Predigt zum Letzt. So. n. Epiphanias - 01.02.2004 Textlesung: 2. Kor. 4, 6 - 10 Denn Gott, der sprach: Licht soll aus der Finsternis hervorleuchten, der hat einen hellen Schein in unsre Herzen gegeben, dass durch uns entstünde die Erleuchtung zur Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes in dem Angesicht Jesu Christi. Wir haben aber diesen Schatz in irdenen Gefäßen, damit die überschwängliche Kraft von Gott sei und nicht von uns. (Wir sind von allen Seiten bedrängt, aber wir ängstigen uns nicht. Uns ist bange, aber wir verzagen nicht. Wir leiden Verfolgung, aber wir werden nicht verlassen. Wir werden unterdrückt, aber wir kommen nicht um. Wir tragen allezeit das Sterben Jesu an unserm Leibe, damit auch das Leben Jesu an unserm Leibe offenbar werde.) Liebe Gemeinde! "Irdene Gefäße", ich fürchte, schon das verstehen unsere jungen Gemeindelieder heute nicht mehr gleich. Nun, dem kann ja abgeholfen werden; wenn sie nur verstehen, was Paulus uns ansonsten sagen will: "Irdene Gefäße", da sind vielleicht Krüge oder Schalen aus Erde, also aus Ton gemeint. Eben nicht solche aus Eisen oder einem sonstigen Metall. - Aber was will uns das sagen? Wir haben Schätze in Gefäßen, die leicht entzwei gehen, vielleicht? Und: Wir müssen aufpassen, dass wir den Schatz nicht mit dem Gefäß, wenn es kaputtgeht, auch verlieren. Aber was mag das für ein Schatz sein, von dem Paulus spricht? Hören wir noch einmal hin: Denn Gott, der sprach: Licht soll aus der Finsternis hervorleuchten, der hat einen hellen Schein in unsre Herzen gegeben, dass durch uns entstünde die Erleuchtung zur Erkenntnis der Herrlichkeit Got- tes... Aha, wenn durch uns Erleuchtung entsteht, dann haben wir die Herrlichkeit Gottes begriffen. Und das ist dann der Schatz, den wir in tönernen Gefäßen haben... Es bleibt ziemlich kompliziert. Darum wollen wir einmal eine Geschichte hören, da geht es genau um das, was hier wohl gemeint ist: Ein reicher Mann, eines zwar äußerlich gut ausgestatteten, aber sinnlosen, unerfüllten Lebens überdrüssig, fragte einen alten Mönch, wie er denn Gott in seinem Leben finden und dazu die selbe glaubensgewisse Lebenshaltung gewinnen könnte, wie er, der Mönch, sie hatte, obgleich er doch kaum Eigentum in dieser Welt besaß. Gar zu gern wollte er, wie jener alte Klosterbruder, ganz frei werden für die Erkenntnis Gottes und für ein ihm wohlgefälliges Leben. Da sprach der Mönch zu ihm: "Tue, was immer dir zu tun vor die Hände kommt und hilf denen, die dich brauchen, so wirst Gott finden." Da machte sich der Mann auf, durchzog viele Länder, überquerte alle sieben Meere und sah über- all Menschen, manche in Freude und Wohlstand, die meisten aber in Unglück und Leid und viele, denen es sogar am Nötigsten fehlte. Da er genug von den Dingen des Lebens hatte, teilte er überall reichlich aus, sprach hier ein tröstendes, ermutigendes Wort und ließ da ein paar Geldstücke zurück, wenn er weiterzog. Als er so einige Jahre in der Fremde gewesen war, prüfte er sich und fragte, ob er in seiner Erkenntnis Gottes irgendwie weiter gekommen wäre, aber er musste verneinen. Da kehrte er traurig zurück in seine Heimat, in seine Stadt. Und er machte sich auf zu dem alten Mönch, erzählte ihm, was er erlebt und dass er Gott in der Fremde nicht gefunden hätte. Da sprach der weise Mönch: "Wer hat dir gesagt, dass du in die Welt hinausziehen sollst? Hier, an dem Ort, an den Gott dich gestellt hat, tue, was immer dir zu tun vor die Hände kommt und hilf denen, die dich brauchen, so wirst Gott finden." Da fing der Reiche an in seiner Stadt mit offenen Augen umherzugehen und er tat auch da und dort die Hände auf, gab den Armen, tröstete die Traurigen und linderte das Leid der Bekümmerten. Er tat also ganz so, wie er auch in der Fremde, in den vielen fernen Ländern, getan hatte, durch die er gewandert war. Nun aber geschah etwas, was draußen in der Welt nicht geschehen war: Die an- deren Menschen, die ihn kannten, die Reichen wie er, die Wohlhabenden und auch die, denen eben genug zum Leben geschenkt war, versuchten - jeder nach seinen Möglichkeiten - es ihm gleich zu tun. Die Reichen gaben dabei mehr, die nicht ganz so Wohlhabenden weniger - alle aber soviel sie konnten. Und jetzt begriff der reiche Mann, worin er Gott erkennen und wie er ein ihm wohlgefälliges Leben führen konnte: Dort, wo Gott ihn hingestellt hatte, in dem ihm bestimmten Leben sollte er das tun, was er vermochte: Von seiner Habe austeilen - damit er anderen ein Beispiel gäbe. Menschen in Trauer Trost zusprechen, damit andere genau so taten. Denen helfen, die sich allein nicht helfen konnten - damit andere sich sein Verhalten zum Vorbild nahmen. Da erkannte der reiche Mann, worin wir die Herrlichkeit Gottes sehen können und wie ein Leben aussieht, das Gott gefällt: Wenn durch uns nicht nur dem einen oder anderen Trost oder Hilfe zuteil wird, sondern wenn wir mit unserer Güte, unserer Liebe und auch unseren Gaben auch den Mitmenschen einen Anstoß geben, eben so zu tun, so gütig zu sein und so zu lieben wie wir. Liebe Gemeinde, meine Geschichte ist zu Ende. Ich denke, wir können aus ihr ablesen, was das heißt, wenn wir hören: Gott, der sprach: Licht soll aus der Finsternis hervorleuchten, der hat einen hellen Schein in unsre Herzen gegeben, dass durch uns entstünde die Erleuchtung zur Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes in dem Angesicht Jesu Christi. Wenn uns Gottes Licht aufgegangen ist, dann gehört es nicht unter einen Scheffel, nicht in unser Kämmerlein, nicht zuerst in die Fremde, sondern in die Nähe, unter die Menschen, die mit uns leben, neben uns leiden oder auch wie wir anderen dienen und helfen könnten. Dort wird unser Licht am meisten bewirken. Dort kann es auch andere Menschen anzünden, dass auch sie wieder ihr Herz und ihre Hilfe für die Mitmenschen ent- decken, die sie brauchen. So entsteht eine Kette aus Licht zu neuem Licht. So begreifen wir, dass Gottes Herrlichkeit sich darin durchsetzt, dass er durch uns wieder andere ermutigt, ihre Liebe und die Gaben ihres Lebens an die weiterzuschenken, die damit weniger gesegnet sind. Aber es bleibt nun noch dieser Vers rätselhaft: Wir haben aber den Schatz dieser Erkenntnis in ir- denen Gefäßen, damit die überschwängliche Kraft von Gott sei und nicht von uns. Aber ich denke, auch hierzu gibt uns die eben gehörte Geschichte eine Antwort. Denken wir sie doch ein wenig weiter: Wenn der reiche Mann nun damit begänne, den anderen Reichen in seiner Stadt vorschreiben zu wollen, wem sie von ihrem Wohlstand abgeben und wie viel sie an Arme verschenken müssten... Was würde geschehen? Oder wenn er irgendwann meinte: Jetzt habe ich aber genug getan. Für den Rest meines Lebens will ich das Meine auch für mich allein verwenden und mir einen guten Tag machen... Wie ginge das weiter? Die anderen Menschen, denen der Reiche Anweisungen erteilen wollte, würden sich wohl zurückziehen, denn ihre Freiheit zu helfen und zu lieben und die Entscheidung, diesem beizustehen oder jenem ein gutes Wort oder einen Trost zu sagen, würden sie gewiss nicht aufgeben wollen. Und wenn der reiche Mann den anderen sein eigenes Beispiel nicht mehr gäbe, wenn bei ihm so- zusagen das Licht der Herrlichkeit Gottes verlöschte, dann würde gewiss auch bei den anderen das Licht der Liebe und der Barmherzigkeit ausgehen. "Irdene Gefäße" bergen den Schatz der Erkenntnis Gottes. Leicht zerbrechen die Krüge, in die uns Gott all die Gaben unseres Lebens hineingefüllt hat. Immer wieder neu will die Liebe gelebt wer- den. Immer wieder neu muss unser Licht sich an der Flamme der Liebe Gottes entzünden. Immer wieder neu muss durch uns das Licht der Erkenntnis Gottes weitergegeben werden. So wirkt Gott durch uns in seiner Welt, zu allen Zeiten - bis heute. Und er lässt da nicht ab, auch heute sein Werk an den Menschen zu tun, wo wir nicht aufhören, uns von seiner Liebe erwärmen und anzünden zu lassen. Liebe Gemeinde, vielleicht hat uns das ja nun eingeleuchtet? Vielleicht möchten wir ja auch gern - dem Beispiel des Reichen in der Geschichte nach - die Liebe und Erkenntnis Gottes unter den Men- schen unserer Umgebung weitergeben? Aber vielleicht fragen sie sich noch, womit denn nun gerade sie gesegnet wären und was sie darum mit anderen teilen könnten? Mir fällt dazu eine Menge ein, z.B. die Gabe, zuhören zu können. Eben nicht immer nur auf andere einreden, sie von irgend etwas (und oft genug ja von uns selbst) überzeugen zu wollen, sondern sie reden lassen, erzählen lassen und aufmerksam hinhören. - Wie hilfreich kann das sein! Und ich denke an das Gottesgeschenk, auch noch in den verachtetsten Zeitgenossen, von denen die Gerüchte gehen, das Gute zu entdecken oder auch den hilflosen, innerlich zerbrochenen Menschen, der einmal einen braucht, der ihn annimmt, aufrichtet und so auf dem Weg zu einem anderen Leben begleitet. Und mir kommt in den Sinn, wie viele Menschen unserer Tage doch einfach Zeit haben, die andere in ihrem Leben einfach nicht mehr finden, die innere Ruhe haben, die so vielen in unseren Tagen schmerzlich fehlt. Hier die eigene Zeit teilen und damit einem Menschen ein wenig zu eigener Ruhe und Ausgeglichenheit zu verhelfen, gehört für mich auch in den Schatz aus den Gefäßen, die Gott uns füllt und immer wieder neu ergänzt. Aber noch einmal: Es sind "irdene" Gefäße! Wir haben sie nicht ein für alle mal. Sie sind zer- brechlich und gefährdet, dass uns die Herrlichkeit ihrer Schätze abhanden kommt. Darum vergessen wir es nicht: Immer wieder neu will die Liebe gelebt werden. Immer wieder neu muss unser Licht sich an der Flamme der Liebe Gottes entzünden. Immer wieder neu muss durch uns das Licht der Erkenntnis Gottes weitergegeben werden. So entsteht eine Kette aus Licht zu neuem Licht. So be- greifen wir, dass Gottes Herrlichkeit sich darin durchsetzt, dass er durch uns wieder andere ermu- tigt, ihre Liebe und die Gaben ihres Lebens an die weiterzuschenken, die damit weniger gesegnet sind. Dass dies durch uns reichlich geschieht, das schenke und dazu segne uns Gott. AMEN