Predigt zum 5. Sonntag n. Trinitatis - 22.6.2008 Textlesung: 2. Thess. 3, 1 - 5 Betet für uns, dass das Wort des Herrn laufe und gepriesen werde wie bei euch und dass wir erlöst werden von den falschen und bösen Menschen; denn der Glaube ist nicht jedermanns Ding. Aber der Herr ist treu; der wird euch stärken und bewahren vor dem Bösen. Wir haben aber das Ver- trauen zu euch in dem Herrn, dass ihr tut und tun werdet, was wir gebieten. Der Herr aber richte eure Herzen aus auf die Liebe Gottes und auf die Geduld Christi. Liebe Gemeinde! Immer wieder können wir in den Briefen des Paulus über Fragen und Probleme lesen, die es ähnlich auch in unseren Tagen, in unseren Gemeinden und Gemeinschaften gibt. Und heute könnte man das „Problem“, um das es geht, ganz kurz so beschreiben: „Der Glaube ist nicht jedermanns Ding“. Zugegeben: Die Zeit des Paulus war für Christen wesentlich härter, darum lagen die Dinge damals auch etwas anders. Der Apostel hatte sehr bittere Erfahrungen damit gemacht, dass sich nicht alle Menschen, denen er die frohe Botschaft von Jesus Christus verkündigte, dem Evangelium öffneten. Dabei wurden er und die anderen Verkündiger durchaus auch einmal an Leib und Leben bedroht, wurden ins Gefängnis geworfen oder geschmäht und verleumdet. So ist es heute - zumindest bei uns - sicher nicht. Aber das süffisante Lächeln bei denen, die über die Sache Christi spotten, das kennen wir heutige Christen auch. Und nicht nur die berufsmäßigen Verkündiger der Guten Nachricht Gottes! Sie kriegen sicher auch hin und wieder ein deutliches Wort über ihre vermeintliche Dummheit zu hören oder dass sie nach Meinung vieler Zeitgenossen zu den Ewig-Gestrigen zählen und dass sie einem Glauben anhängen, der längst keine Lebensbe- rechtigung mehr hat. Und sicher hat mancher und manche, die diese Erfahrung haben machen müssen, auch schon gefragt: Warum Gott seiner Sache in der Welt nicht bessere Bedingungen in den Herzen der Menschen schafft. Und da sind wir zurück bei Paulus, denn genau das ist auch seine Frage und er beantwortet sie so: „Aber der Herr ist treu; der wird euch stärken und bewahren vor dem Bösen.“ Wir werden also weder resignieren noch aufgeben müssen: Wir sind stark genug, mit Schmähung und allen Versuchen, uns anzugreifen oder lächerlich zu machen, fertig zu werden. Und wo wir meinen, nichts mehr tun und entgegnen zu können, da hilft uns unser Herr, ganz ge- wiss! Wir werden vom Bösen, in diesem Fall von Spott und Verachtung nicht überwunden! Und selbst wo wir nach einer Auseinandersetzung über Glaubensfragen meinen, da hätten wir aber wir- klich keine gute Figur gemacht, selbst da wird unsere vermeintliche Niederlage noch gut und für den Fortgang des Gesprächs oder der Diskussion hilfreich gewesen sein. Wir wissen es doch: Gott kann sogar noch aus unserer Niederlage einen Sieg machen. Wenn wir schwach sind, sind wir stark! Deshalb erneuert Paulus auch im Namen Jesu Christi den Auftrag, den alle Christen haben - damals wie heute: „Wir haben aber das Vertrauen zu euch in dem Herrn, dass ihr tut und tun werdet, was wir gebieten.“ Und daran liegt nun wirklich sehr viel, liebe Gemeinde! Denn der Glaube kommt aus dem Hören! Darum müssen die Menschen die frohe Botschaft weitergesagt bekommen durch uns. Auch die vermeintlich Überlegenen. Auch die Spötter. Und auch die Menschen, die immer genau wissen, wo es im Leben lang geht. Ich denke mir, dass sie hier einen ähnlichen Einwand hätten, wie ich auch, nämlich diesen: Was nützt es denn, wenn sie doch nicht hören wollen? Wie oft haben sie und ich das schon erfahren, dass all unser Reden und alle unsere Überzeugungskraft nichts ausrichtet. Was bringt denn unsere ganze Mühe, wenn die Menschen am Ende doch verstockt sind und bleiben? Noch einmal: Hören sollen sie es und hören müssen sie es. Es war bei uns mit dem Glauben ja auch nicht anders, als dass andere uns von ihm weitergesagt und wir ihn angenommen haben - und das Gott sei Dank! Mir fällt dazu eine kleine Geschichte ein, die zugegeben ein wenig drastisch ist. Aber sie ist eben auch wahr, leider wahr, und sie kann uns vielleicht davon entlasten, immer zu fragen, was es denn für einen Zweck hat, von der frohen Botschaft zu sprechen, wenn sie ein anderer doch nicht hören will. Aber jetzt will ich die Geschichte erst einmal erzählen: DIE EULE Eine Eule verirrte sich in der Kirche. Durch die Pforte war sie hinein geflogen, doch dann hatte jemand die Türe verschlossen. "Wo ein Eingang ist, muss auch ein Ausgang sein", sagte sie sich immerzu vor und flatterte dorthin, wo es am hellsten war. Sie prallte gegen ein Fenster und stieß sich gehörig den Kopf. "Wo nichts zu sehen ist, kann auch nichts sein!" - wiederholte sie einen Lehrsatz aus einem der schlauen Bücher, die sie studiert hatte. Und dann flog sie wieder gegen die Scheibe, die sie für nichts hielt. Immer wieder stieß sie sich den Kopf an dem Unsichtbaren. An einer Wand war die Arche Noah gemalt. Die Taube aus der Arche hatte das törichte Benehmen der Eule beobachtet. Sie lachte die Eule sehr freundlich an und sprach: "Ich möchte dir sagen: Rechne mit dem Unsichtbaren, sonst holst du dir den Tod." Die Eule aber spottete: "Was willst du mich schon lehren?" Noch dreimal stieß sie in vollem Flug gegen die Scheibe. Dann sank sie mit gebrochenen Flügeln an der Fensterwand herunter und starb. Hätte sie die Worte der Taube für wahr genommen, sie hätte sich an ihrem Unglauben nicht den Tod geholt. (Heinz Gerlach: Salz zum Würzen) Wie gesagt: die Geschichte ist drastisch! Und vielleicht fragen wir: Warum musste die Eule denn nun gleich sterben? Es wäre doch genug gewesen, wenn sie sich gehörig den Kopf gestoßen hätte. Ja, unserem Empfinden nach, hätte das genügt. Weil wir halt gern ein wenig sentimental sind. Die Wahrheit ist aber nunmal: Es geht in den Dingen des Glaubens um alles oder nichts. Ein bisschen Leben bei Gott gibt es nicht, auch nicht ein wenig Herrlichkeit und etwas ewige Zukunft. Glaube oder Unglaube, Vertrauen auf Gottes Wort oder Ablehnung. Es klingt hart und es ist hart und es muss entschieden werden. Und immer von einem Menschen selbst ... für sich. Und keiner kann dem anderen die Entscheidung abnehmen. Nur: ihn vor die Entscheidung stellen, sollen wir, können wir und müssen wir. Aber sehen wir noch die anderen Züge der Geschichte, die kann man auch ins Leben übertragen: - Wo ein Eingang ist, muss auch ein Ausgang sein, meint die Eule. Aber das ist durchaus nicht das Gesetz unseres Lebens! Der „Eingang“ war unsere Geburt. Von der Zeit davor wissen wir nichts, jedenfalls nicht aus eigener Erfahrung. Der „Ausgang“ aber ist sozusagen am anderen Ende. Und da weiß niemand etwas davon, nicht einmal aus dem, was irgend ein Mensch erfahren hätte. Davon wissen wir nur aus Gottes Wort und dem Zeugnis Jesu Christi. Also: Für den Ausgang gilt etwas ganz anderes als für den Eingang. Die Antwort, wo er ist, kommt aus dem Unsichtbaren, von Gott her. Nur wenn wir uns darauf einlassen, werden wir ihn finden. Rechne mit dem Unsichtbaren, sagt die Taube. Und sie hat Recht und spricht eine tiefe Weisheit aus. - Die Eule hatte viele gelehrte Bücher gelesen. In dieser Sache aber nützen sie ihr gar nichts. - Man kann den Glauben eben nicht aus Büchern lernen! Er kommt aus dem Wort, das Gott uns sagt und das ein Mitmensch uns weitersagt. - Nicht von ungefähr ist es die Taube aus der Arche Noahs, die so freundlich mit der Eule spricht. Mit Noah hat Gott seinen Bund geschlossen: Nie mehr will ich die Menschen von der Erde vertil- gen! Ihr sollt leben! „Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht“ (1. Mos. 8,20). Auch für die Eule war die Verheißung das Leben, wie allen Menschen das Leben verheißen ist. Aber sie hätte glauben müssen, ihr Vertrauen auf das Unsichtbare setzen ... Sie konnte es nicht, denn „der Glaube ist nicht jedermanns Ding!“ - Die Eule aber spottete: "Was willst du mich schon lehren?" - Auch das kennen wir ja aus unserer Menschenwelt. Aber so traurig es ist, gerade auch wenn wir die Folgen des Unglaubens in dieser Geschichte bedenken, wir können nichts dagegen tun. Und - noch einmal - es ist nicht unsere Sache und schon gar nicht unsere Schuld, wenn andere Menschen verstockt und unbelehrbar sind. Aber wir wollen auch nicht ausschließen, dass Gott noch nicht am Ende mit ihnen ist und sie irgendwann noch begreifen, dass wir gut tun, ewig gut, wenn wir mit dem Unsichtbaren rechnen. Bleiben wir bei Gottes Sache! Sagen wir sie den anderen Menschen weiter. Sie müssen sie hören! Wir aber wollen uns darauf verlassen: „...der Herr ist treu; der wird euch stärken und bewahren vor dem Bösen, er richte eure Herzen aus auf die Liebe Gottes und auf die Geduld Christi.“ AMEN