Predigt zum Altjahrsabend - 31.12.2013 Textlesung: Hebr. 13, 8 - 9 Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit. Lasst euch nicht durch mancherlei und fremde Lehren umtreiben, denn es ist ein köstlich Ding, dass das Herz fest werde, welches ges- chieht durch Gnade. Liebe Gemeinde! Heute Abend erwarten wir eine Predigt, die zu Herzen geht und mit uns persönlich spricht. Wir erwarten Worte, die uns Hoffnung machen, wenn wir an das morgen beginnende Jahr denken. Wir wünschen uns tröstliche Gedanken, wenn uns vor Augen steht, was wir im vergehenden Jahr versäumt und falsch gemacht haben. Ja, es ist bei uns heute Abend ein bisschen so, wie wenn der Kaufmann in den Wochen um diesen Jahreswechsel herum für einen halben oder ganzen Tag In- ventur macht und die Waren zählt, die in seinem Geschäft noch vorhanden sind und dann in den Büchern nachsieht, ob auch der finanzielle Gegenwert damit übereinstimmt. Unsere Inventur würde vielleicht so aussehen: Wir schauen, was sich von alledem erfüllt hat, was wir uns als Christen vor Jahresfrist vorgenommen haben, ob unser Glaube an Jesus Christus fest geblieben ist und ob wir auch heute noch die Hoffnung aufbringen, dass unsere Beziehung zu ihm noch weiter halten und noch enger werden kann? Auch werden wir uns ehrlich fragen, ob unser Glaube überhaupt noch Bestand hat und stark genug ist, auch das neue Jahr an Gottes Hand zu durchschreiten. Und der Anfang des Wortes aus dem Hebräerbrief, das wir heute Abend bedenken wollen, scheint als Hilfe, wie wir bei unserer Inventur vorgehen müssen, auch gut geeignet: „Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit.“ An diesem Wort können wir überprüfen, ob wir „gestern“, also im vergangenen Jahr, in der Spur Jesu Christi gegangen sind. Wir können nachseh- en, ob wir „heute“, also wirklich heute Abend und in diesen Tagen noch genauso am Vorbild und Willen unseres Herrn ausgerichtet sind. Und schließlich kann uns das Wort dazu dienen, uns neu vorzunehmen und das hoffentlich auch durchzuhalten, unsere Schritte auch „morgen“ weiter oder aufs Neue auf dem Weg zu gehen, den uns Jesus Christus - bis in die Ewigkeit - vorausgehen wird. Mit einem Satz ausgedrückt: Wir wollen heute fragen, ob es stimmt, für uns persönlich stimmt, dass unser Herr das für uns ist, was dieses Wort meint: „Jesus Christus gestern und heute und der- selbe auch in Ewigkeit.“ Liebe Gemeinde, wie gesagt, das ist eine persönliche Sache, die niemand vor den Ohren anderer besprechen oder aufdecken muss. Sie geht nur uns selbst und den Herrn an, nach dem wir heißen. Trotzdem kann es hilfreich sein, wenn ich jetzt ein paar Fragen stelle, die wir uns alle - jede und jeder für sich - vorlegen können und an denen uns deutlich werden kann, wie es damit bei uns steht: „Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit.“ Fangen wir beim „Gestern“ an: Welche Rolle hat dieser Jesus Christus eigentlich in unserem Leben im Lauf des letzten Jahres gespielt? Ich meine nicht nur am Sonntagmorgen, sondern im Alltag, an der Arbeit, in der Freizeit und da, wo wir am öffentlichen oder am Vereinsleben unserer Stadt (un- seres Dorfes) teilnehmen? Ist immer wieder einmal sichtbar oder hörbar geworden, dass wir uns nicht am Zeitgeist, sondern an Gottes Willen und Gebot orientieren? Haben wir, wo es „dran“ war, diesen Willen Gottes ins Gespräch gebracht oder sein Gebot als die Richtschnur unseres Handelns angesprochen? Das ist ja gar nicht mehr selbstverständlich! Nehmen Sie nur einmal das Wei- hnachtsfest und seine Vorbereitungen, die wir gerade hinter uns gebracht haben: Mir ist aufgefallen, und in diesem Jahr ganz besonders, dass sehr viel über das äußere Drumherum des Festes geredet wurde: Was wir an Heiligabend essen, über die Geschenke, wie groß unser Baum ist, wen wir am 1. oder 2. Christtag besuchen oder zu Besuch haben...und über den Stress, den das alles bedeutet. Wie voll die Kaufhäuser wieder waren, die Parkplatznot und dass wir wie in jedem Jahr nicht wussten, was wir Onkel Hans und Tante Grete schenken sollen - „die haben doch schon alles!“ Wo kam durch uns der eigentliche Anlass des Festes zur Sprache und zur Geltung? Konnte man uns die Freude über die Geburt des Gotteskinds im Stall auch ansehen? Haben wir einem Mit- menschen etwas davon gesagt, was uns das Geschehen der Heiligen Nacht bedeutet - konnten un- sere Kinder oder Enkel etwas davon hören? Ich glaube, wir spüren alle, dass es zu wenig ist, wenn wir hier auf die Angebote unserer Kirche weisen: Die Christvesper, oder -mette, die Lieder, die wir in der Kirche gesungen haben, die doch von Christi Geburt sprechen und vielleicht das Krippen- spiel, das von der Ankunft des Erlösers in der Welt erzählt... Alles das ist nicht genug! Entscheidend ist, was davon über unsere eigenen Lippen kommt! Wie ist es, wenn wir nun nach „Jesus Christus heute“ fragen?: Haben wir uns nicht schon viel zu sehr daran gewöhnt, dass ER in unserer Zeit kaum noch erwähnt wird, ja, um es noch einmal so zu sagen: dass er allenfalls eine Nebenrolle in unserem Leben spielt? Und mit „unserem Leben“ meine ich auch unser Leben in der Öffentlichkeit, der Gesellschaft, den Medien und sogar in christlichen Kreisen. Wir können heute durchaus Fernsehdiskussionen um den Prunk und die gewaltigen Kosten eines Bischofssitzes (es mag auch der Sitz einer evangelischen Propstei oder Kirchenleitung sein) miterleben, in der dieser Prunk oder die Kosten nicht ein einziges Mal vor dem Hintergrund der selbstgewählten Armut unseres Herrn und seiner besonderen Liebe zu den Ärmsten der Armen besprochen werden. Und es gibt durchaus auch Gottesdienste oder gemeindliche Gesprächskreise, in denen nicht einmal der Name Jesus Christus fällt. In denen es vielmehr um die Befindlichkeit der Menschen geht und wie sie aus eigenen Kräften mit den Problemen der Zeit, mit Leid, Krankheit und Trauer fertig werden können. Dabei ist Jesus Christus doch in unsere Welt gekommen, um uns in allem, was uns beschwert, beizustehen und tragen zu helfen. Und so ist es heute für uns vielleicht gar nicht mehr erstaunlich, ja. wir nehmen es überhaupt nicht mehr wahr, dass manchmal Wochen vergehen, ohne dass wir uns auf unseren Herrn Jesus Christus besinnen, seinen Namen im Gebet anrufen und uns damit beschäftigen, was er von uns haben möchte und welche Aufträge er für uns hat. Nur noch selten denken wir auch darüber nach, wohin unser Leben eigentlich führt, was sein Sinn ist und was sein Ziel. Dabei geht es doch um nicht weniger als ein Ewiges Leben in der Nähe des Vaters! Jetzt aber wollen wir fragen, ob uns der Glaube noch genug Kraft geben kann, im kommenden Jahr in der Spur unseres Herrn zu gehen und zu bleiben? Ja, kann er vielleicht sogar ganz neue Blüten hervorbringen, die nicht nur schön anzusehen sind, sondern auch - wie wir es heute im Hebräerbrief lesen - für uns selbst „ein köstlich Ding“ sind und dafür sorgen, „dass das Herz fest“ wird? Ob das wohl geschehen kann? Wir haben es ja eben besprochen, wie oft es im vergangenen Jahr mehr um Äußerlichkeiten ging - etwa in der Weihnachtszeit um das Essen, den Baum und die Geschenke - und nicht um die wirk- lich wichtigen Themen des Glaubens: Dass Gott Mensch wird, dass Christus sich für uns in eine Futterkrippe legt und später gar am Kreuz dahingibt, dass er uns von Sünde, Tod und Teufel erlöst, dass wir auferstehen und ein Ewiges Leben in Gottes Nähe haben sollen... Und wir haben be- sprochen, dass heute in diesen Tagen Jesus Christus kaum noch in unseren Gesprächen vorkommt und dass auch von uns selbst sein Name kaum noch erwähnt wird. Was liegt also näher, als gerade dort anzusetzen, wo wir so deutlich sehen und empfinden, dass unser Glaube, so wie er gestern war und heute ist, nicht genügt, vielmehr Mängel hat, die nicht von alleine verschwinden, wenn wir uns nicht verändern wollen. Aber ganz konkret: Wenn es im vergehenden Jahr immer mehr um Äußerlichkeiten etwa des Wei- hnachtsfestes ging, dann lasst es uns wieder in seiner Tiefe entdecken: Dass Gott Mensch wird, einer von uns. Dass er für uns stirbt, um seine Liebe zu uns zu zeigen. Dass wir unserem Herrn durch die Auferstehung hindurch folgen sollen in ein Ewiges Leben. Und bei anderen Festen der Kirche, die wir übers Jahr feiern, geht es doch auch um ganz andere Dinge, als wir sie oft in den Mittelpunkt gestellt haben: Die Trauung zum Beispiel soll weniger das stimmungsvolle Ereignis mit teurem Kleid, Kutsche und Feuerwerk sein, als der Tag, an dem zwei Menschen Gottes Segen für das gemeinsame Leben erbitten und empfangen. Bei der Konfirmation, bei der die Geschenke von Jahr zu Jahr größer werden, sollen die jungen Leute vor allem im Glauben „gefestigt“ werden, dass sie an ihm, wie an einem Geländer, sicher und behütet durchs Leben gehen. Kirchweih oder Kirmes schließlich ist zuallererst das Fest der Freude darüber, dass die Christen einer Gemeinde einen Ort haben, an dem sie sich versammeln und Gott loben können, an dem sie zum Tisch des Herrn gehen und Gottes Wort hören und in Trauer und Leid Trost und Hilfe empfangen. Nun ist auch ganz klar, wie die Veränderung aussieht, die heute beginnen kann: All diese Dinge, die sich bei den kirchlichen Ereignissen, den Festen und Feiern, übers Jahr in den Vordergrund gedrängt haben, müssen wieder den Rang bekommen, der ihnen zusteht: Sie sind Dinge am Rande, die uns Freude machen und die Feiern verschönern, aber sie sind nicht die Hauptsache. Wir werden den Sinn der Ereignisse und Feste dann wiedergewinnen, wenn wir ihn öffentlich zur Sprache bringen. Dazu gehört sicher oft auch Mut, sich der Verspottung auszusetzen und sich „schulmeis- terlich“ nennen zu lassen, denn bei manchen Festen, die unsere Kirche feiert, wissen die Menschen, auch konfirmierte Christen, längst nicht mehr, was sie ursprünglich bedeuten. Liebe Gemeinde, nicht dass Sie jetzt denken, es ginge nur um die kirchlichen Feste und Feiertage, deren Sinn und Bedeutung und dass wir davon wieder mehr reden. Es geht überhaupt darum, dass wir dafür arbeiten, dass der Name unseres Herrn wieder den Platz in der Welt, im gesellschaftlichen und persönlichen Leben bekommt, der ihm zusteht. Und ich glaube, die Äußerlichkeit mancher unserer Feste aufzudecken und von ihrem eigentlichen Hintergrund zu sprechen, ist dazu ein guter Anfang. Es wird dazu führen, dass wir wieder leichter, ohne Scheu auch in unseren Alltagsgesprächen das ansprechen und bezeugen, was wir mit Jesus Christus, dem Glauben an ihn und der Sache Gottes in der Welt schon erlebt haben. Besonders wichtig wäre es, wenn wir davon auch wieder mehr vor unseren Kindern und Enkeln reden würden und auch vor den anderen jungen Leuten, die wir erreichen können. So kann es bei ihnen und bei uns geschehen, dass wir erleben, welch „ein köstlich Ding“ das ist, „dass das Herz fest werde“ und wir werden mitwirken daran, dass es wahr wird: „Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit.“ AMEN