Predigt zum 2. So.n. Epiph. - 18.1.2009 Textlesung: Jh. 2, 1 - 11 Und am dritten Tage war eine Hochzeit in Kana in Galiläa, und die Mutter Jesu war da. Jesus aber und seine Jünger waren auch zur Hochzeit geladen. Und als der Wein ausging, spricht die Mutter Jesu zu ihm: Sie haben keinen Wein mehr. Jesus spricht zu ihr: Was geht’s dich an, Frau, was ich tue? Meine Stunde ist noch nicht gekommen. Seine Mutter spricht zu den Dienern: Was er euch sagt, das tut. Es standen aber dort sechs steinerne Wasserkrüge für die Reinigung nach jüdischer Sitte, und in jeden gingen zwei oder drei Maße. Jesus spricht zu ihnen: Füllt die Wasserkrüge mit Wasser! Und sie füllten sie bis obenan. Und er spricht zu ihnen: Schöpft nun und bringt’s dem Speisemeister! Und sie brachten’s ihm. Als aber der Speisemeister den Wein kostete, der Wasser gewesen war, und nicht wusste, woher er kam - die Diener aber wussten’s, die das Wasser geschöpft hatten -, ruft der Speisemeister den Bräutigam und spricht zu ihm: Jedermann gibt zuerst den guten Wein und, wenn sie betrunken werden, den geringeren; du aber hast den guten Wein bis jetzt zurückbehalten. Das ist das erste Zeichen, das Jesus tat, geschehen in Kana in Galiläa, und er offenbarte seine Herrlichkeit. Und seine Jünger glaubten an ihn. Liebe Gemeinde! Ich bin ganz offen: Mich stört die Art, wie Jesus hier mit seiner Mutter umgeht. Ich verstehe ja, dass er sich nicht von ihr sagen lassen darf, was er im Sinn seines Auftrags in der Welt zu tun und zu lassen hat. Aber ein wenig freundlicher könnte er mit seiner Mutter schon reden und nicht so: „Was geht’s dich an, Frau, was ich tue?“ Und dass er Maria nicht einmal Mutter nennt, gefällt mir auch nicht. Aber vielleicht muss das ja so sein und vielleicht ist ja dieser doch recht lieblose Umgang mit der Mutter nötig, dass wir es begreifen: Kein Mensch hat Jesus bestimmt, wenn er an den Menschen und für die Menschen handelt. Er tut ausschließlich das, was sein (und unser) himmlischer Vater von ihm verlangt! Und gerade bei dem, was hier geschieht, ist es ja wichtig, dass nicht der Eindruck entsteht, er habe aus eigenen menschlichen Kräften aus Wasser Wein werden lassen. Sonst hätte man ihm nämlich prompt vorgeworfen, er wäre ein Zauberer, also einer, der mit bösen Mächten im Bund steht. Wenn er sagt: „Meine Stunde ist noch nicht gekommen“, dann dürfen wir das so hören: Mein Vater im Himmel hat mir noch nicht gewiesen, was ich tun soll! Und es geht darum, was Gott tut, das leuchtet uns auch ein - bei oder vielleicht gerade wegen aller Härte seines Verhaltens der Mutter gegenüber. Nehmen wir also die Wandlung von Wasser in Wein als eine Tat Gottes mit der er zeigt, wer dieser Jesus ist: Sein Sohn, der in der Welt in seinem Namen und Auftrag handelt. Und verstehen wir di- eses Wunder nicht als ein Zeichen, mit dem Jesus Aufmerksamkeit auf sich selbst lenken wollte. Gerade am Anfang seiner Wirksamkeit in Galiläa stand ja auf dem Spiel, ob man ihn als einen missversteht, der um seines eigenen Ansehens willen Wundertaten vollbringt (solche gab es damals viele!) oder ob in ihm Gott ein Zeichen in der Welt und unter seinen Menschen setzt. Und wenn wir diese wunderbare Wandlung von Wasser in Wein und den Anlass, an dem dies ge- schieht, einmal als ein solches Zeichen Gottes verstehen, dann passt auf einmal alles zusammen: Es ist eine Hochzeit, auf der die Menschen dieses erste Wunder Jesu erleben. Und es ist eine Hoch- zeit, als die sich die Juden damals den Anbruch der Zeit vorstellen, wenn Gott endlich den Messias sendet, den Heilsbringer, auf den Israel wartet. Und das Wunder von Kana selbst sagt es ganz deutlich: Mit diesem Jesus hat die Hochzeit begonnen! Die Zeit, in der wir nur das Wasser des Alltags trinken ist vorbei. Mit Jesus fängt das Fest an, auf dem wir Wein genießen, feiern und fröhlich sind, das Fest, das bis in Gottes neue ewige Welt dauert! Und es sind ausgerechnet die Wasserkrüge, mit deren Inhalt sich die Juden rituell z.B. für ihre Got- tesdienste reinigten, in denen aus schalem Wasser Wein wird. Und kein schlechter Wein, wie der Speisemeister bestätigt, sondern einer, der einem besonderen Fest wie der Heilszeit nach dem Kommen des Messias würdig ist. Liebe Gemeinde, ich glaube wir haben genug von diesem ersten Wunder Jesu auf der Hochzeit zu Kana verstanden, dass wir jetzt fragen können, welche Bedeutung diese Geschichte denn für uns Christen heute haben könnte? Da geht uns als Leute, die nach diesem Jesus Christus heißen, ganz gewiss zuerst dies auf: Mit ihm und für uns ist allemal die Heilszeit angebrochen! Wir leben also nicht mehr in der Erwartung, son- dern auch der Vollendung der Zeit durch den Messias. Wir wissen, dass die „Hochzeit“ zwar noch nicht in vollem Gang ist, aber schon begonnen hat! Neben dem Wasser unseres alltäglichen Lebens dürfen wir auch schon den süßen Wein des ewigen Festes kosten. Und es ist eben der Herr Jesus Christus, der die Wandlung in unser Leben und unsere Welt gebracht hat. Hier werden vielleicht manche von uns denken: Aber mein Leben ist oft so hart! Mehr als Wasser bekomme ich kaum zu trinken. Mit dem Wein der neuen Welt Gottes durfte ich allenfalls hin und wieder die Zunge benetzen. Und manche Zeitgenossen würden diese Gedanken sicher ganz und gar abtun und sagen: Das ist doch alles gar nicht wahr. Die Geschichte von der ewigen Hochzeit ist doch nur Phantasie, ein Trugbild, oft genug mit schlechter Absicht, nämlich nur als Vertröstung vor die Augen der Menschen gemalt, die leiden müssen und denen es nicht gut geht. Was soll man dazu sagen? - Sicher nicht, es wäre nicht so, dass es auch schwere Schicksale gibt. Und sicher auch nicht, dass dieses schöne Zukunftsbild von der Hochzeit im Reich Gottes nicht auch oft benutzt wurde, um die ruhig zu halten und zu vertrösten, denen man hier ein schlechtes, schweres Leben bereitete. Und es waren wirklich oft die selben, die andere Menschen bedrückten, die ihnen dann die schöne Aussicht eines besseren Lebens bei Gott in Aussicht gestellt und mit hel- len Farben ausgemalt haben. (Und sie selbst glaubten doch gar nicht daran!) Ich möchte lieber etwas anderes sagen und ich greife damit zurück auf eine andere „Sache“, bei der es sich ganz ähnlich verhält wie bei der Hoffnung auf die ewige Hochzeit in Gottes Reich: Wenn wir - und wäre es nur einmal im Leben gewesen - die Liebe eines Menschen gespürt haben, die eines Freundes, einer Freundin vielleicht, die unseres Partners oder Ehegatten ... Dann wird uns nie wieder ein Mensch davon überzeugen können, dass es eigentlich keine Liebe in der Welt gibt. Und das obgleich die Liebe ja gar nicht wirklich bewiesen werden kann! Wenn wir in diesem Leben auch nur einmal in unserem Glauben etwas davon gefühlt haben, dass Jesus Christus der Herr, der Sohn Gottes ist und so ganz anders als alle Herren der Welt. Und wenn wir dann noch hören, dass damals - ja, vielleicht gerade auf diesem Fest in Kana! - sein Reich an- gebrochen ist, die ewige Hochzeit bei der alle dabei sein werden, die ihn als ihren Herrn bekennen, dann wird uns nie wieder ein Mensch oder irgendein Ereignis die Hoffnung rauben können, dass unsere Zukunft in Gottes Nähe führt und nicht in den kalten Tod oder das sinnlose Nichts. Liebe Gemeinde, vielleicht dient uns die Geschichte von der Hochzeit zu Kana ja heute dazu, dass wir uns das wieder einmal in Erinnerung rufen lassen: Die Heilszeit hat längst begonnen. Jesus Christus ist schon lang der Herr des Lebens, der Geschichte und der Herr unserer ganz persönlichen Zeit. Es ist manchmal nicht leicht, das zu glauben und festzuhalten. Es gibt schwere Stunden. Es gibt Unglück, das bestanden werden muss. Es gibt Bosheit von Menschen, die wir nicht verstehen und doch verarbeiten müssen. Aber es gibt eben auch die Stunden, in denen wir am Wein nippen dürfen, den uns Gott hinhält, um uns wieder aufzubauen, zu ermutigen und Kraft für den weiteren Weg zu schenken. Wenn wir mehr als bisher aus diesen Stunden leben könnten, das wäre gut. Wenn uns die ernsten Ereignisse und die schlimmen Erfahrungen, die es auch immer wieder geben wird, nicht verdunkeln würden, dass der Hintergrund unserer Lebensreise hell ist, das hätte wunderbare Folgen: Wir könnten viel gelassener unsere Schritte auch auf steile und steinige Wege setzen - wir wüssten es doch, dass es nicht für immer dabei bleibt. Wir könnten dort noch Hoffnung auf einen neuen, strahlenden Morgen gewinnen, auch wenn wir am Abend geweint haben - wir könnten ja nie mehr vergessen, wie oft wir schon nach den schweren Tagen neue freundliche Stunden erleben durften. So manche Aufgeregtheit würde von uns abfallen und die Furcht könnte unsere Hände nicht mehr so lähmen, wenn das geschieht, was unsere Pläne durchkreuzt - wir hätten doch immer die große Gewissheit, dass sich am Ende der Plan Gottes mit uns durchsetzt; welche Gelassenheit und wie viel Vertrauen könnte daraus entstehen und welch ein fester Glaube würde uns tragen! - Dass Jesus aus Wasser Wein gemacht hat, war das erste Zeichen, das Jesus tat, geschehen in Kana in Galiläa, und er offenbarte seine Herrlichkeit. Und seine Jünger glaubten an ihn. AMEN