Predigt zum 2. So. nach Trinitatis - 29.6.2003

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Liebe Gemeinde!

Das Gleichnis, das wir heute hören, ist sicher eine der fünf oder 10 bekanntesten Geschichten des Neuen Testaments. Gerade darum lassen sie uns versuchen, besonders aufmerksam hinzuhören. Es ist Jesus der hier spricht. Uns ganz persönlich erzählt er die Geschichte vom "Großen Gastmahl":

Textlesung: Lk. 14, 15 - 24

Es war ein Mensch, der machte ein großes Abendmahl und lud viele dazu ein. Und er sandte seinen Knecht aus zur Stunde des Abendmahls, den Geladenen zu sagen: Kommt, denn es ist alles bereit!

Und sie fingen an alle nacheinander, sich zu entschuldigen. Der erste sprach zu ihm: Ich habe einen Acker gekauft und muß hinausgehen und ihn besehen; ich bitte dich, entschuldige mich.

Und der zweite sprach: Ich habe fünf Gespanne Ochsen gekauft, und ich gehe jetzt hin, sie zu besehen; ich bitte dich, entschuldige mich.

Und der dritte sprach: Ich habe eine Frau genommen; darum kann ich nicht kommen.

Und der Knecht kam zurück und sagte das seinem Herrn. Da wurde der Hausherr zornig und sprach zu seinem Knecht: Geh schnell hinaus auf die Straßen und Gassen der Stadt und führe die Armen, Verkrüppelten, Blinden und Lahmen herein.

Und der Knecht sprach: Herr, es ist geschehen, was du befohlen hast; es ist aber noch Raum da.

Und der Herr sprach zu dem Knecht: Geh hinaus auf die Landstraßen und an die Zäune und nötige sie hereinzukommen, daß mein Haus voll werde. Denn ich sage euch, daß keiner der Männer, die eingeladen waren, mein Abendmahl schmecken wird.

 

Liebe Gemeinde!

Ich glaube, dieses Gastmahl spielt nicht erst in Gottes neuer Welt! Hier und heute steht sein Tisch, an den wir geladen sind - nicht nur hier in der Kirche, sondern auch in unserem sonstigen Leben im Alltag, ob wir arbeiten oder Freizeit haben. Aber dieser Tisch hat mit der Kirche zu tun, mit unserer Gemeinde, mit dem Glauben und unserer Sache mit Gott. Dann wäre das Gastmahl, zu dem wir eingeladen sind, die Gemeinschaft in unserer Kirchengemeinde und die Treue zum Glauben und zum Auftrag von uns Christen. - Aber ich merke es, das hört sich schon sehr hochtrabend an!

Lassen sie uns doch ganz praktisch einmal folgende Probe machen: Fragen wir uns, welche Rolle die Sache Gottes, wie sie unsere Kirche verkündigt und zu der sie auf vielfältige Weise einlädt, in unserem Leben spielt. Wie nutzen wir die Angebote unserer Kirche, wie viel Raum geben wir der frohen Botschaft bei uns? Dabei kann natürlich auch heraus kommen, daß für alles, was Kirche und ihre Sache heißt, cirka 364 Tage im Jahr bei uns überhaupt kein Platz ist. Vielleicht erkennen wir dabei dann, wenn wir das Gleichnis vom Gastmahl noch im Ohr haben, wie bei uns die Gründe klingen, mit denen wir uns davor drücken, der Einladung Gottes zu folgen. Denn eingeladen sind wir alle - genau so wie die Gäste damals. Das Gastmahl ist bereitet, das große Fest Gottes für seine Leute wartet. Für alle, die in seiner Kirche mitmachen, hat es schon begonnen. Sie erleben schon heute die Gemeinschaft an seinem Tisch. Sie werden schon von ihrem Gastgeber bewirtet; sie leben schon auf seine Kosten und von seiner Güte. Wenn das Fest einmal richtig beginnt und zur ewigen Feier in Gottes Nähe wird, dann haben diese Menschen schon ihren Platz eingenommen. Sie sind dabei. Noch aber sind die Boten unterwegs. Allen wird der Ruf Gottes verkündigt: "Kommt zu meinem Gastmahl!"

Damals wie heute: Viele haben faule Ausreden. "Ich habe einen Acker gekauft", als wäre so ein Stück Land wichtiger als meine ewige Heimat in Gottes Haus! "Ich habe fünf Joch Ochsen erworben", als hinge mein Seelenheil an den Geschäften dieser Welt! "Ich habe eine Frau genommen", als hätte unser großzügiger Gastgeber etwas dagegen, wenn ich meine Frau oder meinen Mann gleich mitbringe auf sein Fest!

Aber wir wollten ja schauen, wie wir uns zu der Einladung Gottes verhalten: Was sind die Gründe, die wir den Knechten des großen Gastgebers sagen, wenn wir uns entschuldigen?

"Ich habe soviel zu tun, soviel Arbeit, um mich und meine Familie zu ernähren", - als könnte ich das dem anbieten, der mich, meine Lieben, meine Arbeit, mein Leben und diese ganze Welt gemacht hat und erhält!?

"Das Fest, die Sache zu der ich da geladen bin, interessiert mich einfach nicht", - als ginge es um die Feier eines unbedeutenden Fremden, als stünde bei diesem freundlichen Ruf nicht die ganze Ewigkeit auf den Spiel!

"Im Augenblick habe ich nicht die rechte Zeit für das Fest, vielleicht könnte ich ja später noch?", - als wüßte ich, wie lange mein Platz an der Tafel des Herrn für mich frei bleibt und als hätte ich ein Recht, auch noch Reservierung zu fordern!

Manche schleudern den Boten wohl auch das ins Gesicht: "Ich glaube überhaupt nicht an deinen Gott und an sein Fest, darum werde ich auch nicht kommen!" - Als ob man das nicht ausprobieren könnte, ob es diese fröhliche Tafel im Haus Gottes nicht gibt! Als ob man nicht einfach der Einladung folgen dürfte, um zu sehen, was es mit diesem Gastgeber, mit seinem Fest und seiner Tischgemeinschaft auf sich hat! Wer die Knechte des Herrn immer abweist, wird in Ewigkeit nicht erfahren, wie gut, wie reich und glücklich ein Leben in der Nähe Gottes ist.

Damit sie mich jetzt richtig verstehen: Nicht ich bin der Knecht des Gastgebers und nicht sie müssen von mir alle zum großen Gastmahl Gottes eingeladen werden. Viele von uns sind schon dabei, sitzen schon im geschmückten Festsaal, freuen sich schon an der guten Gemeinschaft der Tischgesellschaft, haben schon einen Vorgeschmack dessen, was da an ewigem Feiern und ewiger Freude auf sie wartet.

Zur gleichen Zeit sind diese Tischgenossen aber auch Boten, die andere rufen, die draußen in der Welt - und in der Gemeinde hier - ihren Dienst tun, sie in Gottes Auftrag einladen, doch auch zum Fest zu erscheinen. Und als solche Knechte, als Boten des großen Gastgebers erfahren sie heute zunehmend, was das Gleichnis vom "Großen Gastmahl" beschreibt: Ablehnung, faule Ausreden, 1000 ach so gute Gründe, warum dieser und jener "nicht, noch nicht, im Moment noch nicht, wohl überhaupt nicht, wahrscheinlich oder möglicherweise doch nicht" kommen wird. Und die Boten erleben heute - ebenfalls zunehmend - ein Verhalten, wie es von der biblischen Geschichte nicht gesehen, jedenfalls nicht besprochen wird: Die Eingeladenen nämlich sagen freudig zu, versprechen sich schnurstracks aufzumachen - sie kommen aber niemals im Festsaal des Herrn an.

Was mag wohl enttäuschender für die Boten sein?: Die bestimmte, klare Absage oder das Ja zuerst, das dann zu einem Nein der Tat wird? -

Aber diese Gedanken nur am Rande. Wir alle, ob TischgenossIn, Magd oder Knecht, gehören auch noch zu denen, die selbst auch eingeladen, immer wieder gerufen werden müssen. Wer sitzt schon ständig auf seinem Platz an der Tafel Gottes? Wer ist nicht auch mit Leib und Seele in dieser Welt und ihrem Treiben heimisch? Wer steht von daher nicht auch in Versuchung, den Platz in der Sache Gottes - den er schon eingenommen hat - wieder zu verlassen und aufzugeben? Für immer aber wird mir mein Stuhl nicht freigehalten! Darum gilt es am Tisch Gottes gleich, ob ich schon einmal in seiner Gemeinschaft war oder ob ich die Boten bisher immer abgewiesen habe. Hingehen muß ich! Mitmachen, so schnell es geht! Meinen Platz am Tisch besetzen, und das dauerhaft! Ich weiß ja doch nicht, wann der Herr zu mir keinen Boten mehr schickt. Ich kenne nicht die Zeit, da die Tür zum Festsaal endgültig geschlossen wird.

Das sind sehr ernste Gedanken, ich weiß. Das kommt daher, daß die Geschichte, um die es heute geht, so ernst ist. Aber man kann aus diesem Gleichnis auch eine sehr frohe Botschaft heraushören: Wir - du und ich - sind eingeladen. So beschäftigt du auch bis heute mit den Angelegenheiten dieser Welt warst, du sollst auch noch zum Fest kommen! So wenig mich das Fest Gottes auch bis heute interessiert hat, wieder einmal konnte ich heute morgen seinen Ruf vernehmen. Unsere Plätze im Reich Gottes sind noch frei! Laßt uns doch folgen und endlich hingehen!

Fangen wir an, indem wir heute die Probe machen: Was sind die guten Gründe, die wir den Boten bisher entgegen gehalten haben? Welche Rolle darf die Kirche und ihre Sache in meinem Leben spielen? Wann will ich mich aufmachen?