Predigt zum 21. So. nach "Trinitatis" - 28.10.2007

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Textlesung: Jh. 15,9-12 (13-17)

Wie mich mein Vater liebt, so liebe ich euch auch. Bleibt in meiner Liebe!

Wenn ihr meine Gebote haltet, so bleibt ihr in meiner Liebe, wie ich meines Vaters Gebote halte und bleibe in seiner Liebe. Das sage ich euch, damit meine Freude in euch bleibe und eure Freude vollkommen werde. Das ist mein Gebot, dass ihr euch untereinander liebt, wie ich euch liebe.

Niemand hat größere Liebe als die, dass er sein Leben lässt für seine Freunde. Ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch gebiete.

Ich sage hinfort nicht, dass ihr Knechte seid; denn ein Knecht weiß nicht, was sein Herr tut. Euch aber habe ich gesagt, dass ihr Freunde seid; denn alles, was ich von meinem Vater gehört habe, habe ich euch kundgetan.

Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt und bestimmt, dass ihr hingeht und Frucht bringt und eure Frucht bleibt, damit, wenn ihr den Vater bittet in meinem Namen, er's euch gebe. Das gebiete ich euch, dass ihr euch untereinander liebt.

Liebe Gemeinde!

Selten ist es so klar wie hier, worüber in der Predigt gesprochen werden muss: Die Liebe! Neunmal steht es in diesen wenigen Versen: Liebe, liebt euch, liebt einander, bleibt in der Liebe ... Sprechen wir also über die Liebe.

Aber da kommt gleich ein Problem auf. Welche Liebe ist denn genau gemeint, es gibt doch sicher einige Dutzend "Lieben", die wir so nennen? Selbst wenn wir die Mutterliebe, die Tierliebe, die eheliche oder gar die käufliche Liebe ausschließen, bleiben immer noch genug Begriffe übrig, die von der "Liebe" sprechen. Nun könnten wir es uns einfach machen und sagen: Vom letzten Satz dieser Verse her gesehen, kommt eigentlich nur die "Nächstenliebe" in Frage, denn da heißt es: "Das gebiete ich euch, dass ihr euch untereinander liebt!" Aber die Jünger, die Jesus hier anspricht, waren einander doch mehr als "Nächste"! Er sagt: "Ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch gebiete." Geht es also vielleicht um Freundesliebe? Das passt nun wieder nicht zu diesem Vers: "Das ist mein Gebot, dass ihr euch untereinander liebt, wie ich euch liebe." Denn Jesus war nicht nur der "Freund" seiner Jünger! Vielleicht machen wir es so, wie es die ersten beiden Verse nahe legen, in denen wir gleich zweimal lesen: "Bleibt in meiner Liebe!", dass wir heute über die Liebe Jesu nachdenken und uns von ihr leiten und anstecken lassen.
Aber wie ist die Liebe Jesu?

Wenn wir die Verse fragen, die wir vorhin gehört haben, dann kommt Jesu Liebe noch einmal von woanders her als von ihm selbst: "Wie mich mein Vater liebt, so liebe ich euch auch." - "Wenn ihr meine Gebote haltet, so bleibt ihr in meiner Liebe, wie ich meines Vaters Gebote halte und bleibe in seiner Liebe." In Jesus Christus sehen und erfahren wir also die Liebe Gottes zu uns Menschen. In Jesus hat Gottes Liebe sozusagen Fleisch angenommen, Stimme, Hände und Füße bekommen. Wenn wir auf ihn sehen und hören, dann erfahren wir auch, wie Gottes Liebe ist. Und wenn wir in Gedanken den Weg über unseren Herrn und seine Liebe dann wieder zu uns zurück gehen, wissen wir auch, wie wir das erfüllen können: "Das gebiete ich euch, dass ihr euch untereinander liebt!"

Aber, sie haben Recht, das geht jetzt alles viel zu schnell. Und vor allem ist es zu abstrakt, zu wenig praktisch. Sehen wir doch einfach einmal nach Jesus Christus, wie wir ihn kennen, was wir von ihm aus dem Neuen Testament wissen, aus den vielen Geschichten über ihn und von ihm. Schauen wir, was dort über das Wesen seiner Liebe deutlich wird:

Jesu Liebe hat sehr viel mit Treue zu tun. Jesus steht zu den Menschen, die ihm von Gott anvertraut sind. Er hält bei ihnen aus, auch wenn sie oft nicht so sind, wie sie sein sollten. Da denke ich an die Jünger, die ja auch hier in den Versen für heute angesprochen sind, vielleicht besonders an den Verräter Judas, von dessen Verrat er ja schon vorher wusste, die Söhne des Zebedäus, die von ihm Fensterplätze im Himmel erbitten und an den ungläubigen Thomas. Wie sie auch sind in ihrer Berechnung, ihrer Erbärmlichkeit und ihrem Unglauben - er tut alles für sie, er gibt sich hin für sie, schließlich stirbt er sogar für sie.

Und Jesu Liebe hat eine enge Beziehung zur Verantwortung: Ihr seid meine Freunde, sagt er hier und für Freunde lässt er sogar sein Leben. Ihr seid mir anvertraut von Gott wie die Schafe einem Hirten, so sagt er an anderer Stelle von allen seinen Nachfolgern. Er zeigt ihnen den Weg. Er geht mit ihnen und bleibt unterwegs an ihrer Seite.

Und mit Vergebung hat seine Liebe zu tun: Auch die Menschen, die in Schuld fallen, lässt er nicht darin hängen. Er richtet sie auf. Er fängt neu mit ihnen an. Bei den Zöllnern sitzt er zu Tisch. Zu den Schwachen und den Sündern fühlt er sich besonders hingezogen. Dem Petrus, der ihn verleugnet hat, gibt er die Aufgabe: "Weide meine Lämmer."

Liebe Gemeinde, so ist die Liebe Jesu und sie hat sicher noch viele andere Facetten. Aber diese drei Eigenschaften seiner Liebe zu besprechen, soll für heute genug sein. Und so, wie wir sie an unserem Herrn erfahren, so ist Gottes Liebe. Und ohne diesen Hintergrund und Ursprung kann es auch unter uns keine Liebe geben! Da ist sozusagen der Boden, auf dem auch unsere Liebe wachsen kann, ja, wachsen muss! Und ohne diese Beziehung zu Jesu Liebe gibt es eigentlich überhaupt keine Liebe in dieser Welt, keine jedenfalls, die diesen Namen verdient.

Von daher ist es auch gar nicht so schwer, die Liebe Jesu Christi nun in unser Leben zu übertragen: Wie seine Liebe so entwickelt auch unsere Liebe Treue: Als Eheleute bringt uns nicht jeder Streit oder die Anziehung eines anderen Menschen von der Seite unseres Partners. In unseren Freundschaften bleiben wir verlässlich. Und selbst unser Nachbar kann davon ausgehen, dass wir ihm nicht wegen einer Unstimmigkeit die Beziehung aufkündigen und ihn nicht mehr grüßen.

Wie Jesu Liebe ist auch unsere geprägt durch Verantwortung: Nicht das Leben oder der namenlose Zufall hat uns mit den Menschen unserer Umgebung verbunden, sondern Gottes Wille und sein Plan. Und wenn uns die Menschen brauchen, dann werden wir uns ihnen nicht verweigern. Wenn sie - vielleicht auch ohne ein Wort zu sagen - unsere Hilfe suchen, dann stellen wir unser Hände und Füße, unseren Sachverstand und unsere Kraft in ihren Dienst.

Wie die Liebe Jesu so wird auch unsere Liebe anderen Menschen Vergebung schenken und einen neuen Anfang. Und das geschieht nicht nur in unseren Partnerschaften, weil wir uns zueinander hingezogen fühlen oder uns als Freunde oder Nachbarn mögen oder auch nur nett finden. Nein, Christen hören da auf das Wort ihres Herrn: "Ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch gebiete." Und er kann uns das gebieten, weil wir alle, jeder und jede, doch auch auf seine Vergebung angewiesen sind und eigentlich allein davon leben und allein dadurch Zukunft haben - sogar bis in die Ewigkeit!

Unsere Liebe, das Abbild der Liebe Jesu, die ihrerseits wieder von Gott herkommt, ist eine Liebe, zu der auch immer Treue, Verantwortlichkeit und die Bereitschaft zu vergeben gehören. Sie ist die wahre, die eigentliche Liebe, um die es im Evangelium und in unserem Leben - besonders als Christinnen und Christen - geht und gehen muss. Von dieser Liebe heißt es hier, dass wir in ihr bleiben sollen.

Liebe Gemeinde, nun haben wir doch sehr viel über die Liebe gehört, was unseren Kopf und unseren Willen ansprechen soll und was doch auch ziemlich gesetzlich daher kommt: Treue, Verantwortung, Vergebung ... Darum möchte ich noch ein paar Worte dazu sagen, welche Erfahrungen wir mit der Liebe Jesu in unserem Leben, in unseren Beziehungen machen können. Da nämlich kommt etwas ganz anderes ins Spiel - oder sagen wir besser in den Ernst der Sache:

Es macht einfach große Freude, wenn wir heute treu und verlässlich sind, wo auf viele Zeitgenossen kein Verlass ist und sie oft nur noch nach materiellem Gewinn oder dem Ansehen bei den Leuten fragen.

Und es macht Freude und schenkt unserem Herzen Erfüllung, wenn wir verantwortlich mit unseren Aufgaben an den Menschen umgehen und vorsichtig mit ihren Gefühlen. Viele Menschen unserer Tage nehmen nun wirklich gar keine Rücksicht auf die Empfindungen anderer oder ihre Bedürfnisse und Wünsche.

Und schließlich können wir selbst uns auch freuen, wenn wir anderen verzeihen und so dafür sorgen, dass sie wieder mit sich, mit uns und Gott zurecht kommen. Das macht unsere Beziehungen zu ihnen tiefer, wertvoller auch und erfreulicher.

Nein, es ist durchaus nicht nur gebotenes Gesetz und daher Pflichterfüllung, wenn wir den Worten unseres Herrn über die Liebe folgen. Es macht auch eine unbändige Freude und bereichert das Leben, das unserer Mitmenschen - aber auch unser eigenes: "Wenn ihr meine Gebote haltet, so bleibt ihr in meiner Liebe, wie ich meines Vaters Gebote halte und bleibe in seiner Liebe. Das sage ich euch, damit meine Freude in euch bleibe und eure Freude vollkommen werde. Das ist mein Gebot, dass ihr euch untereinander liebt, wie ich euch liebe."