Predigt am 17. Sonntag nach Trinitatis - 18.9.2016 Textlesung: Röm. 10, 9 - 17 (18) Denn wenn du mit deinem Munde bekennst, dass Jesus der Herr ist, und in deinem Herzen glaubst, dass ihn Gott von den Toten auferweckt hat, so wirst du gerettet. Denn die Schrift spricht (Jes. 28,16): „Wer an ihn glaubt, wird nicht zuschanden werden.“ Es ist hier kein Unterschied zwischen Juden und Griechen; es ist über alle derselbe Herr, reich für alle, die ihn anrufen. Denn „wer den Namen des Herrn anrufen wird, soll gerettet werden“ (Joel 3,5). Wie sollen sie aber den anrufen, an den sie nicht glauben? Wie sollen sie aber an den glauben, von dem sie nichts gehört haben? Wie sollen sie aber hören ohne Prediger? Wie sollen sie aber predigen, wenn sie nicht gesandt werden? Wie denn geschrieben steht (Jes. 52,7): „Wie lieblich sind die Füße der Freudenboten, die das Gute verkündigen!“ Aber nicht alle sind dem Evangelium gehorsam. Denn Jesaja spricht (Jes. 53,1): „Herr, wer glaubt unserm Predigen?“ So kommt der Glaube aus der Predigt, das Predigen aber durch das Wort Christi. (Ich frage aber: Haben sie es nicht gehört? Doch, es ist ja „in alle Lande ausgegangen ihr Schall und ihr Wort bis an die Enden der Welt“ (Ps. 19,5).) Liebe Gemeinde! Ich denke, das muss man vorweg schon einmal sagen: Paulus wendet sich hier an die Juden! Es geht ihm um die Frage: „Hätte Israel glauben können?“ Und - wenn wir die Überschrift des ganzen Abschnitts in unserer Bibel lesen - geht es um „Gesetzesgerechtigkeit und Glaubensgerechtigkeit“. Nun sind wir zwar keine Juden, dennoch haben uns diese Verse viel zu sagen. Darum wollen wir uns diese Worte so zu Herzen nehmen, als wären sie an uns gerichtet - und wir werden schnell spüren, dass sie auch wirklich mit uns reden! „Denn wenn du mit deinem Munde bekennst, dass Jesus der Herr ist, und in deinem Herzen glaubst, dass ihn Gott von den Toten auferweckt hat, so wirst du gerettet. Ich musste hier gleich an die vielen Zeit- und Glaubensgenossen denken, von denen ich schon solche oder ähnliche Sätze gehört habe: „Auferstehung, daran kann ich nicht glauben!“ - „Es ist schließlich noch keiner zurückgekommen!“ - „Nach dem Tod kommt nichts mehr!“ Was soll man dazu sagen? - Mir fallen zwei Gedanken ein, die man entgegnen könnte. Der erste ist dieser: Wenn du an Jesus Christus glaubst, dann musst du auch an die Auferstehung der Toten glauben! - Dabei fragt man sich aber gleich selbst: „Muss“ einer daran glauben, dass wir auferstehen? Ist der Glaube nicht ein Geschenk? Und das ist der zweite Gedanke, eigentlich die Umkehr des ersten: Wenn du nicht an die Auferstehung der Toten glauben kannst, dann kann es auch mit dem Glauben an Jesus Christus nicht weit her sein! - Auch ein harter Satz! Allerdings ist er richtig! Denn es ist die Mitte des Glaubens an diesen Herrn, dass er für uns gestorben ist, um uns die Tür zum Ewigen Leben zu öffnen. So kann es den einen Teil des Glaubens nicht ohne den anderen geben. - Aber auch hier stellt sich wieder die Frage: Was können wir denn tun, um diesen Glauben zu erlangen, wenn er doch eine freie Gabe Gottes ist? Bevor wir nun eine Antwort auf diese Frage suchen, halten wir fest: Das Bekenntnis zu Jesus Christus schließt immer den Glauben an die Auferstehung der Toten mit ein. Und umgekehrt: Wer nicht an die Auferstehung der Toten glaubt, der wird, ja, der kann diesen Jesus Christus auch nicht seinen Herrn nennen. - Aber wie kommen wir zu diesem Bekenntnis und diesem Glauben? Paulus gibt diese Antwort: „Es ist hier kein Unterschied [...]; es ist über alle derselbe Herr, reich für alle, die ihn anrufen. Denn 'wer den Namen des Herrn anrufen wird, soll gerettet werden.'„ „Gott anrufen“, das Gebet ist der Weg dazu, dass ich Jesus Christus meinen Herrn nennen und die frohe Botschaft von der Auferstehung der Toten glauben kann! Wenn wir Gott bitten, werden wir empfangen, denn er ist ein „reicher“ Herr. Von ihm kommen Glaube und Bekenntnis her. Nicht auf uns kommt es an - Gott handelt an uns. Aber - ein für alle Mal! - er will gebeten sein! Ich fürchte, genau dieser Gedanke wurde uns - im Gottesdienst und bei anderen Handlungen der Kirche - schon oft verdunkelt? Wenn die Pfarrerin oder der Pfarrer etwa bei der Taufe ein Kreuzzeichen über dem Kind macht. Oder wenn wir der Konfirmation einen ein- oder zweijährigen Konfirmandenunterricht vorangehen lassen. Oder auch, wenn wir, die den Gottesdienst der Gemeinde halten, beim Schlusssegen die Arme ausbreiten. Immer kann man auch denken: Es käme bei dem, was jeweils geschieht, auf Menschen an: Als hätte das Kreuzzeichen die Wirkung, den Täufling zu schützen. Als könne der Konfirmandenunterricht den Glauben hervorbringen. Als wäre Gottes Segen davon abhängig, dass einer die Arme ausbreitet. Und es gäbe noch viele ähnliche Beispiele! Ich will nun gar nicht sagen, diese Zeichen oder unsere Vorbereitung auf die Konfirmation (und noch manches andere dieser Art) wären schlecht oder unnütz. Aber sie können uns leicht davon ablenken, dass alles letztlich von Gott herkommt: Der Schutz, der Glaube, der Segen... Schauen wir in die Bibel, wo wir nur wollen. Immer handelt Gott an den Menschen. Und immer ist es die persönliche Bitte, auf die er mit seinem Handeln antwortet: Denken wir an die Bergpredigt, in der Jesus uns das wichtigste Gebet, das Vaterunser lehrt und uns nahelegt: „Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan. Denn wer da bittet, der empfängt; und wer da sucht, der findet; und wer da anklopft, dem wird aufgetan.“ (Mt. 5,7f) Oder denken wir an sein eigenes Gebet zum Vater, in dem er für die Menschen eintritt, die ihm Gott anvertraut hat: „Ich bitte für sie [...] die du mir gegeben hast; denn sie sind dein. [...] Heiliger Vater, erhalte sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast, dass sie eins seien wie wir.“ (Jh. 17,9-11) Auch wenn Jesus die Blinden und andere Kranke fragt, was er für sie tun soll, ist das ein Hinweis, dass wir vor Gott bitten sollen! Und selbst in Geschichten wie die vom Verlorenen Sohn gibt es - noch ehe der Sohn vor seinem Vater steht - die Bitte, die er dann im Angesicht des Vaters allerdings gar nicht mehr sagen muss: „Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir. Ich bin hinfort nicht mehr wert, dass ich dein Sohn heiße; mache mich zu einem deiner Tagelöhner!“ (Lk. 15,18bf) Unsere Bitte, unser Gebet steht am Anfang! Dann handelt Gott - und wir dürfen darauf vertrauen, dass er es auch tut! Jetzt bleibt aber noch die Frage, wie ein Mensch überhaupt zur Bitte um den Glauben kommen soll? Und auch diese Frage beschäftigt Paulus: „Wie sollen sie aber den anrufen, an den sie nicht glauben? Wie sollen sie aber an den glauben, von dem sie nichts gehört haben? Wie sollen sie aber hören ohne Prediger? Wie sollen sie aber predigen, wenn sie nicht gesandt werden?“ Das führt uns zu der Antwort: Es hängt immer auch an den Mitmenschen, den Mitchristen, ob einer den Glauben findet, der ihn trägt und ihm Halt und Ziel für sein Leben gibt. Immer brauchen wir Menschen, die vor uns waren und neben uns sind, die uns den Glauben der Christen erklären, zeigen und - das ist besonders wichtig! - vorleben. Jede und jeder von uns steht in einer solchen Reihe des Nehmens und Weitergebens. Da ist zuerst unsere Familie. Wer hat etwa mit uns als Kind zu dem noch unbekannten „himmlischen Vater“ oder dem „lieben Gott“ gebetet? Unsere Mutter, unser Vater sind das gewesen. Und durch wen haben unsere Eltern von diesem Gott gewusst? Von ihren Eltern. Und so geht dieses Nehmen und Geben immer weiter zurück in die Geschichte unserer Familie. Aber sie geht hoffentlich auch in die Zukunft! Denn von uns müssen unsere Kinder und Enkel es wieder lernen: Das Beten, das Bitten und auch die Bitte um den Glauben! Neben der Familie ist auch unsere Gemeinde zu nennen. Dort erfahren wir durch Gottesdienst und Predigt sozusagen Begleitung und Hilfe bei unserer Aufgabe, den Glauben weiterzureichen. Wir Christinnen und Christen alle zusammen tragen also eine große Verantwortung. Wenn wir über unseren Glauben und den Erfahrungen, die wir mit ihm gemacht haben, verstummen, dann hat der Glaube an den Vater Jesu Christi und an die wunderbare Botschaft von der Auferstehung der Toten in der Zukunft keine Chance mehr, die Ohren und die Herzen der Menschen, die nach uns kommen, zu erreichen. Weil es so wichtig ist, dass der Glaube im Einüben des Gebets, im Vorbild eines christlichen Lebens und in der Predigt weitergegeben wird, hören wir von Paulus ganz überschwängliche Worte: „Wie lieblich sind die Füße der Freudenboten, die das Gute verkündigen!“ Und es ist wirklich eine wunderbare Sache, wenn unsere Kinder durch das, was wir ihnen als gläubige Christinnen und Christen weitergeben und vorleben, selbst zum Glauben kommen. Und es ist für alle, die in der Konfirmanden-, der Kinder und Jugendarbeit der Gemeinde stehen, eine schöne Bestätigung ihrer Mühe, wenn junge Leute durch ihre Hilfe zu überzeugten Christen werden. Nun ist es leider so, dass wir mit bestem Willen und redlichem Bemühen nicht immer erreichen, dass junge Menschen den Weg zum Glauben finden. Das weiß auch Paulus, denn er schreibt: „Aber nicht alle sind dem Evangelium gehorsam. Denn Jesaja spricht (Jes. 53,1): 'Herr, wer glaubt unserm Predigen?'“ Dass Menschen trotz unserer gut gemeinten und gut gemachten Hilfe, nicht zum Glauben kommen, ist traurig, aber leider wahr. Das aber, liebe Gemeinde, müssen nicht wir verantworten. Wir können uns nur darum bemühen, ob es gelingt ist Gottes Sache. Aber dass es immer wieder gelingt, wollen wir auch sehen, denn es ist eine große Freude und unseres Dankes wert. AMEN