Predigt zum Pfingstsonntag - 24.5.2015 Textlesung: Jh. 14, 23 - 27 Jesus antwortete und sprach zu ihm: Wer mich liebt, der wird mein Wort halten; und mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm nehmen. Wer aber mich nicht liebt, der hält meine Worte nicht. Und das Wort, das ihr hört, ist nicht mein Wort, sondern das des Vaters, der mich gesandt hat. Das habe ich zu euch geredet, solange ich bei euch gewesen bin. Aber der Tröster, der heilige Geist, den mein Vater senden wird in meinem Namen, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe. Den Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt. Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht. Liebe Gemeinde! Sehr leicht überhört oder überliest man, was dieser Satz eigentlich bedeutet: „Wer mich liebt, der wird mein Wort halten; und mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und Woh- nung bei ihm nehmen.“ Besonders der Schluss dieses Satzes ist ganz anders als das andere Wort, an das wir zuerst meist denken, wenn wir im Neuen Testament nach dem Begriff „Wohnung“ suchen. Ich meine dieses; wir lesen es im selben Kapitel des Johannesevangeliums: „Im Hause meines Va- ters sind viele Wohnungen. Ich gehe hin, euch eine Stätte zu bereiten.“ (Jh.14,2) Überhaupt ist in der Bibel meist von unserer Wohnung im Himmel die Rede und nicht wie hier von einer irdischen Wohnung - und die liegt auch noch in uns: „...wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm nehmen.“ Ja, Sie verstehen das recht: Jesus Christus und unser himmlischer Vater wollen in unse- rem Herzen wohnen! Vielleicht denken wir jetzt an das kleine Abendgebet, das unsere Mutter oder unser Vater schon an unserem Kinderbettchen für uns gesprochen hat und das wir heute wieder mit unseren Kindern oder Enkeln beten: „Ich bin klein, mein Herz ist rein, soll niemand drin wohnen als Jesus allein.“ Ich ha- be eigentlich nichts gegen dieses Gebet, aber ich glaube, schon als Kinder und besonders, wenn wir erst älter werden, lässt sich das nicht durchhalten: Da wohnen doch noch viele andere Menschen, Dinge und Gedanken in unserem Herzen. Und so ganz rein bleibt unser Herz auch nicht im Laufe der Jahre. Aber schauen wir noch einmal in die Verse, die wir heute bedenken. Da gibt es zwei Bedingungen dafür, dass Jesus und sein himmlischer Vater bei uns einziehen: „Wer mich liebt, der wird mein Wort halten...“ Aber genau genommen ist es ja nur eine Bedingung, denn wer Jesus Christus liebt, der wird auch sein Wort achten und befolgen - und dann folgt auch das wie von selbst: „...und mein Vater wird ihn lieben...“, denn es ist uns von Jesus versprochen! Und schließlich kann das wahr werden: „...wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm nehmen.“ - Aber das klingt alles so einfach. Ist es so einfach? Gewiss würden wir alle sagen: Ja, wir lieben unseren Herrn. Und ich will das gar nicht bezweifeln. Aber „halten wir auch sein Wort“ oder anders gefragt: Tun wir, was er uns heißt? Wenn wir ein wenig über diese Frage nachdenken, dann wird uns deutlich, dass es doch recht viele Worte gibt - nicht nur die von Jesus - die wir halten sollen, Worte, Weisungen, die beanspruchen, dass wir nach ihnen tun, also ihnen gehorsam sind. Ein paar Beispiele: Da sind die Gesetze, das Grundgesetz und die Strafgesetze, die Gesetze des Anstands und die der Firma, in der wir arbeiten, des Vereins, in dem wir Mitglied sind und es gibt sogar meist ungeschriebene Gesetze, die in unserer kleinen und größeren Familie gelten. Dann gibt es die Ethik und Moral, die in unserem Land, in Europa und teilweise in der ganzen Welt gültig sind mit ihren Forderungen, z.B. alle Menschen, ihr Leben, ihre körperliche und seelische Unversehrtheit und ihre Grundrechte zu achten. Auch gibt es gesetzliche Vorschriften und Regeln, an die man sich vielleicht nur in einem bestimmten Land oder Bundes- land halten sollte, wie das Gebot, auf den Straßen rechts zu fahren oder wie bei uns in Deutschland die „Sonntagsheiligung“, mit ihren ganz bestimmten Einschränkungen des öffentlichen Lebens, un- terschiedlich in den verschiedenen Bundesländern. Schon die Vielzahl dieser Gesetze, Regeln und Vorschriften sind nicht immer leicht zu halten und stellen uns immer wieder vor die Aufgabe, sie mit unserem Willen in Einklang zu bringen, das Angemessene, das Gute und Rechte zu tun. Ja, und dann gibt es eben noch die Gebote der Bibel wie „Du sollst nicht andere Götter anbeten, nicht töten, nicht ehebrechen, nicht stehlen“ usw., hinter denen auch Jesus steht und die uns zu ach- ten aufgetragen sind. Wir haben sie spätestens im Konfirmandenunterricht kennengelernt und ver- suchen alle Zehn Gebote gewiss auch nach Kräften zu befolgen. Aber wir erleben auch immer wie- der, dass es sehr schwierig sein kann, diese Gebote zu erfüllen, weil wir in Lebenssituationen kommen können, in denen das eine mit dem anderen Gebot in Konflikt kommt. Nehmen wir nur den Fall, dass wir einerseits die Wahrheit sagen sollen, dass es auf der anderen Seite durch die Wahrheit doch auch manchmal zu Streit und schlimmsten Auseinandersetzungen bis hin zum Ein- satz von Gewalt kommen kann. Das kann so weit gehen, dass wir hinterher denken, wir hätten bes- ser die Wahrheit verschwiegen oder ... gelogen. Ein anderes Beispiel für solche Konflikte, in die Menschen kommen können, wenn sie die Gebote beachten, ist die Tatsache, dass es einige Staaten der USA, Asiens, Afrikas, Südamerikas und sogar Europas (Weißrussland) gibt, in denen die To- desstrafe noch gilt und vollzogen wird. Dort müssen sich also Christen damit abfinden, dass ihr Staat Menschen tötet, während ihr Gewissen das als Verstoß gegen das fünfte Gebot verurteilen muss. Als praktizierender Christ in solchen Staaten zu leben, muss ziemlich schwierig sein. Sind also schon die Zehn Gebote nicht immer zu halten, ohne dass unser christliches Gewissen in Konflikte kommt, so gibt es darüber hinaus doch noch eine Menge anderer Worte, die unser Herr uns hinterlassen hat, nach denen wir uns richten sollen, auch wenn sie nicht als Gebote formuliert sind. Drei Beispiele dafür aus der Bergpredigt: Christen sollen Salz der Erde und Licht der Welt sein! Liebt eure Feinde und bittet für die, die euch verfolgen! Ihr sollt vollkommen sein, wie euer Vater im Himmel vollkommen ist! Besonders das dritte Wort aus dieser Reihe: Ihr sollt vollkommen sein wie euer himmlischer Vater!, macht es ganz deutlich: Auch diese Worte zu erfüllen ist nicht nur schwierig, es scheint uns fast unmöglich. Was können wir also tun, um zu zeigen, dass wir Jesus liebhaben, dass wir sein Wort halten, damit uns dann auch der himmlische Vater liebt und mit Jesus bei uns Wohnung nimmt??? Liebe Gemeinde, wenn es auch fast unmöglich erscheint, so wissen wir doch, dass unser Herr nichts von uns verlangt, was wir nicht erfüllen können. Zwei Hilfen gibt er uns an die Hand: Von der ersten Hilfe lesen wir bei Matthäus: Da sagt Jesus von allen Geboten, dass sie zusammengefasst sind in einem doppelten Gebot, nämlich diesem: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von gan- zem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt.“ Und: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“ Und er fügt hinzu: „In diesen beiden Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten.“ (Mt.22,37-40) Das heißt doch nichts anderes als das: Wer Gott von Herzen liebt und seinen Mitmenschen wie sich selbst, der hat alle anderen Gebote erfüllt. Und wir können uns ja wirklich keinen Christen vorstellen, wenn er wirklich Gott und den Nächsten liebt, dass er dann die Ehe bricht, lügt, stiehlt oder gar tötet! Von der zweiten Hilfe, das Unmögliche möglich zu machen, hören wir in den Versen, die uns heute zu Pfingsten zu bedenken vorgelegt sind. Ich lese noch einmal einen Satz aus diesen Versen: „...der Tröster, der heilige Geist, den mein Vater senden wird in meinem Namen, der wird euch alles leh- ren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe.“ Dieser „Tröster“, den wir auch Bei- stand oder Helfer nennen dürfen, ist uns zu Pfingsten versprochen! Wir sehen ihn nicht, aber wir können ihn fühlen. Wir hören ihn nicht mit unseren Ohren, aber in unserem Herzen. Er lehrt uns das Leben, wie es Gott gefällt. Er erinnert uns an alles, was wir im Sinne unseres Herrn tun sollen. Er ist nicht greifbar, aber uns doch immer so nah, wie unser Gewissen. - Liebe Gemeinde, ich merke wohl, dass die Worte über den „Tröster“ doch sehr rätselhaft bleiben und wenig konkret. Aber es gibt eine Gelegenheit, da kann der Tröster - oder sagen wir: der Heilige Geist - ganz deutlich und ganz praktisch erfahren werden: Viele Christen und ich auch, haben sich angewöhnt, bei allen Entscheidungen von Belang und an allen Stellen, an denen sich unser Le- bensweg gabelt und wir hier oder dort weitergehen können, zu fragen: Was hätte Jesus jetzt getan? Sie sagen dazu vielleicht: Woher sollen wir das denn wissen? Die Erfahrung aber, die wir machen können, ist diese: Wenn wir vorbehaltlos so fragen, wenn wir bereit sind, wirklich die Entscheidung zu treffen und den Weg einzuschlagen, den unser Herr uns weisen will, dann wissen wir auf einmal auch, wo zu gehen, was zu tun und wie jetzt zu handeln ist. Ich bin überzeugt, der dahinter steht, der uns da hilft, das Rechte zu tun, ist der Tröster, der Helfer, der Beistand, den uns Jesus zum Pfingstfest versprochen hat. Und weil ich davon überzeugt bin, möchte ich jetzt mit dem Rat schließen: Probieren Sie es doch auch damit und erfahren Sie den Heiligen Geist in Ihrem Leben. AMEN