Predigt zum 2. Christtag - 26.12.2014 Textlesung: Jh. 1,1-5 (6-8) 9-14 Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort. Dasselbe war im An- fang bei Gott. Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht, und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist. In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat’s nicht ergriffen. (Es war ein Mensch, von Gott ge- sandt, der hieß Johannes. Der kam zum Zeugnis, um von dem Licht zu zeugen, damit sie alle durch ihn glaubten. Er war nicht das Licht, sondern er sollte zeugen von dem Licht.) Das war das wahre Licht, das alle Menschen erleuchtet, die in diese Welt kommen. Er war in der Welt, und die Welt ist durch ihn gemacht; aber die Welt erkannte ihn nicht. Er kam in sein Eigentum; und die Seinen nahmen ihn nicht auf. Wie viele ihn aber aufnahmen, denen gab er Macht, Gottes Kinder zu wer- den, denen, die an seinen Namen glauben, die nicht aus dem Blut noch aus dem Willen des Flei- sches noch aus dem Willen eines Mannes, sondern von Gott geboren sind. Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingebo- renen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit. Liebe Gemeinde! Sehr bekannte und sehr schöne Worte, aber sie sind nicht leicht zu verstehen! Schon gar nicht, kann man über alles sprechen, was sie uns sagen wollen. Jedenfalls nicht in einer Predigt. Was wir aber können, ist dies: Aus diesen vielen schönen Versen, zwei oder drei herausgreifen und dann schau- en, was wir daraus entnehmen und nach Hause und in unser Leben mitnehmen können, dass es uns tröstet, unseren Glauben stärkt und bereichert. Und vielleicht kann es auch noch ein bisschen weih- nachtlich sein und zu den Christtagen passen? Mit diesen Gedanken im Kopf bin ich an den schönen Worten mehrfach entlang gegangen...und ich bin zuerst an diesem Vers hängengeblieben: „Das war das wahre Licht, das alle Menschen er- leuchtet, die in diese Welt kommen.“ Jesus Christus ist hier gemeint. Er ist das Wort Gottes, das Fleisch geworden ist. Er ist das wahre Licht, das in der Finsternis dieser Welt scheint. Was ich an diesem Vers besonders bemerkenswert finde? Dass dieses wahre Licht alle Menschen erleuchtet, die in diese Welt kommen. Ich habe lange überlegt, woran wir erkennen, dass wir dieses wahre Licht in uns tragen, was sein Kennzeichen ist und was es mit uns und allen Menschen macht, die seine Strahlen empfangen ha- ben. Ich glaube jetzt, dass dieses Wort vom Licht des Gewissens spricht. Unser Gewissen beleuch- tet uns ja tatsächlich das, was wir tun und lassen. Mit unserem Gewissen prüfen wir unser Denken, unsere Taten und unser Reden. Es sagt uns, ob alles, was von uns ausgeht und was andere Men- schen an uns erfahren, dem entsprechen, was wir im Innersten glauben und für richtig halten. Manchmal ist uns unser Gewissen ja ziemlich lästig. Wir wollen gern etwas Bestimmtes tun - aber es sagt uns, dass wir es nicht tun sollten. Oder wir haben nicht auf unser Gewissen gehört und et- was gesagt, was einen Menschen sehr gekränkt und uns hinterher Leid getan hat. Dann kann uns das Gewissen ganz schön quälen, bis wir endlich wieder gut gemacht haben, was dem Mitmenschen weh getan hat. Schließlich verurteilt unser Gewissen auch manchmal das, was wir auch nur gedacht haben, noch ehe wir es ausgesprochen oder danach gehandelt haben. Aber ist das wirklich wahr, dass alle Menschen, die in diese Welt kommen, also geboren werden, von einem Gewissen erleuchtet sind? Ich glaube, ja! Das muss aber gar nicht heißen, dass jeder Mensch, der uns begegnet, auch noch ein Gewissen hat. Man kann auch sein Gewissen betäuben oder auch ganz - vielleicht für immer - zum Schweigen bringen. Wir sprechen dann von gewissen- losen Menschen. Aber solche Menschen sind eigentlich sehr arm und zu bedauern, denn sie haben das wahre Licht, das von Gott kommt, in sich ausgelöscht. Wenn wir also ein Gewissen haben, dann dürfen wir sehr dankbar sein. Es hilft uns zu einem rechten Leben, besonders als Christen. Aber ich will hier eine kleine Geschichte erzählen, die uns ganz praktisch vor Augen und Herzen führt, wie uns das Gewissen sagt, was richtig wäre und was wir tun sollten und wie es uns quält, wenn wir nicht darauf hören. Es ist auch eine Geschichte, die in diese Weihnachtszeit passt. Da ist ein Junge von 12 Jahren am Vortag von Heiligabend. Die Eltern sind noch einmal fortge- gangen, um ein paar Besorgungen zu machen. Der Junge hat sich ein Fahrrad zu Weihnachten ge- wünscht. Wie gern wüsste er, ob es am nächsten Abend unter dem Weihnachtsbaum liegen würde. Jetzt wäre die Gelegenheit günstig. Die Weihnachtsstube ist nicht abgeschlossen. Er weiß wohl, dass er diese Stube nicht betreten darf. Das haben ihm die Eltern immer wieder ein- geschärft. Aber was ist schon dabei. Er will doch nur einen Blick werfen und dazu nur zwei, drei Schritte in das verbotene Zimmer hinein tun. Er zögert lange. Dann aber denkt er, dass die Eltern bald wieder zurückkommen werden...und er öffnet die Tür, tritt hinein und wirklich, unter dem Baum steht ein silbern blinkendes Fahrrad. Eines, genau wie er es sich gewünscht hat. Schon dreht er sich um und verlässt eilig die Stube. Kaum ist die Tür wieder geschlossen, geht in ihm etwas Seltsames vor. Wie gern möchte er unge- schehen machen, was er getan hat. Und irgendwie, jetzt wo er weiß, dass er das Fahrrad bekommt, hat ihn auch die Vorfreude verlassen und er fühlt sich sehr schlecht. Eine Stunde später kommen die Eltern nach Hause. Die Mutter schaut ihren Sohn nur an und der spürt, dass sie weiß..., aber sie sagt kein Wort, nur ihr Blick wird sehr traurig. Am Heiligen Abend würde der Junge am liebsten gar nicht zur Bescherung in die Weihnachtsstube treten. Alle Freude ist dahin. Am liebsten wäre es ihm, das silbern blinkende Fahrrad stünde nicht dort unter dem Baum und der ganze Heilige Abend wäre vorbei. Bis hierhin die kleine Geschichte. Hätte der Junge nur auf sein Gewissen gehört. Hätte er sich von ihm nur das, was er tun wollte, beleuchten lassen. So aber hat er sich die Freude genommen und seine Eltern sind traurig. Und es gibt keine Möglichkeit, seine Tat je wieder gut zu machen. Zugegeben, eine relativ harmlose Geschichte. Es ist etwas anderes, wenn Politiker gegen besseres Wissen lügen. Es ist etwas anderes, wenn Menschen, die straffällig geworden sind, ihre Schuld leugnen, die sie doch selbst ganz deutlich spüren. Und es ist schon gar etwas anderes, wenn Men- schen keine Hemmungen mehr haben und andere Menschen willentlich verletzen oder sogar töten. Aber wie das Gewissen, wenn diese Menschen noch eines besitzen, sie dann plagt, ist nicht anders als bei dem Jungen, von dem ich erzählt habe. Sie empfinden Reue - vielleicht ein Leben lang. Es tut ihnen Leid und sie möchten ungeschehen machen - und können es doch nicht. Es ist gut, auf das Gewissen zu hören. Es ist wie ein Licht von Gott, das uns selbst erhellt und den Weg, den wir gehen sollen und uns zeigt, was gut ist und richtig und was falsch und böse. Aber es gibt noch einen Vers - genau genommen sind es zwei Verse, die mich in diesem Textab- schnitt mit den vielen schönen Worten des Johannes besonders angesprochen haben: „Er kam in sein Eigentum; und die Seinen nahmen ihn nicht auf. Wie viele ihn aber aufnahmen, denen gab er Macht, Gottes Kinder zu werden...“ Es ist ja wohl wahr, dass er, Jesus Christus, damals in sein Ei- gentum kam und ihn viele Menschen, besonders aus dem Volk, dem er selbst auch angehörte, nicht aufgenommen haben. Sie hatten einen ganz anderen Heiland erwartet, einen Messias, einen König, der mit Gewalt und mächtiger Hand die Römer, die Israel besetzt hielten, aus dem Land vertreiben und Israel wieder zur früheren Größe führen würde. Jesus aber war ein ganz anderer König, sanft- mütig und einer, der nicht die Römer, sondern die Herzen der Menschen bezwingen wollte, denen er begegnete. Und genauso ist das noch heute. Und gerade in der Adventszeit feiern wir ja, dass er sich zu uns aufmacht. Advent heißt ja Ankunft. Auch zu uns kommt er gewaltlos und will nur unser Herz für sich gewinnen. Und auch wir sind ja als Christinnen und Christen sein Eigentum. Wir tra- gen sogar seinen Namen. Aber kommt er wirklich bei uns an? Findet er bei uns eine Tür, die ihm offensteht? Viele Christen unserer Tage verschließen ihr Herz vor ihm. Die äußerlichen Bräuche der Advents- zeit machen sie ja gerne mit: Auf ihrem Wohnzimmertisch steht ein Adventskranz und an jedem Sonntag wird eine Kerze mehr angezündet. Daneben haben sie eine Schale mit Nüssen und Plätz- chen aufgestellt. Den Kindern oder Enkeln lesen sie abends immer einmal weihnachtliche Ge- schichten vor. Aber wenn wir sie fragen, sagen sie oft, dass sie das alles nur noch der Kinder wegen tun und nicht um der eigenen Bereitung auf SEINE Ankunft willen. Aber es gibt auch andere Christen: Die lassen sich einmal und immer wieder im Advent ein auf den, nach dem sie heißen. Sie nutzen die besinnliche Zeit, dass sie dem nachdenken, was dieser Herr damals für die Menschen getan hat und was er noch heute für uns tut: Dass er uns liebt und uns mit seinem Wort begleitet. Dass er uns nahe ist im Gebet und wir ihm alles sagen können, was uns bedrückt. Dass wir auch mit unserer Schuld zu ihm kommen dürfen und er sie uns abnimmt. Dass er uns zu einem Weihnachten hin begleitet, dass mehr ist als ein Fest der Geschenke, des gu- ten Essens und anderer Äußerlichkeiten. Liebe Gemeinde, öffnen wir ihm unser Herz. Nehmen wir ihn wieder oder zum ersten Mal wirklich auf in unser Leben. Erleben wir wie die Verheißung wahr wird, die wir heute hören und die auch für uns gilt: „Wie viele ihn aber aufnahmen, denen gab er Macht, Gottes Kinder zu werden...“ AMEN