Predigt zum Sonntag "Judika" - 9.3.2008

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Textlesung: Hebr. 13, 12 - 14

Darum hat auch Jesus, damit er das Volk heilige durch sein eigenes Blut, gelitten draußen vor dem Tor. So lasst uns nun zu ihm hinausgehen aus dem Lager und seine Schmach tragen. Denn wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.

Ich weiß nicht, wie es ihnen geht, liebe Gemeinde, aber mich sprechen diese drei Verse aus dem Hebräerbrief ganz besonders stark an. Ich kenne sie auch schon lange und muss sie, immer wenn ich sie lese oder an sie denke, mitsprechen oder wenigstens die Lippen bewegen. Dabei wüsste ich auf Anhieb gar nicht genau, woran das liegt. Ist das Mitleid oder gar Leidenssehnsucht, die mich überkommt, wenn ich das höre: Hinausgehen zu Jesus und seine Schmach tragen ...? Regt das vielleicht bei mir die Bereitschaft an, IHM beizustehen, wenn er für uns Schmerzen und gar den Tod auf sich nimmt? Oder ist es die "bleibende Stadt", von der hier die Rede ist: Der Himmel, die Ewigkeit Gottes, die einem ja in diesem Leben - je älter man wird um so mehr - fasziniert und nach der es uns angesichts des Leids und der Probleme in der Welt immer mehr verlangt?

Nun sind es ja aber auch schon sprachlich sehr schöne Worte, wie ich finde. Das klingt doch wunderbar: Lasst uns hinausgehen aus dem Lager und seine Schmach tragen ... wir haben hier keine bleibende Stadt.

Je länger ich darüber nachdenke ... ich glaube es ist doch noch etwas anderes, und das betrifft den Inhalt, was mir an diesen Worten gefällt: Hier wird nämlich - und auch noch gleich Einiges von dem - angesprochen, was mir an meinem Glauben das wichtigste ist und das eben auch noch in so schöner sprachlicher Form. Lassen sie uns doch einmal an diesem Wort entlanggehen:

"Jesus hat, damit er das Volk heilige durch sein Blut, gelitten draußen vor dem Tor ..." Das ist das erste, der Grund unseres Glaubens, der feste Boden, auf dem wir Christen stehen: Christus hat für uns gelitten. Er ist für uns gestorben, damit wir Frieden hätten und durch seine Wunden sind wir geheilt. Viele Zeitgenossen sagen heute, sie würden das nicht mehr verstehen, warum einer für andere leiden muss, warum Gott ein Opfer verlangt, ja, ob wir denn wirklich irgendwelche Sünden auf uns geladen hätten, die einer bezahlen müsste?

Aber ich glaube, wir kommen alle einmal an Lebensstationen, an denen wir spüren: Hier komme ich alleine nicht mehr raus. Jetzt bin ich so verstrickt in Lügen oder die Folgen meiner Eigensucht - da muss mir ein anderer heraushelfen. Vielleicht geraten wir auch an den Punkt unseres Weges, an dem die Frage nach dem Sinn dieser 60, 70 oder 80 Lebensjahre so drängend wird, dass wir sie einfach nicht mehr zum Schweigen bringen können. Das wird auch immer die Station unserer Lebensreise sein, an der es uns ganz deutlich aufgeht, dass wir auch schuldhaft das sind, was wir sind. Wenn wir den Ruf Gottes endlich hören, wenn wir endlich merken, dass wir es viel zu lange allein machen wollten, dann wird es uns auch bewusst, wie oft wir uns die Ohren zugehalten, uns abgewandt und zweifelhaften anderen Dingen zugewandt haben. Dann wird es uns klar: Wir brauchen einen, der alles gut macht, was nicht gut war und gut ist an uns. Jesus Christus ist dieser eine. Er gibt sich selbst in den Tod - und löst uns damit aus. Wir sind frei durch ihn. - Das ist das erste an diesen wunderbaren Versen.

Und hier ist das zweite: "Lasst uns nun hinausgehen zu ihm und seine Schmach tragen!" Das zweite, wie gesagt. Es kommt immer erst dann in Frage, wenn schon der Grund gelegt ist, wenn der Glaube in einem Herzen entstanden ist. Wir können nicht hinausgehen, seine Schmach tragen, um vor Gott recht und angenehm zu werden. Wir können überhaupt nichts tun für unser Ansehen bei Gott. Es ist schon alles getan! Ob uns das nun passt oder nicht. Viele Menschen unserer Tage bemühen sich ja - auch in religiösen Dingen - um die moralische Besserung, um größere Frömmigkeit, um tiefere Andacht und häufigeres Beten ... und besonders verbreitet und intensiv ist dieses Bemühen ja in der Passionszeit. Sie sagen: Das wird doch sicher Eindruck auf Gott machen, wenn ich Christi Opfer noch ein wenig eigene Mühe hinzusetze! Oft sagen sie's auch nicht, aber sie denken es. Und wir fragen jetzt vielleicht: Was soll denn daran falsch oder gar schlecht sein? "So lasst uns nun hinausgehen zu Jesus ..." Das bleibt das zweite! Wir können nur hören und annehmen, dass Gott uns immer zuvorkommt! Christus ist für uns gestorben - darum sind wir Gott recht. Jetzt können wir dankbaren Herzens hinausgehen und die Schmach unseres Herrn mit-tragen! Und die Leute, die ihm gehören, werden zu ihm gehen! In seiner Nähe nämlich finden wir die Aufgaben, für die wir gebraucht werden und für die es sich zu leben lohnt. Ihm, Jesus Christus, haben wir zu danken, wenn uns Gott vergibt und das Leben schenkt.

Und dies ist das dritte: "Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir." Hier wird sozusagen der Horizont unseres Glaubens sichtbar: Wenn wir zum Vertrauen auf Jesus Christus gefunden haben, wenn wir also zu "ihm hinausgegangen" sind, um mit ihm das Leben und den Kampf zu bestehen, dann sollen wir nicht vergessen: Es steht noch etwas aus! Ja, nicht nur "etwas", das Eigentliche steht aus: die ewige Stadt. Und das ist nicht nur in diesem Wort das dritte, das gehört auch an diese dritte Stelle: Denn die bleibende, ewige Welt Gottes ist nicht der Grund, warum wir uns auf die Sache Christi einlassen. Uns wird nicht dieser Lohn verheißen - und wir lassen uns nun davon angespornt herbei, an Gott zu glauben und seinen Willen zu tun. So nicht, nicht in dieser Reihenfolge! Wie eine Zutat zum wichtigsten kommt das daher, wie ein weiteres gütiges Geschenk zu dem viel größeren: Vor Gott gerecht und geliebt zu sein durch Christus. Das genügt Gott aber nicht. Er will noch und noch hinzutun: Nicht nur meine Liebe sollt ihr haben; ich schenke euch auch noch eine ewige Heimat, Hausrecht in meiner Nähe - für immer! Und das ist nun schon gar nicht zu verdienen! Vielmehr wird's uns hinzugelegt zum Opfer Christi am Kreuz. Wer ihn gläubig annimmt, wer ihn als seine einzige Chance im Leben und im Sterben ergreift, der hat das ganze, ewige Leben dazu. Und noch etwas liegt in diesem dritten Gedanken: "Wir haben hier keine bleibende Stadt ..." Vielleicht haben wir das ja zuzeiten nötig, dass uns einer auch einmal anstößt: "Du, vergiss nicht, diese Welt, dein Haus, dein Hab' und Gut bleibt nicht. Es vergeht alles und du nimmst nichts mit. Darum denk' an die zukünftige Welt Gottes und lebe und arbeite und beziehe deine Kraft von dort her!" Denn ich lebe wohl ein anderes Leben, wenn ich weiß, ich muss mich nicht so schinden und abrackern, ich bin begnadet bei Gott! Das macht wohl einen Unterschied, ob ich nun alles haben und halten muss, oder ob ich großzügig und gütig aus der Fülle leben und geben kann, die Gott mir schenkt. Und wer hin und wieder erinnert wird: Wir haben hier keine bleibende Stadt, der wird mit Freude erfüllt, wo er ohne diese Aussicht vielleicht verzweifeln müsste.

Liebe Gemeinde, noch einmal: Diese Worte, auf die uns heute zu hören verordnet ist, sprechen mich wirklich sehr an. Und sie entschuldigen, wo ich heute persönlicher gesprochen habe, als sie es sonst vom Prediger des Evangeliums erwarten. Aber diese Verse sind mir jetzt über meiner Predigtarbeit an ihnen wieder neu sehr lieb und wertvoll geworden. Ich kann nicht so tun, als gingen sie mir nicht zu Herzen. Und jetzt, nachdem ich heute ein wenig tiefer in diese Worte eingedrungen bin, kann ich nun noch das sagen: Diese drei Verse sind für Christinnen und Christen so etwas wie ein inneres Geländer, das uns auf den Weg des Glauben führen und halten kann.

Vielleicht können diese Worte ihnen - von heute an - auch wichtig werden?

2. Lesung: Hebräer 13, 12-14