Predigt zum 14. Sonnt. nach Trinitatis - 9.9.2012 Textlesung: 1. Thess. 1, 2 - 10 Wir danken Gott allezeit für euch alle und gedenken euer in unserm Gebet und denken ohne Unter- lass vor Gott, unserm Vater, an euer Werk im Glauben und an eure Arbeit in der Liebe und an eure Geduld in der Hoffnung auf unsern Herrn Jesus Christus. Liebe Brüder, von Gott geliebt, wir wissen, dass ihr erwählt seid; denn unsere Predigt des Evange- liums kam zu euch nicht allein im Wort, sondern auch in der Kraft und in dem heiligen Geist und in großer Gewissheit. Ihr wisst ja, wie wir uns unter euch verhalten haben um euretwillen. Und ihr seid unserm Beispiel gefolgt und dem des Herrn und habt das Wort aufgenommen in großer Be- drängnis mit Freuden im heiligen Geist, so dass ihr ein Vorbild geworden seid für alle Gläubigen in Mazedonien und Achaja. Denn von euch aus ist das Wort des Herrn erschollen nicht allein in Ma- zedonien und Achaja, sondern an allen Orten ist euer Glaube an Gott bekanntgeworden, so dass wir es nicht nötig haben, etwas darüber zu sagen. Denn sie selbst berichten von uns, welchen Ein- gang wir bei euch gefunden haben und wie ihr euch bekehrt habt zu Gott von den Abgöttern, zu dienen dem lebendigen und wahren Gott und zu warten auf seinen Sohn vom Himmel, den er aufer- weckt hat von den Toten, Jesus, der uns von dem zukünftigen Zorn errettet. Liebe Gemeinde! Eigentlich könnte Paulus doch sehr stolz sein! Die Christengemeinde in Thessaloniki gibt es doch nur, weil er sie missioniert und zum Glauben an Jesus Christus geführt hat. Er könnte Stolz sein da- rauf, was über den Glauben der Thessalonicher in der ganzen Umgebung erzählt wird. Stolz sein, dass man sich die Angehörigen ihrer Gemeinde in Mazedonien und Achaja zum Vorbild genommen hat für Menschen, die auch in schwierigen Zeiten am Glauben an Jesus Christus festgehalten haben. Und nicht zuletzt könnte er stolz sein auf seine eigene Kaft, seine Geduld und sein Durchhaltever- mögen. Denn immerhin hat er auch in Gefangenschaft, in Anfechtung und Verfolgung, nie den Mut aufgegeben und nie von seinem missionarischen Auftrag abgelassen. Aber wir spüren nichts von einem solchen Stolz. Da ist nur Dankbarkeit und Fürbitte: „Wir danken Gott allezeit für euch alle und gedenken euer in unserm Gebet.“ Und da ist großes Lob für die Ge- meinde von Thessaloniki: „Wir denken ohne Unterlass vor Gott, unserm Vater, an euer Werk im Glauben und an eure Arbeit in der Liebe und an eure Geduld in der Hoffnung auf unsern Herrn Je- sus Christus.“ Und schließlich ist da viel Anerkennung und Ermutigung: „Liebe Brüder, von Gott geliebt, wir wissen, dass ihr erwählt seid ... ihr habt das Wort aufgenommen in großer Bedrängnis ... ihr seid ein Vorbild ... an allen Orten ist euer Glaube an Gott bekanntgeworden ... ihr habt euch bekehrt ... von den Abgöttern, zu dienen dem lebendigen und wahren Gott ...“ Dank, Lob und Ermutigung für den Glauben, diese drei Dinge bestimmen die Verse des Paulus aus dem Thessalonicherbrief und ich denke, mit diesen drei Dingen können wir auch in unseren Tagen beschreiben, was für den Glauben gut, hilfreich und wichtig ist - für unseren eigenen und für den unserer Mitmenschen. Aber bevor wir darüber nachdenken, wollen wir uns einmal fragen, ob wir auch ganz frei von Stolz sind, wenn wir an unseren Glauben denken? Es muss ja gar nicht dieser Stolz sein, der sich hoch über die Mitmenschen erhebt und sich aufbläht wie der Pharisäer, der angesichts des Zöllners so über die Früchte seines Glaubens spricht: „Ich danke dir, Gott, dass ich nicht bin wie die andern Leute, Räuber, Betrüger, Ehebrecher oder auch wie dieser Zöllner. Ich faste zweimal in der Woche und gebe den Zehnten von allem, was ich einnehme.“ (Lk.18,10-13) Und es ist bei uns wohl auch nicht der Stolz, der andere verachtet, weil ihr Glaube nach unserer Meinung nicht „richtig“ ist, viel zu kindlich oder nicht der Bibel gemäß... Ich denke da eher daran, wie wir uns neulich während der Sonntagspredigt in unserer Kirchenbank zurückgelehnt und bei uns gedacht haben: „Wie gut, dass ich glauben kann! Wie gut, dass ich schon in meiner Jugend zum Glauben gefunden habe und ihn bis heute durch mancherlei schwierige Zeiten festhalten konnte!“ Und wie sieht das aus, wenn wir den Glauben unserer Nächsten und Allernächsten betrachten, unse- rer Kinder oder Enkel zum Beispiel? Erfüllt uns das nicht mit Stolz, wenn sie heute gläubig sind und sich zu Jesus Christus bekennen? Denken wir dann nicht, dass unsere Erziehung doch gefruch- tet hat, dass unser Vorbild entscheidend war und alle Gebete, die wir für und mit ihnen gesprochen, die Geschichten, die wir ihnen erzählt haben und alle Ermahnungen, sich zur Sache Jesu zu halten doch nicht umsonst gewesen sind? Oder denken wir an die Menschen, die wir immer wieder zum Gottesdienst, zu einem Haus- oder Gemeindekreis eingeladen haben, mit denen wir stundenlange Glaubensgespräche geführt und für die wir monate-, ja, sogar jahrelang Fürbitte gehalten haben. Sind wir da nicht doch ein wenig stolz, wenn sie heute sagen: „Ich glaube an Jesus Christus, er ist mein Herr?“ Liebe Gemeinde, ich spüre das jetzt schon: Das geht Ihnen doch ein bisschen zu weit! Darf man denn nicht stolz sein, zu glauben und dabei mitgewirkt zu haben, dass andere Menschen glauben können? - Es ist ja jetzt vielleicht hart, aber wenn ich mich da an Paulus orientiere, dann muss ich sagen: Stolz ist in den Dingen des Glaubens fehl am Platz! Stolz könnte er nur sein, wenn es wirk- lich seine Arbeit, sein Bemühen gewesen wäre, das die Thessalonicher zu gläubigen Menschen ge- macht hat. Das aber hat ein anderer bewirkt. Diesen anderen nennt er auch - und weil ihm das so wichtig ist, dass dieser andere allein den Glauben schenkt, nennt er ihn gleich an einigen Stellen: „Liebe Brüder, von Gott geliebt, wir wissen, dass ihr erwählt seid ... denn unsere Predigt des Evangeliums kam zu euch [...] in der Kraft und in dem heiligen Geist ... ihr habt das Wort aufge- nommen [...] im heiligen Geist, so dass ihr ein Vorbild geworden seid für alle Gläubigen ... von euch aus ist das Wort des Herrn erschollen ... ihr habt euch bekehrt zu Gott von den Abgöttern, zu dienen dem lebendigen und wahren Gott ...“ Wie für Paulus der Stolz über den eigenen und fremden Glauben ausgeschlossen war, so ist er auch für uns ausgeschlossen: Gottes Liebe erwählt uns zum Glauben. Sein heiliger Geist öffnet unser Herz für die Predigt des Evangeliums, so dass wir das Wort von Jesus Christus aufnehmen können. Wenn wir im Glauben ein Vorbild für andere sind, dann nur, weil Gott uns den Glauben geschenkt hat. Wenn sich ein Mensch zu Gott bekehrt und ihm, dem wahren und lebendigen Gott dienen will, dann hat Gott selbst das in diesem Menschen auf den Weg gebracht. Wenn Sie jetzt fragen, was nun eigentlich wir angesichts unseres eigenen Glaubens oder des Glau- bens anderer Menschen noch empfinden, denken und tun dürfen, dann sind wir zurück bei den drei Dingen, die Paulus in den Versen bestimmen, die wir heute bedenken: Dank, Lob und Ermutigung! - Dankbar dürfen wir sein, wenn Gott uns zum Glauben erwählt hat. Dank soll in uns sein an jedem neuen Morgen, an dem wir von Herzen Gott unseren Vater und Jesus Christus unseren Herrn und Bruder nennen können. Eine gute Haltung zu unserem Glauben ist es, wenn wir ihn immer wieder neu als ein Wunder betrachten, das Gott an uns getan hat und immer wieder tut. Denn ein Wunder ist und bleibt unser Glaube...ein Leben lang! Und nichts anderes als ein Wunder, für das wir dank- bar sein müssen, ist es auch, wenn unser Kind oder unser Enkel zu Gott gefunden hat. Vielleicht waren unsere Erziehung, unser Beispiel, unser Erzählen von Gott und unsere Gebete hilfreich, aber das Geschenk des Glaubens ist von Gott gekommen! Und genauso ist es auch bei den Menschen, die wir zur Kirche oder zum Gemeindekreis eingeladen und mit denen wir so oft über den Glauben gesprochen haben. Unsere Mühe mag ihnen geholfen haben, dass sie heute von sich sagen: Ich glaube an Jesus Christus. Letztlich aber war es Gottes heiliger Geist, der sie dazu bewegt hat. - Aber noch einmal: Dankbar dafür dürfen wir sein! Und ist Dankbarkeit denn so wenig? - Lob ist das zweite, das uns wohl ansteht, wenn wir glauben können und wenn andere Glauben ha- ben. Zuallererst das Lob Gottes, das nicht vergisst, dass der Glaube der uns oder unsere Mitmen- schen beseelt, immer seine Gabe ist. Warum aber sollen wir nicht auch unsere Mitmenschen loben, wenn sie reichlich Früchte des Glaubens hervorbringen? Ich denke an die Nachbarin, die uns neu- lich so selbstlos geholfen hat. Ich denke an den Konfirmanden, der auch außerhalb der Konfirman- denstunde - etwa in der Schule - versucht, etwas von der Art Jesu, in den Umgang miteinander ein- zubringen. Und ich denke an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer Kirchengemeinde(n), die oft ehrenamtlich in Gemeindekreisen oder im Kindergottesdienst den Glauben an Jesus Christus sichtbar und erfahrbar werden lassen. - Das dritte schließlich, die Ermutigung, entsteht dann aus dem zweiten: Wenn wir der Nachbarin, die so viel für uns getan hat, einmal ein paar lobende Worte schenken, dann wird sie sich freuen und sich noch viel lieber für ihre Mitmenschen engagieren. Der Junge, der, was er im Konfirmandenun- terricht gelernt hat, auch in seinen Alltag mitnimmt und dort lebendig werden lässt, wird in der Spur Jesu noch viel weiter kommen, wenn wir seine Mühe sehen, darüber nicht schweigen, sondern sie auch anerkennen. Und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer Gemeinden? Die hören eher selten einmal ein Wort, das sie aufbaut und ihnen in der oft so schwierigen Arbeit neuen Mut gibt. Dabei wäre es doch so einfach. Warum nicht am Ende von ein paar schönen Stunden im Senioren- oder Frauenkreis einmal sagen: „Das war wieder wunderschön heute, ich danke euch!“ Das kostet nichts, aber es gibt denen, die es hören, sehr viel. Liebe Gemeinde, nein, stolz wollen wir nicht auf unseren Glauben oder den anderer Menschen sein. Er ist niemals unser Werk und Verdienst. Wenn ein Mensch glauben kann, dann hat Gottes Geist ihn dazu gebracht. Aber dankbar wollen wir sein, dankbar für unseren Glauben und den unserer Nächsten. Und Gott loben wollen wir über seinem Geschenk und auch unseren Mitmenschen immer wieder ein Lob gönnen, für alles, was sie aus diesem Glauben heraus für andere Menschen tun. Das wird sie ermutigen und es ihnen leichter machen, ihren Glauben zu leben. AMEN