Predigt zur Jahreslosung 2001 - 1.1.2001 Jahreslosung 2001: In Christus liegen verborgen alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis. Kol. 2,3 Liebe Gemeinde! Jetzt ist die Tür aufgegangen und wir sind eingetreten: Das neue Jahr...12 Monate....52 Wo- chen...365 Tage... Was werden sie bringen? Wird es schöne Erfahrungen geben? Wartet das Leid auf uns? Ob sich unsere Gesundheit bessert? Müssen wir durch lange, schwere Zeit? Werden wir am Ende sagen können: Es ist ein gutes Jahr gewesen? Alles ist offen - das ist spannend, aber es erregt auch Angst. Alles ist ungewiß - wie ein Abenteuer, aber es braucht auch viel Mut und Vertrauen. Niemand weiß was kommt - nur Gott allein - darum wünschen wir uns heute auch seine Weisung, daß sie uns für den Weg, der vor uns liegt, stärkt, ge- trost macht, ermutigt und uns führt und durch unser Jahr begleitet. Wo alles unsicher ist und unbe- kannt, da soll uns Gottes Wort vorangehen wie ein Stern, bei uns bleiben wie ein Freund und uns die Richtung zeigen wie ein Kompaß. Und hier ist dieses Wort; es ist der Vers der Heiligen Schrift, der uns in diesen gerade begonnenen 12 Monaten zur Jahreslosung bestimmt ist: In Christus liegen verborgen alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis. Ein schönes Wort. Es spricht mit uns. Ja, Christus soll dieser Freund sein, der uns begleitet. Sein Weg soll unserer sein. Ihn wollen wir vorangehen lassen. Ihm wollen wir folgen. Und schön, wenn wir unterwegs Schätze der Weisheit finden. Gut, wenn wir mit ihm an der Seite erkennen, was richtig ist und unser Leben bereichert. Aber wird das auch geschehen? Können wir uns darauf verlassen? - In Christus liegen verborgen alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis. Wie von selbst haben wir die vier wichtigsten Begriffe dieses Wortes aufgenommen: Christus, Schätze, Weisheit, Erkenntnis. Dabei aber haben wir vielleicht das allerwichtigste nicht gehört - oder wollten wir es nicht hören?: "Verborgen". Denn das ist es ja gerade: Daher rührt ja unsere Furcht! Das ist der Grund unserer Sorgen heute. Deshalb schauen wir ja so beklommen nach vorn: Weil alles verborgen ist, unbekannt, bedrohlich... Ach, wenn sich doch der Schleier, der über der Zukunft liegt, ein wenig höbe! Wir wollten ja gar nicht viel mehr, als einen Blick über das kommende Jahr tun, damit wir unsere Schritte sicher setzen können und wissen, worauf wir uns einstellen müssen. Und wir wissen doch, es kann nicht sein. Das eben ist der Glaube: Daß wir nicht wissen, nur vertrauen können. In Christus liegen verborgen.... Liebe Gemeinde, mir sind dazu zwei Gedanken eingefallen, die habe ich aus einem Gedicht, das ich einmal als Kind auswendig lernen mußte. Es sind sehr ermutigende Gedanken, wie ich finde. Darum will ich sie ihnen heute, an der Schwelle des neuen Jahres weitersagen und vielleicht in die kommen- den 365 Tage mitgeben: In Christus liegen verborgen alle Schätze... Mir kam dazu das Gedicht in den Sinn, das so beginnt: "Ein Winzer, der im Sterben lag, rief seine Söhne an und sprach: In unserm Weinberg liegt ein Schatz! Grabt nur danach." Das weitere will ich mit meinen Worten erzählen: Die Söhne fragen, wo denn der Platz wäre. Aber der Vater kann schon nicht mehr antworten, denn er ist gestorben. Nun beginnt die Suche. Die Söhne graben den Weinberg um und durch. Sie graben tief und holen damit die gute, unverbrauchte Erde herauf. Nur den Schatz finden sie nicht. Als sie schon resigniert und wohl auch zornig aufgeben wollen, als sie nicht mehr glauben mögen, daß der Vater die Wahr- heit gesagt hat, ja, als sie sich von ihm getäuscht und um Schatz und Erbe betrogen sehen, da erken- nen sie es: Der Weinberg, dessen Boden sie so tief und gründlich umgeworfen und bearbeitet haben, trägt reiche, überreiche Frucht! Ihr Leben, ihr Unterhalt für sich und ihre Familien ist gesichert. Nein, es lag kein Schatz, keine Truhe voller Kostbarkeiten in ihrem Weinberg. Der Schatz wurde erst durch ihre unermüdliche Arbeit, ihre Mühe und ihr Vertrauen zum Vater, der sie doch gewiß nicht täuschen würde, aus dem Boden geholt. Liebe Gemeinde, gewiß haben sie diese beiden guten Gedanken entdeckt. Der eine heißt: Der Schatz ist nicht schon da, sondern er entsteht und wird gehoben durch Vertrauen und die Arbeit, die aus diesem Vertrauen fließt. Der andere ist der: Erst am Ende, erst hinterher begreifen wir oft, was der Schatz unserer Jahre, unseres Lebens war. Ich glaube fest, daß wir mit beiden Gedanken schon unsere Erfahrungen gemacht haben. Und ich glaube, daß beide Gedanken uns auch im kommenden Jahr begleiten werden und unsere Schritte durch die Zeit fest machen und unsere Hoffnung stärken können. Nein, der Schatz liegt nicht bereit, nicht neben unserem Weg, so daß wir ihn nur aufheben müßten! Wir werden ihn dort entdecken, wo wir es wagen, gegen alle Sorglichkeit und Angst, gegen das Ge- schwätz der Leute und oft sogar gegen eigene böse Erwartung auf Gott zu vertrauen und unsere Füße dorthin zu richten, wohin die Spur Jesu Christi uns weist. Dann aber werden wir es erleben, daß unsere Sorgen unserem Staunen weichen müssen. Unsere Ängste verwandeln sich in Lachen. Was die Leute geunkt haben, trifft nicht ein. Der schlechte Ausgang einer Sache, den wir so sicher kommen sahen, kommt nicht, vielmehr werden wir kleine und große Wunder sehen. Vielleicht wird der Schatz Jesu Christi sich für uns so zeigen: Wir bringen in seinem Namen und in seiner Spur auch die Liebe auf, die er zu allen Menschen hatte. Wir können freundlich sein, freundlich werden auch zu denen, deren Art zu leben uns immer mißfal- len hat. Und wir werden erfahren, daß sie uns grüßen, auch ein paar gute Worte für uns haben und ein Lächeln. Wir bringen denen Aufmerksamkeit entgegen, die für uns nie Interesse hatten und ihre Verschlossenheit wandelt sich in einen offenen Blick, einen Händedruck und eine nette Geste. Wir reden und denken gut von den Mitmenschen, bemühen uns um Verständnis, warum sie so geworden oder geblieben sind - und unser Verhältnis zu ihnen ändert sich: Wo immer Kälte war und ein tiefer Graben, da entsteht Wärme, Nähe Menschlichkeit und eine Brücke, die uns verbindet. - Der Schatz Christi wird offenbar und er ist herrlich und schenkt uns viel Freude und Mut. Was erst zaghaftes Vertrauen war, wird nach und nach durch die gemachten Erfahrungen Gewißheit. Der Glaube, der uns zuerst so schwer fiel, wird uns der sicherste Begleiter, zur Kraft am Morgen und zum Trost am Abend. Wenn wir dann nach einer Zeit zurückschauen, werden wir auch das andere erkennen: Was uns erst als die größte Mühe und vielleicht aussichtslos erschien, war eigentlich das Beste und Wertvollste eines Jahres. Wo wir durch Leiden hindurchmußten, sind wir nur um so stärker daraus hervorgegan- gen, denn wir waren ja nicht allein. Wir hatten Beistand und Hilfe. Und wo wir erst meinten, wir hät- ten verloren oder eine Sache wäre zu unserem Schaden ausgegangen, da durften wir schließlich die schönsten Früchte ernten. Vielleicht werden wir hinterher einen solchen Schatz in Händen halten: Was wir uns wünschten, hat sich zerschlagen - gewachsen ist aber, was wir nicht einmal zu erträu- men wagten! Nachdem die Tränen des Abschieds getrocknet waren, sind wir Menschen begegnet, die uns Liebe und Freundschaft entgegenbrachten. Sie haben uns geschenkt, was wir früher nie ge- kannt hatten. Als klar war, daß etwas für immer zerbrochen ist, da konnte erst wachsen, was uns froh und glücklich gemacht hat. In Christus liegen verborgen alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis. Liebe Gemeinde! Nehmen Sie dieses gute Wort mit hinein in ihr neues Jahr! Graben sie voll Vertrauen jeden Tag ein wenig mehr des guten Schatzes Jesu Christi aus dem Feld ihres Lebens heraus. Was uns dabei helfen wird, sind gewiß die Art und die Eigenschaften, für die uns dieser Herr steht: Liebe, Freundlichkeit, Güte und Verständnis... So werden wir den Schatz heben. So werden wir weise im Sinne Gottes. So erkennen wir, wie und wie gut er es mit uns meint. Und wenn wir dann später zurückblicken, wer- den wir staunen müssen: Wo erst nur ein Weg war, ein vielleicht steiniger, harter und dorniger Pfad, da werden wir Blumen wachsen sehen, die schönsten Blüten und wir werden die besten Früchte un- seres Lebens ernten. In diesem Sinn: Ein von Gott gesegnetes, an Erkenntnis und Weisheit reiches Jahr! Auf vielfachen Wunsch hänge ich hier das ganze Gedicht an: Gottfried August Bürger Die Schatzgräber Ein Winzer, der am Tode lag, rief seine Kinder an und sprach: "In unserm Weinberg liegt ein Schatz, grabt nur danach!" - "An welchem Platz?" schrie alles laut den Vater an. "Grabt nur!" O weh! da starb der Mann. Kaum war der Alte beigeschafft, so grub man nach aus Leibeskraft. Mit Hacke, Karst und Spaten ward der Weinberg um und um geschart. Da war kein Kloß,der ruhig blieb; man warf die Erde gar durchs Sieb und zog die Harken kreuz und quer nach jedem Steinchen hin und her Allein, da ward kein Schatz verspürt, und jeder hielt sich angeführt. Doch kaum erschien das nächste Jahr, so nahm man mit Erstaunen war, daß jede Rebe dreifach trug. Da wurden erst die Söhne klug und gruben nun jahrein, jahraus des Schatzes immer mehr heraus.