Predigt zum 8. Sonnt. nach Trinitatis - 25.7.2010 Textlesung: Eph. 5, 8 - 14 Denn ihr wart früher Finsternis; nun aber seid ihr Licht in dem Herrn. Lebt als Kinder des Lichts; die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit. Prüft, was dem Herrn wohlgefällig ist, und habt nicht Gemeinschaft mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis; deckt sie vielmehr auf. Denn was von ihnen heimlich getan wird, davon auch nur zu reden ist schändlich. Das alles aber wird offenbar, wenn's vom Licht aufgedeckt wird; denn alles, was offenbar wird, das ist Licht. Darum heißt es: Wach auf, der du schläfst, und steh auf von den Toten, so wird dich Christus erleuchten. Liebe Gemeinde! Der letzte Satz mit seinem Anfang: „Wach auf, der du schläfst ...“ ist von ganz anderer Art als die anderen Verse. Er klingt wie eine dringende Mahnung, ja, eine Warnung, doch nur ja aufzustehen von den Toten! Wobei mit den „Toten“ sicher nicht die Leiber von Verstorbenen in den Gräbern gemeint sind, sondern Menschen, die geistlich tot sind und sich deshalb von „Christus erleuchten“ lassen sollen! In einer Erläuterung zum Epheserbrief habe ich über diesen letzten Satz folgendes gelesen: „Vers 14b zitiert einen Weckruf, der vielleicht bei der Taufe ausgesprochen wurde (wohlgemerkt von erwachsenen Täuflingen!) und der daran erinnert, wer das Licht ist, das alles offenbart und den Christen erleuchtet.“ „Weckruf“ - manchmal gibt es so etwas auch heute noch auf christlichen Freizeiten. Vielleicht ist das auf einer Konfirmandenrüstzeit ein kleiner Chor aus drei oder vier Leuten, aus den Mitarbeitern gebildet, die morgens vor den Zimmern der Konfirmanden singen. Dazu könnten sie ein Lied wie „All Morgen ist ganz frisch und neu des Herren Gnad und große Treu ... (EG 440)“ wählen. Es gibt so etwas aber auch auf Posaunenfreizeiten - und wenn es nur eine Trompete ist, die etwa die Melo- die spielt: „Die güldne Sonne voll Freud und Wonne ... (EG 449), werden doch erfahrene Mitglie- der des Posaunenchors sofort auch den Text mitsingen können! In jedem Fall ist so ein Weckruf ei- ne Erinnerung, dass wir als Christen auf der Freizeit zusammen sind und dass der Tag, der beginnt unter Gottes Anspruch aber auch unter seiner Gnade steht. Welchen Weckruf würde Paulus wohl für uns wählen und woran würde er uns erinnern wollen? - Hören wir doch, was er den Ephesern damals schreibt und wie er das für uns heute vielleicht sagen würde: „Lebt als Kinder des Lichts; die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit.“ - Kinder des Lichts sollen wir sein! Alles, was wir tun und lassen, soll vor dem Licht Jesu Christi bestehen können. Keine unsauberen Gedanken. Kein Wort, das faul ist und andere ver- letzt. Keine Taten, die wir nur für uns selbst tun. Der Maßstab ist dreifach: Güte - haben wir bei allem, wie wir denken und handeln, eine gute Absicht? Haben wir das Wohl der anderen Menschen im Blick, wollen wir sie fördern, ihr Leben bereichern, ihnen Hilfe und Halt sein? Das zweite ist die Gerechtigkeit: Urteilen wir schnell, zu schnell, ohne zu prüfen, warum der Mit- mensch so geworden ist, wie wir ihn heute erleben? Oder sehen wir auch seine Lebensgeschichte, sein Schicksal, das ihn so schwer gebeutelt hat, die vielen Zurücksetzungen, die ihn verletzt haben, so dass er sich klein fühlt und immer meint, sich wehren zu müssen? Und das ist das dritte: Wahrheit - Bemühen wir uns immer darum, die Dinge so zu sagen, wie sie sind und wie wir sie empfinden? Oder üben wir uns im Schönreden und lassen unangenehme Wahrheiten lieber ungesagt? Es ist sicher oft nicht leicht, etwas Unangenehmes so zu sagen, dass es der Nächste hören und annehmen kann. Immer darüber zu schweigen, ist aber genauso falsch wie eine Lüge. Der Weckruf des Paulus erinnert uns weiter daran: „Prüft, was dem Herrn wohlgefällig ist, und habt nicht Gemeinschaft mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis; deckt sie vielmehr auf. Denn was von ihnen heimlich getan wird, davon auch nur zu reden ist schändlich.“ - Bei dieser Empfehlung: Prüft, was dem Herrn gefällt ... musste ich an die Martin Niemöller zugeschriebene Frage denken: „Was würde Jesus dazu sagen?“ Es ist sicher nicht verkehrt, wenn wir diese Frage auch stellen, immer wieder, wenn es um eine wichtigere Entscheidung geht. Ich bin ganz gewiss: Oft werden wir dann eine Antwort finden, die etwas anderes von uns verlangt als dass, was wir zu- nächst tun wollten. Jede und jeder von uns hat ja genug Geschichten über und von Jesus in seinem Gedächtnis - da fällt es nicht so schwer, zur richtigen Entscheidung zu kommen. Schwieriger aller- dings wird es dann sein, die Entscheidung auch wirklich umzusetzen. Was aber könnte „Gemeinschaft mit unfruchtbaren Werken sein“? - Hier hätte Paulus sicher ganz andere Beispiele gehabt. Mir fiel dazu ein, wie oft wir die Zeit, die uns geschenkt ist, vergeuden, mit wirklich ganz nichtigen unwichtigen Dingen verplempern - und dann auch noch uns und ande- ren vormachen, es wäre etwas ganz Wesentliches, Unaufschiebbares, was wir da machen. Sie wol- len Beispiele hören? - So manche Sendung im Fernsehen ist nicht wesentlich. Aber es ist vielleicht unsere Gewohnheit, die Sendungen aus der Serie zu gucken! Nicht schlimm, meinen Sie? Ich gebe Ihnen Recht - aber nicht in jedem Fall. Es kommt darauf an, was zur selben Zeit ansteht und wie wichtig das ist. Wenn mein Kind mich braucht, dann braucht es mich jetzt - und nicht erst, wenn die Sendung vorbei ist. Oder so manches an der Deutschen Lieblingsding, dem Auto, ist durchaus nicht so entscheidend, dass ich mich jetzt (und dass ich mich überhaupt!) damit beschäftige. Wie oft manche Menschen ihren Wagen waschen! Was junge Leute an Zeit und Geld investieren, damit ihre Musikanlage im Auto noch ein paar Watt mehr hergibt, ist mit Notwendigkeit weiß Gott nicht mehr zu begründen und tut auch den Ohren nicht gut! Ist diese Investition in eine im Grunde so un- nütze Sache wie die Leistung einer Autostereoanlage schon für sich genommen unwichtig und da- her Zeitverschwendung (wie es auch manche Autowäsche ist), so kommt auf der anderen Seite noch der Verlust von Zeit für die Pflege der Beziehung mit den Freunden und denen, die wir lieb- haben hinzu! Nicht dass Sie nun nicht denken, ich wollte niemandem seine Zerstreuung und sein Vergnügen gönnen, aber auch Vergnügen soll einen Sinn haben - etwa Erholung und Wiederherstellung der Kräfte - und nicht geradezu verhindern, dass Freude und Sinn im Leben mit anderen entsteht. Nach Paulus sollen wir es so mit diesen Werken der Finsternis halten: „... deckt sie vielmehr auf. Denn was von ihnen heimlich getan wird, davon auch nur zu reden ist schändlich.“ Ich glaube, der Apostel hat Recht: Es gibt sogar noch eine Steigerung dieser schlechten, unnützen und überflüssi- gen Dinge, die wir oft nicht lassen mögen oder die wir vorschieben, auch wenn anderes wichtiger wäre: Das ist das, was bei uns auch noch das Licht scheut, was wir heimlich tun und vor anderen verborgen halten. Hier sind unsere Laster gemeint, von denen niemand etwas wissen soll. Und hier müssen wir an unsere Beziehungen zum anderen Geschlecht denken, die manchmal viel enger sind, als es gut wäre und so, dass sie unserem Stand als verheiratete Leute nicht entsprechen. Allerdings glaube ich, dass wir mit dem Rat: Deckt sie vielmehr auf ... sowohl bei uns selbst als auch bei ande- ren unsere Probleme hätten! Letztlich, so meint Paulus, ist das alles doch aber ohne Nutzen und ohne Dauer! Irgendwann ist je- des Leben hier zu Ende und wir werden vor Gottes Stuhl stehen und dann wird gelten: „Das alles aber wird offenbar, wenn's vom Licht aufgedeckt wird; denn alles, was offenbar wird, das ist Licht.“ Dazu fällt mir die kleine Geschichte ein, die von einem Mann erzählt, der vor Gottes Thron steht und beteuert: Ich habe mich immer bemüht, ich habe nichts Schlechtes getan, nichts, was ich bereuen müsste, ich habe mir nie die Hände schmutzig gemacht ... Da unterbricht ihn Gott: Du magst mit allem, was du sagst, Recht haben und an deinen Händen klebt kein Blut und sie sind leid- lich sauber, aber ... sie sind leer! Was uns das sagen will? - Es kommt nicht nur darauf an, das Böse, die Sünde nicht getan zu haben. Wir sind dazu in dieser Welt, auch positiv etwas zu schaffen, gute Taten zu tun, anderen zu helfen und so Güte und Freundlichkeit, Liebe und Barmherzigkeit zu schaffen! Wenn das Licht Christi da- rauf fällt, wird nicht sichtbar sein, was wir nicht getan, was wir gelassen und unterlassen haben, sondern das, was in unseren Händen ist, was wir mitbringen und hinübertragen in Gottes Ewigkeit. Liebe Gemeinde, wir sind am Ende der Verse - und damit zurück am Anfang dieser Predigt. Hören wir noch einmal den Weckruf: „Wach auf, der du schläfst, und steh auf von den Toten, so wird dich Christus erleuchten.“ Wir wollen es wohl nicht immer sehen oder hören, aber es ist doch meist so in den biblischen Texte, den Geschichten und Gleichnissen: Wir werden gar nicht nur gemahnt, wir sollen gar nicht nur - vielleicht auch noch auf sehr aufwändige und vielleicht schmerzhafte Weise - unser Leben ändern, es hat auch immer eine Verheißung, was wir tun sollen! Hier heißt sie: „So wird Christus dich erleuchten!“ Und wenn er uns erleuchtet, können wir selbst Licht sein und von unserem Licht auch anderen Menschen weitergeben. Und das ist der erste und der schönste Sinn unseres Lebens in dieser Welt, dass wir unseren Nächsten solche Menschen sind, die nicht nur für sich selbst, sondern für die Mitmenschen leben, ihnen Helfer und Beistand, Berater und Fürspre- cher, Tröster und Mutmacher sind und eben damit Christinnen und Christen, die es auch im Leben anderer hell machen durch das Licht Jesu Christi. AMEN