Predigt zum Vorl. So. i. Kirchenjahr - 13.11.2011 Textlesung: Lk. 16, 1 - 8 (9) Er sprach aber auch zu den Jüngern: Es war ein reicher Mann, der hatte einen Verwalter; der wurde bei ihm beschuldigt, er verschleudere ihm seinen Besitz. Und er ließ ihn rufen und sprach zu ihm: Was höre ich da von dir? Gib Rechenschaft über deine Verwaltung; denn du kannst hinfort nicht Verwalter sein. Der Verwalter sprach bei sich selbst: Was soll ich tun? Mein Herr nimmt mir das Amt; graben kann ich nicht, auch schäme ich mich zu betteln. Ich weiß, was ich tun will, damit sie mich in ihre Häuser aufnehmen, wenn ich von dem Amt abgesetzt werde. Und er rief zu sich die Schuldner seines Herrn, einen jeden für sich, und fragte den ersten: Wieviel bist du meinem Herrn schuldig? Er sprach: Hundert Eimer Öl. Und er sprach zu ihm: Nimm dei- nen Schuldschein, setz dich hin und schreib flugs fünfzig. Danach fragte er den zweiten: Du aber, wieviel bist du schuldig? Er sprach: Hundert Sack Weizen. Und er sprach zu ihm: Nimm deinen Schuldschein und schreib achtzig. Und der Herr lobte den ungetreuen Verwalter, weil er klug ge- handelt hatte; denn die Kinder dieser Welt sind unter ihresgleichen klüger als die Kinder des Lichts. Und ich sage euch: Macht euch Freunde mit dem ungerechten Mammon, damit, wenn er zu Ende geht, sie euch aufnehmen in die ewigen Hütten. Liebe Gemeinde! Man kann darüber streiten, ob es von Jesus richtig war, solche Geschichten zu erzählen. Immerhin ist das ja eine klare Ermutigung zu kriminellem Handeln! Ein Aufruf zu Urkundenfälschung und Betrug und der Verwalter macht sich selbst auch noch der Beihilfe schuldig. Aber eines ist sicher unstrittig: Man muss einfach hinhören bei diesem Gleichnis. Sein Thema ist interessant, der Verwalter geht so zielstrebig an die Rettung seines Kopfes und dann wird uns die Sache auch noch von Jesus erzählt und als beispielhaft dargestellt... Also wirklich: Wenn es darum geht, unsere Aufmerksamkeit zu gewinnen, dann muss man es so machen! Aber wie sieht das „moralisch“ aus? Will Jesus uns denn wirklich zum Betrug anleiten? Heißt er tatsächlich gut, was der Verwalter (und dann die Schuldner) tun? Vergessen wir einen Augenblick wie die Geschichte bei Jesus verläuft. Denken wir uns, er hätte so erzählt: Es war ein reicher Mann, der hatte einen Verwalter; der wurde bei ihm beschuldigt, er ver- schleudere ihm seinen Besitz. Und er ließ ihn rufen und sprach zu ihm: Was höre ich da von dir? Gib Rechenschaft über deine Verwaltung; denn du kannst hinfort nicht Verwalter sein. Der Verwalter sprach bei sich selbst: Was soll ich tun? Mein Herr nimmt mir das Amt; graben kann ich nicht, auch schäme ich mich zu betteln. Ich weiß nicht, was ich tun soll, damit sie mich in ihre Häuser aufnehmen, wenn ich von dem Amt abgesetzt werde. Also setzte sich der Mann ans Fenster seines Hauses und wartete auf die Soldaten, die ihn holen und in den Schuldturm werfen würden. Und schon nach kurzer Zeit kamen sie und stellten ihn vor den Richter. Er verlor sein Amt und kam ins Gefängnis, dort sitzt er noch heute. Liebe Gemeinde, diese Geschichte ist moralisch einwandfrei! So würde, so wird es gehen, wenn der Verwalter auf dem rechten Weg bliebe. Aber eine solche Geschichte ist langweilig und Jesus hätte sie mit Sicherheit nicht erzählt. - Worum geht es also in diesem Gleichnis? Es geht genau darum, was die Geschichte auch leistet: Uns zum Aufhorchen zu bringen! Die Mittel dazu mögen fragwürdig sein, aber wir hören hin, wir können gar nicht anders, weil das, was der in die Enge getriebene Verwalter hier inszeniert, einfach unglaublich ist. Er begeht selbst vielfachen Betrug und macht andere zu Betrügern. Und es ist nicht irgendeiner, der davon erzählt, es ist Jesus, der Rabbi, der Gottgelehrte, das religiöse Vorbild... Das wirkt! (Viele PfarrerInnen kennen das gut, wie die Leute reagieren, wenn sie einmal allzu salopp reden oder ihren Zorn nicht unter Kontrolle haben: „Aber, Frau Pfarrerin, das hätte ich nicht von Ihnen gedacht!“ - „Herr Pfarrer, dürfen wir nicht gerade von einem Mann der Kirche ein anderes Verhalten erwarten?“) Unsere Aufmerksamkeit ist es also, die Jesus haben will. Warum? Weil es wahrhaftig um eine wichtige Sache geht, die wichtigste Sache der Welt, die hier so umschrieben wird: „...damit, wenn der Mammon zu Ende geht, sie euch aufnehmen in die ewigen Hütten.“ Und da sind wir nun wirk- lich mitten drin in diesem Gleichnis und ich hoffe sehr, sie haben das damals auch begriffen, dass sie der Rabbi, der solche Geschichten vorträgt, nicht zu Betrügern machen, sondern zum Reich Gottes rufen will. Denn das war seine Botschaft von Anfang an: Das Gottesreich ist mitten unter euch! Die Gottesherrschaft ist angebrochen! Alles andere ist zweitrangig oder hat geringe Bedeu- tung vor diesem Ereignis! Und ich, Jesus, zeige euch den Weg! Liebe Gemeinde, nicht alle werden es damals verstanden haben. Vielleicht haben sie sich vom Kern des Gleichnis’ dadurch ablenken lassen, dass sie gefragt haben, wie kann denn ein Rabbi solch eine Geschichte erzählen oder die Ratschläge zu Betrug und Urkundenfälschung waren ihnen doch zu arg. Wir wissen es nicht. - Aber wie steht es mit uns? Begreifen wir, wie wichtig Jesus das ist, wofür er unsere Aufmerksamkeit wecken will? Und: Gelingt ihm das? Zugegeben, es gibt in diesen Tagen sehr viel, was uns den Blick auf die Sache Gottes verstellen kann: Der Klimawandel, der schon viel weiter fortgeschritten ist, als wir erwartet haben. Die Na- turkatastrophen, die immer häufiger auftreten und immer verheerender ausfallen. Die Finanzkrise, die Schuldenkrise mit der Gefahr für unsere Währung, die Politikkrise, die längst auch eine Politi- kerkrise geworden ist, begleitet von einem enormen Vertrauensschwund. Und auch persönlich sind wir ja nicht nur mit ein bisschen Schwerhörigkeit oder einem kleinen Schnupfen geschlagen. Man- che haben auch sehr massive Sorgen: Das Geld reicht vorn und hinten nicht mehr. Der Partner hat die Arbeit verloren, ein Kind oder Enkel findet keinen Ausbildungsplatz oder keine Stelle. An die Versorgung im Alter mögen einige von uns gar nicht denken! Mit den Worten einer Geschichte - mit dem selben Anliegen wie das Gleichnis vom „Ungerechten Verwalter“ - würde Jesus uns vielleicht jetzt so ansprechen: Der Klimawandel muss euch keine Gedanken machen. Die Naturkatastrophen sind auch vergleichsweise unwichtig. Die Finanzkrise, die Schuldenkrise, die Politikkrise, die Politikerkrise... Alles das ist nicht schön, aber diese Dinge könnt ihr sowieso nicht in den Griff bekommen. Und auch die Sorgen, ob das Geld reicht, dass der Partner die Arbeit verloren hat, Kind oder Enkel keinen Ausbildungsplatz oder keine Stelle findet und die Versorgung im Alter nicht gesichert ist... Das bedeutet alles wenig gegenüber der einen Entscheidung, die ihr heute treffen müsst: Will ich aufgenommen werden in die „Ewigen Hütten“? Will ich teilhaben an Gottes zukünftiger Herrschaft? Folge ich Jesus Christus nach und glaube ich, dass er alles getan hat, dass ich vor Gott gerecht bin und frei von aller Schuld meines Lebens? Wenn wir nun denken, alles, was uns im Blick auf unsere Welt und unser Leben beschäftigt, wäre völlig gleichgültig und ohne jede Bedeutung, dann haben wir Jesus missverstanden. Er wollte auch damals mit seinem Gleichnis nicht erreichen, dass nun alle seine Hörerinnen und Hörer hingehen und Daten und Unterschriften fälschen und ihre Mitmenschen betrügen. Sie sollten nur verstehen, dass es eines gibt, das unendlich wichtiger ist als alles andere: die Herrschaft Gottes und ob wir da- bei sind. Und genau so ist es auch mit alledem, was uns heute ablenken will von dieser einen gro- ßen Entscheidung für Gottes Sache, vom Glauben an Jesus Christus und einem Leben in seiner Nachfolge. Damals wie heute hätte Jesus wohl zu seiner Geschichte hinzufügen können: Wenn sie euch auf- nehmen in die ewigen Hütten, wenn ihr euch für Gott und das Leben in meiner Spur entscheidet, dann habt ihr Herz und Hände frei - auch dafür, alles Vernünftige, das in eurer Macht steht, zu tun, dass die Probleme der Welt gelöst, die Krisen in Wirtschaft und Politik beendet und die persönli- chen Sorgen nach Kräften bearbeitet und dadurch hoffentlich kleiner werden. Übrigens: Es ist ein ganz anderes Leben und ein ganz anderer Blick auf die Welt und gerade auf al- les, was nicht in Ordnung, was schlecht und ungerecht ist und was uns ängstet, wenn wir diese eine große Entscheidung getroffen haben. Vielleicht werden die schlimmen Dinge nicht weniger schlimm und die Sorgen nicht weniger schwer, aber wir werden getroster, wir werden gelassener und stärker. Nichts kann erlösten Menschen so schnell den Mut nehmen. Keine Angst dringt gleich tief in die Seele ein. Wir kennen das Ziel unseres Lebens. Wir wissen, wie das um Christi willen ausgeht mit uns. Wir gehören auf ewig zu ihm. - Davor kann keine Furcht, keine böse Erwartung, keine Sorge bestehen. AMEN