Predigt zum Sonntag „Quasimodogeniti“ - 3.4.2016 Textlesung: 1. Petr. 1, 3 - 9 Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten, zu einem unvergänglichen und unbefleckten und unverwelklichen Erbe, das aufbewahrt wird im Him- mel für euch, die ihr aus Gottes Macht durch den Glauben bewahrt werdet zur Seligkeit, die bereit ist, dass sie offenbar werde zu der letzten Zeit. Dann werdet ihr euch freuen, die ihr jetzt eine kleine Zeit, wenn es sein soll, traurig seid in mancherlei Anfechtungen, damit euer Glaube als echt und viel kostba- rer befunden werde als das vergängliche Gold, das durchs Feuer geläutert wird, zu Lob, Preis und Eh- re, wenn offenbart wird Jesus Christus. Ihn habt ihr nicht gesehen und habt ihn doch lieb; und nun glaubt ihr an ihn, obwohl ihr ihn nicht seht; ihr werdet euch aber freuen mit unaussprechlicher und herrlicher Freude, wenn ihr das Ziel eures Glaubens erlangt, nämlich der Seelen Seligkeit. Liebe Gemeinde! Hier ist sie wieder, diese ewig wiederkehrende Sicht der Dinge und des Lebens, wie sie uns fast auf je- der Seite der Bibel entgegentritt: „Eine kleine Zeit traurig - dann aber Freude; mancherlei Anfechtungen - damit euer Glaube als echt und geläutert befunden werde; heute Entbehrungen, Nöte, Schwierigkeiten - einmal aber der Seelen Seligkeit!“ Mir gefällt diese Sicht! Ich weiß aber, dass sie vielen Menschen nicht gefällt. „Das ist eine Theologie, die Menschen, die leiden oder arm sind und denen es in dieser Welt nicht gut geht, nur vertröstet“, sagen die Theologen. Von anderen Christen kann man hören: „Das muss doch nicht immer so sein, dass auf das Leid wirklich die Freude und die Seligkeit folgen und umgekehrt: nicht immer kommt nach der Freude eine Zeit des Leids“. „Das alles interessiert mich keinen Augen- blick“, sagen die Weltkinder. „Damit könnt ihr aber niemand für die Sache Christi begeistern“, warnen manche, die sich um den Bestand des Christentums sorgen. „Ihr wollt damit doch nur Macht über die Menschen gewinnen“, werfen uns die Gegner des Christentums vor. „Wenn die böse Zeit kommt, dann kommt sie, wenn nicht, umso besser“, meinen die ganz Sorglosen. Und noch viele andere sagen und meinen und denken und reden irgendetwas zu dieser Frage: Steht et- wa wirklich vor der Freude immer die Trauer, die Not, das Schwere, die Entbehrung und gar das Leid? Der biblische Befund ist klar: So ist es und nicht anders! Beispiele gewünscht? Da könnte ich vorne bei Mose anfangen und hinten in der Offenbarung des Jo- hannes erst aufhören. Aber ich will mich auf einige wichtige Stellen beschränken: Abraham muss erst die Fremde, die Heimatlosigkeit kennenlernen, bevor er das gelobte Land sieht und bewohnen darf. Jo- sef wird von seinen Brüdern als Sklave verkauft, sitzt lange unschuldig im Gefängnis und wird am En- de doch der 2. Mann im Staat Ägypten und der Retter seiner Familie vor dem Hungertod. David muss erst die Schrecken des Kampfes gegen Goliath bestehen, danach auch noch den Streit mit Saul, der ihm nach dem Leben trachtet - dann erst wird er der König von Israel. Zachäus muss erst durch den Spott der Menge Spießruten laufen - Jesus aber kehrt gerade bei ihm ein und gibt seinem Leben einen neuen Anfang. Und Jesus selbst ist das beste Beispiel für diese Sache: Durch Leiden und Sterben hindurch führt sein Weg zu Auferstehung und neuem Leben! Und schließlich Petrus, dem die Verse des Predigt- textes heute zugeschrieben werden: Er verleugnet und versagt, er weint und zerbricht fast an sich selbst, aber er kommt zu neuem Ansehen, neuer Ehre und neuen Aufgaben: „Weide meine Lämmer!“, sagt Je- sus nach Ostern zu ihm. Muss es also nicht immer so sein: Durch Trübsal, durch Anfechtungen und schwere Zeit zur Freude? Wir sind wahrscheinlich nicht alle überzeugt davon. Ich denke, die Meinungen unter uns sind geteilt. Ich glaube überdies, sie sind etwa so geteilt, wie wir selbst zu denen „in der Trübsal“ und denen „in der Freude“ zählen. - Das bringt mich auf einen Gedanken, wie wir uns diesen Worten und dieser Sache heute vielleicht ein wenig nähern können: Durch das Leid zur Freude. Lassen wir's noch einen Moment offen und unent- schieden, ob es Freude auch ohne vorherige dunkle Zeit geben kann. Sehen wir einmal, wie die einen und die anderen fühlen, die in den trüben und die in den hellen Zeiten des Lebens: Wer im Leid ist, wer gerade eine schwere Wegstrecke bestehen muss, der wird sich gewiss sehnen, dass es bald anders wird und er wird sich freuen, wenn er heute hört und das glauben kann: Es währt nur eine kleine Zeit, dann wirst du aus dem Feuer hervorgehen, geläutert wie Gold, dann bist du am Ziel, dann beginnt für dich das bessere Leben und die Freude. Wie ist es bei den anderen? Die werden sicher festhalten wollen, was sie heute in Händen haben. Die sind nicht versessen darauf, dass es anders wird, was ihnen doch gefällt. Ja, die wünschen sich höchs- tens, dass die Freude, die sie genießen können, noch vollkommener wird und gleich bis in die Ewigkeit dauert. Wenn diese Menschen dieses Wort heute ernst nehmen, dann könnte es Schrecken bei ihnen auslösen: Nur durch das Feuer hindurch geht es zum Ziel des Glaubens! Erst muss die Trübsal bestan- den werden, dann wird es Licht! Nein, das wird sich keiner, der gerade gute Tage hat, gerne sagen lassen! Deshalb glaube ich auch, dass in unseren Kirchen und wohl auch heute Morgen! - überwiegend Menschen zusammenkommen, die das Dunkel und die Härte des Lebens erfahren müssen. Für die ist die Botschaft der Bibel immer wie Balsam für die Seele, denn diese Botschaft ist nun einmal: Nach dem Leid die Freude! Wie beantworten wir also jetzt diese Frage: Ob es denn immer so sein muss? Es ist in der Bibel meistens so. Es ist im Leben - in das die Worte der Bibel ja sprechen wollen - meis- tens so. Und wir - jedenfalls die meisten von uns - erhoffen es uns auch so, denn wir haben Trübsal und mussten durchs Feuer. Wir haben schwere Zeit und manches Leid erfahren. Gehen wir darum lieber noch einem anderen Gedanken nach - er wird auch für die meisten von uns tröstlich sein: Wenn das so ist - und wir können ja keinen Zweifel daran haben, dass es so ist -, dann liegt in der Trübsal, in der wir gerade sind, doch schon der Keim der Freude. Ein erstes Aufleuchten des zukünftigen Lichtes ist schon in unseren Herzen! Eine Ahnung der Herrlichkeit, die für uns einmal anbricht, können wir schon haben! Wir dürfen gewiss sein: Das Feuer, in dem wir auch brennen und schmerzhaft, leidvoll mancherlei Qualen erfahren, wird uns läutern. Es wird uns einmal hergeben müs- sen, entlassen müssen, dann werden wir froh und frei sein und wir werden wissen, warum wir das alles erst hinter uns bringen mussten! Und noch eins, eine weitere Freude im Leid sozusagen: Es trennt uns ja nicht von Gott, was wir erlei- den müssen, wie wir sehen. Wir sind hier. Wir lassen uns diese Botschaft von der Freude hinter der Trübsal sagen. Wir können das hören, ohne uns von Gott abzuwenden, der uns doch den bitteren Kelch trinken lässt. Das mag uns gewiss machen, dass unser Leid ein Ziel hat und Segen schenkt und Gottes Plan entspringt und sein Wille ist. Darum: nein, es ist kein schlechtes Zeichen, wenn wir durch dunkle Zeiten müssen! Wir wissen, dass es am Ende hell wird - ewig hell. Aber, was soll ich den anderen sagen, denen, die bis heute nur die Freude kennen? Wie gesagt, sehr viele davon werden nicht hier sein. Ich fürchte auch, sie können das nur schwer verstehen: Wie kann denn Freude im Leid liegen? Was kann denn segensreich daran sein, wenn man einen dunklen Weg ge- führt wird? Ich will nur dies sagen: Ich wünsche allen, die nur die gute Zeit kennen, dass sie auch dann, wenn es sich für sie ändert, die Hand Gottes nicht verlieren. Und ich wünsche ihnen dann diese Erfahrung: Dass Leiden wie das Feuer läutert. Dass Trübsal den Glauben stärkt und reiner macht - wie die Flamme das Gold. Dass ein Ziel hinter allem Dunkel auf uns wartet, für das sich Entbehrung und Geduld, Kampf und standhaftes Vertrauen lohnt. Wir wollen noch im Lied von dieser merkwürdigen Wahrheit singen, dass im und hinter allem Leid die Freude liegt! AMEN (In dir ist Freude in allem Leide... EG 398)