Predigt zum 2. Sonntag n. Trinitatis - 1.6.2008

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Textlesung: 1. Kor. 9, 16 - 23

Denn dass ich das Evangelium predige, dessen darf ich mich nicht rühmen; denn ich muss es tun. Und wehe mir, wenn ich das Evangelium nicht predigte! Täte ich's aus eigenem Willen, so erhielte ich Lohn. Tue ich's aber nicht aus eigenem Willen, so ist mir doch das Amt anvertraut. Was ist denn nun mein Lohn? Dass ich das Evangelium predige ohne Entgelt und von meinem Recht am Evangelium nicht Gebrauch mache. Denn obwohl ich frei bin von jedermann, habe ich doch mich selbst jedermann zum Knecht gemacht, damit ich möglichst viele gewinne. Den Juden bin ich wie ein Jude geworden, damit ich die Juden gewinne. Denen, die unter dem Gesetz sind, bin ich wie einer unter dem Gesetz geworden - obwohl ich selbst nicht unter dem Gesetz bin -, damit ich die, die unter dem Gesetz sind, gewinne. Denen, die ohne Gesetz sind, bin ich wie einer ohne Gesetz geworden - obwohl ich doch nicht ohne Gesetz bin vor Gott, sondern bin in dem Gesetz Christi -, damit ich die, die ohne Gesetz sind, gewinne. Den Schwachen bin ich ein Schwacher geworden, damit ich die Schwachen gewinne. Ich bin allen alles geworden, damit ich auf alle Weise einige rette. Alles aber tue ich um des Evangeliums willen, um an ihm teilzuhaben.

Liebe Gemeinde!

Paulus selbst fasst die Gedanken dieses Abschnitts aus dem 1. Korintherbrief so zusammen: Ich bin allen alles geworden! Ist hier das gemeint, was wir heute - durchaus auch von religiösen Menschen - vielleicht so hören: Du musst dich anpassen! Oder so: Wenn deinem Chef deine offene Art nicht gefällt, dann halte dich doch zurück! Oder so: Die Menschen wollen die Wahrheit doch gar nicht hören, darum habe ich mir angewöhnt, lieber zu schweigen! Und manchmal auch so: Du musst in dieser Welt mit den Wölfen heulen, sonst bringst du's zu nichts.

Hat Paulus dieses Verhalten angesprochen, wenn er schreibt: Den Juden bin ich ein Jude geworden, denen unter dem Gesetz, wie einer unter dem Gesetz und denen ohne Gesetz, wie einer ohne Gesetz, den Schwachen ein Schwacher ... ja, allen bin ich alles geworden!? Ist es dasselbe, was sich heute vielleicht so ausdrückt: Ich versuche es allen recht zu machen und nicht anzuecken?

Liebe Gemeinde, es gibt wohl wenige biblische Verse, die so gründlich missverstanden worden sind, wie diese! Man hört und liest hier gern nur die Hälfte: nur dass sich der Apostel bemüht, für unterschiedliche Menschen jeweils ein anderer zu sein, dass er sich beim einen anders gibt als beim anderen, ja, dass er sich vielleicht sogar verstellt ... Was wir oft nicht hören und lesen (wollen?), ist dies: „Ich habe mich selbst jedermann zum Knecht gemacht, damit ich möglichst viele gewinne." Und dies: „... damit ich die, die unter dem Gesetz sind, gewinne ... damit ich die, die ohne Gesetz sind, gewinne." Und auch das entgeht leicht unserer Aufmerksamkeit: „Ich bin allen alles geworden, damit ich auf alle Weise einige rette."

Hier passt sich einer an, um mit seiner Botschaft bis ins Herz der Menschen vorzudringen! Er wird ihnen einer wie sie selbst, aber nur um von ihnen nicht gleich abgelehnt zu werden. Und auch das wollen wir aussprechen: Er verstellt sich, gibt vor, ein anderer zu sein, weil er etwas erreichen will, weil er überzeugen will. Und eben nicht für sich selbst, nicht von sich selbst, sondern allein um der anderen Menschen willen! Eigentlich ist also die Anpassung, von der wir gern reden, genau das Gegenteil von dem, was Paulus meint. Da nämlich geht es um uns: Wir wollen nicht auffallen, wir wollen nicht als die erkannt werden, die wir sind, was wir wirklich denken, soll der andere nicht wissen ... Warum? Um für uns keine Nachteile zu riskieren. Um selbst nicht in Schwierigkeiten zu geraten. Um keinen Anstoß zu erregen, so dass am Ende einer, der uns weiterbringen und nützen könnte, sich von uns abwendet! Das aber hätte Paulus nun wirklich ganz und gar nicht interessiert! Er ist von seiner Sache überwunden und begeistert! Diese Sache ist das Evangelium von Jesus Christus. Die Botschaft von ihm muss unter die Leute! Dieser Botschaft will er dienen - alles andere ist unwichtig. Also tut er alles - fast alles! - um ihr die Herzen und Ohren der Menschen zu öffnen. Und er lässt alles - fast alles! - was die Menschen zurückstoßen könnte, bevor sie die gute Botschaft vernommen haben. Aber sich um seiner selbst bei den Leuten einschmeicheln, das tut er nicht! Und die für ihn beste Sache der Welt zu verkündigen, dass Jesus Christus für uns gestorben ist, damit wir das Leben haben, das lässt er nicht!

Gut, werden wir sagen, so hat es Paulus gehalten, aber der war ja nun auch ein Apostel des Herrn, ein Missionar - und es war schließlich sein Auftrag, den Menschen das Evangelium von Jesus Christus weiterzusagen? Wir dagegen ... Ja, was ist eigentlich bei uns anders, was diesen Auftrag betrifft? - - -

Aber ich will sie heute einmal nicht so angehen, dass ich von unseren Versäumnissen spreche und davon, wie fragwürdig so manches an unserem christlichen Leben, Denken und Handeln ist. Ich will von der anderen Seite her kommen, sozusagen. Hören wir noch einmal auf den Apostel: „Denn dass ich das Evangelium predige, dessen darf ich mich nicht rühmen; denn ich muss es tun." Er ist vielleicht ja doch gar nicht so ganz uneigennützig!? Allerdings glaube ich, wenn wir ihn gefragt hätten, dann wäre die Antwort eher dieser Art gewesen: Eigennützig? Ich frage bei meiner Arbeit nicht nach dem Nutzen, jedenfalls nicht für mich selbst. Ich will die Menschen für den Herrn Jesus Christus begeistern, sie sollen zu ihm finden und in ihm Frieden für ihre Seele, Vergebung all ihrer Schuld und das Leben - hier und in Ewigkeit. Das wäre doch nicht auszudenken, wenn sie diese Botschaft erst gar nicht hören wollen, vielleicht weil ich es falsch anstelle, weil ich gleich ihr Misstrauen errege oder nicht beachte, wie sie nun einmal sind und was ihre persönliche Geschichte ist - auch mit Gott und dem Glauben!

Aber hören wir ihn noch einmal wirklich selbst. So sagt er am Ende der Verse, die wir heute bedenken: „Alles aber tue ich um des Evangeliums willen, um an ihm teilzuhaben." Darum geht es: „Teilhaben" am Evangelium! Und das kann einer nicht, nur weil er den Auftrag dazu hat. Wie viele Menschen haben einen Auftrag - und sie erfüllen ihn doch nicht! Und das kann man auch nicht, wenn man sich selbst nützen und dienen will. Das Evangelium von Jesus Christus zu verkündigen, erregt oft genug starken Widerwillen und Ablehnung, ja, sogar Feindschaft! - „Teilhabe" ist das richtige Wort, denn darin liegt etwas von der Freude und der überwältigenden Ausstrahlung und Macht, die das Evangelium für alle bedeutet, die sich wirklich von Herzen darauf einlassen! Und hier muss uns ein Apostel und Missionar wirklich nichts voraus haben!

Darum möchte ich uns heute neu in Erinnerung rufen, was uns durch das Evangelium angeboten und geschenkt ist: Wir sind durch Jesus Christus zu Gottes Kindern und Erben geworden. Er hat alles, was zwischen uns und dem himmlischen Vater gestanden hat, unsere Sünde, unsere Schuld, unsere ganze verkehrte Art aus der Welt geschafft durch sein stellvertretendes Leiden für uns, durch sein Opfer am Kreuz. Wir sind nun frei von allem, was uns beschwert hat, frei auch von dem, was uns gar nicht bewusst war und was Gott doch beleidigt und erzürnt hat. Was sich hier so theologisch anhört, das kann man auch so sagen:

Wir dürfen in einer großen Gelassenheit leben. Wir müssen uns keine Sorgen mehr um uns selbst machen, in guten Tagen sowieso nicht, aber auch nicht in den Stunden der Sorge und den Wochen der Krankheit und des Leids. Unsere Sache mit Gott ist ein für allemal schon in Ordnung gebracht. Wir müssen uns vor nichts und niemandem mehr fürchten. Wie unsere Zukunft aussieht, wissen wir schon: Wir werden leben! Der Tod ist besiegt und wird nicht mehr das letzte Wort haben. Alles, was wir hier erfahren, durchlaufen und vielleicht durchleiden müssen, ist schon überwunden im Glauben. Alle beängstigenden Nachrichten in der Welt oder aus unserem engeren Lebensbereich werden uns zwar schrecken, können uns aber nicht von der verheißenen Zukunft abschneiden. Darum werden wir immer wieder über alles Dunkle hinausschauen und hinter allem Schrecken auf Gottes väterliches Walten hoffen.

Liebe Gemeinde, das ist „Teilhabe" am Evangelium. Sagen sie selbst, wird einer und eine aus der Gelassenheit des Glaubens, wie sie die frohe Botschaft von Jesus Christus schenkt, nicht wie von selbst auch anderen Menschen von diesem Evangelium weitersagen? Und wird einer da nicht alles daransetzen, dass andere - besonders wenn es die Menschen seiner Familie und aus seiner Nähe sind - auch auf das Evangelium hören und auch zu Jesus Christus finden? Und werden wir es dabei nicht auch allen Menschen so sagen, dass sie es verstehen können, dass wir dem Evangelium nicht dadurch im Weg stehen, dass wir ihren vielleicht noch anderen Glauben oder ihre andere Erziehung für schlecht erklären. Nein, wir werden genau wie Paulus versuchen, allen das zu werden, was ihnen hilft, die beste Botschaft dieser Welt mit den Ohren und dem Herzen aufzunehmen.

Dass wir das tun, dazu helfe uns Gott durch seinen heiligen Geist. Dass die Botschaft die anderen Menschen erreicht, dazu schenke uns Jesus Christus seinen Segen. AMEN