Predigt zum 1. So. n. Epiphanias - 11.1.2015 Textlesung: Mt. 3, 13 - 17 Zu der Zeit kam Jesus aus Galiläa an den Jordan zu Johannes, dass er sich von ihm taufen ließe. Aber Johannes wehrte ihm und sprach: Ich bedarf dessen, dass ich von dir getauft werde, und du kommst zu mir? Jesus aber antwortete und sprach zu ihm: Lass es jetzt geschehen! Denn so ge- bührt es uns, alle Gerechtigkeit zu erfüllen. Da ließ er’s geschehen. Und als Jesus getauft war, stieg er alsbald herauf aus dem Wasser. Und siehe, da tat sich ihm der Himmel auf, und er sah den Geist Gottes wie eine Taube herabfahren und über sich kommen. Und siehe, eine Stimme vom Himmel herab sprach: Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe. Liebe Gemeinde! Eigentlich wollte ich die Predigt zu dieser Geschichte von der Taufe Jesu so beginnen: „Vergessen wir alles, was wir bis heute über die Taufe gedacht haben, was wir von ihr erwarten und wie wir meinen, dass sie nach der Bibel ablaufen sollte. Denn die Taufe Jesu lehrt uns einiges andere dar- über, warum wir taufen sollen und über den Sinn und den Zweck der Taufe!“ Wie gesagt: So wollte ich eigentlich beginnen. Aber dann wäre die Gefahr groß gewesen, dass wir unser Taufen heute und unsere eigene Taufe vor Jahren oder Jahrzehnten geringschätzen und für nicht richtig oder gar für nicht gültig halten. Aber dazu gibt es keinen Grund! Es ist sicher so, dass wir an dieser Geschichte über die Taufe Jesu wieder begreifen können, was die Taufe eigentlich bedeutet und wozu sie gut ist. Aber - so unterschiedlich unsere Taufe auch zur Taufe Jesu sein mag - ihren ursprünglichen Sinn können wir auch unserer Taufe wieder geben - wenn wir es wollen! Aber gehen wir einmal der Taufe Jesu entlang und schauen wir, wo sie anders ist als unsere Taufe heute. Dabei entdecken wir mindestens drei Unterschiede: „Zu der Zeit kam Jesus aus Galiläa an den Jordan zu Johannes, dass er sich von ihm taufen ließe.“ Das ist schon einmal anders als es meistens in unserer Zeit ist: Der Täufling kommt selbst zu seiner Taufe und nicht nur das, er hat auch selbst den Enschluss gefasst, sich taufen zu lassen. - Außer in bestimmten Sekten und einigen christlichen Religionsgemeinschaften, die ausschließlich Erwach- sene taufen, sind es bei uns die kleinen Kinder oder manchmal Jugendliche, die vor ihrer Konfirma- tion oder an ihrer Statt getauft werden. Meist also ist nicht der eigene Entschluss entscheidend da- für, wenn bei uns getauft wird, sondern eher die Tradition und der Brauch in der Gemeinde und der Wunsch der Eltern nach dem Segen Gottes, den sie bei der Taufe erbitten und empfangen. „Aber Johannes wehrte ihm und sprach: Ich bedarf dessen, dass ich von dir getauft werde, und du kommst zu mir? Jesus aber antwortete und sprach zu ihm: Lass es jetzt geschehen! Denn so ge- bührt es uns, alle Gerechtigkeit zu erfüllen.“ Gewiss kam mit Jesus einer zur Taufe an den Jordan, der nach unserer Meinung viel wichtiger war und weit mehr gegolten hat als der Täufer Johannes und der weit über ihm stand. Aber - und das muss auch der Täufer hier lernen - darum geht es gar nicht, wenn wir taufen! Die Taufe hat einen anderen, viel höheren Sinn als den, dass hier einer, der würdiger ist als der Täufling, diesen empor- hebt zu einem Menschen, der durch die Taufe nun selbst an Würde und Bedeutung gewinnt. “Lass es geschehen“, sagt Jesus. Und wir erfahren auch, warum es geschehen soll: Damit die Gerechtig- keit erfüllt wird. Wir würden es so ausdrücken: „Weil es so sein soll, weil Gott es so haben will!“ - Ja, das ist bei uns auch anders. Wir müssten sagen: Wir taufen, weil wir es so wollen. Weil unser Kind auch zur christlichen Gemeinde gehören soll. Weil wir hoffen, dass unser Kind durch die Taufe unter dem Segen Gottes aufwächst und wenn wir ganz ehrlich sind, wünschen wir uns auch, dass Gott unser getauftes Kind vor Unfall und Gefahr beschützt. „Und siehe, da tat sich ihm der Himmel auf, und er sah den Geist Gottes wie eine Taube herabfah- ren und über sich kommen. Und siehe, eine Stimme vom Himmel herab sprach: Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe.“ Dass sich der Himmel über unseren Täuflingen auftut, das erwarten wir ganz sicher nicht. Auch nicht, dass wir eine Taube herabfahren sehen. Aber wenn wir hinter diese Bilder blicken, dann kön- nen wir noch einen weiteren Sinn der Taufe erkennen: „Dies ist mein lieber Sohn“, sagt die Stimme vom Himmel. Ist das nicht wie eine Bestätigung des Auftrags, den dieser Jesus in und für diese Welt hatte? Ausgerechnet ein heidnischer Hauptmann wird nur drei Jahre später unter dem Kreuz Jesu ausrufen: „Wahrlich, dieser Mensch ist Gottes Sohn gewesen!“ (Mk.15,39b) Der Hauptmann unter dem Kreuz hat begriffen, was der Auftrag dieses Mannes aus Nazareth war, die er bei seiner Taufe übernommen hat: Für die Sünde und Schuld aller Menschen zu leiden und zu sterben. - Ei- nen Auftrag verbinden wir heute kaum noch mit der Taufe. Schon gar keinen solch ernsten. Allen- falls das würden wir auch von unserer Taufe erwarten: Dass ein wenig vom Geist Gottes auf unsere Kinder kommt und dass dieser Geist sie beseelt und vor Schaden, Unfall und Gefahr bewahrt und sicher auch, dass Gott „Wohlgefallen“ an unseren Kindern hat. Liebe Gemeinde, wir haben es gesehen: Unsere Taufe ist anders als die Taufe Jesu. Wir haben ihr im Laufe der Jahrhunderte eine andere Gestalt gegeben und teilweise einen anderen Sinn. Es gibt andere Erwartungen an die Taufe und andere Gründe, warum wir taufen. Aber was heißt das jetzt für uns. Was machen wir mit dieser Erkenntnis? Der wichtigste Unterschied zwischen der Taufe Jesu und unserem Taufen ist sicher, dass damals der Täufling selbst als erwachsener Mensch und mit einer eigenen Entscheidung zur Taufe kam. Wir dagegen taufen meist die kleinen Kinder, die nicht wissen, was in der Taufe mit ihnen ge- schieht. Dieser Unterschied lässt sich heute schwer aufheben! Dazu ist unsere Tauftradition zu fest. Außerdem ist es ja für uns als Eltern sehr schön zu wissen, dass auch unsere kleinen Kinder schon zu Gott und zu Jesus Christus gehören. Aber - da bin ich ganz sicher - etwas könnten wir doch auch von der Taufe Jesu mitnehmen: Wir könnten in den Jahren von der Taufe unserer Kinder an bis zu der Zeit, wenn sie erwachsen sind, unsere Bemühungen verstärken, dass unsere Kinder von ihrer Taufe erfahren und ihre Bedeutung begreifen. Der Brauch zum Beispiel, dass viele Gemeinden eine Taufkerze von der Tauffeier in der Kirche mitgeben, soll dabei eine Hilfe sein, immer wieder einmal mit den heranwachsenden Kin- dern über ihre Taufe zu sprechen. Und das nicht nur, wenn wir die Taufkerze einmal jährlich am Geburtstag anzünden! (2. Beispiel: Tauferinnerungsgottesdienste, wo sie üblich sind) Bei der Gelegenheit eines Gespräches über die Taufe können wir sicher auch darüber reden, dass nicht nur wir Eltern die Taufe gewollt haben, sondern dass Gott will, dass alle, die ihn Vater nen- nen, auf den Namen seines Sohnes Jesus Christus getauft werden. Wir müssen dabei ja nicht solche Worte wählen, wie wir sie hier lesen: „Denn so gebührt es uns, alle Gerechtigkeit zu erfüllen.“ Wenn wir dagegen sagen: Der Vater im Himmel will, dass alle seine Kinder getauft werden und den Namen „Christen“ bekommen. Deshalb haben wir auch dich zur Taufe gebracht!“, dann, glau- be ich, verstehen das auch schon kleinere Kinder. Der dritte Unterschied bei der Taufe Jesu zu unserer Taufe heute war: Dass der erwachsene Täuf- ling eine Aufgabe übernommen hat, die er nun als Getaufter erfüllen wollte. Wir haben besprochen, welch ernste und schwere Aufgabe das für Jesus, den Sohn Gottes, gewesen ist. Bei uns und für uns ist die Aufgabe nicht so schwer und belastend. Und auch darüber können wir schon mit unseren Kindern sprechen und auch uns Erwachsenen wird es gut tun, immer wieder einmal darüber nach- zudenken: Unsere Aufgabe, die wir von der Taufe mitnehmen ist es, ein Leben zu führen, dem un- sere Mitmenschen ansehen, dass es sich an den Geboten Gottes ausrichtet und dass wir uns nach Kräften bemühen, unseren Lebensweg in der Spur unseres Herrn Jesus Christus zu gehen. Dazu ge- hört es, dass wir und unsere Kinder die Geschichten von und über Jesus, wie sie in der Bibel stehen, kennenlernen, denn dort erfahren wir etwas darüber, wie Jesus gelebt, gedacht und gehandelt hat. Dazu gehört auch, dass wir das Gebet üben, das uns täglich Gelegenheit gibt, unser Tun und Lassen vor dem Hintergrund dessen zu bedenken, was Jesus wohl in dieser und jener Situation getan hätte. Außerdem sind wir in der Stille unseres Gebets auch immer wieder eingeladen, unserem Herrn für seine Liebe und Treue und für die tägliche Bewahrung und Hilfe zu danken. Schließlich gehört zu einem Leben als Christin und Christ auch immer die Beziehung zur christli- chen Gemeinschaft. Unser Herr hatte nicht nur einen Jünger, sondern 12 - und auch wenn wir nicht viel in der Bibel davon lesen - es gab noch viel mehr Jünger und Jüngerinnen! Auch wir brauchen die anderen Christen in der Gemeinde! Sie helfen uns im Glauben zu stehen. Sie ermutigen uns. Sie stützen uns, wenn wir Hilfe nötig haben. Sie trösten uns, wenn wir Trost brauchen. Liebe Gemeinde, wie wir heute die Taufe halten hat Sinn und sie ist gültig. Aber ein paar Unter- schiede gibt es zu der Taufe Jesu schon. Es ist aber nicht schwer, das, was wichtig und gut ist an der Taufe Jesu, für unser Taufen heute wiederzugewinnen. AMEN