Predigt zum 2. Christtag - 26.12.2011 Textlesung: Offb. 7, 9 - 17 Danach sah ich, und siehe, eine große Schar, die niemand zählen konnte, aus allen Nationen und Stämmen und Völkern und Sprachen; die standen vor dem Thron und vor dem Lamm, angetan mit weißen Kleidern und mit Palmzweigen in ihren Händen, und riefen mit großer Stimme: Das Heil ist bei dem, der auf dem Thron sitzt, unserm Gott, und dem Lamm! Und alle Engel standen rings um den Thron und um die Ältesten und um die vier Gestalten und fielen nieder vor dem Thron auf ihr Angesicht und beteten Gott an und sprachen: Amen, Lob und Ehre und Weisheit und Dank und Preis und Kraft und Stärke sei unserm Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen. Und einer der Ältesten fing an und sprach zu mir: Wer sind diese, die mit den weißen Kleidern angetan sind, und woher sind sie gekommen? Und ich sprach zu ihm: Mein Herr, du weißt es. Und er sprach zu mir: Diese sind’s, die gekommen sind aus der großen Trübsal und haben ihre Kleider gewaschen und haben ihre Kleider hell gemacht im Blut des Lammes. Darum sind sie vor dem Thron Gottes und dienen ihm Tag und Nacht in seinem Tempel; und der auf dem Thron sitzt, wird über ihnen wohnen. Sie werden nicht mehr hungern noch dürsten; es wird auch nicht auf ihnen lasten die Sonne oder irgendeine Hitze; denn das Lamm mitten auf dem Thron wird sie weiden und leiten zu den Quellen des lebendigen Wassers, und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen. Liebe Gemeinde! Was sollen wir zu den Bildern sagen, die uns der Prophet hier vor unsere inneren Augen malt? Gut, wir befinden uns - wenn wir das hören und sehen - im Himmel! Gottes Herrlichkeit hat begonnen. Für die „große Schar aus allen Nationen und Stämmen und Völkern und Sprachen“ hat das Ewige Leben angefangen. Wir aber leben noch in dieser Welt. Wie also wirkt das auf uns, was wir hier hören? Da werden einige von uns sicher sagen, wenn sie ganz ehrlich sind, das ist mir doch alles viel zu märchenhaft! Das kann ich nicht glauben, dass es in Gottes neuer Welt wirklich einmal so aussieht und zugeht. Das sind Bilder, wie sie sich ein Mensch mit großer Phantasie ausgedacht hat: Ein Thron und davor ein Lamm und alle Engel ringsherum und eine unzählbar große Schar von Menschen in weißen Kleidern mit Palmzweigen in ihren Händen... Also wirklich: Das ist doch alles mehr wie aus einem Bilderbuch für Kinder - und da würden wir noch fragen, ob es richtig wäre, Kindern so ein Buch in die Hand zu geben. Legen wir jetzt also diese Prophetenworte beiseite als ungeeignet und unglaubhaft für uns oder ver- suchen wir doch noch aus den phantastischen Bildern, die sie zeichnen, eine Botschaft für uns herauszulesen? Ich bin für das erste, also diese Worte wegzulegen - aber für das zweite bin ich auch! Sie fragen, wie das denn gehen soll? Die Bilder, die uns Johannes vor Augen malt, sind aus einer anderen Zeit mit ihrer ganz anderen Vorstellungswelt. Vor bald 2000 Jahren, als der Prophet diese Worte aufgeschrieben hat, konnte er die Bilder benutzen, die er hier verwendet. Damals wurden sie verstanden. Heute aber muten sie uns märchenhaft an und sie erscheinen uns vor der Wirklichkeit unserer Welt als Ausdruck einer ziemlich überzogenen Phantasie. Also: Diese Bilder sollten wir wirklich wegtun, aber das, wovon sie reden und was sie beschreiben wollen, sollten wir behalten. Und ich glaube, das geht! Hören wir einmal auf das, was einer aus unserer Zeit schreiben oder sagen würde, um dasselbe auszudrücken, was Johannes damals geschrieben hat und seinen Lesern vermitteln wollte. So könnte sich das heute lesen - und sie entschuldigen bitte, dass Ihnen das jetzt doch recht nüchtern und sachlich vorkommen wird, aber die Zeiten, die Welt und unsere Vorstellungen haben sich geändert: In Gottes neuer Welt werden einmal unzählige Menschen aus allen Nationen, Völkern und Spra- chen zusammenkommen. Sie werden dort Gott selbst begegnen und seinem Sohn Jesus Christus. Und es wird dort festlich zugehen und die Menschen werden voller Freude sein und Gott und seinen Sohn mit lauter Stimme loben und preisen: „Du, unser Gott, hast uns deinen Sohn geschickt, unseren Retter und Heiland!“ Und es werden auch Gottes Engel da sein und noch andere himmlische Wesen, deren Gestalt und Aussehen wir uns heute noch gar nicht vorstellen können. Und auch diese werden in das Lob Gottes einfallen und sich vor ihm und seinem Sohn verneigen und sie werden sprechen - und es wird sich wie ein Gebet anhören: „Amen, Lob und Ehre und Weisheit und Dank und Preis und Kraft und Stärke sei unserm Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.“ Und eins von den himmlischen Wesen wird uns vielleicht fragen: „Weißt du denn, wer all diese Menschen sind und woher sie kommen?“ Und wir werden dann antworten: „Du weißt es, sag’ es mir!“ Und dann wird er weitersprechen: „Das alles sind Menschen aus allen möglichen Ländern rings um die Erde, die an Jesus Christus geglaubt haben. Sie haben sich in ihrem Leben, das oft sehr schwer war, allein auf Christus verlassen und dass er für ihre Schuld ans Kreuz gegangen ist. Darum dürfen sie jetzt hier ewig bleiben und in Gottes Nähe wohnen. Sie werden nicht mehr hun- gern noch dürsten; kein Leid, keine Krankheit, keine Behinderung wird sie mehr quälen; denn Je- sus Christus wird nach ihnen sehen und ihnen ein herrliches, fröhliches Leben bereiten, in dem es keinen Tod mehr gibt, und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen. Liebe Gemeinde, ist das immer noch zu phantastisch, zu märchenhaft? Wenn ja, dann müsste ich Ihnen jetzt sagen: So aber ist unser Glaube! Wir gehen nicht auf den ewigen Tod zu und nicht auf eine andere Welt, die nur die Fortsetzung dessen ist, was wir hier schon kennen und woran wir hier leiden! In Gottes Ewigkeit wird es nach seinem Willen gehen! Dort werden die Gebote gelten, die Jesus uns vorgelegt hat. Dort wird die Liebe der Maßstab aller Dinge sein - nicht nur Gottes Liebe zu uns, sondern auch die unter den Menschen. Und das alles ohne Druck und ohne Zwang, denn die Menschen, die in Gottes Ewigkeit Einlass bekommen, haben das in ihrem Leben in dieser Welt be- griffen: „Die Liebe zu Gott und den Mitmenschen ist das höchste Gebot! Was wir in und aus der Liebe tun, das allein hat Bestand - bis in die Ewigkeit!“ Aber jetzt wollen wir auch noch eine Frage ansprechen, die Sie gewiss schon beschäftigt, seit ich vorhin den Predigttext verlesen habe: Wie passen denn diese Prophetenworte zu diesem 2. Wei- hnachtstag? Oder anders gefragt: Was haben sich denn die Theologen gedacht, die seinerzeit diesen Text für Weihnachten ausgewählt haben? Ich glaube, wenn wir uns jetzt noch einmal erinnern, dann wird das klar: Johannes spricht von den Menschen, die Gottes Ewigkeit sehen werden. Er spricht von Menschen aus allen Nationen und Sprachen, die an Jesus Christus geglaubt haben und daran, dass sein Leiden und Sterben alle Schuld dieses Lebens gut macht. Und er spricht vom Sieg der Liebe, die in Gottes neuer Welt ewig regieren wird. Schließlich spricht er auch vom Ende der Welt, vom wunderbaren Schluss der Ges- chichte Gottes mit seinen Menschen. - Was ist dann Weihnachten vor diesem Hintergrund? Es ist ganz einfach: Weihnachten ist der Beginn dieser Geschichte. Wenn wir etwa an die drei Wei- sen denken, die dem Kind in der Krippe huldigen, dann ist ihr Weg nach Bethlehem der erste Aufbruch von Menschen aus fremden Nationen hin zu dem, der einmal der Christus werden wird. Und in diesem Kind fängt der ganz klein an, der einmal der Heiland, der Retter der Welt und aller Menschen aus Gottes Wohlgefallen werden soll. Und auch Gottes Liebe, die sich als Mensch, hilflos und ohnmächtig in einen Futtertrog legt, in einem zugigen Stall, als Armeleute-Kind, zwischen Ochs und Esel, auch diese Liebe fängt hier erst an. Aber in diesem Anfang ist alles, was werden soll und werden wird schon da: Wenn wir diesem Kind unser Herz schenken, dann werden wir auch begreifen, was der Mann, der aus diesem Kind wird, für uns bedeutet. Und wir werden nach Kräften unser Leben nach der Liebe einrichten, die er uns geboten hat. Und wir werden uns, wenn wir seinen Weg einmal verlassen - und das tun wir alle immer wieder - an ihn halten und an die Vergebung der Schuld, die er uns verdient hat. Schließlich werden wir einmal zu denen gehören, die „aus allen Nationen ... Völkern und Sprachen“ in Gottes Ewigkeit eingehen und dort, in Gottes Nähe, auf immer bleiben werden. - Was für eine herrliche, wunderbare Aussicht! Liebe Gemeinde, vielleicht verstehen wir jetzt doch ein wenig besser, warum der Prophet solche märchenhaften, phantastischen Bilder findet, um die Zukunft in Gottes neuer Welt zu beschreiben!? Und vielleicht sind uns selbst diese Bilder jetzt auch nicht mehr gar so fremd: Sie „standen vor dem Thron und vor dem Lamm, angetan mit weißen Kleidern und mit Palmzweigen in ihren Hän- den, und riefen mit großer Stimme: Das Heil ist bei dem, der auf dem Thron sitzt, unserm Gott, und dem Lamm ... und sprachen: Amen, Lob und Ehre und Weisheit und Dank und Preis und Kraft und Stärke sei unserm Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.“