Predigt zur Jahreslosung 2010 - 31.12.2009 / 1.1.2010 Jesus Christus spricht: Euer Herz erschrecke nicht. Glaubt an Gott und glaubt an mich. (Jh. 14,1) Liebe Gemeinde! „Euer Herz erschrecke nicht.“ Wie von allein sind unsere Gedanken ja jetzt zu uns selbst gegan- gen und wir fragen, was uns denn persönlich an der Schwelle dieses neuen Jahres erschreckt und ängstigt: Was wird in den kommenden 12 Monaten geschehen? In der Welt, der Politik und Wirt- schaft, aber eben auch und ganz besonders: in unserer Familie und im eigenen Leben. Welches Leid wartet auf mich? Wird es Zeiten der Trauer geben? Werde ich gesund bleiben? „Euer Herz erschrecke nicht.“ Wir stehen an der Tür des beginnenden Jahres und fühlen uns wie ein ängstliches Kind. Die Tür ist noch geschlossen, finster und ein wenig unheimlich. Wir wissen nicht, was dahinter liegt? Helles oder Dunkles? Schönes oder Leid? - Und wir zögern noch, die Tür aufzutun und einzutreten. Es ist nicht leicht, das alte Jahr zu verlassen und hinüberzugehen ins un- bekannte, neue. Ich will einmal dieses Bild von der Tür aufnehmen und noch weiter ausmalen. Vielleicht hilft uns das, von allem frei zu werden, was unsere Schritte hemmt und uns Herz so beklommen macht. Vielleicht kann das unseren Glauben kräftigen, unser Vertrauen stärken und uns Hoffnung schen- ken, dass wir fröhlich und ohne Angst hinübertreten ins neue Jahr? Das Bild, das ich vor Ihre inneren Augen stelle, ist das eines großen Hauses mit vielen Türen und vielen Zimmern, die hinter diesen Türen liegen ... Es ist das Bild unseres Lebens, das ich Ihnen ma- le. Wir - jede und jeder von uns - gehen durch dieses Haus mit den vielen Räumen. Wir öffnen eine Tür nach der anderen, 60-, 70-, 80- oder gar 90mal tut sich eine neue Tür auf für uns ... wenn Gott will. Dann durchschreiten wir die unbekannten Zimmer dahinter. Wir nehmen in uns auf, was jeder Raum an Gutem und Schwerem für uns bereithält. Wir halten uns ein ganzes Jahr in ihm auf und stehen dann, wenn wir alles im Zimmer kennen gelernt und erfahren haben, an einer weiteren Tür. Heute soll sie sich öffnen, die Tür zum neuen Jahr. Aber wir zögern noch. Was werden wir sehen, wenn sich der Türspalt weitet? Wird der neue Raum Glück und Freude bereithalten? Wird Trauer und Schmerz auf uns warten? Wem werden wir begegnen? Von wem werden wir Abschied nehmen müssen? Und die bedrängendste Frage: Wird auf der anderen Seite des Zimmers für uns noch eine weitere Tür sein? Schauen wir uns, bevor wir die nächste Tür öffnen und über die Schwelle gehen, noch einmal in dem Zimmer um, das wir bald verlassen werden. Es ist gut, wenn man den Blick noch einmal schweifen lässt und noch dies und das der Erinnerung einprägt und vielleicht in Gedanken mit- nimmt oder geordnet zurücklässt, bevor man weitergeht. Ganz hinten, auf der anderen Seite des Raums, den wir verlassen wollen, stehen all die guten Vor- sätze, die wir vor 12 Monaten gefasst haben. Dies und das wollten wir lassen. Diesen oder jenen wollten wir besuchen. Ja - so war es unser wichtigster Vorsatz - unser ganzes Lebens sollte mehr Tiefe bekommen. - Was ist wahr geworden davon? Wir hatten vor, mehr aus dem Wort Gottes heraus zu leben, zu denken, zu arbeiten, zu entscheiden ... Wir wollten ihm, unserem Gott, endlich bei uns mehr Platz und mehr Bedeutung einräumen. So wie es ihm ja auch zusteht. Das wirklich Wesentliche sollte uns groß werden und nicht so sehr die eigenen Interessen, die äußerlichen Dinge, der Kram dieser Welt ... Unseren Eigensinn wollten wir zurückdrängen, unsere ewige Ichsucht ... Ein bisschen mehr für an- dere leben wollten wir, Frucht tragen für die Nächsten, die Menschen in unserer Nähe und in der Ferne auch. Was hat sich davon erfüllt? Was hat uns wirklich von diesen Vorsätzen in den vergan- genen 365 Tage bestimmt und begleitet? Dort drüben, mitten im Licht des Raumes, erkennen wir auch all die frohen Erlebnisse des vergan- genen Jahres; die hat es ja auch gegeben. Die gelungenen Stunden, die Freude, das Glück: Die Er- fahrungen der Liebe zu einem Menschen, die guten Worte, die wir gewechselt haben, die Hilfe, die uns zuteil wurde, der überraschend gute Ausgang einer Sache, die uns erst so viele Sorgen gemacht hat. Die Zusage, die unsere berufliche Zukunft öffnete, das gesunde Kind, der Enkel, der uns ge- schenkt wurde ... Dorthin, wo all diese schönen Dinge stehen, schauen wir gern. Das hat uns froh gemacht und unser Herz leicht und frei. Tage waren das, an denen wir gern gelebt haben und glücklich waren. - Haben wir eigentlich immer für alles gedankt, was wir da empfangen durften? War uns das ein Lob des Gebers aller guten Gaben wert, oder ist uns vieles davon nicht als unser eigenes Verdienst erschie- nen?: Erfolge, die uns doch zustanden, unsere Arbeit, unsere Leistung! Und wenn es doch anders war bei uns, wo hat uns die Dankbarkeit so bewegt, dass wir dann wei- tergeschenkt haben, was wir erhalten hatten? Aber hat der Geber aller guten Gaben nicht vielleicht gerade das bei uns erreichen wollen: Dass wir weiterschenken, was er uns gibt? Ja, waren wir ihm das nicht eigentlich schuldig, dem Gott aller Güte, dem Herrn unseres Lebenshauses und jedes Raumes darin, den wir durchschreiten, dem Herrn unserer Jahre? Da drüben, an diese düstere Wand, haben wir all die schlimmen, belastenden Erlebnisse des ver- gangenen Jahres gestellt. Dorthin zu blicken, fällt uns nicht leicht. Das war die schwere Zeit, in der es uns so schlecht ging und wir nicht wussten, wie es weitergehen soll. Es hat uns die Luft abge- drückt und unser Glaube wäre fast dem Zweifel gewichen. Dort sind auch all die bösen Momente des vergangenen Jahres: Die Minuten der Angst, die Stunden der Schwermut, die Augenblicke des Ärgers, des Zorns, der Wut ... In jedem Raum, den wir bis heute durchmessen haben, blieb auch Schlimmes und Dunkles zurück. Immer war das so. Aber: Wollten wir nicht auch das Schwere aus der Hand Gottes nehmen? Woll- ten wir nicht alles, was uns widerfährt, vor ihm bedenken, seine Stimme darin hören, die Winke seiner Hand erkennen? Und wollten wir nicht alles, was wir erleben, auch im Gebet vor ihm aus- breiten, vor seinem Wort prüfen und darin Hilfe und Weisung empfangen? - Wie viel von alledem, was wir vorhatten im vergangenen Jahr, ist wahr geworden? Oder ... wie wenig? „Euer Herz erschrecke nicht.“ - Wieder stehen wir an einer neuen Tür und hinter ihr wird es wie- der so sein: Wir werden Dinge, Erfahrungen und Erlebnisse vorfinden - wir werden ihnen begegnen müssen, mit ihnen umgehen und mit ihnen fertigwerden müssen. Jetzt ist der Augenblick da, dass wir die Tür auftun. Haben wir genug Mut dazu? „Glaubt an Gott und glaubt an mich“, sagt Jesus. Wir öffnen also die Tür im Glauben und im Vertrauen auf Gott und auf unseren Herrn Jesus Christus. Gewiss, alles was uns begegnen wird, ist noch unbekannt und offen hinter der Schwelle zum Neuen. Nichts ist schon sicher und fest, so dass wir uns darauf verlassen könnten. Nur das eine ist felsenfest und sicher: „Glaubt an Gott und glaubt an mich.“ Der Herr des Hauses, der uns in seiner Güte heute einen neuen Lebensraum öff- net, will bei allem mit dabei sein! Er bietet uns heute seine Hand zur Begleitung an. Er schenkt uns heute die Möglichkeit, seine Jüngerinnen und Jünger zu werden, schenkt uns neue Chancen, seine Wahrheit zu begreifen und gibt unserem Leben einen neuen Anfang. Das kann nun das Jahr sein, in dem Vorsätze wahr und wirklich werden: Heute können wir den ers- ten Schritt in eine Zukunft mit Gott tun, in der wir in Dank und Bitte des täglichen Gebets vor ihm leben. Das kann das Zimmer unseres Hauses werden, in dem wir die tiefsten Erfahrungen machen, die wesentlichen Entscheidungen treffen, die beglückendsten Erlebnisse haben. Alles ist noch offen hinter der Tür. Es kommt so viel darauf an, was wir mit dem, was wir vorfinden, tun, mit welcher Haltung wir ihm begegnen. Der Glaube an die Güte unseres Herrn, das Vertrauen auf seine Gnade und Geduld werden uns helfen! Wir haben die Klinke schon in der Hand. Gleich werden wir sie herunterdrücken. Lasst uns jetzt al- les, was uns erschreckt, befangen und ängstlich macht, an der Schwelle ablegen: die Zweifel, ob es wohl im kommenden Jahr besser werden kann mit uns und unserem Leben. Die furchtsamen Er- wartungen, was im neuen Raum wohl an Schwerem und Bedrängendem auf uns wartet. Auch das Urteil über uns selbst: Ich kann mich ja doch nicht mehr ändern!, lassen wir zurück. Auch die Schuld, die wir im vergangen Jahr aufgehäuft haben. Gott vergibt sie uns. Lassen wir das alles jetzt an der Schwelle abfallen von uns. Es soll uns nicht mehr belasten. Wir sind frei! Wir treten ein in den neuen Raum unseres Lebens und danken Gott: 365 Tage misst das Zimmer. An jedem Tag will unser Herr bei uns sein vom Morgen bis zum Abend. Mit ihm können wir den neuen Raum ganz getrost betreten und durchschreiten. Ihm gehört das ganze Haus. Aber er hat es uns überlassen für die Jahre unseres Lebens. Es wird an uns liegen, ob wir ihm den Platz da- rin geben, der ihm zusteht! Wo er mit uns lebt und arbeitet, da weicht alle Furcht und aller Schre- cken. Es ist ein sicheres Gehen an seiner Seite. Auch unsere Schuld, die wir uns immer wieder auf- laden, tragen wir nicht allein. Und er nimmt sie uns ab, wenn wir ihn bitten. Wenn wir im kommenden Jahr auch dunkle Stunden erfahren müssen, werden wir nicht allein sein. Mit der Hilfe Gottes können wir alles bestehen, was uns erwartet. Und selbst wenn wir aus diesem Haus in ein anderes gehen müssen, Gott verlässt uns nicht. Er begleitet uns und hat das neue Haus schon bereitet - durch Jesus Christus, unseren Herrn, der uns heute zusagt: Euer Herz erschrecke nicht. Glaubt an Gott und glaubt an mich.