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(Die Predigt (für eine besinnliche Christvesper oder -mette) kann auf mehrere SprecherInnen verteilt werden. Die eigentliche Predigt übernimmt ein Sprecher, die Wunschzettel der Jungen und die der Menschen aus der Kirchengemeinde einer oder mehrere andere. Die Wunschzettel aus der Kirchengemeinde sind entsprechend der Besucherzahl des Gottesdienstes vervielfältigt. Jeder GD-Besucher bekommt am Ende einen Wunschzettel und ein Licht ausgeteilt und mit nach Hause.)
Textlesung: Lk. 2,1-14 (15-20)
Es begab sich aber zu der Zeit, daß ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, daß alle Welt geschätzt würde. Und diese Schätzung war die allererste und geschah zur Zeit, da Quirinius Statthalter in Syrien war. Und jedermann ging, daß er sich schätzen ließe, ein jeder in seine Stadt.
Da machte sich auf auch Josef aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth, in das jüdische Land zur Stadt Davids, die da heißt Bethlehem, weil er aus dem Hause und Geschlechte Davids war, damit er sich schätzen ließe mit Maria, seinem vertrauten Weibe; die war schwanger.
Und als sie dort waren, kam die Zeit, daß sie gebären sollte. Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge.
Und es waren Hirten in derselben Gegend auf dem Felde bei den Hürden, die hüteten des Nachts ihre Herde. Und der Engel des Herrn trat zu ihnen, und die Klarheit des Herrn leuchtete um sie; und sie fürchteten sich sehr. Und der Engel sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids.
Und das habt zum Zeichen: ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen. Und alsbald war da bei dem Engel die Menge der himmlischen Heerscharen, die lobten Gott und sprachen: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens.
Liebe Gemeinde in der Heiligen Nacht!
Der Mann, von dem ich heute abend erzählen will, er heißt Markus, war damals vierzehn und Späher in einer christlichen Pfadfindergruppe. Und es war in genau dieser Stunde zwischen ... und ... Uhr in der Heiligen Nacht irgendwo mitten im Wald nahe einer Großstadt. Mit Markus waren noch 15 andere Jungen zusammen, alle in eben diesem Alter so zwischen 13 und 16 und ein "Führer", so nennt man den Chef eines Pfadfinderstamms, der wird 24 gewesen sein. Die Christvesper und die Bescherung zu Hause in den Familien lag hinter den jungen Leuten. Jetzt waren sie mit der Straßenbahn aus der Stadt hinausgefahren und wollten - wie jedes Jahr - ihre "Waldweihnacht" haben. Waldweihnacht! - was für ein Ereignis! Die Vorfreude! Dahinter verblaßte alles, was in der Kirche und in den guten Stuben zu Hause geboten wurde. Dafür verließen Markus und die anderen Jungen ohne Zögern ihre Geschenke, die sie gerade erst empfangen hatten. Waldweihnacht...
Die Mütter und Väter erlaubten ihren Kindern gerne, dabei zu sein - mitten in der Nacht. Denn die Jungen waren nicht nur Pfadfinder, sie waren auch junge Christen und einige von ihnen in dieser Zeit auch Konfirmanden. Und die Eltern wußten, hinter der Pfadfindergruppe steht die Kirchengemeinde und der Pfarrer, da lernen sie nichts schlechtes, unsere Kinder. Und sie müssen es wohl auch hinterher gespürt haben, welcher Eindruck und welche wichtigen Erfahrungen und Vorsätze von diesem Ereignis ausgingen: Waldweihnacht...
Dabei war es im Wald nun wirklich viel einfacher und bescheidener als in den guten Stuben daheim: Irgendwo am Rand einer Lichtung wurden einer kleinen Fichte ein paar Kerzen aufgesteckt. Davor wurde eine Krippe gestellt und die Jungen machten einen Kreis darum und hörten die Weihnachtsgeschichte, sangen ein paar Lieder schauten in die Kerzen und schwiegen... - Ja, es war eigentlich alles ein bißchen so wie jetzt hier...
Orgelvorspiel zu: Ich steh an deiner Krippen hier...
In dem Jahr, von dem ich erzähle, hatte der Gruppenführer zu Markus und den anderen gesagt: "Bringt doch einmal eure Weihnachtswünsche mit, auf einem Zettel geschrieben." Und jetzt - nach Singen, Hören und Schweigen - sagte er: Nun legt eure Wunschzettel in die Krippe hinein. Und die Jungen taten es. Dann trat er heran an die Krippe und nahm einen Zettel nach dem anderen heraus und las sie vor. Sehr langsam und sehr ernst in die Stille des Waldes hinein. Markus weiß noch heute viele dieser Wünsche! Sie haben sich ihm eingeprägt, wie alles andere, was in dieser Nacht noch geschah. Und sein eigener Herzenswunsch war ja auch dabei...
Lied: Ich steh an deiner Krippen hier... 37, 1 - 4
(Wunschzettel aus der Krippe werden vorgelesen:)
So wurden damals 15 Wunschzettel gelesen. Und dann? Dann kam etwas, das nicht nur Markus erst sehr enttäuscht, ja fast empört hat. Später aber wurde es doch zu einer der wichtigsten Erfahrungen in Markus Kindheit und Jugend - und er glaubt heute, den anderen ist das auch so gegangen: Der Gruppenführer legte nämlich die Wünsche der Jungen beiseite und zog einen Leinensack hervor, den er in die Krippe ausleerte.
(Ein Leinensäckchen mit Zetteln wird in die Krippe entleert)
Dann sagte er: Ich habe euch heute auch Wünsche mitgebracht. Es sind Wunschzettel von Menschen aus unserer Gemeinde. Unser Pfarrer hat sie aufgeschrieben, weil viele von denen, die diese Wünsche haben, sie aus Bescheidenheit oder auch Stolz nicht aufgeschrieben hätten oder das gar nicht mehr könnten. Unser Pfarrer hat nun mich gebeten, auch euch diese Wünsche weiterzusagen. Und dann ging er unter den enttäuschten Blicken von Markus und den anderen Jungen daran, die Wunschzettel der Menschen ihrer Kirchengemeinde einen nach dem anderen vorzulesen:
Lied: Wann oft mein Herz im Leibe weint... 37, 5
Markus mußte sich damals noch viel mehr Wünsche anhören. Auch ganz kurze dabei, ganz praktische: Da wollte eine alte Frau einmal in der Woche die Kohlen aus dem Keller geholt haben. Da bat ein alter Mann darum, daß jemand ihm zwei-, dreimal in der Woche die Zeitung vorliest. Eine alleinstehende Mutter suchte einen, der jeden Montagabend Babysitter bei ihren Kindern machte, wenn sie den Weiterbildungskurs besuchte.
Die Jungen erfuhren jedenfalls damals bei der Waldweihnacht, daß nicht nur sie Wünsche hatten, sondern auch andere...und es schienen ihnen insgeheim die Wünsche der anderen fast größer, jedenfalls viel wichtiger als ihre eigenen. Trotzdem - wenn Markus sich heute daran erinnert - dann war es auch genau das, was den jungen Leuten nicht gefiel, ja, was sie ärgerte... Nahm man ihre Wünsche denn gar nicht ernst? Warum hatten die Jungen sie denn aufgeschrieben und mitgebracht, wenn dann die Wunschzettel anderer Leute vorgetragen wurden?
Der Pfadfinderführer hat dann jedem von den Jungen einen dieser Wunschzettel gegeben. Nicht einen bestimmten, sondern ganz wahllos, zufällig... Aber es war schon seltsam und ist wohl auch der Grund gewesen, warum Markus mir neulich die Geschichte von der Waldweihnacht vor vielen Jahren erzählt hat: Zu ihm nämlich ist damals der Wunsch mit dem "Kohlen holen bei der alten Frau" gekommen. Schon Tage später war er dann zum ersten Mal bei ihr. In den Wintern der vier folgenden Jahre hat er dann diesen Dienst für die alte Dame getan. Dann ist sie gestorben. Die Erfahrung allerdings, die ihm das geschenkt hat, ist bis heute lebendig geblieben - ja Markus ist fest überzeugt davon, daß ihn der Wunsch der alten Dame und dann sein Dienst für sie auch auf den beruflichen Weg gebracht hat, den er dann eingeschlagen hat: Er ist nämlich Krankenpfleger geworden. Jedenfalls hat ihn seit der Waldweihnacht damals dieser Gedanke nie mehr losgelassen:
Anderen helfen, anderen beistehen und Freude machen, das hilft auch immer einem selbst und macht uns auch selbst Freude. Und noch etwas weiß er seitdem: Die eigenen Wünsche werden damit, daß wir anderen helfen, zwar nicht erfüllt, aber sie werden viel kleiner, und wir entdecken über der Not oder den Sorgen anderer, daß unser eigener Wunsch doch vielleicht nicht ganz so wichtig ist, gemessen an dem, was manche Mitmenschen sich wünschen und wirklich sehr nötig und manchmal lebensnotwendig brauchen.
Orgelspiel - dabei Verteilung der Wunschzettel und des Lichts durch die SprecherInnen an alle Gottesdienstbesucher