraken sehr. Jesus aber trat zu ihnen, rührte sie an und sprach: Steht auf und fürchtet euch nicht! Als sie aber ihre Augen aufhoben, sahen sie niemand als Jesus allein. Und als sie vom Berge hinabgingen, gebot ihnen Jesus und sprach: Ihr sollt von dieser Erscheinung niemandem sagen, bis der Menschensohn von den Toten auferstanden ist.

Liebe Gemeinde!

Eine sehr seltsame Geschichte. Als würden die drei Jünger damals und wir einen Blick in die jenseitige Welt tun. Mose und Elia treten auf, die damals schon viele hundert Jahre tot waren. Und nicht nur die Geschichte ist seltsam, sondern auch der Ort, an dem wir sie im Matthäusevangelium lesen können, nämlich mittendrin in Jesu kurzer Wirkungszeit in dieser Welt. Gehört sie nicht eigentlich in die Zeit nach der Auferstehung unseres Herrn, vielleicht kurz vor seiner Himmelfahrt? Aber wir wollen die Geschichte nehmen wie und wo sie erzählt wird und lieber fragen, was sie uns sagen kann, sagen will? "Und Jesus wurde verklärt vor ihnen, und sein Angesicht leuchtete wie die Sonne, und seine Kleider wurden weiß wie das Licht." "Verklärt vor ihnen..." In der Tat: Hier wird etwas "klar": Jesus ist Gottes Sohn. "Gott, der Herr ist Sonne und Schild" heißt es im Psalm (84,12) und im Johannesevangelium lesen wir am Anfang: "Es war ein Mensch, von Gott gesandt, der hieß Johannes. Der kam zum Zeugnis, um von dem Licht zu zeugen, damit sie alle durch ihn glaubten. Er war nicht das Licht, sondern er sollte zeugen von dem Licht." Jesus kommt her von Gott. Er hat Teil am Licht Gottes.

Jetzt treten auch noch Mose und Elia auf. Sie stehen für das Gesetz und die Propheten. Noch ein Hinweis also, dass Jesus der Heiland ist, der das Gesetz erfüllt und der Messias, den die Propheten seit langer Zeit angekündigt haben. Da wundert es uns nicht, wenn Petrus so zu Jesus spricht: "Herr, hier ist gut sein! Willst du, so will ich hier drei Hütten bauen, dir eine, Mose eine und Elia eine." Das ist so, als wollte er den Augenblick festhalten, dass er noch lange etwas davon hat. Und vielleicht ist es auch ein bisschen, wie wenn wir heute von den wichtigsten Augenblicken im Leben unseres Kindes oder Enkels, bei der Taufe oder der Konfirmation ein Foto machen oder bei der Grünen, der Silbernen oder Goldenen Hochzeit ein Videoaufnahme. So einen wichtigen Tag wollen wir wenigstens im Bild aufbewahren, dass wir ihn nicht vergessen und uns auch Jahre später noch daran freuen können.

Ich habe die Geschichte ja vorhin "seltsam" genannt und seltsam ist ganz gewiss auch das: Weder Petrus noch die anderen beiden Jünger sind irgendwie besonders überrascht oder gar entsetzt darüber, dass hier zwei seit hunderten von Jahren verstorbene Männer bei Jesus erscheinen: Mose und Elia! Das ist jetzt etwas schwierig, einen Vergleich zu finden, aber denken Sie sich doch einmal, Karl der Große, den wir ja mit Recht als einen der ersten Europäer bezeichnen können, träte in der Gewandung, die man um das Jahr 800 n. Chr. getragen hat, bei einer Sitzung der Europäischen Union in Brüssel ans Rednerpult. Und es wäre kein Double aus unseren Tagen, sondern tatsächlich er selbst. Oder - um auch noch eine Person aus dem religiösen Bereich zu bemühen - Hildegard von Bingen, die im 12. Jahrhundert gelebt hat, wäre Ehrengast bei der Einweihung einer auf Naturheilkunde spezialisierten Klinik irgendwo in Deutschland. Und auch sie wäre es sichtlich und beweisbar wirklich selbst! Ich glaube, die Presse und die Medien würden ein Riesenspektakel aus solchen Auftritten machen. In aller Welt würde man noch lange davon sprechen und immer wieder die Frage stellen, wie das denn möglich war? Und: ob es denn wirklich eine Auferstehung gibt, würde nicht nur bei Christen ganz neu diskutiert werden. - Aber wie ist das hier gewesen?

"Petrus sprach zu Jesus: Herr, hier ist gut sein! Willst du, so will ich hier drei Hütten bauen, dir eine, Mose eine und Elia eine." Als wäre es das Selbstverständlichste von der Welt, so erscheinen Petrus und den anderen Jüngern die beiden Gäste aus der jenseitigen Welt. Kein Erstaunen. Keine Aufregung. Keine Fragen. Wirklich seltsam! - Aber wie schnell wird das jetzt anders:

"Als er noch so redete, siehe, da überschattete sie eine lichte Wolke. Und siehe, eine Stimme aus der Wolke sprach: Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe; den sollt ihr hören! Als das die Jünger hörten, fielen sie auf ihr Angesicht und erschraken sehr." Sagen Sie, liebe Gemeinde, ist diese Stimme und was sie sagt denn wirklich schrecklicher oder erstaunlicher als die Wiederkunft zweier Toter? Muss man sich vor Gottes Stimme denn mehr fürchten als vor der Erscheinung zweier Gestalten, von denen man doch genau weiß, sie kommen aus dem Totenreich?

Aber genau hier wird deutlich, was die Botschaft der Geschichte für uns heute ist oder besser: sein müsste. Überlegen wir doch einmal, was uns in unseren Tagen entsetzt, beängstigt, erschreckt oder aufregt. Es gibt ja weiß Gott genug Anlässe dazu: Z.B. der Klimawandel und seine Folgen, die wir noch gar nicht alle kennen oder auch nur ahnen. Der immer brutaler werdende Terrorismus. Die Gefahr der Altersarmut, die für immer mehr Menschen absehbar ist. Und jede und jeder hat noch seine ganz eigenen Ängste und Sorgen, deren Erfüllung sie oder ihn sehr erschrecken würde.

Aber hier erschreckt nur das: "Eine Stimme aus der Wolke sprach: Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe; den sollt ihr hören!" Ob uns das nicht wieder einmal darauf aufmerksam machen will, was in dieser Welt Gottes denn eigentlich ein Grund für Furcht und Schrecken wäre: Wenn wir nämlich die Stimme Gottes hören, aber nicht mehr auf sie hören. Wenn wir nur gebannt auf die Ereignisse in der Natur, Politik und Gesellschaft schauen. Und auch unsere persönlichen Erfahrungen und Erlebnisse nur noch als angsterregend und furchtbar empfinden.

Hier wird kann uns etwas anderes deutlich werden: Das Wichtigste - besonders für uns Christinnen und Christen - ist es, die Stimme Gottes zu hören, sie ernst zu nehmen und zu fürchten - oder gebrauchen wir hier lieber die etwas altertümliche Ausdrucksweise: Ehrfurcht vor ihr zu haben. Erschrecken aber müssen wir nur, wenn wir diese Stimme nicht mehr zu uns sprechen lassen, sie missachten und meinen, sie hätte uns doch nichts zu sagen.

Nein, die Erscheinung der beiden lange Verstorbenen aus dem Totenreich, Mose und Elia, konnten Petrus und die zwei Gefährten nicht ängstigen oder aufregen. Wohl aber die Stimme Gottes, die zu ihnen ganz persönlich gesprochen hat.

Und: nein, alles, was uns in dieser Welt bedroht und vielleicht noch an Katastrophen schlimmen Entwicklungen bevorsteht, der Klimawandel mit den Folgen unseres leichtfertigen Umgangs mit der Natur, die Brutalität von Terroristen, die Gefahr eines Alters in Armut und all die persönlichen Sorgen und Ängste, die wir haben sind weniger zu fürchten als wenn Gott uns anspricht und uns sagt, was er von uns haben will.
Wir sollten nicht versäumen, in Ehrfurcht auf seine Stimme zu hören, denn zuletzt leben wir von ihm, denn der hat die Welt geschaffen und er weiß um alles Leid und alle Bosheit der Menschen und er weiß auch, wann er dem Bösen ein Ende setzt und seinen jüngsten Tag erscheinen lässt.

Vielleicht fragen wir uns jetzt, wo, wie und wann Gott denn zu uns spricht? Ich glaube, er tut das gar nicht so selten, z.B. durch unser Gewissen, wenn er uns vielleicht von einer falschen Entscheidung abhalten will. Wenn er uns - nachdem wir selbst vorschnell eine Entscheidung getroffen haben - nachdenklich macht und uns Wege zeigt, umzukehren um das, was wir entschieden und getan haben, rückgängig zu machen. Und manchmal sagt uns das Gewissen auch, dass es Zeit ist, einen Neuanfang mit Gott, im Glauben zu machen und auch im Umgang mit unseren Nächsten.

Es gibt noch andere Gelegenheiten, an denen Gott mit uns sprechen will: Wenn wir am Morgen ein Losungswort lesen oder wenn unser Blick über Tag auf einen Wandkalender mit biblischen Sprüchen fällt. Oft auch, wenn wir mitten im Gespräch mit einem anderen Menschen sind, der auf einmal etwas sagt, was uns tiefer trifft und länger beschäftigt als die Auskunft, wie es den Kindern geht oder der Wunsch, dass endlich das Wetter besser wird.

Eines aber ist wie der Hintergrund aller Worte, die Gott an uns richtet. Und das war auch schon damals so, als Gott zu Petrus und den anderen Jüngern gesprochen hat. Vor allem das will Gott uns sagen: "Dieser Jesus ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe; den sollt ihr hören!"

Wenn wir das tun, dann gibt es nichts in dieser Welt, wovor wir erschrecken und uns ängstigen müssten. Auf ihn hören, ist der Weg ins Leben - hier und einmal ewig. AMEN