Predigt zum Pfingstsonntag - 30.05.2004

Textlesung: Apg. 2, 1 - 18

Und als der Pfingsttag gekommen war, waren sie alle an einem Ort beieinander.

Und es geschah plötzlich ein Brausen vom Himmel wie von einem gewaltigen Wind und erfüllte das ganze Haus, in dem sie saßen. Und es erschienen ihnen Zungen zerteilt, wie von Feuer; und er setzte sich auf einen jeden von ihnen, und sie wurden alle erfüllt von dem heiligen Geist und fingen an, zu predigen in andern Sprachen, wie der Geist ihnen gab auszusprechen.

Es wohnten aber in Jerusalem Juden, die waren gottesfürchtige Männer aus allen Völkern unter dem Himmel.

Als nun dieses Brausen geschah, kam die Menge zusammen und wurde bestürzt; denn ein jeder hörte sie in seiner eigenen Sprache reden. Sie entsetzten sich aber, verwunderten sich und sprachen: Siehe, sind nicht diese alle, die da reden, aus Galiläa? Wie hören wir denn jeder seine eigene Muttersprache? Parther und Meder und Elamiter und die wir wohnen in Mesopotamien und Judäa, Kappadozien, Pontus und der Provinz Asien, Phrygien und Pamphylien, Ägypten und der Gegend von Kyrene in Libyen und Einwanderer aus Rom, Juden und Judengenossen, Kreter und Araber: wir hören sie in unsern Sprachen von den großen Taten Gottes reden.

Sie entsetzten sich aber alle und wurden ratlos und sprachen einer zu dem andern: Was will das werden? Andere aber hatten ihren Spott und sprachen: Sie sind voll von süßem Wein.

Da trat Petrus auf mit den Elf, erhob seine Stimme und redete zu ihnen: Ihr Juden, liebe Männer, und alle, die ihr in Jerusalem wohnt, das sei euch kundgetan, und lasst meine Worte zu euren Ohren eingehen!

Denn diese sind nicht betrunken, wie ihr meint, ist es doch erst die dritte Stunde am Tage; sondern das ist's, was durch den Propheten Joel gesagt worden ist (Joel 3,1-5): »Und es soll geschehen in den letzten Tagen, spricht Gott, da will ich ausgießen von meinem Geist auf alles Fleisch; und eure Söhne und eure Töchter sollen weissagen, und eure Jünglinge sollen Gesichte sehen, und eure Alten sollen Träume haben; und auf meine Knechte und auf meine Mägde will ich in jenen Tagen von meinem Geist ausgießen, und sie sollen weissagen.

Liebe Gemeinde!

Wir feiern heute Pfingsten, eines der höchsten Feste der Christenheit. Wir feiern die Ausgießung des Heiligen Geistes und haben eben die Geschichte dazu gehört. Wir freuen uns darüber, dass es nicht bei der babylonischen Sprachverwirrung geblieben ist, sondern dass durch Gottes Geist der Verständigung und Liebe gute Gemeinschaft und freundliche Beziehungen unter den Menschen möglich geworden ist - selbst unter Fremden. Grund zur Freude also, Grund zum Feiern. Ein wirklich wichtiges, hohes Fest der Christenheit! - Aber mir ist da etwas aufgefallen:

Zu hohen Festtagen flattern uns doch immer Grußkarten ins Haus. Ich denke an Weihnachten: Bilder von der Krippe und vom Lichterbaum, von Kerzenleuchtern oder der heiligen Familie. Auf den Kärtchen die Aufschrift: "Fröhliche Weihnachten und ein glückliches neues Jahr!"

Oder ich denke an Ostern: Mal christlich - das offene Grab, der Auferstandene nach dem Bild eines alten Meisters - und mal kitschig: Eierbemalende Osterhasen, fotografiertes Schokoladenzeug mit Schleifen in sämtlichen Farben, vielleicht sogar brütende Gämsen - als würden die Eier legen! Auf solchen Kartengrüßen steht dann in Gold- oder Silberschrift: gesegnete Ostern...ein glückliches Osterfest oder dergleichen. Sie haben alle schon solche oder ähnliche Festgrüße erhalten.

Auch gestern, am Tag vor Pfingsten haben sie in ihren Briefkasten geschaut. Was war drin? Karten mit der Aufschrift: "Begeisternde Pfingsten", und: "geistvolles Fest"? Oder war da nicht nur die Zeitung, ein Brief von Onkel Heinz und vielleicht eine Rechnung? Ja, und das ist es eben: Woran liegt denn das? Warum bloß gibt's keine Grußkarten für dieses Fest des Heiligen Geistes? Hat noch keiner die Idee gehabt? Schläft die Kartenindustrie? Fehlt's etwa an Einfällen für die Textgestaltung? Das kann doch nicht so schwer sein!: "Ein schönes Fest des Geistes!", oder: "gute Pfingsttage!" Das würde doch schon genügen.

Vielleicht hängt's aber auch an den Bildmotiven. Wie soll man denn etwas Unsichtbares wie den Geist Gottes bildlich auf die Karten bringen? - Die Bibel spricht von diesem Geist als von einer Taube, "die vom Himmel kam" oder von "Feuerzungen auf den Köpfen der Jünger". Aber bei einem Bild von einer Taube würden wir vielleicht doch eher an das Jugendherbergswerk denken und Feuerflämmchen auf den Häuptern ... Also, ich weiß nicht?! Wir sehen, schon die Bibel hat Probleme damit, den Geist, der weht, wo er will, der wie ein Hauch säuselt oder wie ein Sturm daherfährt, darzustellen.

Was ist? Ob wir den Herstellern von Grußkarten einmal ein wenig auf die Sprünge helfen? Was könnte man abbilden - für Pfingsten, zum Fest des Heiligen Geistes?

Wie wär's damit?: Wenn wir in den nächsten Tagen einmal jemanden aus unserem Dorf (unserer Gemeinde) ansprechen, einen, mit dem wir lange kein Wort gewechselt haben? (Ich will ja gar nicht so deutlich reden: "Sprich doch mal einen an, dem du feindlich bist!" Wir haben ja keine Feinde! Nur: Wir sind eben nicht mit jedem gut Freund ...) Jedenfalls ist das mein erster Vorschlag: Wir reden mal wieder mit einem, der das nicht erwartet, an dem wir vielleicht viele Jahre lang wort- und grußlos vorbeigegangen sind. Gelegenheit dazu wird sich finden, die rechten Worte auch und hoffentlich mehr als: "Schönes Wetter heute!" Vielleicht sagen wir was Nettes? Was wird der Augen machen! Ja und in diesem Moment müsste man ein Foto machen, für die Pfingstkarte, meine ich, unter dem Thema: "Zwei, die lange geschwiegen haben, reden wieder miteinander."

Liebe Gemeinde, so stelle ich mir den Heiligen Geist vor: Er verbindet getrennte Menschen. Die sich lange nichts zu sagen hatten, gehen aufeinander zu. Der Geist Gottes schafft Gemeinschaft.

Ein anderer Vorschlag: Auch wenn sie da keine eigenen Erfahrungen haben, sie wissen sicher, wie das bei den Pfadfindern zugeht. Es gibt da den Auftrag "Jeden Tag eine gute Tat"! zu beherzigen. Was könnten junge Leute da tun, wenn sie rechte Pfadfinder sein wollen? Einem alten Mütterchen Kohlen schleppen, vielleicht ... für einen Behinderten einkaufen ... einmal mit einen Nachbarskind auf den Spielplatz ... Gewiss: Wir sind keine Pfadfinder, aber ist denn diese Sache gar so schlecht?: Die gute Tat, täglich ..., na gut, vielleicht auch nur wöchentlich ..., ist ja auch schon was! Man müsst es halt mal versuchen. Man braucht dann wohl Augen die sehen, wo Not ist - vielleicht auch nur die kleine Sorge meines Nachbarn, die mir früher gar nicht aufgefallen wäre. Man braucht wohl auch Ohren, die hören und wenn's nur ein leises Seufzen ist: "Ich bin immer so einsam, ach, wenn doch hin und wieder einer käme und ein bisschen mit mir plaudern würde." Und man braucht ein feines Gespür, um zu fühlen, wo ungerecht und lieblos mit einem umgesprungen wird.

Solche Augen und Ohren, ein solches Gespür bringen wir doch mit! Setzen wir's doch mal mehr ein, in der Tat, die den Mitmenschen hilft! Und da sind wir zurück bei der Pfingstkarte: Gäbe das nicht auch ein Motiv für die Bildseite ab? Einer macht sich auf irgendeine Weise für andere stark, auf ungewöhnliche Art vielleicht, und keiner hätte es gedacht, und völlig uneigennützig auch noch!

So stelle ich mir den Heiligen Geist vor: Er bringt einfach etwas in Bewegung, Ideen werden ins gute Werk umgesetzt, Schluss mit dem bloßen: Man müsste, man sollte ...

Hier ist noch ein dritter Einfall: Du beginnst schon Morgen damit, das zu tun, was in früheren Zeiten jeder Mensch täglich mit großer Treue getan hat: Einen Abschnitt in einem Buch lesen, ich rede nicht von irgendeinem, sondern von dem Buch: der Bibel. Unsere Urgroßväter hätten nicht schlafen können, ohne sich über Tag ein paar Minuten dieser Lektüre zu gönnen. Gewiss, da waren die Zeiten noch nicht so hektisch, da gab's kein Fernsehen. Es gab aber auch keinen Menschen, der nicht die "großen Taten Gottes", wie sie uns die Bibel - zum Beispiel die Pfingstgeschichte! - erzählt, hätte auswendig hersagen können. Das Buch der Bücher war Gebrauchsgegenstand - abstauben war unnötig.

Warum eigentlich nicht wieder einmal damit anfangen. Tut ja doch nicht weh, wenn wir nach dem Frühstück oder dem Abendbrot ein paar Zeilen lesen! Und warum nicht zusammen mit der besseren Hälfte und den Kindern? - Da jedenfalls würde ich gern eine weitere Aufnahme für die Pfingstkarte machen: Eine Familie liest gemeinsam in der Heiligen Schrift. Denn dort lernen wir das Wirken des Heiligen Geistes auf Erden kennen, in diesem Buch und nirgends anders ist die Geschichte seiner wunderbaren Macht unter den Menschen niedergeschrieben.

Liebe Gemeinde, wer sagt noch es gäbe keine Bildmotive für Pfingstgrußkarten? Warum da wohl noch keiner drauf gekommen ist? Ob die eben beschriebenen Bilder so selten sind? Ob das so bleiben muss?

Ich wünsche uns allen gesegnete, geistvolle Pfingsten!