Predigt zum Ewigkeits- oder Totensonntag - 25.11.2007

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Textlesung: Mk. 13, 31 - 37

Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Von dem Tage aber und der Stunde weiß niemand, auch die Engel im Himmel nicht, auch der Sohn nicht, sondern allein der Vater. Seht euch vor, wachet! Denn ihr wisst nicht, wann die Zeit da ist. Wie bei einem Menschen, der über Land zog und verließ sein Haus und gab seinen Knechten Vollmacht, einem jeden seine Arbeit, und gebot dem Türhüter, er solle wachen: so wacht nun; denn ihr wisst nicht, wann der Herr des Hauses kommt, ob am Abend oder zu Mitternacht oder um den Hahnenschrei oder am Morgen, damit er euch nicht schlafend finde, wenn er plötzlich kommt. Was ich aber euch sage, das sage ich allen: Wachet!

Liebe Gemeinde am Ewigkeitssonntag!

Manchmal möchte man solche ernsten und fast bedrohlichen Texte schon entschärfen: Seht euch vor, wachet! Denn ihr wisst nicht, wann die Zeit da ist, ... wann der Herr des Hauses kommt, ... damit er euch nicht schlafend finde, wenn er plötzlich kommt." Aber darf ich das denn? Sind wir, die anderen das Wort Gottes predigen, denn befugt, von diesem Wort irgend etwas abzuziehen oder ihm etwas hinzuzufügen, dass es uns leichter eingeht? Andererseits: Wenn das Evangelium manchmal doch so gar keine „frohe Botschaft" mehr ist? Dürfen wir dann nicht doch einmal, wenigstens so ein bisschen ... dem Wort den Ernst nehmen, Dunkles ein wenig aufhellen, einen guten, freundlichen Gedanken hinzusetzen ...?

Ich habe lange darüber nachgedacht. Und ich habe mich entschieden: Für den Ernst! Für die ungeschönte, nicht aufgehellte Wahrheit jedes Wortes aus der Bibel und darum auch aus diesen Zeilen, die uns heute gesagt sind - so wie ich sie verstanden habe. Und warum? Weil ich glaube, dass auch dunkle Worte gesagt werden müssen und am Ende bei uns zu einer guten Wirkung führen können. Und gerade aus sehr ernsten Gedanken werden oft Vorsätze und Veränderungen, die uns auf den richtigen Weg führen. Ganz kurz kann man es sicher so ausdrücken: Auch eine harte Botschaft kann frohe Botschaft sein!

Hören wir also auf diese Worte und bleiben wir offen dafür, dass sie uns zum Guten lenken: Wie bei einem Menschen, der über Land zog und verließ sein Haus und gab seinen Knechten Vollmacht, einem jeden seine Arbeit, und gebot dem Türhüter, er solle wachen: so wacht nun; denn ihr wisst nicht, wann der Herr des Hauses kommt, ob am Abend oder zu Mitternacht oder um den Hahnenschrei oder am Morgen ..."

Liebe Gemeinde, warum sollen wir eigentlich „wachen"? Gewiss - so steht es ja hier - damit uns der Herr nicht schlafend findet. Aber genügt uns das als Erklärung? Was geschieht denn, wenn er kommt und findet uns im Schlaf oder nicht auf unserem Posten? Werden wir dann bestraft? Müssen wir gar sterben? Und wie vertragen sich diese Aussichten auf Tod oder Strafe mit der Liebe Gottes auch zu uns Sündern und dem Versprechen Jesu Christi, dass wir mit ihm leben sollen - in der Nähe Gottes in Ewigkeit?

Vielleicht haben sie das jetzt auch gemerkt: Ganz selbstverständlich haben wir Jesu Worte auf das Weltende hin gedeutet. Und daran hat unser Herr auch ganz sicher gedacht, wenn er spricht: Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Von dem Tage aber und der Stunde weiß niemand, auch die Engel im Himmel nicht, auch der Sohn nicht, sondern allein der Vater."

Allerdings, und das müssen wir beachten, er selbst weiß auch nicht, wann dieses Ende kommt! Außerdem ist das Opfer, das er am Kreuz für die Sünde der Welt bezahlen will, noch nicht erbracht! Darum nehmen wir, was Jesus sagt, doch einfach einmal als einen guten, wenn auch ernsten Rat an die Menschen, die er lieb hat: Seid wachsam! Und fragen wir nicht gleich nach Strafe oder Lohn am Ende der Weltzeit, denn die steht ja genau wie damals immer noch bevor und wir wissen wie damals nicht, wann es soweit ist.

Warum sollten die Jünger, warum sollen wir wachsam sein?

Sicher könnte ich jetzt viele Dinge nennen, die uns verführen wollen, dass wir nicht wie Christen reden und handeln. Und ich wüsste auch eine Menge von Fragen, die Menschen unserer Tage an uns stellen, vor denen wir versagen könnten. Schließlich geschieht auch so viel in dieser Welt, was uns den Glauben schwer macht und manchmal in tiefe Zweifel stürzt: Die Katastrophen, von denen wir fast täglich in den Nachrichten hören, das Wohlleben der Leute, die nicht glauben und wie hart dagegen oft gerade die gläubigsten Menschen geprüft werden und schließlich unser eigenes Leid und Unglück.

Aber heute ist Ewigkeitssonntag, darum wollen wir uns mit Gedanken und Fragen beschäftigen, die uns den Glauben daran schwer machen wollen, dass wir eben auf diese „Ewigkeit" Gottes zugehen. Und ich finde, dass wir allen Grund haben, gerade hier wachsam zu sein, dass wir den Posten, an den uns der Glaube an Jesus Christus gestellt hat, nicht verlassen!

Mir kommt dabei in den Sinn, wie oft wir heute, wenn Menschen unserer Umgebung von einem lieben Angehörigen Abschied nehmen mussten, nur noch sagen: „Herzliches Beileid!" Oder: „Meine Anteilnahme!" Das allein ist sicher noch nicht bedenklich. Aber wie selten fügen wir doch zu diesen Worten noch hinzu, was Leidtragende in ihrer Trauer hören wollen und hören müssen?: „Gott sei Dank, werden wir uns wiedersehen!" Oder: „Sei nicht gar zu traurig, der Tod ist doch nicht das Ende!" Oder gar: „So ein bisschen dürfen wir uns doch auch freuen: Er darf jetzt bei Gott sein und sieht, was uns der Herr versprochen hat!" - Zu fromme Worte, so könnten sie nicht sprechen, meinen sie? Wer kann denn so etwas sagen, wenn er nicht gerade Pfarrer ist?

Liebe Gemeinde, es liegt nicht allein an den Worten! Es geht darum, dass heute Menschen, die haben Abschied nehmen müssen, überhaupt noch den Trost erfahren, den wir als Christen doch haben und geben können: Jesus Christus ist auferstanden, wir sollen auch auferstehen! Und dazu ist ein „Herzliches Beileid" zu wenig. Denn es lässt die Trauernden doch in ihrem Leid und ihrer Traurigkeit hängen. Und es verstärkt ihre Zweifel vielleicht noch - und in Zeiten des Abschieds kommen den frömmsten Menschen Zweifel! Dabei ist es doch eigentlich ... ja, nicht einfach, aber doch mindestens selbstverständlich für uns Christen, dass wir in solchen Zeiten von unserer Hoffnung reden: Der Tod ist nicht das Ende! Wir sind nicht für das Sterben geboren, sondern für das Leben! - Ja, und in diese Unzulänglichkeit hinein, anderen Trost und Hoffnung zu geben und zuzusprechen, hören wir jetzt Jesu Mahnung: Seid wachsam! Passt auf, dass ihr in der Stunde, in der es dran ist, das rechte, hilfreiche Zeugnis davon gebt, woran ihr doch glaubt.

Aber es gibt hier auch die andere Seite: Wie leicht machen wir es oft dem dummen Gerede anderer, die uns davon abbringen wollen, was doch unsere Hoffnung ist. Das können Familienmitglieder sein, Freunde, Bekannte, Nachbarn, Kollegen. Es geschieht ja heute nicht mehr allzu oft, aber wenn das Gespräch auf den Glauben kommt oder auf die Kirche, dann kann man es hören! Dabei sind solche Sprüche noch harmlos: „Auferstehung? Ich glaube nur, dass ein Viertel Pfund Rindfleisch, eine gute Suppe gibt!" Oder: „Die Toten sind tot; oder hast du schon einmal gesehen, dass einer zurückgekehrt ist?"

Wie gehen wir damit um? - Wir tun es ab, was sie sagen, wir versuchen es jedenfalls. Oft aber sind diese Sätze noch lange wie ein Brand in unserem Kopf, unserer Seele. Was dann häufig passiert, ist seltsam und eigentlich gar nicht zu verstehen: Aber Worte, die ein Mensch, den wir als leichtfertigen Schwätzer kennen, gesagt hat, werden uns wichtiger als das, was wir schon seit unserer Kindheit in unserem Herzen wissen. Ein einziger nur leichtfertig dahin geworfener Satz eines Verwandten, den wir sonst nie ernst genommen haben, stürzt uns in eine tiefe Krise: Wir wissen nichts mehr davon, was uns immer, ein Leben lang getragen hat und uns so gewiss war, wie die Liebe unserer Mutter oder unseres Vaters: Dass dieses Leben nämlich keine Irrfahrt ins Vergessen ist, sondern eine Heimkehr in die Arme Gottes. - Woher das kommt und warum das so ist, weiß ich auch nicht zu sagen. Was ich weiß ist dies: Hier gilt das Wort unseres Herrn: Seid wachsam! Passt auf, dass ihr nicht alles, was ich euch gesagt habe wegwerft, um der törichten und unbedachten Worte willen, die euch von Menschen gesagt werden.

Liebe Gemeinde, weil das so wichtig ist, nicht nur am Ewigkeitssonntag, aber wohl gerade da, will ich es noch einmal ganz klar sagen und bezeugen: Unser Herr Jesus Christus ist auferstanden und in unzähligen Worten sagt er es uns: Ihr sollt auch auferstehen und leben! Und vielleicht ist diese Botschaft deshalb, weil heute so viele dagegen reden und so viele daran Zweifel haben, auch die Losung des kommenden Jahres 2008 geworden. Diese Jahreslosung nämlich ruft uns das Versprechen unseres auferstandenen Herrn zu: Ich lebe und ihr sollt auch leben!

Wann dieses Leben für uns anbricht, ist doch eigentlich ganz gleichgültig. Aber es kann unser Leben hier und heute froh und gelassen machen, von diesem ewigen Leben zu wissen und darauf zu hoffen - Und gerade angesichts der Abschiede von lieben Menschen, wie wir sie haben nehmen müssen, wird es uns sehr trösten, wenn wir der Verheißung der ewigen Nähe Gottes Glauben schenken. Darum: Seid wachsam! AMEN