Aus Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 28.11.2003: Evangelische Kirche Weniger Geld für Steinackers Nachfolger 28. November 2003 Wer auch immer eines Tages Peter Steinacker im Amt des Kirchenpräsidenten der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) nachfolgen wird - mit einem Umstand wird er wahrscheinlich nicht sehr glücklich sein. Damit nämlich, daß er weniger Geld bekommen wird. Diese Änderung hat die Synode der EKHN bei ihren Personal- und Haushaltsberatungen in Frankfurt beschlossen. Steinackers Gehalt bemißt sich, wie das des gesamten theologischen Führungspersonals der Kirche, nach dem Bundesbeamtenbesoldungsrecht. Bezahlt wird der Kirchenpräsident nach der Gehaltsstufe B 8, was einem Jahresbruttoeinkommen von etwa 102000 Euro entspricht (die Basis aller Zahlen ist die sogenannte Eckperson in letzter Dienstaltersstufe, die verheiratet ist und zwei Kinder hat). Der Beschluß lautet, daß der Kirchenpräsident künftig nach B7 bezahlt wird, das sind etwa 97000 Euro. Eigentlich gilt diese Regel schon vom nächsten Jahr an, doch Steinackers Gehalt bleibt so, wie es ist, so daß erst sein Nachfolger das finanzielle Nachsehen hat. Es gibt aber auch "Gewinner" der Reform: das sind zum einen, in relativ bescheidenem Maße, die 51 Dekane der Landeskirche. Sie werden, so Personalreferent Walter Bechinger, künftig nach A15 bezahlt und bekommen im Höchstfall etwa 220 Euro mehr im Monat. Sie hatten eine bessere Vergütung gefordert, denn sie haben mehr Aufgaben bekommen, zum Beispiel in der Personalführung. Das wiederum hängt mit dem sogenannten Dekanatsstrukturgesetz zusammen, das sich die Landeskirche verordnet hat und das gemeinsam mit der Neuordnung der Kirchenzentrale in Darmstadt zum Ausgangspunkt einer Umstellung des bisher eher unübersichtlichen Besoldungssystems für das theologische Führungspersonal wurde. Damit entstehen erst einmal Mehrkosten von 250000 Euro, von denen 220000 Euro allein durch die Gehaltserhöhung der Dekane und ihrer Stellvertreter verursacht werden. Allerdings wird künftig durch die Zusammenlegung der Bau- und der Finanzabteilung in Darmstadt die Stelle eines Abteilungsleiters wegfallen, was Geld spart. "Außerdem wollen wir die Zahl der Dekanate verringern", sagt Bechinger. Somit würde auch weniger Geld für Dekane ausgegeben werden müssen. Ziel ist, von den derzeit 51 auf etwa 38 Dekanate zu kommen. Aber letztlich wird die Landeskirche für die Dekane mehr aufbringen als heute - das Dekanatsstrukturgesetz hat eben seinen Preis, ganz abgesehen von Investitionen in Immobilien, den "Häusern der Kirche" in den Dekanaten. Das alles mag manchem gerade in Zeiten massiven Sparzwangs negativ aufstoßen. Auch die Stelle Bechingers selbst ist von den Änderungen betroffen - und zwar ziemlich deutlich. Der Leiter der Personalabteilung wird wie der Chef der Abteilung Kirchliche Praxis, Reinhard Bertram, nach A15 plus Zulagen dotiert, was etwa 71000 Euro Jahreseinkommen entspricht. Künftig sollen die beiden dann als Dezernatsleiter bezeichneten Abteilungschefs nach B3 (78100 Euro) entlohnt werden, auch wegen eines veränderten Aufgabenzuschnitts, wie Bechinger hervorhebt. Schon nach B 3 bezahlt wird der dritte Dezernent in Darmstadt, Finanzchef Heinz Thomas Striegler, der "von außen" kam und dem man deshalb ein entsprechendes Gehaltsangebot machen mußte. Anders als Bechinger und Bertram ist er kein Pfarrer. Nach B 3 wird künftig auch der stellvertretende Leiter der Kirchenverwaltung bezahlt. Über einen Gehaltssprung freuen dürfen sich auch die Leiterin der Kirchenverwaltung und der stellvertretende Kirchenpräsident, die von der Stufe B 4 (82460 Euro) auf die Stufe B 5 (87500 Euro) kommen. Das mag besonders der stellvertretende Kirchenpräsident als wohltuend empfinden, denn der Abstand zwischen seinem noch gültigen B 4- und dem B 8-Gehalt des Kirchenpräsidenten ist groß. Eine Gruppe darf natürlich nicht vergessen werden: die sechs Pröpste, die gemeinsam mit Steinacker und seinem Stellvertreter Hans-Helmut Köke das Leitende Geistliche Amt, das Führungskollektiv der Landeskirche, bilden. Ihr Gehaltszuwachs fällt relativ bescheiden aus. Sie klettern von der Stufe A 15 plus Zulagen auf A16, was einem Zugewinn von etwa 900 Euro entspricht. Daß die Synode gerade den Abstand zwischen den Gehältern des Kirchenpräsidenten und der anderen Spitzenpfarrer und -beamten verringert, ist bemerkenswert. Denn niemand Geringeres als Martin Niemöller, der erste Kirchenpräsident der EKHN, hatte für eine relativ große Gehaltskluft zwischen ihm und seinen engeren Mitarbeitern gesorgt - "ganz nach dem Motto ,Einige Tiere sind gleicher als andere'", wie ein Synodenbeobachter ironisch-kritisch anmerkte. So ist der Beschluß fast wie eine kleine Revolution. STEFAN TOEPFER