Hier ist eine Zusammenstellung von Beiträgen aus dem Diskussionsforum der EKHN "Wo soll die EKHN sparen", das man heute noch über http://www.dike.de/phpBB/viewforum.php?forum=5 erreichen kann. Ich hege die Befürchtung, dass dieser Link in Bälde nicht mehr „funktionieren“ könnte, daher habe ich die für die Diskussion um die Notwendigkeit der Fach- und Profilstellen und die Bedeutung der Kirchengemeinden wichtigen Beiträge hier zusammengestellt. Da die VerfasserInnen meist als „Anonymus“ registriert waren, habe ich auch die Signen der mit Namen registrierten Forumsteilnehmer eliminiert. Eine wirklich lesenswerte Lektüre!!!: Was mich sehr wundert bei dieser Diskussion: Warum gibt es so viele anonyme Beiträge, die offensichtlich von Pfarrern stammen? Ist es in der EKHN gefährlich geworden, öffentlich eine Meinung zu vertreten? Als langjährige Mitarbeiterin in der Kirche will ich hiermit mein Entsetzen äußern zu dem geplanten Abbau der Kirchengemeinden. Will unsere Kirchenleitung wirklich die Basis jeglichen kirchlichen Lebens angreifen, wohlwissend (hoffentlich), daß ohne Basis alle Arbeit ins Leere geht. Eine "Hilfe bei der Lebensorientierung von Menschen" kann nur in möglichst kleinen Einheiten-Gemeinden stattfinden. Daher muß unbedingt die Priorität bei den Gemeindepfarrstellen bleiben. "Konzentrierte, exemplarische Angebote in einzelnen Regionen" als Ersatz für gewachsene und funktionierende Gemeinden macht für viele Menschen in Landregionen Kirche nicht mehr erlebbar. Wie ich es von Anfang an befürchtet habe, hat die Strukturreform viel unnützes Geld gekostet, das jetzt fehlt. Stoppt den Bau der teuren Rentämter, spart an Profilstellen, die gerade unseren Landregionen nichts bringen und laßt die Kirche im Dorf!!! ________________________________ Nachdem über Jahrzehnte Pfarrerinnen und Pfarrer kaum etwas mit Spiritualität anfangen konnten, leistet das Haus der Stille seit seinem Bestehen einen elementaren Beitrag, um ein Defizit an Spiritualität zu füllen, das von vielen Gemeindegliedern als schmerzlich ermpfunden wird. Ich bin für das Konzept, das Paul-Ulrich Lenz vorschlägt. Sparen sollte man lieber an den vielen übergemeindlichen Pfarrstellen, die im Zuge der Dekanatsstrukturreform aus dem Boden gestampft wurden und zum großen Teil unnötig sind. ________________________________ Ich kann nicht verstehen, dass eine Kirchenleitung, die den Auftrag der Verkündigung ernst nimmt, es ernsthaft in Erwägung zieht, Menschen ihre Gemeinde wegzunehmen. Sind unsere Oberen denn wirklich schon soweit von der Basis weg?Ich glaube das die Kirchenleitung wirklich eine Sünde begeht, wenn Gemeinden einfach platt gemacht werden. Die Region ist ganz gewiss nicht der Ort des kirchlichen Lebens, sondern die Gemeinde. Ist eine Gemeinde stark, wird sie auch in die Region wirken, nicht umgekehrt. Die Gemeinden zahlen nämlich jetzt den Preis für die ALBERNE und absolut unnötige Strukturreform. Die Gelder wären in den Gemeinden besser angelegt gewesen! ______________________________ Forum Lebendige Kirche fordert Kurswechsel: Sparkonzept der EKHN drängt Gemeinden ins Abseits Erstmals stellt die Kirchenleitung offen fest: Die Gemeinden haben keine Priorität mehr im kirchlichen Leben. Damit tritt eindeutig zu Tage, was bislang vehement bestritten wurde: Die Gemeinden sind die großen Verlierer der Strukturreform. Über ein Viertel der Gemeinden der EKHN soll es an den Kragen gehen. Mehr als 300 Dorfgemeinden stellt die Kirchenleitung zur Disposition. Das vorgelegte Sparkonzept geht im Grundsatz davon aus, dass die Kirche nicht mehr durch die Gemeinden konstituiert wird. Die neue Priorität gehört einer abstrakten regionalen Eventkultur. Damit demontiert die EKHN ihre Basis. Wie schon bei den vorausgegangenen Sparmaßnahmen wird vor allem dort gespart, wo Kirche nahe bei den Menschen ist: Im Gemeindepfarrdienst, im Gemeindepädagogischen Dienst, in der Kirchenmusik und in der Gemeindediakonie. Noch nie stand dem eine so hohe Zahl an kirchlichen Verwaltungsstellen gegenüber. Dieser Zustand stellt mittlerweile für die Gemeinden eine unerträgliche Last dar. Wir fordern eine schnelle, spürbare Entlastung der Gemeinden durch Reduktion der übergemeindlichen, kirchenleitenden und kirchenverwaltenden Dienste. Hier muss der Hauptanteil der notwendigen Einsparsumme erbracht werden, denn die veröffentlichten Zahlen belegen: Die Investitionen auf der „mittleren“ und „oberen“ Ebene haben zur gegenwärtigen Finanzmisere der EKHN geführt. Die Kirchensteuereinnahmen sind seit Jahren auf hohem Niveau relativ stabil (2001: 371.748 € / 2002: 371.700 € / 2003: 370.000 € = aktuelle Schätzung), können allerdings nicht den enormen Mehrbedarf durch die teuren Reformen decken. Fazit: Die Kirchenleitung steht gegenwärtig vor dem Scherbenhaufen ihrer eigenen Reformpolitik. Was als Sparkonzept entwickelt wurde, erweist sich jetzt als millionenschwerer Ressourcenverbrauch und als eine Dauerbelastung, über deren Umfang bisher keinerlei Rechenschaft abgelegt worden ist. Wir sind davon überzeugt, dass Gemeinde als ursprünglicher Ort der Verkündigung und Seelsorge oberste Priorität genießen muss. Nur wenn Gemeinden eine Zukunft haben, wird die Kirche eine Zukunft haben. Wir fordern die Synode der EKHN auf, dieser Priorität in allen ihren Entscheidungen gemäß des Grundartikels und der Grundordnung unserer Kirche Rechnung zu tragen. _______________________________ Reformieren heißt, etwas so zu verändern, daß es nachher besser wird als es vorher war. Die dazu nötige Voraussetzung besteht in der Definition von Zielen. Wenn die unklar bleiben, wird auch der vorgeschlagene Weg schwer zu vermitteln sein. Beispiel dafür ist die sogenannte Strukturreform der EKHN. Wäre klar, wozu es diese Veränderungen braucht, was die neuen Profilstellen notwendig macht, daß bzw. ob die Verantwortung tatsächlich so weit wie möglich nach unten verlagert wird, gäbe es sicher weniger Verwirrung. (Warum inszeniert etwa manch ein Mitglied des "konstitutionellen Episkopats" permanent sich selbst und blockiert mit eigenen Ansprüchen und teurer Hofhaltung die Arbeit der Dekaninnen und Dekane anstatt sich auf die Aufgabe der geistlichen Leitung der Gesamtkirche zu konzentrieren? Warum führen und leiten weder Kirchenleitung noch Kirchensynodalvorstand und geben alle Macht an bestimmte Verwaltungsinstanzen ab? Etc.) Was aber ist der Inhalt kirchlicher Arbeit, ihr Ziel? Doch wohl vor allem dies: So überzeugend und so qualifiziert wie möglich mit der ermutigenden Botschaft von der Liebe Gottes zu seinen Kindern bei den Menschen zu sein. Sie zu begleiten, zu trösten, zu ermutigen. Ihnen zu helfen, Sinn in dem, was sie tun, zu finden und mit sich und ihrem Umfeld verantwortlich umgehen zu können. Ob eine Kirche das tut, entscheidet in tiefem Ernst letztlich über ihre Existenzberechtigung! Denn die Kirche, die Gemeinde Gottes (also auch die Parochie) ist niemals um ihrer selbst willen da. Also: Anstatt sich in unsäglichen, polarisierenden Grabenkämpfen etwa zwischen den Ortsgemeinden und den funktionalen Diensten zu zerfleischen, müßte schlicht gefragt werden, wo und wie am besten dieser kirchliche Kernauftrag erreicht wird. Da sieht es bezüglich der Landgemeinden womöglich oft ganz anders aus als in der Großstadt. Unterschiedliche Rahmenbedingungen brauchen unterschiedliche Arbeitsstrtukturen. Das war schon in der ersten Christenheit nicht anders: Jerusalem war nicht Galatien oder Rom... Es gibt lebendige Ortsgemeinden, die Woche für Woche viele Menschen auch außerhalb der berühmten "Kerngemeinde" erreichen. Und es gibt solche, deren große Kirchen und Gemeindezentren nur von einem kleinen Kreis frequentiert werden. Es gibt funktionale Dienste, die mit großem Aufwand viel Lärm um nichts verursachen und es gibt solche, die mit hoher Kontinuität zahllose Menschen dort begleiten, wo sie es dringend brauchen, etwa in Krankenhäusern, ganz sicher in den Schulen, in der diakonischen Arbeit, etc. Es wäre an der Zeit, endlich inhaltlich zu diskutieren und daraus dann die nötigen Schlüsse zu ziehen. Was sich derzeit abspielt, ist auf nahezu allen Seiten einem Offenbarungseid sehr nahe! Was wir brauchen, ist der Abschied von profilneurotischen Selbstdarstellungen und krämerischen Egoismen, wie sie auch in vielen hier zu lesenden Beiträgen stecken. Beginnen wir stattdessen endlich den überfälligen zielorientierten und geschwisterlichen Diskurs über das Notwendige. Das würde dann sicher auch machbar werden. ___________________________________ Mich ärgert, dass bei der jetzt begonnenen Diskussion um das Sparen in der EKHN niemand mehr von den Ursachen der Misere spricht. Dass die EKHN jetzt sparen muß, hat aber seine Geschichte! Der Sparzwang ist überwiegend hausgemacht! So sind in der Vergangenheit immense Gelder in die unsinnige, weil überflüssige Strukturreform geflossen. Was die Handlungszentren und die Stärkung der Mittleren Ebene an Mitteln verschlungen hat, dürfte ein Vielfaches von dem gewesen sein, was es jetzt zu sparen gilt. So geht eben doch - was immer anders versprochen wurde! - die Strukturreform zu Lasten der Gemeinden und der Gemeindepfarrstellen. Denn die verlieren beim Sparen jetzt am meisten. Es scheint denen, die jetzt die Sparliste erstellt haben, nicht klar zu sein, dass an der Basis zu sparen, viele treue Kirchenchristen veranlassen könnte, über ihre Mitgliedschaft in einer Kirche nachzudenken, die ihnen immer mehr die Seelsorge und die gemeindliche Betreuung vor Ort vorenthält. Der Wunsch nach einer kirchlichen Beerdigung allein kann heute keine Kirchentreue mehr begründen! Außerdem hatte die EKHN 2000 und 2001 zwei ausgesprochen fette Jahre mit Überschüssen bei der Kirchensteuer in Höhe von ca. 30 Mio. Euro. Dieses Geld hätte man für Notzeiten anlegen und nicht sinnlos verpulvern sollen. Für alles jedenfalls, was vor dem jetzigen Spargewimmer an schlechter Finanz- und Kirchenpolitik geschehen ist, muss jetzt keiner Rechenschaft ablegen, geschweige denn seinen Hut nehmen. Merke: (Das gilt nicht nur in der Seelsorge!) Ohne Reue und echte Umkehr kann auch durch Sparen keinen echter Neuanfang entstehen. __________________________________ Wenn ich die Seiten 11 u. 12 im Sparkatalog lese, frage ich mich, welche Person diese Vorgaben formuliert hat. Sicher scheint nur zu sein, dass er / sie noch nie auf dem Land gearbeitet oder gewohnt hat. Zitat S. 11: "Die Kirchengemeinde wird handlungsfähiger und erhält durch die Fusion neue Impulse für die kirchliche Arbeit und ein erweitertes Potential ehrenamtlicher engagierter Gemeindeglieder." - Wenn man das liest, kann einem die Zornesröte ins Gesicht steigen und man muss an sich halten, um einen ähnlichen Ausraster wie am Samstag bei Rudi Völler zu verhindern und um nicht in eine Sprache abzugleiten, die manchmal auf dem Land allerdings eher verstanden wird, als inhaltsleere Vokabeln, die schön ausformuliert absoluten Unsinn beschreiben, um das mal einigermaßen gesittet auszudrücken. Genau das Gegenteil von dem, was hier prophezeit - nein, dieses theologisch besetzte Wort verwende ich aus Rücksicht auf die großen Propheten der Bibel hier lieber doch nicht - also, prognostiziert wird, ist richtig! Durch Umsetzung dieser geplanten Gemeindefusionen, geht der noch letzte vorhandene Identitätsträger im Dorf, nämlich Kirche, verloren. Ein noch weitgehend intaktes Parochialsystem wird ohne Not zerschlagen. Präsenz von Kirche oder auch Idendität mit der eigenen (Dorf)gemeinde geht verloren. Gerade in meinen Dörfern zeigt die Wahlbeteiligung von bis zu 45% bei den jünsten Kirchenvorstandwahlen noch Interesse bzw. Identifikation mit dem, was in der Gemeinde, sprich Kirche geschieht. Nun aber lese ich auf S. 12, dass die Kirchenleitung zwei Jahre vor der nächsten Kirchenvorstandswahl "gezielt Fusionsgespräche anregen" möchte. Ich lade die Damen und Herren der Kirchenleitung herzlich ein, nicht erst in vier Jahren sich hierher zu bemühen, sondern schon jetzt, d.h. baldmöglichst, zu uns zu kommen, um zu erleben, was EKHN-Sein auf dem Lande bedeutet, mit allen positiven, aber auch problematischen Seiten. Die jetzt begonnene Herbstarbeit bietet allerlei Möglichkeiten! Vielleicht besucht ein Mitglied der Kirchenleitung einen der drei bzw. vier sonntäglich angebotenen Gottesdienste/Kindergottesdienste in meiner Pfarrei; alle 14 Tage besteht zudem zusätzlich die Möglichkeit, einen Gottesdienst in der von mir mitbetreuten z.Z. vakanten Gemeinde zu besuchen, um dann hinterher mit den Menschen, für die die Kirchenleitung ja auch verantwortich ist, zu diskutieren und Handlungskonzepte zu erörtern oder mit den Menschen in einen fruchtbringeneden Diskurs einzutreten,z.B. über die Steigerung der Handlungsfähigkeit ihrer Kirchengemeinde, über die neuen Impulse der kirchlichen Arbeit im Dorf, oder über die Gewinnung des erweitereten Potentials ehrenamtlich engagierter Gemeindeglieder, welche jeweils durch die Fusionsabsichten entstehen (werden). Leider, so wird auf S.11 konstatiert, werden ja Einsparungen im Pfarrstellenbereich über Gemeindefusionen nicht erreichbar sein. Möglicherweise bleibt dann der Pfarrer doch noch im Dorf wohnen, wie seit 300 Jahren! Ein seit 18 Jahren auf drei verschiedenen Stellen tätiger Landpfarrer mit z.Z vier Gemeinden - übrigens alle unter 500 Gemeindeglieder, der aber jetzt aufhören muss zu schreiben, um nicht zu spät zum Gesprächskreis zum "Jahr der Bibel" zu kommen. ___________________________________ In der Beschreibung der Ausgangslage (S. 1+2) des 60-seitigen Sparkonzeptes der EKHN findet die Kirchengemeinde in der Liste der Prioritäten keine Erwähnung mehr. Statt dessen werden die fünf Handlungsfelder „Verkündigung“, „Seelsorge“, „Bildung“, „Gesellschaftliche Verantwortung“ und „Ökumene“ als konstitutiv für die Kirche dargestellt. Außerdem hält man noch die Querschnittsbereiche „Öffentlichkeitsar-beit“, „Fortbildung“ und „Organisationsentwicklung“ für zwingend notwendig. Entsprechend wendet sich die Kirchenleitung ausdrücklich gegen die immer wieder vorge-tragene Meinung, dass die Gemeindepfarrstellen eine absolute Priorität gegenüber den Funktions- und den neuen Profilpfarrstellen hätten. Dagegen sei erwiesen, dass konzentrierte, exemplarische Angebote in einzelnen Regionen eine höhere Wirkung hätten als eine flächendeckende Verteilung. Fazit: Das vorgelegte Sparkonzept geht im Grundsatz davon aus, dass Kirche nicht mehr durch Gemeinde konstituiert wird, sondern mindestens ebenso gut - und oft sogar effektiver - durch überregionale Dienste veranstaltet werden kann. Diese ekklesiologische Grundentscheidung, wonach die Gemeinde als kirchliches Handlungsfeld unter vielen rangiert, hat in den vorgelegten Sparvorschlägen deutlichen Niederschlag gefunden. - Die EKHN soll sich von der Gemeindekirche zur Kirche der regionalen Veranstaltungen wandeln. Die veröffentlichten Zahlen (S. 3+4) zeigen, dass die erheblichen Investitionsmaßnahmen auf der „mittleren“ und „oberen“ Ebene unserer Kirche nun durch Sparmaßnahmen an der „unteren“ Ebene finanziert werden sollen. Die Fehlbeträge im Haushalt der EKHN betrugen im Jahr 2002 ca. 15,3 Mio. EURO und im Jahr 2003 rechnet man mit Mindereinnahmen von 15-20 Mio. EURO. Dem steht gegenüber, dass im Jahr 2002 bereits 25 Mio. EURO und für das Jahr 2003 noch einmal 45 Mio. EURO für Investitionen in die verschiedenen Reformprojekte der EKHN (Strukturreform, mittlere Ebene, Regionalverwaltungen etc.) ausgegeben werden. Fazit: Wer behauptet, dass die EKHN nicht mehr genügend Geld für die pastorale Versor-gung, finanzielle Ausstattung und Gebäudeunterhaltung der Gemeinden hat, der darf nicht verschweigen, dass auf mittleren und höchsten Ebenen unserer Kirche zur Zeit in noch nie da gewesenem Maße investiert wird. Die einmal als bitter notwendige Sparmaßnahme vom Zaun gebrochene Umstrukturierung der EKHN ist in Wahrheit das Teuerste, was sich die EKHN je geleistet hat. Sie verursacht neben einem massiven Verbrauch an Rücklagen außerdem dauerhafte Mehrausgaben, die im Bereich der Gemeinden dann nicht mehr zur Verfügung stehen. - Für eine Kirche, in der die Gemeinden keine Priorität mehr haben, ist ein solches Vorgehen natürlich konsequent. __________________________________ Wer als Mensch mit Interesse für das Leben in den Gemeinden die Vorschläge der EKHN anschaut, zweifelt nicht mehr: Die Wahrnehmung dessen, was existenziell zur Kirche gehört, ist völlig aus dem Lot. Die Kirchenleitung, die von Geldern lebt, die Gemeindeglieder erarbeiten, erscheint als Lobbyismus-Verband für die, die zwar in der Kirche, aber nicht in der Gemeinde arbeiten wollen. Wie anders kann ist es zu erklären, dass die Gemeinden mit der erneuten Verschärfung des Stellenabbaus bei Pfarrern, Gemeindepädagogen und Kirchenmusikern und mit nunmehr von Darmstadt aus forcierten Gemeindefusionen die Hauptträger der neuen Einsparung sein sollen? Als Begründung dafür wird auf die „Handlungsfelder“ verwiesen, die unbedingt erhalten bleiben müssen: Ökumene und Bildung, gesellschaftliche Verantwortung und Öffentlichkeitsarbeit. Als ob es diese Handlungsfelder im Leben der Gemeinde ohne die entsprechenden Ämter und Zentren samt deren Satelliten-Profil-Stellen in den Dekanaten nicht gäbe! Die Gemeinden werden– das ist demotivierend genug – seit Jahren für defizitär erklärt. Dabei haben die Gemeinden im Gegensatz zu den Zentren und Ämtern erkannt, dass sie schon längst nicht mehr aus dem vollen Kirchensteuertopf leben können. Sie haben Fördervereine gegründet und leben schon längst ihr aktives Leben aus den Kollekten und Spenden. Sollten die Sparmaßnahmen, die nun durch die Investitionen in die „mittlere Ebene“ nötig geworden sind (und nicht anders!), doch bitte so erwirtschaftet werden, dass auch die gesamtkirchlichen Zentren einen Teil ihres Solls selbst erwirtschaften müssen! Das wäre gleichzeitig ein echter Qualitätstest, ob die Dienste dieser Ämter wirklich gefragt sind und ob sie ihr Geld wert sind. Anders geht es in der Wirtschaft auch nicht: Nicht wer für nötig erklärt wird, ist nötig, sondern, wer gefragt ist und sich bewährt, kann bleiben. Hierbei würde sich auch zeigen, wer mit beiden Beinen auf der Basis steht und Kontakt zu den Menschen hat. Glaubt man den Veröffentlichungen Darmstadts, so scheint ja das Ende der Gemeinde als Parochie gekommen und in Wirklichkeit sind die gesamtkirchlichen Zentren und die Dekanate samt ihren Aktionen die missionarische Speerspitze der EKHN, die Menschen auf breiter Ebene erreicht und bei der Stange hält. Studien der letzten 30 Jahre hätten das belegt. Das ist nicht mehr als ein Treppenwitz. Wo sind denn all diese Menschen? Es ist höchste Zeit, dass die Kirchenleitung die Gemeinden nicht weiter als „Euter“ ansieht, in den man an einem Tag hinein tritt, und den man am nächsten Tag melken kann. Es ist höchste Zeit für einen Verband der Gemeinden in der EKHN, der mit einer Stimme gegen diese entwürdigende Kirchenpolitik vorgeht. ________________________________________ Ich wohne in einer kleinen Gemeinde (unter 500 KG-Mitgliedern). Unser Dorf ist geprägt von dem kirchlichen Leben.Der Pfarrer ist einer der wichtigsten Ansprechpartner. Er hat ein offenes Ohr für die Probleme von uns älteren Menschen, zu ihm können wir gehen auch ohne vorherige Anmeldung. Wenn ich daran denke, daß solche Gemeinden "abgeschafft" werden, ist mir Angst und Bange.Ich hoffe und bete, daß dieses Forum etwas bewirkt und die Kirchenleitung von einer solchen Reform absieht. _________________________________ Ich bin Pfarrer, weiß also durchaus wovon ich rede: Wenn ich die hier versammelten Beiträge lese, dann könnte ich fast die Hoffnung fassen, daß die "Sparsynode" vom 20.9. eine Chance hat, das Steuer herum, bzw. es den Wahnsinnigen in der EKHN aus den Händen zu reißen. Dann aber holt mich wieder die Realität und die Resignation ein: In diesem Forum herrscht viel Vernunft. Hier wurden und werden sicher viele gute Vorschläge zum Sparen gemacht. Hier spürt man auch die Not, die es bereitet, wenn etwa Gemeinden oder Diakoniestationen von Herren und Damen aus der KV und KL einfach preisgegeben und zu Sterben verurteilt werden. In den Dekanaten aber, in den Pfarrschaften gibt es zu viele, die ihren Beruf nur als Job verstehen, die keine guten Hirten und Hirtinnen sind, die Karriere am Paulusplatz machen wollen, die ihre Gemeinde (als Arbeitsplatz!) auf Kosten anderer erhalten wollen, die darauf schielen, ob z.B. ihre Dekanezulage auch ruhegehaltsfähig ist... Diese Leute gehen in den Dekanaten buchstäblich über Leichen ihrer engagierten Kollegen hinweg, die in Gemeinden arbeiten, die im Sinne der Pfarrstellenbemessung zu klein gewordenen sind, sie helfen in den DSV's mit, dass lebendige Gemeinden kaputt gemacht werden, sie erfüllen alles, was vom Paulusplatz kommt, als wäre es das Evangelium und sie sehen einen Kirchenpräsidenten ohne Konzept, ohne theologische Verantwortung und geistliche Vision immer noch als Lichtgestalt. Diese Leute, liebe Freunde, sind einfach zu zahlreich in dieser Kirche. Und diesen Leuten wird auch die Synode am 20.9., so fürchte ich, wieder Recht geben. --------------------------------------- (Zum vorigen Votum!) Ein harter Befund! Aber, was ich als Gemeindeglied so mitkriege, der Mann hat recht. Viele Pfarrerinnen und Pfarrer interessieren sich überhaupt nicht für geistliche Werte, ob Gemeinde wächst oder ob Jugendarbeit gemacht wird. Aber wenn die Profilstelle frei wird, dann schreien sie hier - aber müssen dann doch bleiben! Die Profilstellen wollen heute zu viele! _______________________________ Nach dem Sparkonzept unserer Kirchenleitung soll es den über 300 Dorfgemeinden, die weniger als 500 Gemeindeglieder zählen, an den Kragen (S. 11+12) gehen. Sie sollen ihre Eigenständigkeit aufgeben und mit anderen Gemeinden zu größeren Zusammenschlüssen fusionieren. Der Einsparungseffekt basiert vor allem auf den dann nicht mehr auszuzahlenden Sockelbeträgen (Verwaltung und Personal) in den Schlüsselzuweisungen für die Gemeinden. Die ohnehin schon schwierig zu finanzierenden geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse für Küster, Organisten und Reinigungspersonal werden dann nahezu unmöglich. Ein kirchliches Leben in den Dörfern wird kaum noch organisierbar sein. Dazu kommt die beabsichtigte noch schnellere Einsparung von Gemeindepfarrstellen (S. 7), die eine pfarramtliche Versorgung der Dörfer zusätzlich erschweren wird. Die immer größer werdende Anzahl von Dörfern, die durch ein Pfarramt versorgt werden, erschweren nicht nur den Dienst des jeweiligen Pfarrers, sondern erschweren auch die Besetzung der jeweiligen Stelle im Falle einer Vakanz. - Auch die Reduktion von Gemeindepädagogen und Kirchenmusikern wird dazu führen, dass eine Präsenz solcher kirchlichen Mitarbeiter in den Dörfern nicht mehr stattfinden kann, sondern nur noch an manchen Kristallisationspunkten kirchlichen Lebens anzutreffen ist. Besonders hart trifft es die alten und kranken Menschen im Dorf, wenn die Zuschüsse für die Diakoniestationen (S. 13) weiter reduziert werden. Im ländlichen Bereich ist es für Diakoniestationen wegen der oft weiten Strecken und der geringeren Personalvernetzung kaum möglich, kostendeckend zu arbeiten. Die ambulanten Pflegedienste sind aber in der Regel die einzigen Hilfeeinrichtungen für ältere Menschen im ländlichen Raum. Familien mit Kindern, behinderte, kranke, ältere und arme Menschen verfügen nicht über das Maß an Mobilität, das zur Teilnahme an einem überregional strukturierten kirchlichen Leben notwendig ist. Hinzu kommt die wesentlich schlechtere Infrastruktur auf dem Lande. Fazit: Die Kirche zieht sich als letzte Institution aus dem Leben im Dorf zurück. Künstliche überregionale Strukturen werden die gewachsenen dörflichen Strukturen nicht ersetzen können, wie sich das bei ähnlich gelagerten Konzentrationsprozessen immer wieder gezeigt hat. - Das „Ausbluten“ der Dörfer geht in eine neue Runde und zu Lasten der Schwachen. - Danke EKHN. ______________________________ Aufmerksame Amtsblattleser merken: "Über- und aussergemeindliche Pfarrstellen" sind im Nu vergriffen, wer irgend kann, wird Referent auf einer "Funktionspfarrstelle", bei Propst oder Präsident, in der Kirchenverwaltung oder sonst wo... Während die Gemeindepfarrstellen zunehmend nicht besetzt werden können. Vor allem: Wer sich mal einen solchen "Job" besorgt hat, geht kaum noch in einen "normalen Gemeindedienst" sondern hat ihn wohl "gepachtet auf Lebenszeit..." Oder weiss jemand von einem Propst oder Oberkirchenrat, der nach einigen Jahren wieder ganz einfach "nur" wieder Gemeindepfarrer wurde ? Man hangelt sich durch und erfindet notfalls neue Posten! Angeblich ist Gemeinde doch der "höchste" Dienst!? Dass uns die Sonderposten ausbluten, merken wir wahrscheinlich zuspät und Gemeinden denen jetzt die Pfarrstellen gekürzt werden, haben wohl kaum Verständnis für "Multi-Kulti-Happenings" von durchreisenden Funktionspfarrern während die Alltagsbasisarbeit penetrant unterversorgt ist und bleibt, weil einfach eine katastrophale Personal und Finanzpolitik betrieben wird von Personen, die scheinbar den völligen Bezug zur Basis verloren haben.... ________________________________ Heute (15.9.2003) sollen die Ergebnisse aus diesem Forum der Kirchenleitung und dem Kirchensynodalvorstand präsentiert werden. Da diese den beiden genannten Gremien nicht schmecken werden, wünsche ich Herrn Schmidt, dem Moderator dieses Forums, viel Kraft und Mut für die unverfälschte Bündelung des Wesentlichen aus dem "Spar"-forum und dass er selbst unbeschadet aus der Präsentation hervorgeht. ---------------------------------------------------------