Predigt zum Ostermontag - 17.4.2017 Textlesung: Lk. 24, 36 - 45 Als sie aber davon redeten, trat er selbst, Jesus, mitten unter sie und sprach zu ihnen: Friede sei mit euch! Sie erschraken aber und fürchteten sich und meinten, sie sähen einen Geist. Und er sprach zu ihnen: Was seid ihr so erschrocken, und warum kommen solche Gedanken in euer Herz? Seht meine Hände und meine Füße, ich bin's selber. Fasst mich an und seht; denn ein Geist hat nicht Fleisch und Knochen, wie ihr seht, dass ich sie habe. Und als er das gesagt hatte, zeigte er ihnen die Hände und Füße. Als sie aber noch nicht glaubten vor Freude und sich verwunderten, sprach er zu ihnen: Habt ihr hier etwas zu essen? Und sie legten ihm ein Stück gebratenen Fisch vor. Und er nahm's und aß vor ihnen. Er sprach aber zu ihnen: Das sind meine Worte, die ich zu euch gesagt habe, als ich noch bei euch war: Es muss alles erfüllt werden, was von mir geschrieben steht im Gesetz des Mose, in den Propheten und in den Psalmen. Da öffnete er ihnen das Verständnis, so dass sie die Schrift verstanden. Liebe Gemeinde! Ich will ganz offen sein: Diese Geschichte von Jesu Erscheinung vor den Jüngern gehört nicht zu den Osterberichten, die ich besonders mag! Und ich glaube, es gibt gute Gründe dafür! Da bemühen wir Verkündiger des Evangeliums uns doch redlich, dass unsere Hörer wegkommen von dem Gedanken: „Ja, hätten wir Jesus nach seinem Kreuzestod wirklich gesehen, dann könnten wir auch glauben!“ - „Hätte er uns seine durchbohrten Hände und Füße hingehalten, wir würden nicht an seiner Auferstehung zweifeln!“ Hier aber wird genau dieses Denken bestärkt: „Wenn er damals vor uns erschienen wäre und wir ihn gar angefasst hätten, dann würde uns das mit dem Glauben nicht so schwer fallen! Uns aber beweist ja niemand, dass Jesus wirklich lebendig ist!“ Dazu ist einiges zu sagen. Erst einmal dies: Meinen Sie wirklich, dass sie ihm glauben könnten, wenn Jesus heute vor sie träte und ihnen seine durchbohrten Hände hinstreckte? Stellen Sie sich das einen Augenblick bildlich vor! - - - Wie sähe er aus? Ein Jesus, wie wir ihn von den Bildern des „Guten Hirten“ her kennen? Oder ein Mann mit zeitgemäßem Aussehen und Frisur? Welche Kleidung würde er wohl tragen? Die von damals? Die heutige, mit Anzug, Hemd und Krawatte? - Ich glaube, Sie spüren das jetzt auch: Das wäre ganz gleichgültig. Glauben würden Sie so einem nicht. Da könnte er beteuern, was er nur will. Das wäre für Sie nur ein Taschenspielertrick, Blendwerk, eine Vorführung, bei der Sie gewiss sehr schnell fragen würden: Was will der von mir? Denn zu irgendeinem Zweck muss sie doch dienen, diese „Schau“! Und das zweite, was dazu gesagt werden muss, ist dies: Ich kann mir das gar nicht vorstellen, dass Jesus selbst diesen Auftritt inszeniert haben soll! Dass er die Jünger bittet, ihn anzufassen, sie auf sein Fleisch und seine Knochen hinweist und sie gar um eine Speise bittet, um ihnen etwas vorzuessen - nur damit sie endlich glauben, dass er kein Geist ist, vielmehr Fleisch und Blut hat. Nein, für mich ist das eher das Bemühen dessen, der diese Geschichte aufgeschrieben hat und der offenbar meint, die Leser könnten eher glauben, wenn er ihnen „Beweise“ liefert, die dafür sprechen: Dieser Jesus ist wirklich lebendig. Aber - und hier kommt das dritte: Das kann niemand einem anderen beweisen, denn das ist immer auf unseren Glauben gestellt. Und „glauben“, das wissen wir, ist niemals das „Für-wahr- halten“ von Tatsachen, die belegt und bewiesen werden können. Glauben ist immer vertrauen! Aber, dass er nicht mit Beweisen gesichert werden kann, das teilt der Glaube mit anderen Dingen - und besonders mit den höchsten Werten für uns - als Christen: Die Liebe, die einer empfängt oder einem anderen schenkt, kann auch keiner belegen. Und bei der Hoffnung ist es genauso. Wenn ich sicher wüsste oder gar vor mir sehen könnte, worauf sich mein Hoffen bezieht, dann hätte meine Hoffnung zu sein aufgehört. Aber schauen wir uns hier die Liebe etwas genauer an. Mein Mann, meine Frau sagt, sie hätte mich lieb. Warum glaube ich das? Weil - wenn es wirklich so ist - ich das auch spüren kann, erleben, erfahren kann. Vielleicht liegt es im Blick meines Partners, wie er mich ansieht, dass ich es in seinen Augen lesen kann: „Du bist der liebste Mensch für mich!“ Oder es ist in seinen Gesten, wie zärtlich sich seine Hand auf die meine legt, wie gern er in meiner Nähe ist, ja, wie nah wir uns sind, manchmal ohne dass wir ein Wort sagen müssen. Oder es ist auch oft in den Worten meines Partners: Wie und was er mit mir spricht. Wie behutsam er mit mir umgeht. Wie er genau bedenkt, was er sagt, dass er mich nur ja nicht verletzt. Und wie er sich bemüht, mich zu verstehen, auch wo ich einmal nicht genau weiß, wie ich es ausdrücken soll. In alledem spüre ich, dass meine Partnerin, mein Partner mich liebt. Aber beweisen könnte sie, könnte er mir das nicht! Wie denn? Etwa so: Schau her, ich habe dir hier einen großen Blumenstrauß gekauft, daran kannst du erkennen, wie sehr ich dich liebe. Oder so: Ich habe mir ein neues Kleid gekauft, weil ich doch schön für dich sein will. Oder gar auf diese Weise: Ich möchte gern eine Lebensversicherung für dich abschließen, denn ich liebe dich ja so sehr! Nicht anders ist das beim Glauben! Nicht weil Jesus uns seine Wunden zeigt, finden wir zu ihm. Nicht weil wir ihn anfassen dürfen, werden wir wissen, dass er kein Geist, sondern heute lebendig ist. Und nicht wenn er vor unseren Augen ein Stück gebratenen Fisch isst, werden wir ihm glauben können, dass er als der Auferstandene heute lebt. - Nein, was wir heute mit ihm erfahren, wird uns überzeugen und zum Glauben führen! - Und das ist gar nicht so wenig! Mir fallen dazu die vielen Menschen unserer Tage ein, die so ganz offensichtlich angerührt sind von ihm. Die sich aufreiben in ihrem Dienst an den Nächsten, auch wo sie kein Geld dafür bekommen, ja, oft nicht einmal ein gutes Wort. Die sich bemühen, so zu leben, wie Jesus das getan hat, die versuchen in ihrer Art, etwas von seinem Wesen widerzuspiegeln. Und an die muss ich denken, die das ausstrahlen, dass eine Liebe in ihnen ist, eine Kraft auch, die nicht aus ihnen selber kommt. Sie scheinen verbunden mit anderen Quellen; da fließt immer wieder reichlich nach, auch wenn sie sich für ihre Mitmenschen verschenken und manchmal - wie es uns vielleicht scheint - vergeuden. Und schließlich kommen mir jene in den Sinn, die auch mit dem Tod vor Augen noch fröhlich und gelassen sind und voller Hoffnung. Wir können dann auch nicht begreifen, woher das nur rührt, dass sie so ohne Furcht sind, so ruhig und sogar noch so etwas wie Freude ausstrahlen, Vorfreude auf etwas Wunderbares, das sie bald erleben werden. Es scheint, als wüssten sie, dass sie ganz nah vor der Stunde stehen, in der sie eintreten werden in Gottes herrliche Welt. Aber sie „wissen“ es nicht. Sie glauben es. Hier jedenfalls wird es uns deutlich, an diesen Menschen kann es uns aufgehen, dass wir es ja gar nicht brauchen, dass Jesus uns heute leibhaftig gegenübertritt, dass er uns gar die Wundmale zeigt und sich von uns berühren lässt. Sind wir nicht alle schon berührt von dem Zeugnis der Menschen, die an ihn glauben, die es wissen, dass er auferstanden ist, weil er sie überwunden hat und ihr Denken, ihr Reden und Tun bestimmt. Ja, vielleicht sind wir ja auch schon solche Menschen oder stehen kurz davor, solche Menschen zu werden, die glauben - ohne zu sehen, ohne dass es uns bewiesen würde - einfach weil wir es erfahren haben in unserem Leben: Der Herr ist lebendig, er ist mir nah, er ist auferstanden und ich werde auch einmal auferstehen! Wie das auch immer ist bei uns persönlich, ich wünsche denen, die vielleicht doch gern endlich einen Beweis hätten, dass es wahr ist mit der Auferstehung Jesu, dass sie auf die Menschen sehen, die das schon glauben können. Dass sie auf die Zeichen achten, die es zeigen: Dieser lebt in der felsenfesten Gewissheit, dass Jesus heute lebendig ist. Jene zeugt für eine unwiderstehliche Hoffnung, dass diese Welt nicht alles ist. Und jener schließlich strahlt es in all seinem Reden und Handeln aus, dass er überwunden ist von Jesus Christus, der heute sein Herr ist. Und ich wünsche denen, die schon in diesem Glauben stehen dürfen, dass sie noch überzeugender davon sprechen, um mit ihrem Leben Zeugnis ablegen zu können. Was für eine große Verantwortung ist das doch auch: Nicht dadurch, dass sie ihre Hände in Jesu Wundmale legen, werden die Menschen zu ihm und zum Glauben an ihn finden, sondern allein durch uns: Wie glaubhaft es ist, was wir die Menschen mit unserem Leben, Reden und Handeln heute erfahren lassen. - Was für eine große Aufgabe! Ich wünsche uns Gottes Segen dazu! AMEN