Predigt zum 15. So. nach „Trinitatis“ - 16.9.2007 Textlesung: Lk . 17, 5 - 6 Und die Apostel sprachen zu dem Herrn: Stärke uns den Glauben! Der Herr aber sprach: Wenn ihr Glauben hättet so groß wie ein Senfkorn, dann könntet ihr zu diesem Maulbeerbaum sagen: Reiß dich aus und versetze dich ins Meer!, und er würde euch gehorchen. Liebe Gemeinde! Wenn ich das so lese - und da geht es vielen von uns sicher genau so - dann frage ich mich schon: Warum gelingt meinem Glauben so wenig? Ist er wohl noch kleiner als ein Senfkorn? Es brauchte ja nun wirklich nicht sein, dass ich einen Maulbeerbaum ins Meer - oder für unsere Breiten gespro- chen: eine Eiche oder Buche in einen See - versetzen könnte. Nicht einmal so etwas Großes müsste es sein. Aber die eine oder andere Krankheit möchte ich schon heilen können. Und wenigstens in der kleinen Politik würde ich manchmal gern die Herzen der Gemeinderäte oder Kreistagsabgeord- neten für das Anliegen der (Hartz IV-Empfänger und der anderen) armen Leute, der Kinder, der Alten und Behinderten aufschließen können. Auch den Kirchenvorständen der deutschen Landeskirchen und ihren Kirchenleitungen, sowie den höheren Etagen der EKD täten ein paar kleinere Wunder gut: Vielleicht dass sie in Zukunft weniger fragen, wo man am leichtesten sparen kann und mehr danach zu schauen beginnen, was eigentlich für sie als Kirche Jesu Christi ihr wichtigster Auftrag ist und darum unverzichtbar und das eigen- tliche Fundament all ihrer Arbeit für die Menschen. Ach und das schon etwas größere Wunder möchte ich an der Kirche auch noch tun können: Dass sie endlich wegkommt von ihrer Gläubigkeit an die Statistik und die Demografie und zurückfindet zum Vertrauen in ihren Herrn, der sie in und durch allen statistischen Wandel und gegen alle böse Erwartung und in aller Furcht vor Mitglieder- schwund und Steuerrückgang erhalten und im festen Glauben an ihn erst richtig zum Blühen und wachsen bringen will. Schließlich würde ich meinen Glauben auch gern im ganz persönlichen Bereich einsetzen, dass dies oder das in Ordnung kommt, die Ehe von Freunden nicht ganz zerbricht oder der Nachbar wieder eine Arbeit findet, mit der er sich und seine Familie durchbringen kann. - Aber es scheint, weder sie noch ich können so etwas mit unserem Glauben fertigbringen. Woran liegt das? Zuerst fällt uns dazu ein, dass wir halt keine solchen Menschen wie die Apostel sind, mit denen Je- sus ja hier redet. Das waren seine allerengsten Vertrauten! Mit ihnen ist er durch Palästina gewan- dert. Jahrelang haben sie ihn begleitet. Sie sind immer wieder Zeugen seiner Zeichen geworden, ha- ben gesehen, wie er Kranke geheilt, Blinde sehend, Taube hörend gemacht und sogar Tote wieder auferweckt hat. Diesen Menschen, seinen Jüngern und Freunden trauen wir schon zu, dass ihr Glaube einiges vermag - und sicher mehr als unserer! - Aber war das wirklich so? Hätte Jesus ihnen dann wohl diese Lektion erteilen müssen: „Wenn ihr Glauben hättet wie ein Senfkorn ...“? Nun können wir auch sagen: Jesus hat vielleicht doch stark übertrieben, wenn er eine solche un- glaubliche Sache wie diese als Beispiel anführt: Dass ein Baum sich ins Meer versetzt. Vielleicht wollte er damit wenigstens dazu anspornen, dass die Jünger sich an kleineren Dingen versuchen, wie etwa das Heilen von Kopfschmerzen oder die Stärkung der Sehkraft bei Kurzsichtigkeit. Wenn man das dann weiterdenkt und ins Heute überträgt, blieben für uns angemessen kleine Zeichen zu tun übrig, die uns auch mit unserem ganz kleinen Glauben möglich sind: Dass wir einem Trauernden von unserer Auferstehungshoffnung reden oder einem Verzweifelten im Gespräch neuen Mut schenken. Das wäre dann ja auch nicht gar so wenig! Schließlich könnten wir auch zu dieser kleinen Geschichte vom Feigenbaum und dem Senfkorn des Glaubens sagen, dass sie irgendwie heute nicht mehr stimmt. Vielleicht ist sie damals ja wahr gewe- sen und hat gegolten, so dass sich wirklich hin und wieder ein Baum vom Land ins Meer bewegt hat. - Aber eben nur damals - und heute nicht mehr. Liebe Gemeinde, wie ist es denn nun mit dieser Geschichte? Wie können wir sie verstehen und für uns - in unser Leben - übertragen? So, so oder so? Oder noch einmal ganz anders? Vielleicht lesen wir sie noch ein zweites Mal. Sie ist ja nur ganz kurz: 2. Textlesung: Lk . 17, 5 - 6 Und die Apostel sprachen zu dem Herrn: Stärke uns den Glauben! Der Herr aber sprach: Wenn ihr Glauben hättet so groß wie ein Senfkorn, dann könntet ihr zu diesem Maulbeerbaum sagen: Reiß dich aus und versetze dich ins Meer!, und er würde euch gehorchen. Die Jünger bitten um Stärkung ihres Glaubens. Und wir haben bisher auch nur über die Kraft des Glaubens gesprochen, dieses oder jenes fertigzubringen, ein kleines oder größeres Wunder zu tun. Hören wir noch einmal genau hin, was Jesus sagt: „Wenn ihr Glauben hättet wie ein Senfkorn ...“ Vergessen wir für einen Augenblick den Maulbeerbaum ... Sagt Jesus hier nicht eigentlich: Ein Senfkorn Glauben genügt bereits! Und meint das nicht im Grunde dies: Es kommt nicht auf die Stärke eures Glaubens an - wenn ihr ihn nur habt! Oder anders: Wenn ihr glaubt, dass ich der Chris- tus bin und dass ein gütiger Vater über uns wohnt, dann ist es gut mit euch in Ewigkeit! Dann bedürft ihr nichts mehr. - Wäre das nicht ein Gedanke, der auch uns etwas geben, ja, ich glaube so- gar, der uns retten könnte!? Wenn du glaubst, dann hast du das Leben in dieser und der zukünftigen Welt gewonnen. Wenn du glaubst, dann kann dir in diesem Leben nichts mehr Böses begegnen, jedenfalls nichts, was nicht schon durch deinen Herrn und darum für dich überwunden wäre. Wenn das Senfkorn des Glaubens in dein Herz gefallen ist, dann wird es aufgehen und von selber groß werden, weil dein Vater im Himmel es so will. Werden diese Gedanken nicht wunderbar gestützt von diesem doch eigentlich ganz unsinnigen Bild vom Feigenbaum, der sich ins Meer versetzt? Wer würde das denn wollen? Wem liegt denn etwas daran, einen vielleicht fruchtbaren Baum dorthin zu verpflanzen, wo er keine Früchte mehr bringen, vielmehr eingehen wird? Nein, ich sehe, wenn Jesus dieses Bild gebraucht, sozusagen wie er mit den Augen zwinkert und eigentlich sagen will: „Meine Jünger, würdet ihr denn wirklich so etwas tun? - Seht ihr! Was würde euch also nützen, wenn ich euch den Glauben stärke, wie ihr mich bittet? Seid doch zufrieden mit dem vielleicht noch kleinen Glauben, den Gott euch gegeben hat. Er genügt - in Ewigkeit, denn unser himmlischer Vater, an den ihr glaubt, sorgt für euch und gibt euch die Kraft, die ihr wirklich braucht. Euer Glaube aber ist allemal stark genug, denn er ist von Gott.“ Ich denke mir, liebe Gemeinde, so ähnlich würde unser Herr auch zu uns sprechen. Er würde uns damit die Frage beantworten, die uns doch immer wieder einmal umtreibt - nicht nur heute: Ist unser Glaube wohl groß genug? Wenn die Angst vor der Zukunft kommt, wenn es nicht mehr so nach Plan geht in meinem Leben, wenn ich alt werde und krank, wenn das Leid an meine Tür klopft und die Trauer um einen lieben Menschen mich packt und die Zweifel mich von der Hand Gottes reißen wollen ... Wird mein Glaube dann stark genug sein? Dann würde Jesus uns vielleicht das sagen: Ihr habt euch den Glauben nicht selbst geschenkt - er ist von Gott. Und der, von dem ihr ihn habt, sorgt auch dafür, dass ihr ihn nicht verliert. Verlasst euch darauf: Euer Glaube wird euch nicht ausgehen. Er wird euch führen, bewahren, helfen, trösten und Halt geben - so wie ihr es in jeder Stunde gerade braucht. Habt Vertrauen! Liebe Gemeinde, lassen wir die Frage nach der Stärke unseres Glaubens fallen. Sie war damals und ist heute genau so unnütz und unsinnig wie wenn wir einen fruchtbaren Baum ausreißen und ins Meer versetzen würden. Jesus Christus ist Grund, Weg und Ziel unseres Glaubens. Unser himmlischer Vater sorgt für uns. Unser Glaube ist genau so stark, wie er sein muss, dass wir dieses Leben bestehen und diese Welt in Ewigkeit überwinden können. AMEN