Predigt zum Ostermontag - 12.04.2004 Textlesung: 1. Kor. 15, 12 - 20 Wenn aber Christus gepredigt wird, dass er von den Toten auferstanden ist, wie sagen dann einige unter euch: Es gibt keine Auferstehung der Toten? Gibt es keine Auferstehung der Toten, so ist auch Christus nicht auferstanden. Ist aber Christus nicht auferstanden, so ist unsre Predigt vergeblich, so ist auch euer Glaube ver- geblich. Wir würden dann auch als falsche Zeugen Gottes befunden, weil wir gegen Gott bezeugt hätten, er habe Christus auferweckt, den er nicht auferweckt hätte, wenn doch die Toten nicht auf- erstehen. Denn wenn die Toten nicht auferstehen, so ist Christus auch nicht auferstanden. Ist Christus aber nicht auferstanden, so ist euer Glaube nichtig, so seid ihr noch in euren Sünden; so sind auch die, die in Christus entschlafen sind, verloren. Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christus, so sind wir die elendesten unter allen Menschen. Nun aber ist Christus auferstanden von den Toten als Erstling unter denen, die entschlafen sind. Liebe Gemeinde! Ein arg trockener, fleischloser Text! Das ist alles so “richtig”..., aber es hat kein Leben und es erreicht bei aller Wahrheit, die hier vielleicht ausgedrückt ist, nicht unser Herz. Und Glauben kann es schon gar nicht wecken. Ein Satz am Ende aber ist anders. Der ist ihnen sicher auch aufgefallen: Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christus, so sind wir die elendesten unter allen Menschen. Ja, so ist es. Damit können wir etwas anfangen. Das ist wahr - und lebendig! Das ist richtig - und überzeugend. Das ist ein Ar- gument - und es spricht doch nicht nur den Kopf an! Wir wollen einmal schauen, was alles in die- sem Satz liegt: Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christus, so sind wir die elendesten unter al- len Menschen. Mir fielen die Mitchristen ein, die gern sagen, sie glaubten schon an Gott, aber dass er Jesus von den Toten auferweckt hat, das könnten sie nicht glauben. Und denken sie bloß nicht, diese Christen wären so selten! Sie gehören zu den Treuesten in unserer Gemeinde. Sie sind oft gute Kirchgänger. Sie sind auf der Suche; wir sehen sie in den Gottesdiensten und Andachten unserer Gemeinde, vielleicht im Haus- oder Bibelkreis; sie kommen sogar zu Beerdigungen, zu denen sie nicht un- bedingt die Verwandtschaft zu den Verstorbenen verpflichtet. Es ist so, als wollten sie doch irgendwann einmal ein Wort hören, das sie endlich auch von der Wahrheit der Auferstehung über- zeugt. Denn - das kann man sich ja denken - es ist nicht angenehm, an Gott den Schöpfer, den Vater, den Erhalter der Welt, den Adressaten unserer Gebete und Bestimmer unseres Schicksals zu glauben - aber bei der Auferstehung Jesu nicht mitgehen zu können. Und - das versteht sich ja von selbst - an die eigene Auferstehung können sie schon gar nicht glauben! Und hier - da will ich einmal ganz offen und vielleicht hart reden - hier liegt das “Elend” dieser Menschen! Das tut furchtbar weh, nur für diese Welt Hoffnung zu haben, oder sagen wir besser: nur bis an die Grenze dieses Lebens schauen zu können. Denn eine richtige Hoffnung ist das doch nicht, wenn ich gefangen bin mit meinen Gedanken zwischen Wiege und Bahre, wenn ich nicht auch hinüberblicken kann in Gottes neue, verheißene Welt, wenn ich nur das Sterben, nur das Ende und das ewige Dunkel vor Augen und vor dem Herzen habe. Was hat denn da alles, was ich hier tue und rede, was ich denke und wirke für einen Sinn? Es ist doch alles eigentlich nicht so wichtig, nicht so wertvoll, worum mein Leben und mein Handeln in dieser Welt kreist. Wenn mit dem Tod dann doch alles aus ist!? Und warum sich dann auch christlich, in Menschen- und Gottesliebe ein- bringen und gar verzehren, die Sache der Mitmenschen fördern, sich auch gesellschaftlich oder sozial engagieren - wenn doch am Ende immer nur der kalte Tod wartet, der einen Schlussstrich unter mein Leben und mein Werk zieht? Gewiss: Seine Bedeutung hat das schon, ob ich so oder so lebe, ob ich mich um das Gute mühe oder dem Bösen nachgebe. Aber - einmal von der anderen Seite her gedacht - wenn ich weiß, dass eine Ewigkeit bevorsteht, wenn ich glaube, dass alles auch einen ewigen Sinn hat, das ist doch noch einmal etwas anderes! Denn dieser Glaube gibt allem, was ich tue, erst einen unendlichen Wert. Was ich hier beginne, wird in Ewigkeit vollendet. Wie ich hier handle, nimmt schon ein Stück der neuen Gotteswelt vorweg. Auch verliert der Tod seinen Schrecken. Er wird zum Übergang, zur Schwelle, die ich leichter überschreite, weil ich weiß, jetzt fängt das Leben an, nach dessen Gesetzen ich schon hier gearbeitet und gewirkt habe. Aber genug von den Folgen dieses Glaubens geredet, jetzt kann die Frage doch nur noch sein, wie wir diesen Glauben gewinnen! Denn er fehlt manchen von uns! Und bei anderen hat er seine Strahlkraft verloren, bestimmt uns nicht mehr, macht uns nicht froh und die Hoffnung, die er bei uns auslöst, ist schwach und kraftlos geworden. - Wie kommt der Glaube an die Auferstehung Jesu Christi und daran, dass auch wir einmal auferstehen werden in unser Herz? Lassen wir uns hier den letzten Satz der Worte des Paulus, die wir vorhin gehört haben, noch ein- mal sagen: Nun aber ist Christus auferstanden von den Toten als Erstling unter denen, die entsch- lafen sind. Liebe Gemeinde, das ist nur eine Behauptung, gewiss! Wir können sagen: Ja, so ist es. Oder auch: Nein, das kann ich nicht glauben. Wir können aber auch ein Drittes tun: Hinsehen..., aufmerksam sein..., wahrnehmen... Ich meine damit, dass wir alles, was uns widerfährt, was wir erleben an uns selbst und mit und an den anderen Menschen einmal mit neuen Augen sehen, mit wachen Sinnen prüfen und so vielleicht ein wenig mehr den Hintergrund dessen erkennen, was geschieht. Aber noch klarer und praktischer: Was hat unsere Nachbarin doch für ein schweres Leben. Wir wollten nicht mit ihr tauschen. Der Mann ist ihr so früh gestorben. Die Kinder sind alle weggezogen, heute ist sie allein im großen Haus. Und dann noch die Behinderung, die sie hat. Die Rente wird nicht besonders hoch sein. Si- cher muss sie sich auch sorgen, wenn sie an ihre Zukunft denkt. - Wir beobachten an ihr aber etwas ganz anderes: Sie ist immer fröhlich. Sie wirkt kein bisschen geängstet oder auch nur in Sorge um sich und um das, was noch kommen mag. Sie hat sogar noch ein gutes Wort für uns gehabt, neulich, als uns so bange war... Vielleicht sind wir’s ja nicht gewohnt, darüber offen zu sprechen, aber wir ahnen das doch, ja, wir wissen es: Diese Frau ist gläubig. Sie weiß eben, dass dieses Leben nicht alles ist. Sie kennt Jesus Christus - und nicht nur als den Gottessohn von damals aus den Geschichten der Bibel. Sie kennt ihn heute! Mehr noch: Sie lebt mit ihm, betet zu ihm wie zu einem, von dem sie weiß, er sitzt ihr gegenüber. Sie hört auf sein Wort, sein Wille ist ihr täglicher Maßstab, wie sie handelt, was sie tut oder lässt, wie sie denkt und redet. - Sprechen wir es klar aus: Diese Frau lebt ihren Glauben an die Auferstehung, weil sie den Auferstandenen heute erfährt. Und warum an der eigenen Auferstehung zweifeln, wenn man den “Erstling der Entschlafenen” kennt, ja, in der Nähe weiß? Oder schauen wir nach den Kindern in unserer Umgebung: Gibt es da nicht auch die, mit denen noch eine Mutter betet? Als der Opa vor einiger Zeit gestorben ist, wie hat es doch da geholfen, als die Mutter gesagt hat: “Der Opa ist jetzt im Himmel! Dem geht es jetzt gut, er hat keine Schmerzen mehr und ist ganz nah beim lieben Gott.” Vielleicht halten wir das für naiv, aber es ist doch kindgemäß ausgedrückt, und dem Kleinen, der’s von der Mama gehört hat, hat es geholfen! Haben wir nicht auch gesehen, wie das Kind zu weinen aufgehört hat? Ja, hat sich das Kind nicht richtig darüber gefreut: Der Opa ist im Himmel! Da war die letzte Zeit mit dem Großvater, die so schwer war auch für das Kind, vergessen. Dem Opa geht es jetzt gut! Dem lieben Gott sei Dank, denn wie viel Schmerzen musste der Opa doch zuletzt leiden und wie schwach war er doch, als er in den letz- ten Wochen nur noch in seinem Bett lag, kaum noch sprechen konnte... Nein, das Kind zweifelt nicht daran, dass die Toten auferstehen. Und es weiß, dass es einmal, irgendwann, den Opa wied- ersehen wird. Vielleicht denken nun einige, dass sie selbst, trotz dieser Beispiele, dem Glauben an die Auferste- hung doch immer noch nicht näher gekommen sind. Es fehlt ihnen noch ein Wort, das ganz persönlich ist, nicht über andere, sondern über sie selbst spricht. Hier ist dieses Wort: Ich bin ganz sicher, dass jede und jeder von uns auch in seinem eigenen Leben viele Beispiele kennt, die ihm und ihr selbst die Wahrheit der Auferstehung vor Augen und vor das Herz führen wollte. Nur haben wir nicht so hingehört, nicht so hingeschaut, wie es angemessen gewesen wäre: Haben wir das angemessen gewürdigt vor Tagen, dass wir nach der schrecklichen Nacht voller Sorge und Angst am Morgen doch so ruhig waren, so gefasst und voll neuen Muts? - Das kam von daher, dass wir nicht allein sind in unserem Leben! Jesus ist da, er ist heute lebendig! Und wie schnell hatten wir es wieder vergessen, dass wir in so gefährlicher Situation waren auf der Autofahrt neulich. Ganz plötzlich war es glatt auf der Straße. Wir sind ins Schleudern geraten. Aber die Gegenfahrbahn war frei...zum Glück! Warum nicht: Dem Herrn sei Dank!? Denn man kann wohl auch sagen: Wir hatten seinen Beistand. Er hat uns bewahrt, weil er heute lebendig und bei uns ist. Und es sind täglich noch so viele Erfahrungen, die wir immer wieder nicht angemessen deuten. Wir greifen sozusagen zu kurz: “Da habe ich richtig reagiert. Schwein gehabt! Wenn ich nicht zufäl- lig...” Warum sagen wir es nicht: Jesus ist der lebendige Herr, er ist in unserer Nähe, nur so weit wie ein Gebet, so nah wie unser Schatten... Liebe Gemeinde, wollen wir nicht einmal ein wenig aufmerksamer werden, etwas tiefer blicken, genauer hinhören und auf das achten, was hinter dem steht, was wir oft “Glück” oder “Zufall” nen- nen? - Ich bin überzeugt: Hier führt der Weg zum Glauben, dass Jesus auferstanden ist. Und wer ihn als den Lebendigen erlebt hat, warum soll der zweifeln, dass die Toten auferstehen werden? Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christus, so sind wir die elendesten unter allen Menschen. Nun aber ist Christus auferstanden von den Toten als Erstling unter denen, die entschlafen sind.