Predigt zum Sonntag „Invokavit“ - 25.2.2007 Textlesung: Lk. 22, 31 - 34 Simon, Simon, siehe, der Satan hat begehrt, euch zu sieben wie den Weizen. Ich aber habe für dich gebeten, dass dein Glaube nicht aufhöre. Und wenn du dereinst dich bekehrst, so stärke deine Brüder. Er aber sprach zu ihm: Herr, ich bin bereit, mit dir ins Gefängnis und in den Tod zu gehen. Er aber sprach: Petrus, ich sage dir: Der Hahn wird heute nicht krähen, ehe du dreimal geleugnet hast, dass du mich kennst. Liebe Gemeinde! Kurz ist er ja schon, aber gewiss kein leichter Text, der uns da für diesen Sonntag verordnet ist. Finden sie das nicht auch sehr rätselhaft?: „Der Satan hat begehrt, euch zu sieben wie Weizen.“ - „Ich habe für dich gebeten, dass dein Glaube nicht aufhöre.“ - „Wenn du dereinst dich bekehrst ...“ Was ist der Sinn dieser Worte? Hat Petrus nun Glauben oder hat er ihn nicht? Wenn ja, warum muss er sich dann dereinst bekehren? Und schließlich fragt man sich doch auch, warum uns diese Verse am 1. Sonntag der Passionszeit zu predigen vorgeschlagen sind? Sie kennen die Aktion „7 Wochen ohne ...“?. Wieder - wie in den 24 Jahren zuvor - lädt unsere Evangelische Kirche dazu ein, während der Passionszeit den Kreuzweg Jesu in Verzicht und Fasten ein Stück weit mitzugehen. In der Presse dazu konnte man lesen, dass nur 20 % der Christen in Deutschland, dazu bereit sind, sich in den 40 Tagen bis Ostern selbst auch ein kleines Opfer aufzu- erlegen. Von den restlichen 80 % hört man dagegen solche Sätze: Was soll mir denn so ein Verzicht bringen? Manche verkennen die ganze Sache als kirchliches Hineinreden in ihre menschliche Frei- heit: Das lasse ich mir doch nicht vorschreiben, wann ich fasten oder verzichten soll! Besonders häufig aber hört man: Das ist mir ganz einfach zu anstrengend! Ich bin einmal ganz offen: Ich gewinne, wenn ich mir die Menschen dieser Zeit betrachte immer mehr den Eindruck, dass wir von der Kirche - eben auch mit der Passionszeit ohne ... Lebensweisen anbieten, die für zunehmend viele Christen so fremd sind, wie die Stammessitten der australischen Ureinwohner. Wohlgemerkt: Das Angebot solcher Lebensformen (wie hier das Fasten) kommt aus der Heiligen Schrift! Es entspringt nicht der Phantasie von Pfarrern oder verschrobenen Bibelausle- gern! Aber der Sinn eines Lebens mit Gott, im gläubigen Vertrauen zu ihm, ist immer schwerer in die Herzen der Menschen zu pflanzen! Ich klage hier nicht darüber, dass es also für uns Prediger und Predigerinnen so schwer geworden ist und dass wir uns so plagen müssen, das Evangelium zu den Menschen durchzubringen ... Nein, das nicht. Wir - sicher nicht nur ich - tun das gern, weil wir überzeugt sind, dass der Weg mit Christus der einzige Weg ist, der ans Ziel führt! Aber warum ist das so und vor allem: was können wir tun? Predigen wir von Gottes Liebe, sagen wir die frohe Botschaft weiter, dann hören die Leute weg oder kommen erst gar nicht, um zuzuhören. Bieten wir eine Alternative zum sinnlosen Trott des Lebens, wie ihn doch viele empfinden, dann zögern die Leute, zieren sich die Schwelle zu über- schreiten, schieben den Beginn hinaus ... bis später ... bis es zu spät ist. Verkündigen wir Christus, der für uns gestorben ist und das ewige Leben für uns erworben hat, dann schauen viele nicht ein- mal mehr vom Fernsehprogramm auf. Bitten wir Gott um Glauben für die Menschen dieser Tage, dann müssen wir den Eindruck bekommen: Es genügt den meisten doch ein Leben ohne Glauben und ohne Zukunft über den Tod hinaus. Ich weiß, das klingt sehr bitter jetzt und ziemlich resigniert. Ich weiß aber auch, dass viele das mit mir so sehen und fühlen. Und ich denke, dass es einmal aus- gesprochen werden muss! Und überdies glaube ich, dass viele Mitmenschen darunter leiden, dass sich ihre eigenen Angehörigen nicht mehr auf Gottes Sache ansprechen lassen. Und da spüre ich jetzt, das könnte der Hintergrund dieser rätselhaften Worte Jesu sein: „Der Satan hat begehrt, euch zu sieben wie Weizen.“ Sie entschuldigen jetzt bitte diese drastische Sprache, aber die Dinge sind doch so ernst und es hilft ja nichts, wenn wir sie verharmlosen! Ich sehe uns, die Menschen dieser Zeit im Sieb des Satans. Was in diesem wie in jedem Sieb geschieht, ist auch klar: Da wird die Spreu vom Weizen getrennt, da werden nur die guten, runden Körner zurückblei- ben. Die Spreu wird verbrannt. Die zu klein geratenen Körner fressen die Vögel. Ist nicht unser Le- ben die Tenne, auf der wir mit dem Sieb geprüft und gemessen werden? Sagt Jesus uns damit nicht auch ganz klar voraus, dass so ein Christenleben auch Prüfung und Bewährung mit sich bringen wird?! Bei ihm selbst ist es schließlich auch nicht ohne Versuchung und Leiden abgegangen! „Der Satan hat begehrt, euch zu sieben wie den Weizen.“ Ihn hat er auch gesiebt! Er hat ihn hart geprüft am Kreuz, hernach ist das Weizenkorn in die Erde gefallen - und es hat reiche Frucht gebracht - für uns! Dieser Christus ist unser Herr, und damit unser Maß und unser Vorbild! Wie ihm wird es auch uns ergehen. Auch wir werden geprüft, gemessen und gewogen werden. Wir mögen uns dagegen sträuben, wir mögen es leugnen oder nicht wahrnehmen wollen. Es ist gleich. „Der Satan hat be- gehrt, euch zu sieben wie den Weizen.“ Hören wir vor diesem Hintergrund noch einmal die „Begründungen“, warum viele den Gedanken der „Passionszeit ohne ...“ ablehnen: Das ist mir zu anstrengend. Was soll das bringen? Ich lasse mir nichts vorschreiben. - Auch wenn uns schon ein kleines Opfer oder ein freiwilliger Verzicht zu „anstrengend“ ist - wir werden doch geprüft, früher oder später! Auch wenn wir meinen, das „bringt“ uns nichts - wir kommen doch nicht darum herum: wir müssen uns messen lassen und der ist gut dran, der die Prüfung schon einmal freiwillig übt und sich so für das Sieben vorbereitet. Ob wir uns nun irgendetwas „vorschreiben“ lassen wollen oder nicht - wer nach diesem Herrn Jesus Christus heißen will, wird seinen Weg gehen müssen. „Der Satan hat begehrt, euch zu sieben wie den Weizen.“ - Ich verstehe z.B. die Fastenaktion unserer Kirche als ein Angebot, rechtzeitig einzu- üben, was unweigerlich unser Schicksal sein wird. Aber das alles ist ja gar nicht ganz so düster! Jesus gibt uns auch einen Trost: „Ich habe für dich gebeten, dass dein Glaube nicht aufhöre!“ So verspricht er es Petrus und den anderen Jüngern. Und das verspricht er auch uns! Er verspricht uns aber nicht, dass wir im „Himmelbett in Gottes Reich gelangen“! (M. Luther) Im Gegenteil: Uns ist verheißen: Dass euer Glaube nicht aufhöre, wenn der Satan euch prüfen wird! Dass ihr nicht versagt, wenn ihr durch Zeiten der Entbehrung und des Zweifels müsst! Dass ihr im Sieb zurückbleibt, wenn das Schlechte und die Spreu vom Weizen ge- trennt werden! Jesus bittet für uns! Er tritt bei unserem Vater im Himmel für uns ein, nicht dass die Prüfungen von uns fernbleiben, sondern dass wir sie bestehen können! Wir haben also einen star- ken Helfer! Jesu Wort gilt. Seine Fürbitte wird viel erreichen - in der Zeit der Versuchung. Ersparen aber wird sie uns diese Zeit nicht! Und wir verstehen jetzt vielleicht auch den dritten rätselhaften Satz: „Wenn du dich dereinst be- kehrst, dann stärke deine Brüder!“ Wenn du dich dereinst bekehrst ... Nein, Petrus ist noch nicht wirklich bekehrt! Nicht solange er die Prüfung nicht bestanden hat. Er muss noch durch das Dun- kel. Bei ihm wird es Verrat heißen, Verleugnung seines Herrn. Erst muss noch der Hahn krähen, erst muss er noch schreien und weinen vor Scham und Verzweiflung. Dann, dann erst wird Petrus „bekehrt“ sein. Dann erst wird man von echtem „Glauben“ sprechen können. Nicht anders bei uns: Auch unser Glaube muss geläutert werden im Leid und im Feuer. Keinem wird das erspart bleiben, auch dem nicht, den wir im Glück wähnen und schon gar nicht dem, der meint, Glaube an Christus würde nichts kosten. „Der Satan hat begehrt, euch zu sieben wie den Weizen.“ Unser Leben als Christinnen und Christen wird nicht ohne Prüfungen abgehen! Wir tun gut daran, die Probe auf unseren Glauben „in der Zeit“ und freiwillig abzulegen. „In der Not“ haben wir dann schon Übung. Es ist zu wenig, dem entgegenzuhalten, was viele Menschen zur Fastenak- tion der Kirche sagen: Mir ist das zu anstrengend. Was bringt es denn? Und: Ich lasse mir nichts vorschreiben. Ich kann und ich werde dem „Sieb des Satans“ nicht entgehen! Aber vergessen wir auch das nicht: Christus betet für uns, dass unser Glaube dann nicht aufhöre, wenn die Versuchung da ist. Er wird uns helfen. Er wird uns durch alles hindurch begleiten. So - durch Leid und Prüfung geläutert - bewährt sich unser Glaube. So „bekehren“ wir uns. So ge- winnen wir die Kraft, dann auch die Brüder und Schwestern zu stärken. AMEN