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Mitteilungsblatt Nr. 28, Januar 2003 |
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Ich freue mich ganz besonders, nun auch der größeren Öffentlichkeit der Leserschaft unseres Mitteilungsblattes das Referat von Dr. Pflug vorstellen zu können, das er bei unserer Mitgliederversammlung im September in Emden gehalten hat. |
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Die Pfarrerschaft sieht sich in den letzten Jahren im Osten wie im Westen einem zunehmenden Druck der Öffentlichkeit - in erheblichem Maße auch von Synoden und Kirchenleitungen - ausgesetzt, der in ihr den Eindruck verfestigt, daß ihr Dienst an Ansehen und Anerkennung verloren hat. Zahlreiche Äußerungen in Mitgliederversammlungen der Pfarrvereine und in deren Pfarrerblättern sind ein Zeichen dafür, daß Unzufriedenheit und Mißstimmung in einem bisher nicht gekannten Umfang um sich greifen. Für diese Bewußtseinslage sind Eingriffe der Landeskirchen in das Besoldungssystem, die Streichung von Pfarrstellen, zusätzliche Belastungen im Pfarrhausbereich, unüberlegte, zuweilen auch unsensibel verfügte Abberufungen und Versetzungen zumindest mitverantwortlich. Die Bildung von „Anti-Mobbing-Gruppen“ und die zuweilen überzogenen aggressiven Reaktionen von Pfarrerinnen und Pfarrern belegen eine zunehmende Verunsicherung in der Pfarrerschaft bis hin zu Ansätzen von Resignation. In dieser Situation erscheint es notwendiger denn je, daß Kirchenleitungen, Pfarrerschaft und Mitarbeiterschaft wieder zu einem geschwisterlichen Umgang miteinander finden, die Zuversicht in die eigene Arbeit und Vertrauen im Verhältnis zueinander begründen kann. Im kirchlichen Arbeits- und Dienstrecht, wie es sich in den westlichen Gliedkirchen der EKD seit Ende des 2. Weltkrieges entwickelt hat, wird die Gestaltung der Arbeits- und Dienstverhältnisse in Kirche und Diakonie durch das Leitbild der Dienstgemeinschaft geprägt. Dieses Leitbild will den engen Zusammenhang zwischen der Mitarbeit in der Kirche und der persönlichen Teilhabe am kirchlichen Auftrag darstellen. Ausdruck dieses Leitbildes sind die im Bereich der Gliedkirchen der EKD und ihrer Diakonischen Werke geltenden Mitarbeitervertretungsgesetze. Das Kirchengesetz über Mitarbeitervertretungen in der EKD vom 06.11.1992, das von den meisten Gliedkirchen übernommen wurde, hat in seinen klaren Abgrenzungen der Rechte und Pflichten von Dienststellenleitung und Mitarbeitervertretung diesem Leitbild Rechnung getragen. Von der Schutzfunktion dieses Gesetzes sind Pfarrerinnen und Pfarrer allerdings ausgenommen (§ 44 MVG-EKD); deren Beteiligung beschränkt sich auf die Arbeitgeber- und Dienstgeberseite. Die Interessenvertretung der Pfarrerschaft wird durch die in zahlreichen Kirchen bestehenden Pfarrervertretungen (Pfarrerausschüsse) und durch 22 auf landeskirchlicher Basis organisierte Pfarrvereine wahrgenommen. Die über 100-jährige Geschichte der deutschen Pfarrvereine zeigt, daß in ihren Aktivitäten die Förderung der Gemeinschaft, der sozialen Fürsorge und der theologischen Fortbildung die gleiche Bedeutung zukommt wie die Vertretung der beruflichen Interessen der Pfarrerschaft. Fast alle Satzungen der Pfarrvereine enthalten darüber hinaus als Zielbestimmung, an den Aufgaben der Kirche verantwortlich mitzuwirken. In diesem Sinne bemühen sich die Vereinsvorstände, an der Entwicklung des Pfarrerdienstrechts und eines zeitbezogenen Pfarrerbildes mitzuarbeiten. Bei ihren Gesprächen und Verhandlungen mit Kirchenleitungen und kirchlichen Verwaltungsstellen stellen sich für die Pfarrvereine des öfteren Fragen nach ihrer Legitimation und nach der rechtlichen Absicherung ihrer Mitwirkungsmöglichkeiten. Die Vereinssatzungen, in denen als Vereinszweck jeweils die Vertretung beruflicher Interessen der Pfarrerschaft genannt wird, kommt als Rechtsgrundlage nicht in Betracht, weil Satzungen als vereinsinterne Ordnungen keine Ansprüche gegen Außenstehende begründen können. Informations- und Mitwirkungsrechte des Pfarrvereins sind damit ausschließlich aus Artikel 9 Absatz 3 Grundgesetz (GG) herzuleiten, wo es heißt: „Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig.“ Dieses Grundrecht der Koalitionsfreiheit ist ein allgemeines Gesetz, das gemäß Artikel 140 GG in Verbindung mit Artikel 137 Absatz 3 Weimarer Reichsverfassung auch die Kirchen bindet. Unzweifelhaft ist, daß als Koalitionen im Rechtssinne nicht nur Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände anzusehen sind; dazu gehören auch Berufsvereinigungen wie Pfarrvereine, sofern die Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen ihrer Mitglieder Gegenstand ihrer satzungsgemäßen Bestimmung ist. Danach gehört zu den Mindestvoraussetzungen für die Tätigkeit einer Berufsvereinigung die Durchsetzungskraft gegenüber dem sozialen Gegenspieler, die sicherstellt, daß dieser wenigstens Verhandlungsangebote nicht übersehen kann. Eine Koalition ist in diesem Sinne nur leistungsfähig, wenn sie Autorität gegenüber ihren Gegenspielern und ihren Mitgliedern besitzt. In Rechtsprechung und Kommentarliteratur war zunächst umstritten, ob sich eine Berufsvereinigung auch zur Stützung von Mitwirkungsrechten gegenüber Arbeit- und Dienstgebern auf das Grundrecht der Koalitionsfreiheit berufen kann. Das Bundesverfassungsgericht hat schließlich die Frage bejaht, daß zu dieser Tätigkeit legitimerweise alles gehört, was geeignet ist, die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen des von der Koalition Vertretenen zu fördern. Diese Beteiligungsrechte umfassen danach nicht nur den Anspruch auf Information über dienstrechtliche Regelungsvorhaben, sondern auch das Recht zur Stellungnahme, insbesondere zum Vorbringen von Einwänden, Änderungs- und Ergänzungsvorschlägen sowie entsprechende Initiativen. Für den kirchlichen Bereich sind die aus der verfassungsrechtlich geschützten Position der Pfarrvereine resultierenden Verpflichtungen kirchenleitender Organe nicht nur ein nobile officium. Gerade Pfarrer stellen eine besonders qualifizierte Berufsgruppe dar, sie sind darüber hinaus durch die Ordination auch in besonderer Weise an die Kirche gebunden. Schon deshalb erscheint es nicht vertretbar, ihnen und ihren Berufsvereinigungen weniger Rechte zu gewähren, als sie Beamten im Staatsdienst zugestanden werden. Die Vertretung von Arbeitnehmern - seien sie in einem Arbeits- oder Angestelltenverhältnis oder als Beamte und Pfarrer tätig - geschieht aber nicht nur durch Berufsvereinigungen, Vereine oder Gewerkschaften. Im Gegensatz zu totalitären Staaten, die eine Art Zwangsmitgliedschaft kennen, ist es den Arbeit- und Dienstnehmern nach unserer demokratisch- liberalen Verfassung freigestellt, einer Berufsvereinigung beizutreten oder unorganisiert zu bleiben. Auch die nichtorganisierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben nicht nur ein elementares Interesse, sondern auch ein Recht‘ auf Schutz, Fürsorge und Interessenwahrnehmung gegenüber ihren Arbeitgebern und Dienstherren. Das wichtigste Schutzmittel für den einzelnen Staatsbürger ist die Einrichtung unabhängiger Gerichte, deren Anrufung jedermann offensteht; das ist Ausdruck des sogenannten Rechtsstaatsprinzips. Für Menschen in abhängigen Arbeits- oder Dienstverhältnissen hat der Staat zusätzlich die obligatorische Einrichtung von Schutzgremien vorgesehen. Die innerbetriebliche Mitbestimmung bei Maßnahmen zugunsten und zu Lasten einzelner Mitarbeiter regeln für die Privatwirtschaft das Betriebsverfassungsgesetz, das die Bildung von Betriebsräten vorschreibt, und für den Bereich des Staatsdienstes in Bund, Ländern und Kommunen Personalvertretungsgesetze. Diese Gesetze gelten mit Rücksicht auf ihre verfassungsrechtliche Eigenständigkeit nicht für die Kirche, die Diakonischen Werke und ihre Einrichtungen. Die Kirchen und Diakonischen Werke haben aber eigene Mitarbeitervertretungsgesetze erlassen. Diese Gesetze legen fest, daß in allen kirchlichen Einrichtungen Mitarbeitervertretungen für Kirchenbeamte, Angestellte und Arbeiter zu bilden sind. Die den Mitarbeitervertretungen entsprechenden Vertretungsorgane der Pfarrerschaft sind die Pfarrervertretungen und Pfarrerausschüsse, zuweilen auch Pastorenvertretungen oder Pastorenausschüsse genannt. Solche Pfarrervertretungen wurden erstmals nach dem Ersten Weltkrieg durch kirchengesetzliche Regelungen geschaffen. Ihr Vorbild waren seinerzeit die Beamtenvertretungen im staatlichen Bereich. Nach dem Zweiten Weltkrieg wirkten sich moderne Entwicklungen auf dem Gebiet des staatlichen Personalvertretungsrechts dahin aus, daß eine Reihe von Kirchen ihre Pfarrervertretungsgesetze überarbeiteten oder Neuregelungen beschlossen. Von vielen Pfarrerinnen und Pfarrern in- und außerhalb der bestehenden Pfarrvereine wird es seit langem als Defizit empfunden, daß die Vertretung der Interessen der Pfarrerschaft in einer Reihe von Gliedkirchen der EKD gar nicht oder nur sehr unvollkommen geregelt ist. In 5 Gliedkirchen (Pommern, Berlin-Brandenburg, Rheinland, Lippe, Schles. Oberlausitz) fehlen jegliche Regelungen dieser Materie. Die Vertretung von Pfarrerinteressen erfolgt dort, wenn überhaupt, von Fall zu Fall, wobei in aller Regel die Vorstände des jeweiligen Pfarrvereins von den Kirchenleitungen an Gesetzesvorhaben o.ä. beteiligt werden. Da keinerlei Rechtsanspruch auf eine Mitwirkung besteht, ist die Beteiligung aber letztendlich vom Wohlwollen der Kirchenleitungen abhängig. Aber auch die bestehenden Pfarrervertretungsregelungen weisen z.T. erhebliche Defizite auf, was etwa die Informationsrechte, den Anspruch auf sachgemäßes und zeitgerechtes Gehör sowie die Freistellungsmöglichkeiten von in der Pfarrervertretung tätigen Pfarrerinnen und Pfarrern betrifft. Diese Erfahrungen und Umstände haben den Verband der Pfarrvereine und die von ihm eingerichtete sogenannte „Fuldaer Runde“, in der neben den Vorständen der gliedkirchlichen Pfarrvereine auch die bestehenden Pfarrervertretungen vertreten sind, wiederholt beschäftigt. Ausgangspunkt dieser Überlegungen war, die Grundsätze des Mitarbeitervertretungsgesetzes für nichttheologische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in einer angepaßten Form auch auf die Vertretung der Pfarrerschaft zu übertragen. Dabei war zu bedenken, daß Pfarrerinnen und Pfarrer eine Berufsgruppe darstellen, die zentrale Aufgaben der Verkündigung wahrnimmt und dadurch in besonderer Weise an die Kirche und deren Auftrag gebunden ist. Daraus war zu folgern, daß Pfarrervertretungen vergleichbare Möglichkeiten der Mitwirkung haben müssen, wie sie etwa für Kirchenbeamte nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz bestehen. Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, daß eine volle Mitbestimmung an dem vom Bundesverfassungsgericht in einer 1959 getroffenen Entscheidung niedergelegten Grundsatz scheitert, wonach in öffentlich- rechtlichen Dienstverhältnissen die Letztentscheidung in jedem Fall beim Dienstherrn verbleiben muß. Um die Möglichkeiten zu einer Verbesserung der Beteiligungsrechte besser beurteilen zu können, will ich im folgenden die Regelungen des Kirchengesetzes über die Bildung eines Pfarrerausschusses in der Evangelisch-reformierten Kirche aus dem Jahr 1998 einer kritischen Würdigung unterziehen und die Einzelbestimmungen mit den entsprechenden Regelungen in anderen Landeskirchen vergleichen.
1. Wahl und Zusammensetzung der
Pfarrervertretung Im Bereich der EKD ist die dezentrale Wahl auf Sprengel- und Propsteiebene vorherrschend. Nur in wenigen Kirchen erfolgt die Wahl in einer Versammlung der gesamten Pfarrerschaft; das ist in den Kirchen Baden, Bremen und Oldenburg der Fall. In Hannover und in der Pfalz werden die Wahlen ausschließlich in der Form von Briefwahlen abgehalten, in Baden ist die Briefwahl möglich. In einigen Landeskirchen nehmen zwei Organe die Pfarrervertretung wahr: in Braunschweig und Nordelbien ist die Mitwirkung an dienstrechtlichen Regelungen den eigentlichen Pfarrervertretungen vorbehalten, während eine Beteiligung an Personalentscheidungen Vorständen, die aus diesen Vertretungen gebildet werden, zugewiesen ist. Auch in Bayern sind die Funktionen der Pfarrervertretung auf zwei Gremien (Pfarrerkommission und Pfarrerausschuß) verteilt. Unterschiedlich ist die Rolle der landeskirchlichen Pfarrvereine bei der Zusammensetzung und Bildung der Pfarrervertretungen. Auf kirchengesetzlicher Grundlage amtieren die Vorstände der Pfarrvereine in Anhalt und Thüringen als Pfarrervertretungen; der Verein in Anhalt hat für jeden Kirchenkreis ein Mitglied zu benennen, das Ansprechpartner von Rat und Hilfe suchenden Pfarrerinnen und Pfarrern ist. In Bayern sind zur Entsendung von Mitgliedern in Pfarrerkommission und Pfarrerausschuß die Berufsvereinigungen berechtigt, in denen mindestens 1/7 aller Pfarrerinnen und Pfarrer zusammengeschlossen sind. Da nur der Evangelische Pfarrverein diese Voraussetzungen erfüllt, werden ausschließlich von ihm die beiden Vertretungsorgane besetzt. Kraft Gesetzes gehören den Pfarrervertretungen in Braunschweig 3, in Mecklenburg, Pfalz, IP Sachsen und Württemberg je 1 vom Pfarrverein entsandtes Mitglied an. In Westfalen, wo es kein Pfarrervertretungsgesetz gibt, sind dem Pfarrverein durch Beschlüsse von Kirchenleitung und Landessynode Aufgaben einer Pfarrervertretung zugewiesen worden.
2. Wahlberechtigung In allen Kirchen, die über Pfarrervertretungen verfügen, sind die im aktiven Dienst stehenden Pfarrerinnen und Pfarrer einschließlich der Pfarrverwalter und Pfarrer auf Probe, in Oldenburg und in der Pfalz auch die Vikarinnen und Vikare aktiv wahlberechtigt. Außer in der Evangelisch- reformierten Kirche erkennen lediglich die Pfalz und Württemberg den Pfarrerinnen und Pfarrern im Warte- und Ruhestand das aktive Wahlrecht zu.Die Wählbarkeit zu Pfarrervertretungen wird durchweg allen im aktiven Dienst stehenden Pfarrerinnen und Pfarrern, soweit sie aktiv wahlberechtigt sind, zugestanden. Eine Ausnahme bildet Württemberg, wo auch im Warte- und Ruhestand stehende Pfarrerinnen und Pfarrer wählbar sind. Gesetzlich von der Wählbarkeit ausgenommen sind weitgehend die Mitglieder kirchenleitender Organe. Inhaber von Leitungsämtern wie Bischöfe, Pröpste, Dekane, Superintendenten können Kraft ausdrücklicher Regelung nicht Mitglieder von Pfarrervertretungen in Hessen und Nassau, in der KP Sachsen und in Schaumburg-Lippe sein; in Bremen ist der Ausbildungsreferent im Kirchenamt nicht wählbar.
3. Freistellung von Mitgliedern der
Pfarrervertretungen Darüber hinaus gibt es in einigen Landeskirchen faktisch Entlastungsmöglichkeiten ohne ausdrückliche Rechtsgrundlage. In Bayern erhalten die Vorsitzenden und ihre Stellvertreter je einen Pfarrer z.A. zur Unterstützung, der/die Vorsitzende dazu noch eine halbtags tätige Schreibkraft. In Kurhessen-Waldeck können die Mitglieder des Pfarrerausschusses ganz oder teilweise von ihrer Verpflichtung zur Erteilung von Religionsunterricht befreit werden. In Nordelbien wird dem/der Vorsitzenden der Pfarrervertretung ein Pfarrer z.A. mit 50 % Dienstverpflichtung zur Verfügung gestellt. Württemberg hat der Pfarrervertretung - ebenfalls ohne gesetzliche Absicherung - eine Gesamtfreistellung von 150 % eines uneingeschränkten Dienstauftrags zugestanden, wobei die Freistellung eines Mitgliedes 50 % seines Dienstauftrags nicht übersteigen darf.
4. Regelmäßige Gespräche zwischen
Pfarrervertretungen und Kirchenleitungen Das Kirchengesetz über den Pfarrerausschuß in der Evangelisch-reformierten Kirche enthält keine Regelungen über die Verpflichtung zu regelmäßigen Treffen und Kontakten. Dem Pfarrerausschuß steht damit nicht das Recht zu, außerhalb des Verfahrens der Mitwirkung in Gesetzgebungsverfahren Gespräche zu verlangen.
5. Rechte der Pfarrervertretung auf
Information Dem Pfarrerausschuß in der Evangelisch- reformierten Kirche stehen Informationsrechte nicht allgemein, sondern nur im Rahmen der formellen Mitwirkungsverfahren vor dem Erlaß dienstrechtlicher Regelungen und in Personalangelegenheiten zu.
6. Mitwirkung vor dem Erlaß
dienstrechtlicher Regelungen
6.2 Verfahren der Mitwirkung Auch die Fristen, innerhalb derer die Pfarrervertretungen ihre Stellungnahmen abzugeben haben, sind unter schiedlich geregelt. Während die VELKD eine Äußerungsfrist von 2 Monaten vorsieht, bemessen sich die Regelfristen in den meisten Landeskirchen auf 6 Wochen. Abweichungen hiervon gibt es in Hessen und Nassau und in der Evangelischreformierten Kirche, mit 3 und in Nordelbien mit 5 Wochen. Bremen, Bayern und KP Sachsen sprechen von angemessenen Fristen. Soweit Fristen terminiert sind, können sie durch die zuständigen Stellen verlängert oder verkürzt werden. Keine gesetzlich normierten Fristenregelungen gibt es in Anhalt, Baden, Braunschweig, Kurhessen- Waldeck, Thüringen und in der Nieders. Konföderation. Wenn in Thüringen bei eilbedürftigen Beschlüssen der Synode eine vorangehende Anhörung der Pfarrervertretung nicht möglich war, hat der Landeskirchenrat die Regelung der Vertretung im Nachhinein zur Stellungnahme vorzulegen; der Synode ist auf ihrer nächsten Tagung über die Stellungnahme der Pfarrervertretung zu berichten. In manchen Landeskirchen können Pfarrervertretungen vor Abgabe ihrer Stellungnahme ein Gespräch mit verantwortlichen Vertretern der Kirchenleitungen verlangen. Solche auf Einvernehmen zielenden Gespräche sind in zahlreichen Kirchen gesetzlich vorgeschrieben. In Württemberg hat der Oberkirchenrat, falls er den in der Stellungnahme der Pfarrervertretung enthaltenen Änderungsvorschlägen nicht folgen will, den Entwurf erneut der Vertretung vorzulegen. Läßt sich auch dann keine Einigung erzielen, entscheidet der Oberkirchenrat. In Hessen und Nassau ist die Vorlage bei fehlender Zustimmung des Pfarrerausschusses ebenfalls an diesen zurück zu überweisen mit der Folge, daß der Vorsitzende des Pfarrerausschusses Gelegenheit erhält, dessen Vorstellungen in einer Kirchenleitungssitzung zu erläutern. Auch in Oldenburg ist bei Nichteinigung eine Rückverweisung an die Pfarrervertretung vorgesehen. Stimmt diese danach der Vorlage wiederum nicht zu, bedarf der Oberkirchenrat, falls er für die Rechtsetzung zuständig ist und von dem Votum der Pfarrervertretung abweichen will, der Zustimmung des Synodalausschusses. Alle Pfarrervertretungsgesetze bringen zum Ausdruck, daß nach Abschluß des Mitwirkungsverfahrens die Synode oder das zuständige kirchenleitende Organ die Entscheidung über die zu erlassende Regelung in eigener Verantwortung trifft. Die meisten Gesetze bestimmen, daß zuvor den entscheidenden Stellen die Stellungnahme der Pfarrervertretung zur Kenntnis zu geben ist, so auch in der Evangelisch-reformierten Kirche.
7. Initiativrechte der
Pfarrervertretungen In Hessen und Nassau und Hannover kann die Pfarrervertretung in diesen Fällen ein Gespräch mit dem zuständigen Referenten in der Kirchenverwaltung verlangen. In Kurhessen-Waldeck und Schaumburg-Lippe beschränken sich die Initiativrechte der Pfarrervertretungen auf bloße Anregungen.
8. Mitwirkung in Personalangelegenheiten
Gegenstand der Beteiligung in den meisten Pfarrervertretungsgesetzen sind
sofern diese Maßnahmen gegen den Willen der Betroffenen erfolgen. Der Pfarrerausschuß der Evangelischreformierten Kirche hat Kraft Gesetzes an diesen Maßnahmen mitzuwirken. In dem Katalog fehlt allerdings die Versetzung von Pfarrern in den Wartestand und die Entlassung von Pfarrern auf Probe (Pfarrer z.A., Hilfspfarrer); beide Maßnahmen sind in fast allen anderen Kirchen der Mitwirkung der Pfarrervertretung unterstellt. Anhalt und Kurhessen-Waldeck sehen eine Mitwirkung in allen personellen und sozialen Angelegenheiten einzelner Pfarrerinnen und Pfarrer vor. In Bayern, Hessen und Nassau, Pfalz, Ev.-luth. Sachsen, Thüringen und Württemberg ist die Pfarrervertretung auch zu anderen als den im Gesetz genannten Personalangelegenheiten zu hören, sofern betroffene Pfarrerinnen oder Pfarrer dies beantragen. In Bayern kann der Pfarrerausschuß schon initiativ werden, wenn begründeter Anlaß zu der Annahme besteht, daß eine Maßnahme droht, die eine Pfarrerin oder einen Pfarrer in ihren Rechten verletzt.
8.2 Verfahren der Mitwirkung In Bayern hat der Pfarrerausschuß im Falle der Nichteinigung die Möglichkeit, eine Beschwerde an den Landeskirchenrat zu richten. Hilft dieser der Beschwerde nicht ab, so trifft die Schlichtungsstelle nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz eine für beide Seiten verbindliche Entscheidung. Diese ungewöhnliche Regelung ist im Blick auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Dienstherrenfunktion im Beamtenrecht nicht ganz unbedenklich, aber deshalb bemerkenswert, weil sie von einer Gleichwertigkeit beider Partner ausgeht.
9. Beistandschaft
10. Besonderheiten Die Häufung von Gesetzgebungsakten in den letzten Jahren läßt erkennen, daß zahlreiche Landeskirchen Bedeutung und Wert von Vertretungsorganen der Pfarrerschaft erkannt und sich um faire und situationsbezogene Regelungen bemüht haben. Gerade östliche Gliedkirchen der EKD haben durch die Installierung von Pfarrervertretungen wie auch durch die Übernahme des EKD-Mitarbeitervertretungsgesetzes glaubwürdig bekundet, daß auch unter erschwerten Bedingungen die gemeinsame Verantwortung für den Dienst der Kirche die kirchenleitenden Organe mit allen ordinierten und nicht-ordinierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern verbindet. Für diese erfreuliche Entwicklung sind sicherlich auch die „Leitlinien zur Regelung der Pfarrervertretung“ mitverantwortlich, die der Rat der EKD im Jahr 1997 auf Vorschlag seiner Dienstrechtlichen Kommission verabschiedet und den Landeskirchen zugeleitet hatte. Die Dienstrechtliche Kommission ist ein Gremium auf EKD-Ebene, das sich paritätisch aus den Dienstrechtsreferenten der Landeskirchen und vom Verband der Pfarrvereine benannten Pfarrerinnen und Pfarrern zusammensetzt. Gleichwohl darf nicht aus den Augen verloren werden, daß im Bereich des Pfarrervertretungsrechts nach wie vor erhebliche Defizite bestehen. Wie bereits erwähnt, fehlt es in den Kirchen von Berlin- Brandenburg, Lippe, Pommern, Rheinland und in der Schlesischen Oberlausitz bisher an jeglicher rechtlicher Grundlage für ein Mandat der Pfarrervertretung. Weitgehend haben hier die Pfarrvereine - bis auf die Schlesische Oberlausitz, wo es keinen Pfarrverein gibt - die Vertretungsfunktion übernommen. Das ändert allerdings nichts an dem unbefriedigenden Zustand, daß sich in Schwierigkeiten geratene Pfarrerinnen und Pfarrer oft auf sich selbst gestellt sehen. Eine vor einigen Jahren vom Verband der Pfarrvereine veranlaßte Rundfrage ergab, daß eine Reihe von Pfarrervertretungen und Pfarrvereinen die Zusammenarbeit mit ihren Kirchenleitungen als unbefriedigend und verbesserungswürdig ansieht, weil die Vertretungsorgane oft übergangen oder unter unzumutbaren Zeitdruck gesetzt werden. Ich vermute, daß Beschwernisse dieser Art auch Ihnen - dem Pfarrverein und dem Pfarrerausschuß der Evangelischreformierten Kirche - nicht fremd sind. Verbesserungswürdig sind hier die gesetzlichen Regelungen, soweit es um Informationsrechte, regelmäßige Besprechungen mit Kirchenleitung und Kirchenverwaltung sowie die Freistellung von Mitgliedern des Pfarrerausschusses geht. Deshalb möchte ich Ihnen Mut machen, mit Geschick und Augenmaß darauf hinzuarbeiten, daß das Gesetz und seine Anwendungspraxis in absehbarer Zeit verbessert werden. Der Vereinsvorstand bedankt sich auch an dieser Stelle nochmals bei Dr. Pflug für diesen interessanten Vortrag und für die Erlaubnis, diesen hier zu veröffentlichen.
Nachbemerkung: Nein, ich habe dieses Referat mit Bedacht in diese Ausgabe unseres Mitteilungsblattes hineingenommen. Wenn Sie vielleicht noch einmal auf Seite 4 zurückblättern wollen? Uns droht mit der anvisierten UEK eine konsistoriale Kirchenunion. Kräuseln sich allein bei diesem Gedanken die reformierten Fußnägel, so ist aus Sicht der Standesvertretung die Vorstellung, daß in der neuen Union auch das Pfarrerdienstrecht verhandelt wird - und dies dann ohne Beteiligung oder gar Mitsprache der Pfarrvertretungen - nicht hinnehmbar. Und wenn der Landessuperintendent in seinem „Bruderbrief“ zur Weihnachtszeit die UEK als notwendigen (?) und zeitlich begrenzten (?) Kompromiß beschreibt, dann wird deutlich, wie gefährlich die Entwicklung für die Pfarrerschaft ist. Nichts ist so dauerhaft wie ein Provisorium. Hier sind die Mitwirkungsrechte der Pfarrerschaft in Gefahr. Eine UEK ohne Pfarrvertretung wäre ein Rückschritt in längst vergangene Zeiten - und unter Umständen ein Fall für die EU und ihre Bestimmungen zum Arbeitsrecht. Gerade in dieser Situation ist es wichtig, zu sehen und zu schätzen, was wir haben. Gewiß, unser Pfarrvertretungsrecht ist nicht ideal; aber es ist das Maximum dessen, was unter dem damaligen Moderamen zu erreichen war. Mag sein, daß sich hier noch eine Entwicklung zum Besseren ergibt. Aber in der UEK, so wie sie jetzt vorgesehen ist, kommen die Interessen der Pfarrerschaft nicht mehr vor. |
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Günter O. Faßbender |
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