Predigt zum Sonntag „Jubilate“ - 3.5.2009 Textlesung: Jh. 15, 1 - 8 Ich bin der wahre Weinstock, und mein Vater der Weingärtner. Eine jede Rebe an mir, die keine Frucht bringt, wird er wegnehmen; und eine jede, die Frucht bringt, wird er reinigen, dass sie mehr Frucht bringe. Ihr seid schon rein um des Wortes willen, das ich zu euch geredet habe. Bleibt in mir und ich in euch. Wie die Rebe keine Frucht bringen kann aus sich selbst, wenn sie nicht am Weinstock bleibt, so auch ihr nicht, wenn ihr nicht in mir bleibt. Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun. Wer nicht in mir bleibt, der wird weggeworfen wie eine Rebe und verdorrt, und man sammelt sie und wirft sie ins Feuer, und sie müssen brennen. Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben, werdet ihr bitten, was ihr wollt, und es wird euch widerfahren. Darin wird mein Vater verherrlicht, dass ihr viel Frucht bringt und werdet meine Jünger. Liebe Gemeinde! Die Worte Jesu malen immer wieder so klare, einprägsame Bilder! Man kann ihnen nur schwer wi- derstehen - und widersprechen kann man ihnen schon gar nicht: Gott ist der Weingärtner. Jesus der Weinstock. Wir hängen an ihm wie die Reben. Trennen wir uns von ihm, dann können wir keine Frucht bringen und müssen verdorren. Und wie selbstverständlich wird die Rebe, die ohne Frucht bleibt, ins Feuer geworfen. Wie gesagt: Klare Bilder. Nur - lassen wir sie uns auch nahe gehen und zu uns sprechen? Und wenn ja, betrachten wir diese Bilder nur flüchtig oder genau ... und bis zum letzten? - - - Ich denke, viele Menschen und eben auch viele Christen werden die letzte Konsequenz nicht zie- hen: Dass die Rebe, das heißt: dass sie selbst verderben müssen, wenn sie sich von Jesus Christus trennen und lossagen und ihr Leben ohne ihn machen wollen. Und das ist ja auch wirklich ein schockierender Ausblick ... zumal wir ja eigentlich gar nicht anders können als ihm zuzustimmen: Ja!, wenn wir als Christinnen und Christen ohne unseren Herrn unseren Lebensweg gehen wollen, dann werden wir das Ziel nicht finden. Aber warum sollten wir diese Worte Jesu immer nur von ihrem ernsten und bedrohlichen Ende her lesen? Gewiss: Wir machen das oft so! Die Mutter sagt zu ihrem Kind: „Wenn du mir jetzt nicht hilfst, dann darfst du nachher nicht ...!“ Der Meister spricht zu seinem Auszubildenden: „Du wirst die Prüfung nicht schaffen, wenn du dich nicht zusammenreißt und mehr bemühst!“ - Es ginge doch auch anders. Dann sagte die Mutter: „Nachher darfst du ...., ist das nicht schön? Darum hilf mir jetzt noch schnell!“ Und der Meister spräche: „Bald machst du deine Prüfung! Dafür lohnt es sich, dass du dich noch einmal besonders anstrengst!“ Ich will jetzt die Worte Jesu einmal genauso verstehen und dabei die Bilder, die sie malen, nicht von ihrem ernsten Ende her, sondern vom Anfang und der Reihe nach betrachten. Dann nämlich entdecken wir auch die Verheißung und die Freude, die in ihnen liegt: „Ich bin der wahre Weinstock, und mein Vater der Weingärtner.“ - Jesus Christus ist von Gott ge- sandt, mitten hinein „gepflanzt“ in diese Welt. Wir sind also von Gott nicht allein gelassen oder gar vergessen! Jesu Auftrag ist es, „Reben“ hervorzubringen, die an ihm bleiben, durch ihn wachsen und von ihm ihre Lebenskraft beziehen. „Eine jede Rebe an mir, die keine Frucht bringt, wird er wegnehmen; und eine jede, die Frucht bringt, wird er reinigen, dass sie mehr Frucht bringe.“ - Wie selbstverständlich ist das doch: Die Reben sollen Frucht bringen und die Reben, die das nicht tun, werden vom Weinstock getrennt, dass sie ihn nicht schwächen und seine Kraft den guten Reben stehlen. Die Frucht, die hier entstehen kann, ist vielfältig: Einige „Reben“ geben mit ihren Worten weiter, was sie vom Weinstock empfangen. Sie können deuten und raten. Was sie sagen gibt Mut und kann trösten. Andere werden durch sie zurechtgebracht, finden den Weg, den sie gehen können - auch in schwierigen Tagen und kommen mit ihrem Zuspruch durch Zeiten der Trauer und der Angst. Ande- re „Reben“ sind in ihrem Lebenswandel besonders vorbildlich und brauchen dazu nicht einmal et- was zu sagen: Sie strahlen Vertrauen aus, wo Menschen zweifeln. So werden sie zum Halt für alle, die unsicher sind, wohin sie ihre Schritte wenden sollen. Man spürt ihnen ab, dass sie ein fester Glaube trägt und man schließt sich ihnen gern an, wenn sie vorausgehen an Wegkreuzungen, an de- nen man selbst nicht weiß, wie man nun weitergehen soll. Wieder andere sind gern tätig. Sie packen zu, wo anderen schwere Lasten auf den Schultern liegen. Sie stehen denen bei, die selbst zu schwach sind, ihre Dinge zu ordnen. Sie fassen mit unter, wo ei- ner strauchelt und heben die auf, die am Boden liegen. Auf diese und noch andere Weise wird die Frucht am Weinstock Christi vermehrt und seine Kraft weitergegeben. Und die Freude und der Sinn, die darin liegen, wird uns stärken und immer mehr dazu anspornen, noch mehr von der Kraft Christi weiterzuschenken. Und er wird sie uns immer wieder ergänzen. „Bleibt in mir und ich in euch. Wie die Rebe keine Frucht bringen kann aus sich selbst, wenn sie nicht am Weinstock bleibt, so auch ihr nicht, wenn ihr nicht in mir bleibt.“ - Auch das ist ganz selbstverständlich für die, deren Leben und Wirken von IHM her seine Kraft bezieht. Und hier spü- ren wir es nun, wie gut das ist, wenn wir uns an diese Worte halten. Wer Jesus Christus als vom Vater gesandt versteht, wer ihn als den Weinstock erkannt hat und sich wie eine Rebe von ihm sei- ne Lebenskraft holt, wer noch dazu entdeckt hat, dass es ihn nicht schwächt, sondern stärkt, wenn er anderen Menschen von allem weiterreicht, was er zuvor von seinem Herrn empfangen hat, den muss und wird es nicht schrecken, was wir hier weiter hören: „Wer nicht in mir bleibt, der wird weggeworfen wie eine Rebe und verdorrt, und man sammelt sie und wirft sie ins Feuer, und sie müssen brennen.“ - Nicht nur das Bild, auch die Wirklichkeit, die damit abgebildet wird, ist doch eigentlich ganz klar: Die Rebe muss verdorren, wenn sie nicht mehr am Weinstock hängt und ernährt wird. Und was soll man mit dürren Reben machen, als sie ver- brennen? Aber es wird dem Menschen, der den Weg dieser Worte Schritt um Schritt mitgegangen ist, nicht mehr bedrohlich vorkommen, was er hier hört. Wer die wunderbare Kraft erfahren hat, die uns je- den Tag neu zuwächst, wenn wir als Rebe am Weinstock Christi bleiben, dem wird es gar nicht in den Sinn kommen, diesen Herrn zu verlassen und das Angebot eines Lebens mit und durch ihn aus- zuschlagen. Wer die Freude erlebt hat, die es macht, seine Kraft und seine Liebe an die Mitmen- schen zu verschenken und wer dazu noch jeden Tag neu von immer neuen Kräften erfüllt wird, in dem kann niemals der Gedanke entstehen, sich von seinem Herrn zu entfernen oder gar zu trennen. Liebe Gemeinde! Das ist unser Auftrag als Nachfolgerin, als Nachfolger Jesu Christi: Dass wir Frucht bringen für die Sache Gottes an den Menschen. Dabei wird keine und keiner überfordert, denn zuletzt ist es unser Herr, der durch uns die Taten der Liebe vollbringt, die Worte des Trostes sagt und uns stark dazu macht, ein Beispiel christlichen Lebens und Glaubens abzugeben. Nun liegt aber sogar noch eine weitere Verheißung in diesen Worten: „Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben, werdet ihr bitten, was ihr wollt, und es wird euch widerfahren.“ - Menschen, die ihr Leben von Christus bestimmen lassen, die sich ihre Kraft und Liebe von ihm holen, die werden in ihren Gebeten gehört und deren Bitten werden er- füllt! Es mag ja sein, dass wir hier doch ein wenig zweifeln. Vielleicht denken wir, dass doch sicher nicht alle unsere Gebete erhört werden. Vielleicht haben wir auch schon die Erfahrung machen müssen, dass uns viele Jahre lang - bis zum heutigen Tag - der größte Lebenswunsch nicht erfüllt wurde. Hier wollen wir nicht vergessen, was wir doch schon lange über das Beten und seine Erfüllung wis- sen: Niemals wird uns Gott schenken, was nicht gut für uns ist. Ein Vater gibt seinen Kindern nichts, was ihnen schaden muss. Und es ist keiner unter uns, der umgekehrt noch nicht erfahren durfte, dass geschehen ist, was er nie erbeten - und was doch gut war! Wie oft sehen die Dinge, wenn wir sie später - sozusagen von hinten - betrachten, ganz anders aus und so, dass wir sagen müssen: Es war besser als das, was ich mir gewünscht hätte! Dennoch wollen wir diese Worte nicht gar zu klein reden: „... ihr werdet bitten, was ihr wollt, und es wird euch widerfahren.“ Christus ist der Weinstock. Wir sollen als seine Reben an ihm hängen und uns durch nichts und niemand von ihm trennen lassen. Solchen Menschen, die mit IHM verbunden ihr Leben führen, wird Gott gern und reichlich geben, wenn sie ihn bitten und er wird ihnen erfüllen, was ihnen wirklich nötig ist. AMEN